SabriSonneRedakteur
#1Ni no Kuni - ein Film, bei dem man sich inständig wünscht ihn zu lieben, aber der einfach so viel falsch macht, dass es beinahe weh tut...
zur Handlung
Im Endeffekt ist die Handlung nicht schlecht, versteht mich nicht falsch. Das Setting ist nicht neu und hat schon mehrfach bewiesen, dass es wunderbar funktionieren kann, und auch Ni no Kuni macht im ersten Moment einen tollen Eindruck mit spitzen Graphik und schöner Musik. Und am Anfang war ich positiver Dinge, da die Grundidee sehr interessant wirkt. Bei genauerem Hinschauen und mit zunehmender Zeit merkt man jedoch, dass dies leider nicht über die zahlreichen Schwachpunkte der Handlung hinweg täuschen kann - allen voran: der Film hat keine Regeln und folgt ihnen auch nicht, und das ist für ein solches Filmformat, in denen sich zwei gegensätzliche Welten gegenseitig beeinflussen, tödlich. Der Film gibt keinerlei Informationen über die Regeln, in wiefern sich die beiden Welten beeinflussen, in wiefern sich Situationen beeinflussen, in wiefern Personen miteinander zusammenhängen - all das erfährt man immer erst, wenn der Film wortwörtlich meint, er braucht es genau in einem gewissen Moment, um die Story weiterzuführen. Die Regel kommt immer genau in dem Moment, in dem die Handlung einen Plot Twist oder einen Hauch an Beweggrund braucht, und das funktioniert so einfach nicht!!
Somit verpuffen so ziemlich alle Emotionen, falls überhaupt groß welche da sind, denn wirklich Sorgen machen sich die Figuren nicht wirklich. Keiner hinterfragt irgendetwas, die beiden Hauptcharaktere "spielen" ihre Rolle als gäbe es nichts selbstverständlicheres auf der Welt, als in eine mittelalterliche Fantasy-Welt zu stürzen. Dadurch wird ein Großteil ihrer Aktion einfach unglaubwürdig. Zusätzlich fehlen dadurch auch an vielen Stellen die passenden Emotionen, auch Beweggründe werden vollkommen unlogisch bis gar nicht präsentiert.
Woher kommt der plötzliche Sinneswandel von Haru? Warum hat Yu plötzlich den Drang, die Prinzessin über seine beste Freundin zu stellen und sie um jeden Preis zu beschützen? Warum sucht Haru am Ende nicht verzweifelt nach Yu? Warum hat Yu als Charakter keinen finalen Abschluss? Wer war dieser alte Mann? Was hat es mit dieser Legende vom Superritter auf sich?
Im Endeffekt hat man bei der Handlung eher das Gefühl, dass der Film versucht, alle möglichen Storyelemente, die gut zum Genre passen würden, abzuklappern - Dreiecksbeziehung, der Super-ich-nehme-Rache- Bösewicht und "ach ja, haben wir schon die besten Freunde gegeneinander aufgehetzt?!". Und leider macht das der Film so unlogisch und ohne Sinn und Verstand, dass es am Ende fast keinen Spaß mehr gemacht hat, das Ding anzuschauen - es bleiben einfach zu viele Fragen offen.
So auch die Verbindung der beiden Welten über ihre Figuren. Was mich sehr störte, war die Tatsache, dass einige Figuren offensichtlich miteinander zusammen hingen, bei anderen Figuren merkt man das überhaupt nicht. Als hätte man nur bei handlungsentscheidenden Figuren das Prinzip der Figurenverbindung aufgegriffen und bei weniger wichtigen überhaupt nicht. Für mich sehr unlogisch, wenn das das Grundkonzept der Handlung darstellen soll...!
