Live-Action-Rezensionen

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Rezensionen

Zhiming Youxi

Avatar: SabriSonne
Redakteur
#1
„The Spirealm“ ist mal wieder eine richtig gute Serie mit unverbrauchtem Setting. Eigentlich total klasse… wenn nicht die Subs stellenweise so unmöglich wären!


Zur Handlung
„The Spirealm“ ist ein Shorty mit knapp 20min Laufzeit. So wirken die 78 Folgen nur im ersten Moment wirklich erschreckend, da man die Zahl hier durch 2 teilen kann und man kommt auf die tatsächliche Folgenzahl der normalen chinesischen Standardlänge von knapp 45min.

Doch selbst dann ist die Länge nicht abschreckend: Die Serie hat einen überragend guten Spannungsbogen!

Wir begleitet Lin Qiushi, der nach einem Autounfall plötzlich Teilnehmer eines seltsamen VR-Escape-Room-Spiels wird und gemeinsam mit seinen zukünftigen Teamgefährten einen Weg aus der Welt hinter den Türen finden muss. Schafft er es nicht, wartet der sichere Tod.

Eine schon mal sehr starke Prämisse, da die Unmöglichkeit des Scheiterns der ganzen Handlung eine krasse Dramatik gibt. Und sicherlich haben hier unsere Hauptcharaktere eine gewisse Plot-Armor, aber wer schon die eine oder andere chinesische Serie gesehen hat, der weiß, dass das nicht automatisch was heißt.

Somit verfolgen wir unsere Gruppe aus Helden, die es sich zur Aufgabe machen, bis zur finalen 12. Tür zu spielen, um das Spiel in seinen Ausgangszustand zurückzusetzen. Über die Laufzeit dürfen wir damit in 10 Türen eintauchen (wobei die 11. eine Doppeltür ist), bis wir zum großen Finale kommen.
Bis auf die 11. Tür waren alle anderen Türen wirklich hervorragend!
Die Geschichten sind dabei extrem unterschiedlich, bedienen sich aber alle dem Black Fantasy und damit dem Horror-Genre und sind teilweise sehr zum Gruseln. Alle haben dabei einen realexistierenden Hintergrund und greifen von klassischen Kinderreimen über die Gebrüder Grimm bis zu Urban Legends alles auf. Das erinnert schon an Serien wie „Tientsin Mystic“ oder „Psych Hunter“, die sich allein durch ihr Setting schon sehr von anderen Titeln abheben. So darf man immer wieder in verschobene Traumwelten eintauchen, in denen die Regeln ein bisschen anders sind. Die Spannung ist echt, die Sets super und die Geschichten tun dabei noch ihr übriges. Sicherlich interessiert man sich für die eine Story mehr als für die andere, dennoch sind alle auf sehr gutem Niveau und es macht Spaß, mit den Figuren zusammen das Rätsel der jeweiligen Geschichte zu lösen. Denn oft weiß man wie die Charaktere gar nicht, was des Rätsels Lösung nun sein soll.

Hierfür bekommt derjenige, der als erstes die Tür beendet, einen Hinweis für die nächste Tür (alle Nachfolgenden bekommen diesen nicht). Somit hat man nicht nur den sicheren Tod im Nacken, sondern auch einen gewissen Druck, als Erster fertig zu werden, um den Hinweis abzugreifen. Diese sind teilweise mehr oder weniger hilfreich, sodass man auch als Zuschauer mitdenken kann, wie nun gewisse Aussagen zu verstehen sind. So finden z.B. unsere Hauptcharaktere schon heraus, worum es in der Tür gehen könnte, bei anderen Aussagen entscheidet tatsächlich der Zufall, wann sie von Nutzen sein werden. Da die Subs hier aber stellenweise keinen Sinn ergeben oder gar fehlen, verpufft der Effekt oft oder wird erst im Nachhinein ersichtlich, was ich sehr schade fand.
So entstehen leider unnötiger Weise viele Plotholes. Auch der Wechsel vom Grundsetting in Richtung Videospiel sorgt hier für Nachteile: im Original sind alle Spieler direkt vom Tod bedroht. Je näher man am Tod ist, desto schwerer das Level.
In „The Spirealm“ wird kaum offensichtlich, warum Leute als Spieler ausgewählt werden. Ebenso ist nicht ersichtlich, wann welches Level gespielt werden kann. So spielen unsere Hauptcharaktere bereits Level 5, und treffen dort trotzdem noch auf absolute Anfänger. Und das wichtigste: wenn es ein Spiel ist, wieso gibt es keine Let’s Plays oder Lösungsbücher? Warum muss jedes Level in jeder Runde neu erkundet werden, wenn es doch von anderen Menschen schon gespielt wurde?
Und das sorgt auch schnell zu einem Bruch mit einem der Hauptcharaktere, nämlich Ruan Nanzhu, der offensichtlich schon mehrere Level gespielt hat, bis Lin Qiushi dazu kommt, aber kaum nennenswerte Hinweise für die Lösung gibt. Er spielt auf dem gleichen Niveau wie Anfänger Qiushi, sodass die Regeln des Spiels sehr unklar werden: wie viele Level gibt es denn nun? Generiert sie das Spiel jede Runde neu? Was bedingt, welches Level ich spielen muss?
Fragen über Fragen, die im Original deutlich mehr Sinn machen, aber hier leider zu Plotholes führen.

Was ich jedoch in „The Spirealm“ deutlich besser fand als im Original ist die Tatsache, dass die Geschichten hinter den Türen deutlich emotionaler ausgelegt werden. Während man im Original nämlich einfach nur durchrennt, versucht man hier den NPCs der Geschichten Charakter und auch Redemption-Arcs zu geben. Das macht viele Geschichten noch einmal zusätzlich emotional, was ich für sehr gelungen halte. Des Öfteren verkneift man sich die Tränen, v.a. in den ersten Geschichten.
Selbst der Start der Serie mit dem Anfangslevel, das alles erklärt, fand ich sehr gelungen, da auch hier die nötige Emotionalität aufkommt und man ein gutes Gefühl dafür bekommt, was noch kommen kann. Meine Highlights waren dann v.a. Geschichte 2, 3 und 4, aber auch die anderen sind sehr gut.

Die finale Auflösung der Geschichte fand ich persönlich gelungen, auch wenn man den Spielentwickler nie wirklich zu Gesicht bekommt und ich die 11. Tür einen absoluten Fehltritt fand. Gerade im Hinblick auf die sehr starken Geschichten davor wirklich schlecht und unnötig. Sicherlich kam die Idee dafür aus dem Original, aber das Original hat nun mal eine andere Vorgeschichte und einen anderen Grundaufbau. So zerstört sich die eigentlich gute Finalidee dadurch selbst, da man sich für das Gaming-Setting entschieden hat und man viele im Original zentralere „normale" Spieler durch die Gegenspielergruppe „X" ersetzt hat. Somit verpufft die originale Auslegung der Idee in der Serie leider ziemlich.

Und was leider auch sehr unnötig war, waren die Subs.
Eigentlich sollte man froh sein, dass überhaupt welche da sind (das ist in chinesischen Serien nicht selbstverständlich!), aber wenn man kein Gefühl für Chinesisch hat und zumindest nicht ein paar Wörter kennt, dann ist es echt hart. Problemtisch wurde es v.a. beim Lösen von Rätseln, wo man sich viele Gedankengänge herleiten muss, aber auch bei den Personalpronomen. „Er, Sie und Es“ werden im Chinesischen durch den gleichen Laut ausgedrückt, der jedoch unterschiedlich geschrieben wird. Ich bin ehrlich: da hilft manchmal nur mitlesen im chinesischen Sub, da hier so oft die Personalpronomen durcheinander kommen, dass man echt aufpassen muss, von wem geredet wird.

Deswegen für blutige Anfänger leider absolut unmöglich…


Zu den Charakteren
Und das ist sehr schade, sind doch neben der Handlung auch die Figuren ein großer Pluspunkt.

Insgesamt haben wir viele Standardfiguren in den Hauptrollen, die zwar nicht neu sind, im Setting aber gut funktionieren. Insgesamt kommt es eh eher auf die NPCs der jeweiligen Geschichte an, und die Hauptcharaktere sind eher dafür da, um uns als Zuschauer abzuholen.

Ruan Nanzhu ist von der ersten Sekunde mysteriös und wird damit schnell interessant. Bei Lin Qiushi haben wir vermutlich die größte Charakterentwicklung, was sich auch im Storytelling niederschlägt, und der Rest ergänzt insgesamt gut, alle wirken sympathisch, was sicherlich auch daran liegt, dass die Darsteller einen guten Draht zueinander zu haben scheinen. Das lässt einen auch über die eine oder andere Schwäche in der Performance hinweg sehen.

Was sicherlich dann erschlagend wirken kann, ist der Nebencast, der ja mit jeder Tür komplett wechselt. Sicherlich entdeckt man den einen oder anderen Mitspieler wieder, doch der Cast ist schon sehr groß.
Um hier Überblick zu bekommen, wird die Auslegung der Figuren clever mit Lin Qiushis Charakterentwicklung kombiniert. So sind ihm in den ersten Leveln alle Mitspieler extrem wichtig und er möchte wirklich jedem helfen, sodass sich die Serie viel Zeit für alle nimmt, je weiter das Spiel jedoch voranschreitet, desto unwichtiger werden ihm die Mitspieler und desto mehr rücken die Figuren in den Hintergrund.

Viele Figuren verlangen auch einen großen Cast, und ich fand keinen wirklich falsch in seiner Rolle. Gerade bei den Hauptfiguren haben wir viele Debuts und junge Schauspieler, die nur wenig Erfahrung haben, ihren Job aber gut machen. Da fiel ein Huang Jun Jie (Lin Qiushi - „Reunion: Sound of Providence", „Big Boss", „Dr. Cutie") mit 7 Jahren Erfahrung neben den Anfängern fast negativ auf, weil er stellenweise massive Probleme in der Darstellung von Emotionen hatte. Nichts desto trotz fand ich auch ihn gut gecastet, da er von seiner Aura her hervorragend passte. Und Xia Zhi Guang (Ruan Nanzhu) spielt als Idol-Actor (R1SE YouTube) überraschend stabil. Auch die NPCs haben stellenweise sehr starke Darsteller.

Die „Gegner“, wenn man sie denn so nennen kann, fand ich unnötig. Wir haben mit den einzelnen Geschichten eigentlich genug Gefahren und Gegenspieler, sodass ich in der realen Welt nicht auch noch einen Gegenspieler gebraucht hätte, aber auch das ist auf den Settingwechsel zu VR hin begründet.


Fazit
Eine Serie mit sehr besonderem, unverbrauchtem Setting und einem soliden Cast, die zwar die typischen chinesischen Plotholes hat, aber von Vorne bis Hinten absolut unterhält.

Leider erschweren die teils unglücklichen Subs das Schauen, wer sich hier aber nicht abschrecken lässt, der hat mit „The Spirealm“ eine wirklich außergewöhnliche und sehenswerte Serie vor sich.

Beitrag wurde zuletzt am 04.04.2024 08:30 geändert.
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Coffee Prince

Avatar: Slaughtertrip#2
Um eine Sache klarzustellen: Ich bin kein Kaffee-Trinker. Viele Leute wissen es nicht, aber Kaffee ist eine (legale) Droge. Das Koffein bewirkt, dass man schneller wach wird, was auch von Vorteil ist, wenn man sich frühmorgens zur Arbeit schleppen muss. Regelmäßiger Kaffee-Genuss führt aber dazu, dass der Körper sich an das Koffein gewöhnt und er deshalb nach einer gewissen Zeit eine höhere Dosis benötigt, damit derselbe Effekt erzielt wird wie zu Beginn. Somit passiert also genau das Gegenteil von dem, was man sich eigentlich von Kaffee erhofft hat. Während Kaffee-Trinker eine ganze Kanne leeren müssen, um sich halbwegs auf den Beinen halten zu können, bin ich um vier Uhr morgens schon putzmunter und bereit, alles zu zerreißen. Ein Tee-Trinker bin ich auch nicht. Tee-Fans erschaffen regelrecht einen Kult um dieses Wasser mit Geschmack und verehren es wie eine Gottheit, was Ähnlichkeiten zu einer Sekte aufweist. Tee-Fans sind mir suspekt und machen mir Angst. Ich trinke das beste Getränk der Welt: Kakao. Was das alles mit diesem K-Drama zu tun hat? Nix. Ich wollte nur ein paar Leute ärgern.