zu den Charakteren
Kommen wir zu einem kleinen Lichtblick (obwohl sämtliche Beweggründe mangelhaft ausgebaut sind!) - Yu und Haru. Erstmal war ich sehr überrascht, dass Yu die Hauptfigur ist, obwohl Haru die klassischen Klischees für den Helden einer Fantasy-Geschichte mitbringt. Und am Anfang waren beide Figuren wunderbar sympathisch, auch die Handlung verspricht am Anfang interessant zu werden. Einige Elemente sind spannend und interessant, doch im Endeffekt funktioniert es kaum, und das nicht nur wegen der oben genannten Handlungsfehler. Problem wird mit Fortschreiten des Films immer mehr, dass Emotionen und Logik fehlen. Yu und Haru fallen in eine Fantasy-Welt, was Haru wie jeder normal denkender Mensch sofort als eine Art Traum abtut. Yu hingegen hält alles relativ schnell für wahr, versteht die Regeln dieser Welt sofort (teilt sie aber weder mit Haru noch mit dem Zuschauer!) und nimmt alles für absolut selbstverständlich. Nie wird hinterfragt, warum gerade die beiden in der Welt gelandet sind - nie wird hinterfragt, welche Rolle sie zu spielen haben - nie wird nach Antworten oder Lösungen gesucht. Stattdessen lassen sich die Figuren einfach von den Ereignissen mitziehen, entdecken per Zufall neue Eigenschaften oder Regeln - und das geht in einem Fantasy-Anime in dieser Art nicht! Wir als Zuschauer kennen die Regeln ebenso wenig und haben auch keine Chance diese zu erfahren, wenn nicht über die Charaktere, und wenn diese nichts dafür tun, um sie zu verstehen, wie soll das der Zuschauer dann tun?!
So bleibt Haru für einen Großteil des Films die eigentliche Hauptfigur. Grund: er hat genauso viel Ahnung wie der Zuschauer und macht das für ihn in seiner Situation einzig Logische, weil er es nicht besser weiß. Yu hingegen scheint vieles verstanden zu haben, teilt sich aber erst mit, wenn es die Handlung von ihm benötigt, um weiter machen zu können. Und so hat man als Zuschauer ununterbrochen einen emotionalen Wechsel, weil man ständig zwischen den beiden Jungen als Hauptfigur hin und her springt.
Jetzt könnte man meinen, dass man sich dann einfach auf die junge Dame konzentrieren könnte - und komischerweise klappt das auch ganz gut. Kotona kommt insgesamt zwar zu wenig vor, hat aber gut gesetzte Auftritte und ausgearbeitete Emotionen, die sie sehr sympathisch machen. Auch die Prinzessin funktioniert gut und spielt ihre Rolle gut.
Auch die Figuren aus der Bar waren sympathisch, doch leider hatten sie schlicht und einfach zu wenig Auftritte und im Endeffekt keinerlei Funktion in der Handlung. Und das ist sehr schade, da die Handlung am Anfang eine ganz andere Rolle für sie abbildet.
Ebenso schwach fand ich den alten Mann, der für die Handlung unglaublich wichtig ist. Keinerlei Erklärungen, wer er ist, woher er die Informationen hat, noch welche Rolle er jetzt genau im Film spielt. Und das fällt hier besonders negativ ins Gewicht, da dieser Charakter die Handlung einfach maßgeblich beeinflusst.
Fazit
Der Film rettet sich für mich noch leicht mit den letzten Szenen und den finalen Rollen von Yu und Haru, und an einigen Stellen sind Darstellung und Erzählweise wirklich schön, v.a. in der ersten halben Stunde. Im Endeffekt scheitert aber die Handlung an sich selbst, weil der Film von Anfang an seine Regeln nicht klar kommuniziert und ihm somit der Rahmen fehlt, an dem sich die Handlung entlang hangeln kann. So bringt der Film immer erst dann neue Erklärungen, wenn die Handlung an die Wand gefahren ist - und es tut mir Leid, dass ist für mich kein Storytelling! Und das ist wirklich schade, da Ni no Kuni wirklich einer dieser Filme ist, die man lieben will.
Beitrag wurde zuletzt am 16.10.2021 10:44 geändert.
Kommentare
Der Film ist in meinen Augen durchaus sehenswert. Die Musik und Animationen sind top und auch die Charaktere sind sehr sympathisch und vielschichtig. Er macht aber jetzt nichts besonderes, wie die Welt neu zu erfinden, was dann doch meine recht niedrige Punktezahl erklärt. Der Film hat hie und da ein paar Baustellen, wo man Dinge hätte besser machen können. Man darf aber auch nicht vergessen, dass das hier ein Film ist, der in 2 Welten spielt. Wenn man bedenkt, dass man in beiden Welten sowohl die Welt, wie auch die Story und die Charaktere erklären muss und dafür nur knapp 1 1/2 Stunden Zeit hat, dann sind diese kleinen Punkte durchaus vertretbar. Alles in allem ist der Film trotzdem solide und konzenriert sich sehr auf die Story und die beiden Hauptcharaktere.
Für Fantasy- oder Isekai-Fans ist der Film sehr unterhaltsam und wer kein Problem damit hat, dass er mit dem Videospiel nichts zu tun hat, wird hier sicherlich auf seinen Spaß haben.
Was auch immer die Handlung ist, auf die Musik bin ich gespannt!