Sieht man sich nationale und internationale Bewertungen von »Coffee Prince 1 Hojeom« an, so beschleicht einen das Gefühl, man habe es hier mit einem Klassiker des koreanischen RomCom-Genres zu tun. Schon zu Beginn haben mich viele Szenen an etwas neuere Serien erinnert, beispielsweise diese Szene mit einer Milchtüte, an die man eine Nachricht angebracht hat. Jahre später hat diese Milchtüte bei »Iutjib Kkotminam« eine wichtige Nebenrolle inne. Zufall? Wahrscheinlich. Auch wenn man vielleicht nicht mit Sicherheit sagen kann, dass diese Serie die späteren Genre-Vertreter beeinflusst hat, so kann man doch sagen, dass sie bei den Fans und Kritikern einen gewissen Stellenwert hat. Dies ist mir unverständlich …

Die Tags verraten es bereits: Hier hat man es mit Gender Bender zu tun, was von vornherein zu Problemen beim Storytelling führt. Wie kann man es beispielsweise nachvollziehbar rüberbringen, dass ein kleines, niedliches Mädchen mit Piepsstimme von anderen Leuten für einen Mann gehalten wird, nur weil es eine Kurzhaarfrisur trägt? Zuletzt gesehen bei »K-Pop: Choegang Survival«. Man kann darüber hinwegsehen, wenn man Gender Bender nur als Mittel begreift, damit die Geschichte, die man erzählen will, überhaupt erst geschrieben werden kann. Und manche finden es bestimmt »kawaii«, oder welches Wort auch immer man in Korea für »niedlich« benutzt. Und dass ein heterosexueller Mann sich zu einer Person, die er ebenfalls für einen Mann hält, hingezogen fühlt, halte ich für praktisch unmöglich, vor allem dann, wenn es solche extremen Züge annimmt wie hier und die männliche Hauptfigur die weibliche Hauptfigur einfach so küsst, was zudem sexuelle Nötigung ist und strafrechtlich verfolgt werden kann. Nicht unbedingt romantisch.

Die Story an sich ist sehr dünn. Die Protagonisten sind Go Eun-Chan und Choi Han-Gyeol. Letzterer ist der Enkelsohn der Vorsitzenden von Dongin Foods, einer großen Kaffee-Kette. Bisher hat Han-Gyeol es sich immer gutgehen lassen und vom Geld seiner Oma gelebt. Doch damit ist jetzt Schluss. Bevor sie an Krebs stirbt, möchte die Oma, dass ihr Enkel lernt, unabhängig zu werden. Sie stellt ihn deshalb als Manager im Café »Coffee Prince« ein. Es ist sein erster Job überhaupt. Eun-Chan hat mehrere Jobs und ist nach dem Tod ihres Vaters die Hauptverdienerin in ihrer Familie – eine ähnliche Prämisse wie bei »Cinderellawa Ne Myeongui Gisa«. Sie arbeitet unter anderem als Lieferantin und lernt so Han-Gyeol kennen. Zuerst bietet dieser ihr Geld an, damit sie sich als sein Liebhaber ausgibt, um den vielen Blind Dates, die seine Großmutter für ihn arrangiert, zu entkommen – eine ähnliche Prämisse wie bei »I Do I Do«. Später stellt Han-Gyeol sie dann in seinem Café an. In den ersten beiden Folgen sieht man noch wenig vom Café, und ab der dritten Folge sieht man auch nichts mehr von den Bemühungen seiner Großmutter, Han-Gyeol verheiraten zu wollen. Es wirkt beinahe so, als habe das eine das andere ersetzt. Vom Leiten eines Cafés an sich sieht man leider sehr wenig bzw. immer weniger, je mehr diese Serie voranschreitet. Es ist mehr Slice of Life mit einem Café als Handlungsort. Dennoch schafft man es sehr oft, Abwechslung hineinzubringen, z. B. wenn die Mitarbeiter für einen Amateuer-Musikauftritt proben oder wenn sie Äpfel pflücken gehen. Der restliche Absatz ist ein Spoiler. Nach gut zwei Dritteln der Serie fliegt Eun-Chans Verkleidung auf, und sie und Han-Gyeol werden ein Paar. Drama wird nur noch dann erzeugt, wenn Han-Gyeol davon redet, zurück in die USA zu fliegen, oder wenn Eun-Chan für zwei Jahre in Italien lernen will, wie man ein Barista wird. Ab hier ist dann ein wenig die Luft raus, und man hätte es locker geschafft, diese Serie mit den üblichen 16 Folgen abzuschließen.

»Problematisch« finde ich die Pärchen und Beziehungen in dieser Serie. Problematisch ist vielleicht das falsche Wort. »Giftig« trifft es schon eher …

Eun-Chan x Han-Gyeol:
Die Schauspieler machen einen guten Job. Eun-Chan wird von Yoon Eun-Hye gespielt. Im Internet habe ich gelesen, dass sie von den Knetz gehatet wird, was womöglich ein Grund dafür sein könnte, weshalb sie nach dieser Serie nicht mehr viele Rollen angenommen hat. Die Hintergründe sind mir unbekannt. Han-Gyeol wird gespielt vom bekannten und beliebten Gong Ji-Cheol, der mich bei »Big« begeistert hat. Das Problem liegt also nicht an den Schauspielern selbst, sondern eher am Drehbuch, das die beiden in unerträgliche Rollen hat schlüpfen lassen. Eun-Chan gibt sich viel Mühe, ist unabhängig und sehr witzig und lieb. Sie hat aber auch so ihre Ausraster, die bei Han-Gyeol noch schlimmer sind. Han-Gyeol schreit Eun-Hye immer an, und selbst als Paar streiten die beiden immer. Das ganze Hin und Her ist nur schwer auszuhalten. Beispiel:
»Eun-Chan, steig verdammt nochmal aus meinem Wagen aus!«
Nur wenige Minuten später: »Eun-Chan, steig verdammt nochmal in meinen Wagen ein!«
Noch schlimmer ist dieses Hin und Her bei der Arbeit im Café:
»Eun-Chan, du bist gefeuert!«
»Juhu, Eun-Chan darf hier wieder arbeiten!«
»Eun-Chan, du bist gefeuert!«
»Juhu, Eun-Chan darf hier wieder arbeiten!«
»Eun-Chan, du bist gefeuert!«
»Ich arbeite trotzdem!«
»Eun-Chan ist gefeuert!«
»Eun-Chan, bitte komm wieder zur Arbeit!«
Eun-Chan und Han-Gyeol sind beide emotional völlig unreif. Das erkennt man auch an einer anderen Szene: Während die beiden sich küssen, schiebt Han-Gyeol seine Hand unter Eun-Chans Shirt und streichelt ihren Rücken. Eun-Chan rastet völlig aus und stellt Han-Gyeol als Perversen hin, obwohl die beiden zu dieser Zeit bereits verlobt sind. Es besteht die Möglichkeit, dass man das Unschuldige dieser RomCom wahren wollte, doch das funktioniert nicht, denn noch in derselben Folge haben die beiden miteinander Sex, was die Unschuld ohnehin raubt und die ganze Szene ad absurdum führt. Die vielen Streiterein sollen natürlich für Drama sorgen, doch irgendwann wird es einfach zu viel. So ein Verhalten erwartet man vielleicht von Jugendlichen, doch Eun-Chan und Han-Gyeol sind 24 bzw. 30 Jahre alt.

Han Yoo-Joo x Choi Han-Sung:
Unschuldig ist diese Serie sowieso nicht, denn ganz anders als bei vielen anderen Serien gibt es hier wilde Küsse und (nicht gezeigten) Sex. Yoo-Joo und Han-Sung waren schon vor rund zwei Jahren (wenn mich meine Erinnerung nicht trügt) ein Paar, weshalb das auch in Ordnung geht. Han-Sung ist Han-Gyeols Cousin und ein Musikproduzent. Er ist einer von Eun-Chans Kunden und freundet sich mit dieser an. Yoo-Joo ist nicht nur die Ex-Freundin von Han-Sung, sondern die erste große Liebe von Han-Gyeol. Dieser ist auch heute noch in sie verliebt, während Yoo-Joo ihn nur als Freund sieht. Die Beziehung zwischen Yoo-Joo und Han-Sung ist toxic as fuck. Yoo-Joo ist damals einfach abgehauen und mit einem Kerl namens DK durchgebrannt. Jetzt taucht sie wieder bei Han-Sung auf und möchte wieder mit ihm zusammen sein. Han-Sung lässt sie zuerst draußen stehen, kommt dann aber wieder zurück, um sie in sein Haus zu ziehen und Sex mit ihr zu haben. Am nächsten Tag meint er, er wollte sich eigentlich an ihr rächen und sie ausnutzen, doch dann gibt er zu, immer noch Gefühle für sie zu haben. Die beiden gehen also erneut eine Beziehung ein und machen sich das Leben selbst schwer. Han-Sung mag auf dem ersten Blick zwar lieb und nett wirken, ist es aber nur bedingt. Er betrügt Yoo-Joo, als er Eun-Chan küsst. Immer wieder wird davon geredet, er sei in Eun-Chan verliebt, doch davon spürt man nie etwas. Zudem sieht er sie als Kind – zumindest nennt er sie immer so –, was das Ganze noch seltsamer macht. Yoo-Joo ist megaheiß, doch jeder Mann, der Peace of Mind haben möchte, sollte sich von Frauen wie ihr fernhalten. Das ständige Hin und Her zwischen Han-Sung und DK, das zeigt, dass sie überhaupt nicht weiß, was sie überhaupt will, ist schon sehr nervig, aber mit Han-Gyeol schießt sie den Vogel ab. Sie weiß, dass dieser in sie verliebt ist, doch statt ihm das klarzumachen und zu versuchen, dass seine Gefühle für sie schwinden, hängt sie andauernd mit ihm ab. Sie geht mit ihm statt mit Han-Sung aus, mit der Begründung, manchmal brauche sie einen Freund statt einen Mann. Warum redet sie nicht mit einer Freundin? Ihre Freundschaft soll platonisch sein, doch sie umarmt ihn innig und lässt sich von ihn füttern. Auf diese Weise verschwinden die Gefühle, die ein Mann für eine Frau hat, nie. Ganz im Gegenteil: Ein Mann würde sich nur noch mehr in die Frau verlieben. Wäre Yoo-Joo heimlich in Han-Gyeol verliebt, könnte ich ihre Handlungen verstehen, aber das ist sie nicht. Wenn eine Frau so etwas mit einem Mann macht, gehört sie wegen Herzensbruch angezeigt. Sie packt sein Herz, drückt es liebevoll an sich, nur um darauf rumzutrampeln. In dieser Serie hat ihr Benehmen keine negativen Auswirkungen auf Han-Gyeol, doch im wahren Leben würde sie die schlimmstmöglichen Szenarien heraufbeschwören.

Go Eun-Sae x Hwang Min-Yeop:
Noch so ein Gebilde, das perfekt in ein Toxic-Relationship-Buch passen würde. Eun-Sae ist Eun-Chans Schwester und eine 18-jährige Schülerin. Min-Yeop ist ein Angestellter beim Café, auf den man aufmerksam wurde, als man gesehen hat, wie viele schwere Sachen er tragen kann. Gespielt wird Min-Yeop vom 2008 bei einem Motorradunfall tödlich verunglückten Lee Eon. Min Yeop war Eons bekannteste Rolle. Auch ohne dass die eigene Meinung zu Eons Schauspiel von der Kenntnis seines tragischen Todes beeinflusst wird, muss man anerkennen, dass er eine tolle Leistung gebracht hat. Min Yeop ist die sympathischste Figur in dieser Serie. Er ist der typische nette, aber naive Trottel. In der heutigen Zeit würde man ihn als Simp bezeichnen. Er nennt Eun-Sae seinen »Angel« und macht einfach alles für sie. Eun-Sae gibt ihm immer wieder zu verstehen, dass sie nichts von ihm will. Im wahren Leben sollte man sich von der Frau entfernen und eine neue suchen, denn mit so einem Verhalten tut man niemandem etwas Gutes. Eun-Sae ist aber auch nicht besser, denn sie nutzt sein Simping schamlos aus, damit dieser ihr Sachen kauft und andere Dinge für ihn macht. Wenn Min-Yeop von seinen Freunden erfolgreich davon überzeugt wird, sich mit anderen Frauen zu treffen, wird Eun-Sae plötzlich eifersüchtig und möchte ihn zurückhaben. Plötzlich vermisst sie die ganze Aufmerksamkeit, und ich denke, diese mag sie mehr als Min-Yeop selbst. Sie beginnt damit, Psychospielchen zu spielen, um Min-Yeop zurückzuerobern, z. B. gibt sie ihm einen Kuss. Gleichzeitig wendet sie sich von ihm ab, da sie weiß, dass er sie wieder zu jagen beginnt. Wenn Min-Yeop in der heutigen Zeit ein Simp wäre, wäre Eun-Sae eine Attention Whore auf TikTok, die ihre Mind Games mit zu viel Schminke im Gesicht im Internet verbreiten würde wie eine ansteckende Krankheit. Da sie erst 18 ist, besteht aber noch Hoffnung.

Noh Sun-Gi x Love Interest:
Sun-Gi ist ebenfalls ein Mitarbeiter im Café. Er wird gespielt von Kim Jae-Wook, der mir schon in »Maryneun Oebakjung« negativ in Erinnerung geblieben ist. Dort hat er ein reiches Vatersöhnchen gespielt, und dessen Schauspiel habe ich als »langweilige Gefasstheit« beschrieben. In dieser Serie macht Jae-Wook eine viel bessere Figur, aber dennoch würde ich die meisten seiner Gesichtsausdrücke als »langweilige Coolness« beschreiben. Wenn jemand, der hohe Wangenknochen hat und keine Miene verzieht, gesucht wird, ist Jae-Wook der Richtige. Seine Figur Sun-Gi ist ein junger Mann, der von Japan nach Südkorea gereist ist, um seine alte Liebe zu finden. Anders ausdgedrückt, stalkt er eine Frau bis in ein anderes Land. Am Ende der Serie taucht mit der süßen Ha Da-Young eine neue Mitarbeiterin im Café auf, die ebenfalls Japanisch sprechen kann und die ganz offensichtlich seine neue Liebe sein wird.

Jin Ha-Rim x alle Frauen:
Ha-Rim ist ein energiegeladener Mitarbeiter des Cafés. Er sieht sich gerne als Womanizer, ist aber keiner. Vor Frauen wirkt er sehr selbstbewusst, doch zumindest Han Byul, ein random Gast des Cafés, mit der er eine zweijährige Beziehung führt, erkennt recht schnell, dass er – und ich zitiere – ein »Baby« ist. Man sieht recht wenig von ihm, und auch von seiner Beziehung zu Han Byul sieht man nur den Anfang und das Ende, da es in der letzten Folge eine zweijährige Kluft gibt.

Kim Ji-Hyang x Ku Young-Shik:
Ji-Hyang ist Eun-Chans Mutter. Young-Shik ist ein Kerl, der sie zu erobern versucht. Nichts Schlimmes. Die beiden sind sehr offen mit ihren Gefühlen. Liegt das vielleicht am Alter?

Das Schlimme an all diesen toxischen Beziehungen ist, dass fast alle ein Happy End haben. Keine einzige Figur muss Verantwortung für ihre Taten übernehmen, und deshalb scheint es so, als seien diese Taten richtig. Meistens haben solche Figuren eine Art Redemption Arc. Sie fallen auf die Nase, bereuen ihre Taten und machen eine Charakterentwicklung durch. Nicht so hier. Alle Figuren sind am Ende noch dieselben Iditoten wie zu Beginn. Ich weiß nicht, ob es am Alter dieser Serie liegt und daran, dass toxische Beziehungen zu dieser Zeit noch nicht so verbreitet waren, doch die beiden Hauptfiguren und alle Nebenfiguren geben Musterbeispiele für toxisches Verhalten ab. Weil diese Serie Fiktion ist und die Drehbuchautoren sich für Happy Ends entschieden haben, kommen die Figuren mit ihrem Verhalten davon. Im echten Leben jedoch würden sie sich selbst und andere innerlich zerstören. Ich würde nur zu gerne wissen, was Matthew Hussey zu dieser Serie sagen würde.

Neben der Beziehungsgiftigkeit gibt es noch etwas anders, das einem sauer aufstoßen könnte: Han-Gyeols Großmutter macht von Anfang an zwar den Eindruck, eine bestimmende, aber coole Socke zu sein, zeigt aber ihre intolerante Seite, sobald sie erfährt, dass ihr Enkel mit Eun-Chan zusammen ist. In ihren Augen ist Eun-Chan seiner nicht würdig. Sie sagt, sie sei nicht hübsch, und sie bezeichnet diese sogar als »Ding«. Am Ende können sie zwar Frieden schließen, aber das Drehbuch hätte der Großmutter von Anfang an keine so fiesen Worte in den Mund legen sollen.

Technisch hat man sich keine Blöße gegeben. Zumindest visuell sind RomComs nicht besonders anspruchsvoll. Einzig und alleine dem herausspringenden Obst sieht man seine CGI-Herkunft an. Der Soundtrack besitzt Indie-Rock/Britpop-Anleihen und versprüht einen leichten Coming-of-Age-Touch. Die Musik ist gut in die Geschichte selbst integriert, da diese von den Musikern, die Han-Sung betreut, gespielt wird.

Die Untertitel haben auch nicht gerade dazu beigetragen, mir das Ansehen dieser Serie zu versüßen. Manche Übersetzungen sind so kreativ, dass ich bis heute nicht weiß, was sie zu bedeuten haben. Man sollte übrigens nicht immer alles 1:1 übersetzen, denn das kann manchmal gehörig schiefgehen. (Auflösung: Die englische Übersetzung lautet, dass sie alle »full of bull« sind, womit »bullshit« gemeint ist.) Ich kann aber verstehen, dass manche Dinge schwer zu übersetzen sind.

Was ich durch das Angucken dieser Serie gelernt habe: Zumindest manche Kinofilme werden in Südkorea auf Englisch und mit koreanischen Subs gezeigt.

»Coffee Prince 1 Hojeom« ist eine Brutstätte für Toxicness. Man muss diese Serie mit einem romantischen Blick sehen, um etwas Niedliches und Unschuldiges im Verhalten der Figuren erkennen zu können. Tut man das nicht, erkennt man ganz eindeutig die ganzen Red Flags, mit denen die Figuren herumwedeln, während sie ganz laut in die Welt hinausschreien: »Wenn du mich datest, zerstöre ich dein Leben!«
Beitrag wurde zuletzt am 18.03.2024 18:57 geändert.
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K-Pop: Extreme Survival

Avatar: Slaughtertrip#3
»K-Pop: Choegang Survival« ist eine Huldigung an K-Pop, ein Genre, das schon seit Jahren dabei ist, den Westen im Sturm zu erobern. Bei mir in der Gegend gibt es sogar einen Club, in dem es einmal im Monat eine K-Pop/Anime-OST-Night gibt. Meiner Meinung nach kann es gar nicht genug »K« geben.

Trotzdem ist dieses K-Drama allerhöchstens Durchschnitt. Um zu verstehen, warum das so ist, muss man erst einmal wissen, um was es geht. Der Name des Werks (»K-Pop: Extreme Survival«) lässt den Zuseher glauben, bei der Koreanischen Musik geht es um Leben oder Tod. So schlimm ist es aber nun doch nicht, was man am abgeschwächten Synonym (»K-Pop: The Ultimate Audition«) erkennt. Es geht eigentlich nur darum, dass neue Mitglieder für die nächste Generation der Band M2 gesucht werden. Südostasiatische Musik hat die fragwürdige Eigenheit, dass »alte« Mitglieder gegen junge Mitglieder ersetzt werden. Die Guillemets rühren daher, dass die ach so alten Mitglieder oft erst Anfang 20 sind. So auch hier. Ist man älter als 23, fliegt man. Das Management von Sunny Entertainment hat aber die Loyalität der Fans falsch einkalkuliert. Bandleader und Male Prota Kang Woo-Hyun hat dieses Pflegeheim-würdige Alter nun erreicht, doch die Fans protestieren. Auch die anderen Mitglieder sollen bleiben. Die Fans sind der Meinung, M2 sei »ihre« Band. Und weil der Direktor von Sunny Entertainment, Jang Hyun-Seok, die Fans nicht erzürnen möchte, fällt ihm ein ganz besonderer Casting-Prozess ein …

Die weibliche Hauptrolle spielt die niedliche Ko Eun-Ah, die sich für diese Rolle die Haare abgeschnitten hat. Sie spielt die burschikose Ji Seung-Yeon, die von allen für einen Jungen gehalten wird, solange sie nur nichts allzu Feminines trägt. Es ist die alte Leier von dem Kind, das einen von den Eltern vorherbestimmten Karriereweg einschlagen soll, jedoch lieber ein selbstbestimmtes Leben führen möchte. Eigentlich sollte sie in England Musik studieren, doch weil sie es wagt, Beethoven einen modernen Anstrich zu geben, fällt sie beim Aufnahmeverfahren durch und kehrt ohne das Wissen ihrer Eltern wieder nach Südkorea zurück. Dort hat ihr Freund (»Friend«, nicht »Boyfriend«) Kwon Ji-Woo gerade eine Audition für M2, fällt jedoch durch. Die Mitglieder für die nächste Generation von M2 wurden gefunden, doch dann kommen der angesprochene Fanprotest und der originelle Casting-Prozess ins Spiel …

Direktor Hyun-Seok gibt den Fans die Möglichkeit, die Mitglieder selbst zu bestimmen. Die Bewerber laden Videos von sich im Internet hoch, und die Fans dürfen abstimmen. Bei der nächsten Audition bleiben dann abermals vier Sieger übrig, zwei davon sind Seung-Yeon und Ji-Woo. Nun besteht »M2 Junior« aus insgesamt acht Mitgliedern, vier davon aus der ersten Audition, vier davon aus der zweiten. Diese acht Mitglieder sollen sich duellieren, bis nur noch vier übrig bleiben und die wahre neue Generation von M2 darstellen.

Die Idee ist ziemlich gut. Und auch modern, sind Castingshows doch bereits seit meiner Jugend sehr beliebt. Man bekommt aber nicht das, was man erwartet. Zu Beginn wird der Casting-Prozess minutiös erklärt, weshalb es dann umso verwunderlicher ist, wenn alles ganz anders kommt. Hier wird keiner dismissed, es werden keine Rosen verteilt, und der Schwächste fliegt ebenfalls nicht. Was man sieht, sind lediglich ein paar Trainingseinheiten und zwei Showcases, von deren Existenz ich erst durch diese Sendung erfahren habe. Die groß angekündigte zweite Audition wird bereits in der zweiten Folge abgehandelt. Schnell werden bei einem Internetvoting 50 Kandidaten gefunden. Nach ein bisschen Singen wird von einer Fachjury auf 25 Teilnehmer heruntergekürzt, und nach einer 3-minütigen Tanzeinlage sind es nur noch acht. Bei einem Auftritt hinter einer Schattenwand werden dann die vier Sieger gefunden. Ich dachte zuerst, man wollte das Unwichtige schnell hinter sich bringen, doch auch in den restlichen Folgen hatte diese Serie in Sachen Casting und Wettbewerb wenig zu bieten. Eines vorweg: Das Ende ist unbefriedigend. Was auffällt, ist, dass diese Serie nicht die typischen 16 Folgen, sondern nur 14 hat. Und das hat einen Grund. Nach dem Lesen einiger Internetkommentare wurde diese Serie anscheinend vorzeitig beendet und auf 14 Folgen heruntergeschnitten. Man erfährt zwar, wer Seung-Yeons Herzbube wird, doch über die Zukunft von M2 Junior wird ein Mantel der Verschwiegenheit geworfen.

Seung-Yeon ist ziemlich süß, und es macht Spaß, ihr beim Schauspielern zuzusehen. Ich kann nur nicht verstehen, warum sie von allen für einen Jungen gehalten wird (Antwort: Weil der Plot es so will), vor allem deshalb, weil sie so süß ist. Nicht einmal ihre Piepsstimme erregt Verdacht. Sie hat ungefähr dieselbe Klangfarbe wie The Ting Tings, nur in einer etwas höheren Stimmlage. Natürlich will sie von anderen als Junge gehalten werden, denn als Mädchen kann man schlecht einer Boyband beitreten. Etwas doof findet sie es aber schon, dass sie nicht etwas fraulicher ist.

Beim männlichen Prota Woo-Hyun ist alles immer aish. Aish hier, aish da, aish dort. Das ist ihm aber auch nicht zu verdenken, da er konstant genervt ist. Manchmal nervt er sich selbst, einfach durch seine Art. Er schlägt seine Teammitglieder sogar mit der Faust ins Gesicht, um klarzustellen, dass er der Chef ist. Richtig geraten: Die männliche Hauptfigur ist wieder mal ein Bad Boy. Wie (fast) alle anderen hält auch er Seung-Yeon für einen Kerl. Gerade deshalb ist es ziemlich witzig, mit anzusehen, wie er sich immer mehr in einen »Kerl« verliebt. Er kann selbst nicht glauben, welche Gefühle plötzlich in ihm erwachen. Ist er schwul? Nein, keine Sorge, Woo-Hyun, du wirst nur hinters Licht geführt.

Zuerst dachte ich ja, Ji-Woo sei Seung-Yeons Partner und ein ernstzunehmender Liebesrivale für Woo-Hyun. Immerhin lebt Seung-Yeon seit ihrer Rückkehr nach Südkorea bei Ji-Woo und seiner Großmutter, und sie und Ji-Woo schlafen sogar im selben Zimmer. Zur Verwirrung beigetragen hat, dass sie ihn »meine Frau« nennt. Das liegt vermutlich daran, dass Ji-Woo ein totales Weichei ist. Seung-Yeon muss sogar ein paar Schlägertypen für ihn vermöbeln. In dieser Freundschaft ist sie der Mann und er die Frau. Erst als Seung-Yeon gesagt hat, noch nie jemanden geküsst zu haben, wurde mir klar, dass sie und Ji-Woo nicht zusammen sind. Nach der Audition gibt es zwischen den beiden auch kaum noch Interaktion, welche die Story vorantreibt. Sie reden noch miteinander und sind noch immer befreundet, aber die einzige Sache, die Ji-Woo von den anderen Jungs unterscheidet, ist die Tatsache, dass er Seung-Yeons Geheimnis kennt.

Natürlich gibt es auch einen weiblichen Liebesrivalen, nämlich Oh In-Young, mit der Woo-Hyun zu Schulzeiten zusammen war und die jetzt eine berühmte Sängerin ist. Damals hat sie Woo-Hyun verlassen, doch jetzt, wo er selbst zu einer Berühmtheit geworden ist, will sie ihn zurückhaben. Sie ist weder besonders sympathisch noch unsympathisch. Als Love Rival macht sie auch nur eine halbwegs gute Figur, denn Woo-Hyun ist nie auch nur eine Sekunde an ihr interessiert. In-Young meint, Woo-Hyun sei etwas nervös, wenn sie in seiner Nähe ist, und bei einem Videodreh kommen die beiden sich sehr nahe, doch sonst hat man nicht das Gefühl, In-Young sei in der Lage, ihren damaligen Liebhaber wieder zurückerobern zu können.

Bei den vielen potenziellen K-Pop-Idolen hat ein wenig der Raum gefehlt, sie alle ins Rampenlicht zu stellen. Von den ersten vier Gewinnern der ersten Audition ist mir sofort Dong-Woo aufgefallen, dessen Schauspieler Jo Yoon-Woo bereits in »Yeonaejojakdan: Shirano« eine gute Figur abgegeben und einen ähnlich unschuldigen jungen Mann portraitiert hat. Viel über die Person Dong-Woo erfährt man aber nicht. Auch ist mir Jang Tae-Kwon aufgefallen, obwohl ich zuerst gar nicht wusste, warum. Ich dachte, ich hab ihn schon mal irgendwo gesehen, aber die Suche ergab keine Treffer. Dann hatte ich einen Geistesblitz: Tae-Kwon wirkt in seiner verschrobenen Art wie der koreanische Howard Wolowitz! Die anderen beiden Künstler des Viererpacks, Kang Chan-Ming und Kim Hyun-Seung, kann man eigentlich vergessen – zu wenig Tiefe besitzen sie. Vor allem Chan-Ming hat mir etwas Probleme bereitet, denn dieser sieht Park Ki-Beom, einem der vier Gewinner der zweiten Audition, zum Verwechseln ähnlich. Die Stylisten hätten einem der beiden ruhig eine andere Frisur verpassen können. Yoon Jae-Ah komplettiert neben Ki-Beom, Seung-Yeon und Ji-Woo das Viererteam der zweiten Audition. Jae-Ah ist ein cooler Rocker, der beim Wettbewerb einen wirklich tollen Song performt. Man verfolgt bei ihm einen kleinen Nebenhandlungsstrang, wenn der Zuseher erfährt, dass Jae-Ah verbotenerweise mit seiner anderen Band in Clubs auftritt. Das ist aber wirklich nur ein sehr kleiner Nebenhandlungsstrang. Besonders schade finde ich, dass er mit seiner Band poppigen Soft-Rock spielt, wo er bei der Audition doch einen so coolen Auftritt hingelegt hat. Gegen Ende der Serie entscheidet man sich bei einem der Mitglieder für einen noch kleineren Mord-Nebenplot. Dieser wird aber sehr inkonsequent verfolgt, und man fragt sich, what the hell das Ganze eigentlich soll.

Von den Mitarbeitern bei Sunny Entertainment bekommt man nicht allzu viele zu sehen. Da wäre einmal der bereits angesprochene Direktor Hyun-Seok, der immer sehr ruhig bleibt und überlegte Entscheidungen trifft. Unterstützt wird er von einer hübschen Frau, die von allen nur »Team Leader Han« (auf Koreanisch) gerufen wird. Es kommt wenig überraschend, dass die beiden eine gemeinsame Vergangenheit haben und romantische Gefühle füreinander hegen. Team Leader Han hat jedoch eine Liebeskonkurrentin, nämlich Lee Soon-Yeon. Es hat ein wenig gedauert, bis ich überhaupt begriffen habe, dass Soon-Yeon eine Liebesrivalin sein soll. Sie ist so unscheinbar, dass sie mir erst aufgefallen ist, nachdem sie schon mehrere Auftritte hatte. Das spricht entweder gegen diese Serie oder gegen Shin Seo-Kyung, die Schauspielerin von Soon-Yeon. Dass die Figur von Soon-Yeon die einzige Rolle ist, die Seo-Kyung jemals gespielt hat, bekräftigt mich irgendwie in meiner Ansicht, dass Seo-Kyung einfach keine Ausstrahlung hat und beinahe unsichtbar wirkt. Natürlich kann es auch andere Gründe haben, weshalb sie dem Showbiz danach ferngeblieben ist.

Das Produktionsniveau könnte höher sein. Ich will jetzt nicht ranten, darum hinterlasse ich einfach einen Screenshot eines Flugzeuges, das man selbst bei »Initial D« nicht hässlicher hätte CGI-verunstalten können. Einfache Effekte hat man aber hinbekommen. Gratulation. Doch selbst normale Kamerafahrten wirken billig – oder zumindest billiger als bei besser produzieren Vertretern seiner Gattung. Seit meiner Karriere als K-Drama-Gucker bin ich es gewohnt, wunderschöne Asiaten mit perfekter Haut zu sehen. In dieser Serie jedoch scheint man den Mut gehabt zu haben, Schauspieler mit etwas vernarbter Haut zu zeigen, was man jetzt positiv oder negativ sehen kann. Oder die Make-Up-Artists sind genauso wenig top-notch wie die CGI-Artists. Zumindest ist diese Serie kein allzu harter Schlag gegen das Selbstvertrauen des Zusehers, mit Ausnahme der ganzen Idols. Etwas kurios fand ich, dass man es bei den Rückblenden nicht nur nicht geschafft hat, die Charaktere jünger wirken zu lassen, nein, man hat es auch geschafft, diese Szenen lächerlich wirken zu lassen. Es reicht einfach nicht, eine 30-jährige Frau in eine Schüleruniform und einen 36-jährigen Mann in ein Hip-Hop-Outfit zu stecken. Bei dem Foto scheint das vielleicht nicht so aufzufallen, bei den gespielten Szenen aber schon. »Big« hat das besser hinbekommen, vor allem deshalb, weil man dort die Rückblenden als Comedy-Szenen aufgezogen hat, da man sich wohl darüber im Klaren war, dass man ältere Figuren nicht jünger aussehen lassen kann, sofern man dafür keine anderen Schauspieler benutzen will.

Musikalisch ist diese Serie eine herbe Enttäuschung. Und das liegt nicht daran, dass man bei einer Kampfszene die unoriginelle Idee hatte, das Rocky-Thema abzuspielen. Gerade bei einer Serie, in der es um Musik geht, erwartet man einen Soundtrack, der aus der Masse heraussticht. »Neon Naege Banhaesseo« hat das geschafft. Es ist nicht so, als sei der Soundtrack schlecht – es ist eher so, dass ein richtiger Soundtrack kaum auszumachen ist. Üblicherweise wird in K-Dramen in bestimmten Szenen immer ein dazu passendes Lied gespielt. Lustige Szenen werden von Gute-Laune-Upbeat-Musik begleitet, traurige von traurigen, und wenn man dem Zuseher bei den romantischen Szenen auf die Tränendrüsen drücken möchte, wird oft ein Tearjerker als melancholisches Highlight gespielt. Nicht so hier. Entweder ist keine klare Linie auszumachen, oder die Hintergrundmusik ist so wenig einprägsam, dass man sie gleich wieder vergisst. Ich würde behaupten, in dieser Serie gibt es ausgesprochen viele Szenen ohne musikalische Untermalung. Meine Vermutung ist, dass die Lieder, welche die Idols vortragen, einen richtigen Soundtrack ersetzen sollen. Wenn dem so ist, ist der Schuss nach hinten losgegangen. Meistens trägt M2 Junior nur ein bestimmtes Lied vor, was sich auch ganz gut anhört. Aber irgendwann wird es redundant. Es gibt aber auch Auftritte, die aufhorchen lassen, beispielsweise die Beethoven vergewaltigende Seung-Yeon, der erste Auftritt vom coolen Gitarristen Jae-Ah, oder Seung-Yeon, die es nach unzähligen Fehlschlägen schafft, ihr Lieblingslied (welches von Woo-Hyun geschrieben wurde) mit Emotionen zu singen. Der Serie muss ich zugutehalten, dass die Idols bei den Proben ohne musikalische Begleitung auch tatsächlich selbst singen. Bei den Auftritten jedoch wird offensichtlich Playback benutzt. Ein interessanter Fun Fact wäre vielleicht, dass viele der Schauspieler tatsächlich Sänger sind. Und die Mitglieder von U-KISS haben hier sogar eine Gastrolle.

Fans schlucken bekanntlich alles, doch selbst der größte K-Pop-Fan muss sich »K-Pop: Choegang Survival« nicht unbedingt antun. Nach all den negativen Aspekten, die ich in dieser Rezension zu bekritteln habe, wundert mich der frühzeitige Abbruch dieser Serie gar nicht. Hier treffen ein bescheidenes Produktionsniveau und ein verbesserungswürdiges Skript aufeinander, doch leider ergeben Minus mal Minus nicht immer Plus. Obwohl ich es noch nicht gesehen habe, gibt es mit dem Drama »Minami Sineyo« eine Serie, die inhaltlich ähnlich, aber viel besser bewertet ist – nicht nur hier auf aS. Bessere Alternativen gibt es immer.
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Aschenputtel und die vier Ritter

Avatar: Slaughtertrip#4
Als bei »Dragon Ball Z« sich plötzlich alle in Super-Saiyajins verwandeln konnten, sprach man von einem »Super-Saiyan Bargain Sale«. Im Vergleich zu dieser Serie kann man dann wohl von einem »Parent Bargain Sale« reden. So viele Väter (die meisten tot), so viele Mütter (die meisten MILFs), da muss man sich erst mal zurechtfinden. Diese Serie ist das perfekte Beispiel dafür, dass die meisten Korea-RomComs Familiendramen sind.

Jeder, der nicht in Höhlen oder umringt von Bergen (wie ich) wohnt, kennt »Aschenputtel«. Das ist die Geschichte mit dem Schuh. Geht man nach dem Namen dieser Serie, findet man den Einfluss für die Story bei diesem jahrhundertealten Märchen. Irgendeinen Aufhänger fürs Marketing braucht man ja. So findet man hier die berühmte Schuh-Szene, die traumhaft schön inszeniert wurde. Auch die gehässige Stieffamilienschaft findet sich hier, und jedes Mal freut man sich, wenn Stiefmutter und Stieftochter heulen. Einen Kürbis konnte ich nicht ausfindig machen, aber vielleicht gibt‘s diese Dinger in Korea nicht. Ich frage mich, wie die Koreaner Halloween feiern …

Die »Cinderella« in dieser Serie ist Eun Ha-Won. Der Niedlichkeitsfaktor und der Sympathiefaktor verhalten sich proportional zueinander. Obwohl ihr bei ihrem Aussehen alle Türen offenstehen würden und ein OnlyFans-Account bereitstehen würde, schuftet sie sich lieber bei mehreren Teilzeitjobs halb zu Tode. Sie ist sehr ambitioniert und möchte einfach nur studieren und später mal Lehrerin werden (weil das der Wunsch ihrer verstorbenen Mutter ist), doch ihre böse Stiefmutter möchte mit ihrem Geld lieber Ha-Wons böse Stiefschwester auf die Uni schicken. Nur verhält es sich so, dass die böse Stiefschwester mehr One-Night-Stand- als Hochzeits-Material ist: wunderschön, aber faul, oberflächlich und dumm, und fürs Studium erst recht zu blöd. Im Prinzip hätte die böse Stiefmutter sogar das Geld, um Ha-Wons Studiengebühren zu bezahlen, aber man will ja nicht aus der Rolle fallen. Egal, wie sehr ihre Stiefis sie terrorisieren, Ha-Won hegt nicht den Wunsch, die beiden aufzuhängen und ausbluten zu lassen. Die Hexe und die Hexentochter wollen anfangs, dass Ha-Won aus ihrem Haus verschwindet, und wenn sie das später tatsächlich tut, passt ihnen das auch nicht, weil Ha-Won von da an in einer schönen Villa und umringt von Ikemen wohnt und das unschuldige Mädchen natürlich Schuld daran ist, dass es ihnen schlecht geht – selbst wenn Ha-Won keinen Kontakt mehr zu ihnen hat. Ha-Won hat ein gutes Herz, das man am besten entnehmen und untersuchen sollte. Im echten Leben sollte es mehr Frauen wie Ha-Won geben, aber das tut es leider nicht. Laut der Hot-Crazy-Matrix wäre Ha-Won ein Einhorn. Einen Vater hat Ha-Won auch, aber der ist fast nie daheim und weiß nichts von der Tyrannei von Massagesalon-Mama und Dumpfbacke-Tochter. Verkompliziert wird später alles, wenn Ha-Wons Vater glaubt, seine damalige Frau habe ein Verhältnis mit Kang Young-Jin, einem ehemaligen Kampfsportler und jetzigen Bauarbeiter, gehabt.

Ha-Wons Familienverhältnisse sind aber nichts im Gegensatz zu jenen der »Vier Ritter«. Erst einmal ist diese Bezeichnung sehr irreführend, denn nur drei der vier jungen Männer buhlen um Ha-Wons Liebe. Und ritterlich benimmt sich vielleicht einer davon. Nicht, dass die anderen Ärsche wären – das ist nämlich auch nur einer davon. Das ganze Konstrukt erinnert stark an eine Mischung aus den ekligsten Shoujo-Mangas, bei denen der Male Prota ein reicher Adliger ist, so wie es sie an jeder Straßenecke gibt, gepaart mit ganz viel Harem. Der Unterschied ist nur der Bezug zur Realität. So etwas gibt es in Shoujo-Mangas nämlich nicht. Dort kann es schon mal passieren, dass die Protagonistin von den Harem-Mitgliedern sexuell belästigt wird – das reicht von schlüpfrigen Sprüchen und Berührungen bis hin zu Vergewaltigung. Und die einzige Reaktion, welche die Protagonistin darauf zeigt, ist ein »Kyaaa~«. Oder ein »Bitte mach das nicht … aber es fühlt sich so gut an!« Wenn der Inhalt von Pornos der Traum von Männern ist, dann ist der Inhalt von Shoujo-Mangas der Traum pubertierender Mädchen. Aber wenn diese dann tatsächlich von einem adligen Harem genötigt werden, kommt es zu einer Massenverhaftung. Diese Hypokrisie, die das weibliche Geschlecht vertritt, habe ich noch nie verstanden.

Der Großteil des Geschehens spielt sich um den Haneul-Konzern herum ab. Der Vorstand (auf dem Bild sieht man rechts neben ihm seinen Sekretär, welcher einer der »Ritter« sein soll) hat drei bereits verstorbene Söhne, und jeder seiner Söhne hat selbst einen Sohn – die Enkelritter. Weil er jedoch nicht zufrieden mit seinen Enkeln ist, lässt er Ha-Won nach einer Reihe von Zufällen in die Himmelsvilla einziehen, wo sie die Aufgabe bekommt, diesen Anstand beizubringen und die Familie zusammenzuführen.

Der erste Enkelritter ist Kang Ji-Woon, der erst vor Kurzem erfahren hat, dass er mit der wohlhabenden Kang-Familie verwandt ist. So wird er vom Kfz-Mechaniker zum reichen Abkömmling – etwas, das sich wohl jeder wünscht und nur durch einen Lottogewinn möglich gemacht werden kann. Vom Vorstand wird er als »Schurke« bezeichnet, weil er sich »prügelt«. Eigentlich ist es eher so, dass er die Kunst des Kampfes beherrscht und diese nur zum Schutz anderer Menschen einsetzt, z. B. wenn einer Frau ganz klassisch die Handtasche geklaut wird, oder – wieder klassisch – wenn es auf der Schule plötzlich mehr Mobber gibt, als man auf den ersten Blick zählen kann, und diese die Herzensdame quälen. Diese Serie (oder der Vorstand) versucht, den drei Rittern negative Merkmale anzuheften, wo doch eigentlich nur einer von ihnen charakterlische Schwächen zeigt …

… nämlich Kang Hyun-Min. Er ist das, was man heutzutage als »Fuck Boy« bezeichnen würde. Man erzählt sich schon Gerüchte darüber, dass er allen seinen Verflossenen etwas schenkt. Die Gerüchte stimmen. Gleich zu Beginn sieht man, wie seine neueste Ex-Freundin sein Auto haben möchte, und das schenkt er ihr, ohne mit der Wimper zu zucken. Kann es sein, dass er Gewissensbisse hat, wenn er einer Frau den Laufpass gibt? Er kann es sich halt leisten. In dieser Serie wird übrigens sehr viel mit Geld herumgeworfen. Der Geldhahn scheint undicht zu sein, sodass das Geld unaufhörlich auf die Betuchten herabregnet. Hyun-Min hat eine wunderattraktive Kindheitsfreundin namens Park Hye-Ji, die er ebenfalls gegen eine Neue ausgetauscht hat. Neu ist zwar immer besser, aber die Koreaner unterscheiden sich äußerlich ohnehin nicht viel voneinander, weshalb man eigentlich bei der Alten bleiben könnte …

Der dritte Enkelritter ist Kang Seo-Woo, der eine Karriere als Singer-Songwriter macht. Trotzdem ist sein Großvater nicht zufrieden mit ihm und bezeichnet ihn als »Nichtsnutz«. Der koreanische Justin Bieber zu sein, reicht also nicht, um den reichen Sack zufriedenzustellen. Seo-Woo ist der Netteste von den dreien. Man könnte ihn schon fast als Philanthroph bezeichnen. Sein Manager wird gespielt von Kim Kang-Hyun, der bei »Sileobgeubyeo Romance« den vertrottelt-sympathischen Langzeitstudentennerd Eom Hyo-Sang gespielt hat. Seo-Woo wird gespielt von Lee Jung-Shin, einem Mitglied der K-Rockband CNBLUE. Einer seiner Bandkollegen, Jung Yong-Hwa, ist ebenfalls im Filmgeschäft tätig und hat unter anderem den Rockmusiker Lee Shin bei »Neon Naege Banhaesseo« gespielt. CNBLUE ist sehr empfehlenswert, vor allem das Albm Euphoria.

Der vierte Enkelritter ist weder ein Enkel noch ein Ritter, und somit stimmt das »vierte« auch irgendwie nicht. Lee Yoon-Sung ist der Sekretär des Vorstands und Mädchen für alles. So kümmert er sich auch darum, dass in der Himmelsvilla alles mit rechten Dingen zugeht. Ich denke, ein Job wie dieser könnte richtig gut bezahlt sein. Und abwechslungsreich ist er bestimmt auch. Wer weiß, welche außergewöhnlichen Wünsche einer der reichsten Männer Südkoreas wohl hat? Yoon-Sungs Position in der Firma ist überraschend hoch, denn er wird als die Nummer Drei des Konzerns bezeichnet. Vermutlich unter Hyun-Min. Zwischen ihm und Ha-Won läuft absolut gar nichts. Die beiden würden sich nicht mal näher kommen, wenn man ihnen die Klamotten vom Körper reißen und sie in ein Love Hotel einsperren würde. Yoon-Sung hat eine ganz andere Rolle in dieser Serie, was man als Zuseher jedoch erst etwas später erfährt. Er ist – beware of spoiler – der Sohn der fünften und aktuellen Frau des Vorstands, Ji Hwa-Ja. Diese möchte ihrem Sohn (ungefragt) dabei helfen, der nächste Vorstand zu werden. Mütter wollen immer das Beste für ihre Kinder, vergessen dabei jedoch, diese zu fragen, was sie überhaupt wollen.

Liebe ist in dieser Serie überall. Kein Wunder, bei so vielen Enkelrittern. Es ist nur etwas schade, dass es doch recht offensichtlich ist, wer mit wem am Ende zusammenkommt. In den nächsten Sätzen dieses Absatzes wird Spoiler-Territorium betreten, von daher ist Vorsicht geboten. Es gibt schon von Anfang an eine spürbare Chemie zwischen Ha-Won und Ji-Woon. Zwischen ihnen herrscht diese klassische »er ist irgendwie fies, aber sooo~ süß«-Spannung. Ich hab auch schon versucht, fies zu Frauen zu sein, und das hat dazu geführt, noch mehr gehasst zu werden. Vielleicht sollte ich mir weniger Dramas, Shoujo-Mangas und Youtube-Videos reinziehen, dafür aber mehr Bücher lesen. Hyun-Min zeigt zwar auch Interesse an Ha-Won, aber das wirkt nie wie richtige Liebe. Sein Herz hängt noch immer an Hye-Ji. Was ihn davon abhält, eine Beziehung zu ihr einzugehen, ist der traurige Umstand, dass Hye-Jis Bruder bzw. Hyun-Mins Jugendfreund als Kind bei einem Unfall ums Leben gekommen ist und Hyun-Min sich dafür verantwortlich fühlt. Das ist ein toller Grund, um sein Dasein als Fuck Boy zu rechtfertigen. Muss ich mir merken. Dass Seo-Woo, so nett er auch sein mag, nicht mit Ha-Won zusammenkommt, erkennt man relativ deutlich daran, dass er von ihr gefriendzoned wird. Das ist genau das, was eine Frau tun muss, um einem Mann das Herz aus der Brust zu reißen und darauf rumzutrampeln: ihn »Freund« nennen. Seo-Woo ist einfacher nicht der Bagger-Typ, und eine sexuelle Spannung zwischen ihm und Ha-Won spürt man nie. Er wirkt mehr wie ihr kleiner großer Bruder. Aber auch er findet sein Liebesglück, und zwar mit Hong Ja-Yeong, Ha-Wons guter Freundin, die in einem Restaurant arbeitet. Dass die beiden oft miteinander rumhängen, ist ein relativ deutlicher Indikator dafür, dass sie zusammenkommen werden. Ja-Yeong wird gespielt von Cho Hae-Jung, die im selben Jahr bei »Yeokdoyojeong Kim Bok-Ju« mitgespielt hat. Anscheinend hat sie für diese Rolle etwas Gewicht zunehmen müssen, weshalb sie auch bei dieser Serie hier etwas pummeliger ist. Sieht man sich neuere Fotos von ihr an, hat sie die Pfunde wieder purzeln lassen und sieht ganz bezaubernd aus.

Familienmitglieder gibt es in dieser Serie auch überall. Besondes am Ende des ersten Drittels bekommt man fast alle Väter und Mütter auf einmal zu sehen, nämlich als den verstorbenen Vätern beim Jahrestag gedenkt wird. Seo-Woos Mutter wird von Lee Ah-Hyun gespielt, die bei »Maryneun Oebakjung« in eine ähnliche Rolle geschlüpft ist. Dort mimte sie zwar eine Mutter, die ihr Kind aus Männergeilheit vernachlässigt, doch hier wie da spielte sie eine locker auftretende Mutter, die ihr Kind liebt. Die Rolle von Yoon-Sungs Mutter, der Vorstandsfrau, habe ich bereits thematisiert, jedoch möchte ich hinzufügen, dass sie keine schlechten Absichten hat. Kaum eine Figur ist nicht auf die eine oder andere Art liebenswert. Zumindest kann man ihre Intentionen nachvollziehen. Am schäbigsten kommt vielleicht Ha-Wons Vater Young-Jin rüber. Warum das so ist, erfährt der Leser nach einer kurzen Spoilerwarnung. Achtung, Spoiler. Ha-Wons Vater glaubt, Young-Jin sei ihr richtiger Vater, was sich später jedoch als falsch herausstellt. Als Young-Jin erfährt, dass Ha-Won seine Tochter sein könnte, nutzt er die Gunst der Stunde, um durch sie an Geld heranzukommen.

Während ich diese Rezi schreibe, höre ich mir den tollen Soundtrack zu dieser Serie an. Barney Stinson hat mal gesagt, dass die Leute meinen, ein guter Mix müsse Höhen und Tiefen haben, was aber falsch sei. Ein guter Mix solle nur Höhen haben, baby, und genau das hat der Soundtrack zu dieser Serie! Ich könnte hier über jedes Lied etwas schreiben, aber dann würde diese Rezi zu einer Musik-Kritik werden. Eine musikalische Besonderheit dieser Serie möchte ich aber dennoch erwähnen: Jedes Mal, wenn es zwischen Ha-Won und einem der Jungs knistert, wird ein Ton, der direkt von Wolke Sieben stammen könnte, abgespielt. Ungefähr fünf Sekunden später wird diese Melodie geloopt und mit einem Beat unterlegt. Der Effekt, der dadurch erzielt wird, lässt den Zuseher glauben, bei dieser Serie handle es sich um eine himmlische, aber moderne Romanze. Und das ist sie irgendwie auch, wenn man mal vom Fuck Boy Hyun-Min absieht.

Bei den Effekten hält man sich sehr bedeckt. Es gibt eigentlich nur höchstens ein paar einfache Foto-Filter, die man sogar selbst machen kann. Ich hätte aber gern gesehen, wie man das hier bewerkstelligt hat.

»Cinderellawa Ne Myeongui Gisa« ist das Gegengift zu all den unrealistischen und oft perversen Frauenfantasien, die man aus Shoujo-Mangas kennt. Trotz Harem ist diese Serie nie verrucht, und trotz ständiger Geldherumwerferei nie oberflächlich. Im Prinzip ist diese Serie sogar so süß, dass sie schon wieder unrealistisch ist. Aber man darf ja wohl noch träumen, vor allem bei modernen Interpretationen alter Märchen …
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Anwalt in Joseon: Eine Frage der Moral

Avatar: SabriSonne
Redakteur
#5
„Joseon Attorney“ kurz gesagt: die letzten Folgen hätten die Serie beinahe in die Knie gezwungen – was ist passiert?!


Zur Handlung
„Joseon Attorney“ ist der Inbegriff des klassischen K-Drama Sageuk, wie es im Buche steht. Wer schon Titel aus dem Genre gesehen hat, der wird hier sicherlich nicht überrascht werden, doch leider kann ich die Serie auch Anfängern nicht unbedingt empfehlen.

Zuerst ist die Serie unnötig kompliziert und gleichzeitig unglaublich zäh. Gerade in den einzelnen Fällen, die Anwalt Han Soo bearbeitet, zeigen sich oft Schwachstellen. Nicht, weil die Ideen schlecht wären, sondern weil sie einfach zu lang gezogen ausgearbeitet wurden. Mit knapp 70 Minuten sind die Folgen eh relativ lang, und dass die Fälle nur bedingt motivieren, hilft nicht unbedingt, um die eine oder andere Durststrecke zu überwinden.
Emotional unterhalten die einzelnen Geschichten zwar schon, doch leider verpuffen viele Effekte aufgrund dieses Problems.

Ebenso fällt schnell auf, dass die Fälle unglaublich „praktisch“ sind. Beinahe alle Fälle starten als Zufall, nur um dann genau auf die Personen abzuzielen, die Han Soo für die Misere seiner Familie verantwortlich macht. Sprich, indem er irgendwelchen dahergelaufenen Menschen hilft, erwischt er jedes Mal einen der Hintermänner auf seiner persönlichen Abschussliste. Sicherlich hier von der Länge der Serie bedingt, in der man sich nur wenige zeitliche Ausrutscher leisten kann, dennoch verdreht man immer wieder ungewollt die Augen, wenn sich ein harmloser Fall eines Mordes an einem zufälligen Geschäftsmann als königliches Problem entpuppt.

Dennoch entwickelt sich die Handlung geradlinig und macht ein logisches Folgen einfach. Motiviert wird die Geschichte von der Tragödie von Han Soo und seiner Familie. Sowohl charakterlich als auch storytechnisch tragen beide Elemente hervorragend, obwohl die Idee nicht neu ist. Gegen Ende bekommt man dann sogar noch einmal den Schlag ins Gesicht verpasst, den ich persönlich für sehr gelungen und toll ausgearbeitet halte.
Insgesamt fällt v.a. in den ersten zwei Dritteln auf, dass die Serie viele Schocker nicht nur als dramaturgische Cliffhanger nutzt, sondern sie insgesamt sehr gut platziert. Das sorgt v.a. in der Tragödie der Kang-Familie immer wieder für starke Emotion.

Ebenso gut empfand ich den Beginn der Serie. Der Anfang verbreitet eine sehr angenehme Gesamtstimmung, auch die Undercover-Geschichte der Prinzessin, die ab der ersten Folge klar ist, war in ihrer Gesamtheit weniger nervig als erwartet. Obwohl man auf die Auflösung wartet, funktionieren die Cliffhanger gut. Zwar fand ich das gesamte Konstrukt rund um die Prinzessin und ihre Annäherung an Han Soo etwas „praktisch“ und „übertrieben“, dennoch geht die Storyline zufrieden stellend zu Ende. Die Romanze zwischen den beiden fand ich vom Tempo sehr angenehm und schön geschrieben. Ob ich am Ende die Dreiecksbeziehung mit Ji Sun gebraucht hätte, wage ich zu bezweifeln, obwohl sie natürlich storytechnisch wichtig ist, um am Ende den Bösewicht aufzuhalten. Dennoch empfand ich Ji Sun bis dato immer als „guten Freund und Berater“ der Prinzessin, sodass ich die angeblich plötzlich aufkeimenden Gefühle wieder etwas „zu praktisch“ fand.

Die Palastintrige, die hier natürlich nicht fehlen darf, interessierte mich nur bedingt, v.a. da ich auf irgendeinem Grund Probleme hatte, ihr zu folgen. Ich habe irgendwie kein wirkliches Ziel ausmachen können außer die Machtvergrößerung von Minister Yoo. Dessen Story ist aber von Anfang an irgendwie klar, sodass ich die meiste Zeit die Königsfamilie nicht wirklich zuordnen konnte. Für mich wirkte die Königsfamilie in diesem Zusammenhang sogar beinahe etwas blöd, wie einfach es für Minister Yoo war, diese in die Sache zu verwickeln und ihm in die Karten zu spielen. So macht gerade König Lee Hyul doch eine ziemliche Charakterwendung durch, damit sich die Geschichte am Ende nicht aufhängt. Noch dazu zogen sich einige Szenen hin.
Das Finale der Intrige kam auch nicht unerwartet und ging so zu Ende, wie man es von anderen Serien mit ähnlichem Inhalt kennt. Insgesamt nicht schlechter, nur leider wahnsinnig schnell. Es ist schade, dass viele Erfolge von Han Soo nicht im großen Finale gipfeln, sondern dass dieses beinahe wie ein eigenständiger Fall am Ende in 2 Folgen gelöst wird. Ebenso empfand ich das Ende beinahe schon als etwas erzwungenes „Happy End“.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie meine gar nicht mal so schlechte Bewertung zustande kommt, wenn die Handlung doch nur bedingt überzeugen konnte…?


Zu den Charakteren
Ganz klar rettet sich für mich die Serie in dieser Kategorie.

Han Soo empfand ich zwar im ersten Moment als sehr lauten und stellenweise etwas weltfremden Charakter, dennoch geht seine Geschichte ans Herz. Die Ausarbeitung ist hervorragend, obwohl seine Geschichte ein ganz typischer K-Drama-Arc ist. Dennoch darf er sich als Charakter weiterentwickeln und erlebt sämtliche emotionale Höhen und Tiefen. In seinem Fall sind es mehr Tiefen, sodass mich die Story umso mehr ansprach, da ich Tragödien im Gesamten einzigartiger finde.
Unterstrichen wird der Charakter noch von der wirklich herausragenden Leistung von Darsteller Woo Do Hwan, der hiermit beweist, dass er auch Comedy-Rollen ohne Probleme drauf hat. Besonders überzeugt er für mich jedoch in den emotionalen Parts, in denen er wirklich alles rausholt und viele Szenen deutlich nachhaltiger und packender macht, als sie das Skript im ersten Moment formuliert. Schon allein wegen ihm lohnt sich die Serie allemal!

Umso besser wird das Ganze in Kombination mit den anderen Hauptdarstellern. Alle schauspielerischen Leistungen sind überraschend stark und man merkt, dass untereinander die Chemie wirklich stimmt.
Mit Kim Ji Yeon (aka Bona von WJSN/Cosmic Girls) als Prinzessin Yeon Joo und Cha Hak Yeon (aka N von VIXX) als Ji Sun hat Do Hwan gleich zwei Idol-Actor gegenüber. Für mich jedoch kein Grund zur Sorge, machen doch beide einen hervorragenden Job und spielen ihre jeweiligen Rollen überzeugend. Gerade Hak Yeon hat mit seinen bisherigen Titeln eh gezeigt, dass er als Idol-Actor mehr als ernstzunehmende Leistung abliefert.

Wie gesagt empfand ich die Prinzessin von ihrer Motivation her etwas unglücklich gewählt. Als ihre Story vorbei war, habe ich doch etwas die Stirn gerunzelt, warum sie sich für ihre Ziele eben diesen Weg ausgesucht hat und ob es nicht einen sinnvolleren hätte geben können. Dennoch rettet sich für mich der Charakter über die Täuschung und die aufkeimende Romanze zu Han Soo. Im letzten Drittel hatte sie dann leider kaum noch Funktion, da ihre Handlung deutlich vor dem Finale aufgelöst wurde, sodass meist nur „da“ war.

Anders herum lief die Handlung von Ji Sun, der am Anfang meist nur „da“ war, dafür am Ende zum Zug kommt. Auch seine charakterliche Position ist keine Überraschung, funktioniert aber dennoch gut und erfüllt voll und ganz ihren Zweck. Ich hätte mir zwar mehr Momente zwischen ihm und Han Soo gewünscht, um die Freundschaft und die Rivalität etwas mehr aufzubauen, aber final war ich auch hier zufrieden.

Dong Chi als Sidekick von Han Soo war auch keine charakterliche Ausnahmeerscheinung, hat aber immer wieder die passenden Auftritte und Szenen und fängt damit die Handlung immer wieder angenehm auf.

Von den Bösewichten in Form zahlreicher Politiker und Minister war ich etwas enttäuscht, da für mich die Cleverness fehlte. Die Handlungen verliefen mir hier etwas zu gradlinig.


Fazit
Für mich rettet sich „Joseon Attorney“ v.a. durch die wunderbar emotional ausgelegte Tragödie von Han Soo, der Chemie zwischen den Darstellern und durch Woo Do Hwan in der Hauptrolle.

Die Haupthandlung selbst ist insgesamt zu unübersichtlich, im gleichen Sinne aber zu praktisch und ist am Ende so schnell fertig, dass leider die Cleverness verloren geht. Dennoch überzeugen die meisten Folgen, lediglich die letzten 2 Folgen empfand ich dann als unnötig plakativ.

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Godzilla Minus One

Avatar: Bellgadong-Herr-der-Nodus#6
  • Handlung
  • Animation
  • Charaktere
  • Musik
  • Godzilla
Godzilla Minuns One

Ist der Hype um Godzilla Minus One zurecht ? Ist es wirklich der beste Film des Jahres 2023?

(keine Spoiler !)

Das neueste Abenteuer von Godzilla aus Japan spielt kurz nach dem Ende des zweiten Weltkrieges.
Der Film ist der 37. Teil der Orginal-Reihe und ist der zweite Live-Aktion Film (nach Shin Godzilla ) in der Reiwa Ära, wenn man die animationsfilme dazu zählt ist Godzilla Minus One der fünfte Film. (insgesamt der 42, Teil inklusive der US-amerkikanischen Filme ) .


Worum geht es eigentlich in Godzilla Minus One ?

In den letzten Tagen des Krieges hat Kamikaze-Pilot Kōichi Shikishima seinen Flugeinsatz, jedoch muss er auf der Insel Odo notlanden. Sein Flieger hat einen Defekt.
Auf der Insel angekommen untersucht man sein Flieger, findet jedoch keinen Defekt, Shikishima weigert sich dazu sich zu äußern. Noch in der gleichen Nacht hat er eine unglaubliche Begegnung.

In Tokio angekommen wird Shikishima mit der Härte des Krieges konfrontiert, auch persönlich muss er schwere Verluste hinnehmen und verarbeiten. Kurz nach seiner Akunft lernt er Noriko Ōishi kennen mit der kleinen Akiko .
Es ist nicht einfach kurz nach dem Krieg einen Job zu finden, dass uns im Film gut gezeigt wird. Shikishima hat erst nach einigen Jahren einen guten Job mit einer fairen Bezahlung, bei der er noch weiter Figuren für den Film kennen lernt.

Der Fim nimmt uns in einem Japan, kurz nach dem zweiten Weltkrieg mit. Bei der wir die Gedanken, Problemen und Sorgen der Menschen zu gesicht bekommen durch die drei oben genannten Figuren und vielen weiteren mehr.

In einer Laufzeit von 125 min wird uns ein Kaiju-Actionfilm gezeigt, bei dem Menschen und Kaiju eine besondere Rolle bekommen.

Regie und Drehbuch ist von Takashi Yamazaki. Dieser hat bereits im Jahr 2019 angefangen an das Drehbuch zu arbeiten.
Durch einen Vertrag mit Warner Bros, war es TOHO nicht gestattet ein Live -Aktionfilm von Godzilla bis 2020 rausubringen. Godzilla Minus One soll das 70. jährige Jubiläum von Godzilla einleuten.

Genre in diesem Film:

Das Action dabei ist, ist denke ich irgendwo klar, allerdings wird auch Drama groß geschrieben und auch das Genre historisch.
Godzilla Minus One wird eher als Action-Drama gesehen.


Im Film haben wir einige Figuren, deren Einfluss auf die Story so stark ist, dass wenn man eine Figur entfernen würde, es dem Verlauf schaden würde.
Das ist meiner Meinung nach etwas besonderes, da neuere Filme relativ einfach gehalten sind. Entfernt man von einigen neuen Filmen eine Figur, schadet es dem Verlauf der Story überhaupt nicht.

Charaktere:

Unsere Hauptpersonen sind Kōichi Shikishima gespielt von Ryūnosuke Kamiki und Noriko Ōishi gespielt von Minami Hamabe.

Ryūnosuk spielt seine Rolle als Shikishima hervorragend, man spürt förmlich den Druck der auf seine Schultern ist.
Er gibt seiner Figur eine tiefe Bedeutung in dem Film und hilft, uns besser in die Menschen von Japan hineinzuversetzen nach dem zweiten Weltkrieg. Seine Probleme und Sorgen, sind nicht irgendwelche Probleme. Es sind die, nach einem langjährigen Krieg, wahrscheinlich Situationen die wir im westen durch den langen Frieden hier überwiegend vergessen haben. Umso besser ist es, wenn wir nochmal in Erinnerung gezeigt bekommen, wie schrecklich der Krieg ist.
Ryūnosuk geht sogar einen großen Schritt weiter und nutzt seine Rolle, um den Einsatz als Soldat zu kritisieren.

Die japanischen Frauen werden von Minami Hamabe als Noriko vertreten. Viele Jobmöglichkeiten gab es damals nach dem Krieg nicht, weswegen Prostitution auch eine Option wurde.
Noriko ist zu stolz und stark dafür, sie möchte aus eigener Kraft etwas schaffen. Sie ist es, die auch eine Stütze für Shikishima ist und ihm hilft.
Auch ist Noriko eine moderne japanische Frau, die nicht nur daheim sein möchte und die Hausfrau sein will, sondern möchte auch auf eigenen Füßen stehen und arbeiten gehen. Ein Gedanke, der damals noch sehr jung war. Keine Abhängigkeit vom Mann ist ihr wichtig und das zeigt Hamabe sehr gut. Sie zeigt aber auch eine andere Seite von Noriko, als Mama für Akiko ist sie für sie da und bringt ihr viel bei.

Weitere Figuren im Film sind Shirō Mizushima ( Yuki Yamada) , Sōsaku Tachibana ( Muneta Aoki) , Kenji Noda ( Hidetaka Yoshiko ) , Sumiko Ōta ( Sakura Ando) ,Tasuo Hota ( Mio Tanaka) und Akio Itagaki ( Kisuke Lida).

Jeder der genannten Figuren wird sehr gut performt und bringen ihre Rolle sehr realistisch rüber. Das ist so stark, da in den letzten Jahren bei dem MonsterVerse Filmen von Godzilla häufig die Rolle der Menschen kritisiert wurden ist. In Godzilla Minus One hat Ymazaki mit dem Team gezeigt, dass es durchaus möglich ist tiefgründige Figuren in einem Monsterfilm zu zeigen.
Das besondere an jede einzelne Figur ist, dass wir dadurch umso mehr Informationen und Gedanken erhalten über die Situation von Japan kurz nach dem zweiten Weltkrieg.

Ein weiterer Charakter in diesem Film ist der Namensträger, Godzilla.
Godzilla nimmt in diesem Film eine sehr interessante Rolle ein, wer zuvor Shin Godzilla (2016) gesehen hat oder Godzilla nur aus dem amerikansichen Filmen kennt, wird hier sehr überrascht werden.
Godzilla kehrt mit seiner Rolle und Bedeutung in seinem Ursprung zurück, dass auch kein Wunder ist. Kenner vom Film Godzilla giant Monster all out attack ( GMK 2001 ) werden die einzelnen Parallelen erkannt haben.
Das liegt daran, dass Yamazaki es wichtig war sich auf dem ursprünglichen Gedanken mit seinem Godzilla zu bewegen und dieser wurde zuletzt in GMK genutzt, daher hat er diesen auch als Vorlage genommen.
Godzilla ist zwar auch hier wieder eine Naturgewalt, aber auch viel mehr eine Bestrafung an uns Menschen für den Krieg und unseren Leichtsinnigen Umgang mit Waffen und Technik die wir nicht verstehen.
Das er dann auch nicht von den Soldaten besiegt werden kann, ist dann auch nur logischer,wenn man sich vor Augen hält das Godzilla die Verkörperung der gefallenen Soldaten der Japaner im zweiten Weltkrieg ist und von dem beiden Atombombenabwürfen.
Das Design ist deswegen auch eher eine Mischung vom GMK und vom ersten Godzilla aus dem Jahr 1954, dass auch deutlich an seinem Gebrüll zu erkennen ist.

Yamazaki bedient sich vielen Mitteln Symbolen und Metaphern um uns einen Film zu liefern, den es vorher so in der Form nicht gegeben hat.

Es fängt schon mit seiner Kritik an den Kamikaze-Piloten an früh im Film und den japanischen Stolz als Soldat im zweiten Weltkrieg sein Land dienen zu dürfen. Gerade letzteres ist ein großes Thema im Film,dass häufig kritisiert wird.
Was nicht in einem guten Godzilla Film fehlen darf ist die Kritik an die japanische Regierung, Yamazaki geht aber noch weiter. Er kritisiert auch die US-Armee für ihr Verhalten an die japanische Gesellschaft. Wortwörtlich im stich gelassen, müssen sich die Bewohner Tokios selbst um die Atomechse kümmern, aber wie soll das gehen ?
Yamazaki baut auch zahlreiche Tribute ein, so zum Bauspiel eine nette Anspielung auf dem ersten Godzilla von 1954 beim Angriff von Godzilla.
Dazu kommen auch starke Szenen aus der realität, der berühmte schwarze Regen nach der Atombombe von Nagasaki findet auch in diesem Film seinen Auftritt.


Für was Yamazaki besonders gelobt wird ist seine gelunge Leistung seine Figuren in dem Film so zu schreiben, dass ihre Probleme uns erreichen und wir mitfühlen können. Jede Figur ist so geschrieben wurden, dass wir sie begleiten können ohne Probleme, auch nutzt er seine Figuren um die japanische Gesellschaft zu kritisieren oder uns einiges zu zeigen. Essen und Trinken auf dem Tisch zu bekommen, einen sicheren Job zu finden, aber auch wie man über Soldaten nach dem zweiten Weltkrieg gedacht hat findet Platz in seinem Film.


Musik:

Die Story ist das eine , aber ein Film braucht auch die passende Musik. Diese kommt von Naoki Sato.
Sato lässt die Musik von Akria Ifukube nochmal neu aufleben zum Film. ( Ifukube hat in den Showa -Heisei Filmen die Musik von dem Godzilla Filmen komponiert und wird heute als großer Komponist gesehen. ) .
Neben dem klassichen Lieder von Ifukube, hat Sato auch eigene Lieder für den Film komponiert so zum Beispiel sein Resolution, Divine und Pray.
Es sind nur drei von einigen Titeln die er für den Film erstellt hat, jedes Lied passt sehr gut zu der einzelnen Szene und macht Lust auf dem Film. Es fällt uns dadurch auch einfacher in die Situation sich hineinzuversetzen und dem Film zu folgen. Die Musik ist einfach gehalten und geht direkt in den Kopf.
Sato hat sich hier selbst übertroffen meiner Meinung nach, einfach wunderschöne Musik.



Fazit:

Ob es der beste Film des Jahres ist, ist immer eine Meinungsfrage bei der man sich immer streiten kann.
Im anbetracht der aktuellen Situation in vielen Ländern und das wir im westen dann doch ein bisschen zu sehr verwöhnt sind von Hollywood ist dieser Film für mich eine gute Abwechslung.
Es ist eine gute Abwechslung, da es ein kritischer Film ist, bei dem man ein Japan von einer komplett anderen Seite mal kennenlernen darf, ein Godzilla wie noch garnicht zuvor. Ich gönne Autoren von Barbie und auch anderen Filmen die derzeit große Kinoeinnahmen gemacht haben im Jahr 2023 den Erfolg, finde aber auch, dass wir Filme wie Godzilla Minus One auch brauchen.
Es sind Filme wie diese, die uns daran erinnern wie Schrecklich Krieg ist.

Ich kann daher gut verstehen, dass die Bewertung für diesen Film so gut ausgefallen ist, be mir ist es ja nicht anders.
Der Film ist tatsächlich ein Meisterwerk und ein Film aus Japan den man definitiv gesehen haben sollte in meinen Augen.
Das besondere an diesem Film ist die tatsache, dass man keine großartige Kenntnis über Godzilla Filme haben muss, um diesen Film genießen zu können.
Es ist ein für sich eigener Godzilla Film mit einer wunderbaren Story, die mal komplett anders ist als von typischen Monsterfilme.

Ich kann diesen Film jedem Empfehlen der japanische Filme mag und auch historische Filme.
Es ist ein schöner Film der uns in eine Welt kurz nach dem zweiten Weltkrieg mitnimmt in Japan und gibt den kleinen Menschen eine große Bühne.

Zum Schluss kann man nur dem ganzen Team viel Glück weiterhin wünschen. Derzeit Räumt Godzilla Minus One einen Rekord nach dem anderen ab und ist sogar für einen Oscar norminiert.

Liebe grüße

Bellgadong
Beitrag wurde zuletzt am 11.12.2023 21:54 geändert.
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I Do I Do

Avatar: Slaughtertrip#7
»I Do I Do« ist das vielleicht realistischste K-Drama, das ich jemals gesehen habe – die Fantasy-Elemente anderer Serien mal ausgeklammert. Streichen wir lieber das »vielleicht«. Hier werden ernste und erwachsene Themen behandelt, für die man selbst ernst und erwachsen sein muss, um sie zu verstehen. Ein 35-jähriges Kind wie ich fällt zwar nicht in diese Zielgruppe, aber das hindert mich nicht daran, meine Mayonnaise abzugeben.

Themen wie vorzeitige Menopause, ungewollte Schwangerschaft sowie Arbeit plus Kindererziehung und die dazugehörige Portion Kritik von den Obrigen machen dieses Drama zu einer 1A-Vorzeigerevolution in Sachen Feminismus. Protagonistin Hwang Ji-Ahn stellt sich gegen alle Widrigkeiten und macht dabei eine hervorragend konsequente Figur, ist sie doch schon vor all diesen Problemen eine knallharte Geschäftsfrau gewesen, die bisher nur ihre Arbeit als »Kind« hatte.

Ji-Ahn ist eine Designerin und Direktorin einer namentlich nicht genannten (wenn ich nicht geschlafen habe) Designerfirma für Schuhe. Thematisch trifft mich diese Serie schon von Beginn an auf dem falschen Fuß, denn wenn man meine löchrigen Socken und meine Turnschuhe, die sich sowohl innen als auch außen auflösen, ansieht, dann erkennt man schnell, wie wenig Wert ich auf das lege, was meine Füße umhüllt. Diese Serie hat es zwar nicht geschafft, meine Leidenschaft für Schuhe zu entflammen, aber zumindest ist sie in der Lage, den Zuseher zu unterhalten, ohne dass dieser schwul sein muss. Das Designerteam besteht anfangs nur aus einem Mann, und der ist ganz offensichtlich schwul, auch wenn in dieser Hinsicht nichts Konkretes gesagt wird. Aber schon alleine das tuntige Auftreten lässt gewisse Schlüsse zu. Und dass er sich für Schuhe interessiert. Frauenschuhe! Ich meine … come on! Fünf der sechs Mitarbeiter von Ji-Ahns Team sind Lästerschwestern und Tratschtanten, inklusive dem Homosexuellen. Nur die süße Yoo Da-In ist zu nett für solche Dinge, weshalb die anderen sie nicht in die Gruppe inkludieren wollen. Was für ein Glück für Da-In!

Die Schauspielerin Kim Sun-A musste die gesamte Laufzeit über die Rolle einer sehr ambitionierten, intelligenten und seriösen Figur spielen. Macht schauspielern so eigentlich Spaß? Zumindest konnte sie so zeigen, was sie alles draufhat, denn sie ownt diese Serie. Ji-Ahn macht den Eindruck einer eiskalten Geschäftsfrau. In Wirklichkeit jedoch ist sie … genau das, nur dass sie doch ein Herz besitzt. Ihr Team hat Angst oder Respekt (die Grenzen sind fließend) vor ihr, doch ihre Reaktionen auf dummes Verhalten sind sehr cool. Sie ist bestimmend, ohne dabei zu steif und fade zu wirken. Sie scheint das natürliche Talent zu besitzen, originelle Comebacks zu liefern, mit denen sie ihre Gegner in den Boden rammt, ohne sie aber zu bestrafen. Ji-Ahn hat ihre Position in der Firma verdient, denn sie hat vor 15 Jahren ganz klein angefangen und sich in der Hierarchie hochgekämpft. Ganz anders als gewisse andere Figuren, die später genauer beleuchtet werden.

Der männliche Protagonist ist das genaue Gegenteil von Ji-Ahn. Das scheint wieder ein Fall von »Gegensätze ziehen sich an« zu sein. Park Tae-Kang ist Mitte 20, hat nur einen Oberschulabschluss und stellt mit seinem Vater Imitate von Markenschuhen her. Ihr »Geschäftsgebäude« ist so eingerichtet, dass man damit Razzien wie magnetisch anziehen kann, und so kommt es später dann auch. Durch Zufall treffen Ji-Ahn und Tae-Kang aufeinander, einmal bei einem Verkehrsunfall und einmal bei Sex nach einer Nacht mit viel Alkohol. Ich weiß nicht, ob es Absicht ist, dass die beiden nach dem Sex genauso durch den Wind aussehen wie nach dem Verkehrsunfall. Apropos Sex und Unfall: Tae-Kang schwänger Ji-Ahn unabsichtlich. Durch Umwege wird Tae-Kang später in Ji-Ahns Firma aufgenommen, damit die Nähe der beiden Protagonisten zueinander gewährt bleibt.

Ji-Ahn und Tae-Kang haben beide familiäre Probleme, was bedeutet, dass auch dieses Drama wieder einmal ein verstecktes Familiendrama ist. Ji-Ahns Mutter ist ja noch sehr verständnisvoll, aber ihr Vater scheint jemand zu sein, den man nicht zufriedenstellen kann. Ihr Vater ist wie so ein schlitzäugiges (no racist intention) Wiesel, das sich immer im Recht sieht und anderen Leuten nicht mal in die Augen sehen will. Er hat Anleihen eines Gag-Charakters, doch das scheint nur in bestimmten Szenen auf, z. B. wenn er mit Tae-Kangs Vater diskutiert. Letzterer liebt seinen Sohn, wird aber oft sehr laut, wenn dieser ihm Probleme bereitet. Er praktiziert jene Art von Elternliebe, die man anhand ihres hohen Strengegrades erkennt. Wird er richtig wütend, filmt die Kamera den Nebenraum und man bekommt den Schimpfwort-lastigen Tadel nur akustisch zu hören.

Weil Ji-Ahns Eltern wollen, dass ihre Ende-30-Tochter endlich heiratet, arrangieren sie ein Date mit Jo Eun-Sung, dem Love Rival in dieser Serie. Eun-Sung ist in Ji-Ahns Alter, sieht gut aus und ist ein rennomierter (und wahrscheinlich wohlhabender) Gynäkologe. Ihm ergeht es genauso wie Ji-Ahn, denn auch seine Eltern wollen, dass er endlich unter die Haube kommt. Um seinen Eltern einen Gefallen zu tun, sich gleichzeitig aber selbst vor einer drohenden Hochzeit zu schützen, sabotiert er sich selbst, indem er ein Muttersöhnchen mimt und, wenn das nicht klappt, sich auf die Toilette entschuldigt, um sein Make-up aufzufrischen. Schon beim ersten Date erkennt Ji-Ahn, dass alles nur gespielt ist, und mit aufgedeckten Karten finden die beiden sich sehr sympathisch. Als unbeteiligter Beobachter möchte man meinen, die beiden seien wie füreinander geschaffen. Aber da gibt es dann halt noch den männlichen Protagonisten, und der trägt beim Sex zwar kein Kondom, aber dafür hat er einen übermächtigen Plot Armour an.

Ich glaube, mein größtes Problem mit dieser RomCom ist die fehlende Chemie zwischen Ji-Ahn und Tae-Kang. Vielleicht liegt es am deutlichen Altersunterschied, der schon bei »Yeonaejojakdan: Shirano« eine glaubwürdige Romanze im Keim erstickt hat. Vielleicht liegt es aber auch am Verhalten von Ji-Ahn, die bei Tae-Kang keine Gefühle der Wärme whatsoever zeigt. Sie lächelt ihn nicht einmal an. Tae-Kang auf der anderen Seite hüpft rum wie ein Duracell-Häschen, ist immer positiv eingestellt und wirkt äußerst naiv, aber dafür gutherzig. Es scheint fast so, als würde er sich die Liebe zu Ji-Ahn aufgrund seiner Naivität bloß einbilden. Sein Vater meint, er würde Ji-Ahn nur deshalb lieben, da er Mitleid mit ihr habe. Tae-Kang hat keine Mutter (schon, aber was mit ihr ist, weiß kein Mensch), weshalb er nicht möchte, dass sein Kind ebenfalls mit nur einem Elternteil aufwächst. Aus diesem Grund, so meint sein Vater, möchte er Ji-Ahn heiraten und ein glückliches Familienleben zu dritt führen. Macht aus psychologischer Sicht irgendwie Sinn, kann aber nicht der Grund dafür sein, denn er hat sich in Ji-Ahn bereits verknallt, noch bevor er von ihrer Schwangerschaft wusste.

Genauso wie Ji-Ahn und Eun-Sung perfekt zusammenpassen würden, könnte man auch von Tae-Kang und dem weiblichen Love Interest, Jang Na-Ri, meinen, sie würden ein Traumpaar abgeben. Na-Ri ist die Vizepräsidentin der Schuhfirma, was sie jedoch nur Vitamin B zu verdanken hat. Ihre Beziehung zu den hohen Tieren in der Firma hab ich nicht ganz verstanden. Ihre Mutter ist die Präsidentin der Firma, doch aus irgendeinem Grund siezt Na-Ri diese (bei den Subs natürlich). Ihr Vater, der bei den Subs als »Onkel« bezeichnet wird, ist der CEO, und ich hab mich gefragt, was jetzt der Unterschied zwischen Präsident und CEO ist bzw. wer von den beiden den höheren Posten hat. Ihr CEO-Vateronkel wird überall als »President Yeom« bezeichnet. Gibt es zwei Präsidenten? Jedenfalls gehört ihrer Familie die Firma, und sie soll die Nachfolge ihrer Mutter als Präsidentin antreten. Wenn es rein um Talent, Liebe zu Schuhen, Können und Engagement geht, hat Ji-Ahn es jedoch mehr verdient, diese Stelle zu bekommen. So ist Na-Ri also nicht nur Ji-Ahns Love Rival, sondern auch ihr Work Rival. Na-Ri wird gespielt von der megahübschen Lim Soo-Hyang, die auf Video besser aussieht als auf jedem Bild. Zwischen Na-Ri und Tae-Kang herrscht eine viel bessere Chemie. Oder zwischen den Schauspielern? Wenn Na-Ri über Tae-Kangs blödsinnige Worte und sein albernes Auftreten lacht, könnte man meinen, Soo-Hyang amüsiert sich über das Schauspiel ihres Arbeitskollegen. Na-Ri und Tae-Kang sind im selben Alter und haben so viel Spaß zusammen – zumindest hat Tae-Kang mehr Spaß mit ihr als mit Ji-Ahn, die ihn weniger wie den Vater ihres ungeborenen Kindes behandelt, sondern mehr wie einen unwürdigen Unterling. Tae-Kang scheint einen ganz seltsamen Fetisch zu besitzen, irgendeine Mischung aus MILF- und Domina-Fetisch.

Ji-Ahns Schwangerschaft ist ein ganz großes Thema in diesem Drama. Zuerst versucht sie, es geheim zu halten, doch dieser Versuch ist natürlich zum Scheitern verurteilt – u. a. aus Bauch wachsenden Gründen. Niemand gratuliert ihr, alle sind gegen sie. Für ihre Eltern ist es natürlich ein Schock, dass sie von einem ungebildeten Jüngling geschwängert wurde statt von dem tollen Arzt. Ihre Untergebenen tuscheln heimlich hinter ihrem Rücken und setzen Gerüchte in die Welt, wer der Vater sein könnte. Von all den Frauen in ihrem Team gibt es nur eine, die ebenfalls ein Kind hat, weshalb es auch nur eine Person gibt, die ihr Verständnis entgegenbringt. Die Präsidentin, Na-Ris Mutter, kritisiert sie hart dafür, sich für die Familie und gegen den Beruf entschieden zu haben, denn als werdende Mutter sei sie nicht in der Lage, die Firma zu übernehmen. Ich weiß weder, wie das in Südkorea noch in den höheren Etagen so abläuft, weil ich weder da noch dort zu finden bin, doch in der heutigen Zeit würde man für so ein Verhalten einen mächtigen Shitstorm ernten, und dann würde so was wie die nächste MeToo-Bewegung in Gang gesetzt werden.

Special Effects sind mir keine aufgefallen. Also nichts, wofür man einen professionellen Animateur brauchen würde, nicht mal fliegende Hangul oder so was. Das trägt aber zur Realitätsnähe dieser Serie bei. Der Soundtrack beinhaltet 28 Stücke, doch nur »꽃보다 그녀 (That Girl Over Flowers)« von Yesung fällt so richtig auf. Es ist wahnsinnig fröhlich und stimmungshebend und eine Machtdemonstration eines Musikgenres, das dabei ist, den Westen zu übernehmen.

Fun Facts:
  • Lee Jang-Woo, der Schauspieler von Tae-Kang, sieht aus wie der koreanische Anthony Padilla von Smosh. Nicht nur das, er schauspielert auch ähnlich.
  • Eun-Sung hat denselben Klingelton, den ich damals auf meinem alten Handy hatte. Erst wenn man bewusst auf das Handyklingeln achtet, fällt einem auf, wie oft Eun-Sung in dieser Serie telefoniert.
  • Auch in dieser Serie werden Eier in einer Sauna schnabuliert. Das ist wohl der koreanische Counterpart zu japanischen Onsen.

»I Do I Do« punktet mit vielen Dingen, die anderen K-Dramen fehlen. Aufgrund der Ernsthaftigkeit der Themen ist das vielleicht eine der wenigen K-Dramen, die man sich ansehen kann, während mit in einem Ledersessel sitzt, Rotwein trinkt und Muscheln isst. Nur die Liebe kommt etwas zu kurz. Es gibt sie, doch sie ist wenig glaubwürdig. Und sie hat es nicht mal geschafft, ein Sensibelchen wie mich zum Weinen zu bringen, und das ist das Mindeste, was eine RomCom tun sollte – vor allem bei der großen Konkurrenz.
Beitrag wurde zuletzt am 03.12.2023 13:09 geändert.
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My Girlfriend Is a Gumiho

Avatar: Slaughtertrip#8
Ich würde auch gern behaupten, dass meine Freundin ein Gumiho ist. Ein Gumiho ist zwar ein neunschwänziger Fuchs, so wie beispielsweise Kyuubi es ist, aber die Gumiho-Frau Gu Mi-Ho wird menschlich dargestellt, von daher ist es OK. Alles ist besser als eine Menschenfrau, selbst ein Tier im Körper eines Menschen. Oder eine sex doll, dann muss man wenigstens nicht mit dem ganzen shit dealen.

Die Szenerie wirkt etwas wie jene aus dem Meerjungfrauen-Film »Ingyeogongju« (Gumiho/Meerjungfrau): unreal und wie aus einer Fantasiewelt in die reale Welt transportiert. Ebenfalls spielen in beiden Serien »100 Tage« eine Rolle. Handlungstechnische Ähnlichkeiten zur Meerjungfrauen-RomCom sind keine Überraschung, denn sogar in der Serie selbst werden Vergleiche zu »Die kleine Meerjungfrau« vom Hansi-Chris Andersen gezogen, was als Vorlage für vermutlich beide Serien hergehalten hat. Mi-Ho möchte ein Mensch werden, genauso wie das Fischmädchen es aus besagtem Märchen werden möchte. Weil ihre Situationen ähnlich sind, wird Mi-Ho ein Bilderbuch zum Märchen empfohlen, und das naive Fuchsmädchen hofft, dass alles gut ausgehen wird und dass sich die Protagonisten bis ans Ende ihres Lebens lieben werden. Mi-Ho erlebt noch ihr blaues Wunder, wenn sie erkennt, dass ihr eigenes Leben ähnlich dramatische Wendungen nimmt …
Einer der beiden Protagonisten muss sterben.

Der Male Lead dieser Veranstaltung ist Cha Dae-Woong, gespielt von Lee Seung-Gi, von dem auf Wikipedia steht, dass er einer der größten Promis in Südkorea ist. Dae-Woong geht auf eine Actionschule (was anscheinend wieder so ein Korea-Ding ist) und möchte ein Actionstar werden. In seinem Zimmer befindet sich überall Merchandise von Bruce Lee, von dem er sich vielleicht oder vielleicht nicht hat beeinflussen lassen. Von anderen Action-Stars sieht man ebenfalls Merchandise, z. B. erkennt man hier ganz eindeutig Son Goku als dreifachen Supersaiyajin sowie Piccolo. Genauso gut erkennt man, dass auf seinem Regal eine Schachtel mit dem Bild von Son Goku in seiner normalen Form steht. Dae-Woong hat jedenfalls Geschmack. Sein Großvater Cha Poong glaubt aber nicht daran, dass er der nächste Bruce Lee oder Son Goku werden kann, weshalb er ihn in eine Akademie einsperren will. Welche Akademie das genau sein soll, ist nicht bekannt, aber vermutlich ist das auch irgend so ein Korea-Ding. Der Action-Star in spe nimmt dann Reißaus, ganz in klassischer Filmmanier beim Ausbüxen aus einem Raststätten-Klo. Und während er in die Freiheit flieht, trifft er auf Mi-Ho. Seung-Gi spielt diese Rolle sehr gut. Er spielt eine Figur mit viel Selbstbewusstsein und großen Ambitionen, wirkt dabei aber nie arrogant. Wenn er seine Zeilen aufsagt, ist er immer in Bewegung und spricht diese mit viel Nachdruck aus, was fast schon an Overacting grenzt, was man aber auch als seine Darstellung von einem entschlossenen jungen Mann interpretieren kann.

Mi-Ho, die in Wahrheit Gil-Dal heißt und später den Namen Park Seon-Ju annimmt, um als Fake-Koreanerin unter den Menschen zu leben, wird gespielt von dem Mega-Cutie Yang Min-A. Mi-Ho hat bereits vor 500 Jahren gelebt, bis eine Dreifachgöttin-Großmutter (WTF?) ihr die neun Schwänze abgenommen und sie in ein Gemälde eingesperrt hat. Der Grund dafür wird in einem langen Flashback erklärt. Kurz gesagt: Mi-Ho ist einfach zu süß. Als der ausgebüxte Dae-Woong den Tempel, in dem sie sich befindet, betritt, befiehlt sie diesem per Geisterstimme, dem Fuchs am Gemälde neun Schwänze zu malen. So wird sie befreit. Dae-Woon macht sich vor lauter Angst vom Acker und stürzt dabei im Wald schwer. Die Karriere des Actionstars ist in Gefahr, doch Mi-Ho überträgt einfach ihre Fuchsperle in seinen Körper, wodurch Dae-Woong geheilt wird. Ich frage mich, ob man für die See-Szene von derselben Kulisse Gebrauch gemacht hat wie die Meerjungfrauen-Serie. Und ob der Hühnertransporter derselbe ist wie der aus »Sileobgeubyeo Romaenseu«. (Zum Vergleich). Mi-Ho ist der Most Valuable Player in dieser Serie, mit Abstand! Sie ist eine glaubwürdige Mischung aus Mensch, Kind (Kinder sind keine Menschen) und Tier. Sie ist nicht wirklich minderjährig, aber ihre Naivität und ihr fehlendes Wissen über die moderne Welt lassen sie wie ein kleines Kind wirken, das neugierig und mit einem Übermaß an Euphorie alles Neue entdecken möchte. Anfangs benutzt sie Dae-Woong noch als Fleischlieferant, denn das mag sie als Fuchs am liebsten, vor allem Rindfleisch. Dae-Woong hat zu dieser Zeit noch Angst vor ihr, da sie nicht nur ein übernatürlicher Fuchs ist, sondern auch übermenschliche Kräfte hat, schneller ist als ein Auto und eine Agilität wie eine prima Primaballerina besitzt. Bald lernt Dae-Woong jedoch, dass Mi-Ho genauso niedlich ist wie sie aussieht. Mi-Ho hat ein Uber-kawaii-Lächeln, ungefähr so wie eine Arbeitskollegin von mir. Am süßesten ist sie, wenn sie sich ganz doll freut, Fleisch zu essen zu bekommen. Oder wenn sie andere Pärchen nachäfft. Ich kann nicht verstehen, warum Dae-Woong am Anfang Angst vor ihr hat und sie sogar loswerden möchte. Der Stoff eignet sich by the way hervorragend für einen 1A-Hentai. Ein Fuchsmädchen wirft sich einem Kerl an den Hals. Und Dae-Woong sagt dann tatsächlich: »Bitte tu mir einen Gefallen und verschwinde.« Das kratzt am Realismus dieser Serie. Mi-Ho hat neun Schwänze. In der Serie werden diese immer als blau bezeichnet, doch aussehen tun sie mehr wie bläulich weiß, ganz wild leuchtend und fast schon transparent. Vom Cover, wo sie wie für die Dekoration gekaufte Fuchsschwänze für einen Opel Manta aussehen, darf man sich also nicht täuschen lassen. Wer will sich da eigentlich nicht dazulegen? Nur die Fuchsohren fehlen, aber das ist ohnehin mehr so ein Japan-Ding, und ich bin froh, dass Südkorea einen anderen Weg geht als Tropen-Japan. Mi-Ho sagt auch nicht die ganze Zeit »nya« und solchen grenzdebilen Mist, sondern benimmt sich wie eine Person, die trotz ihres kindlichen Charakters vom Zuseher ernst genommen werden möchte.

Zunächst ist noch unklar, in welche Richtung diese Serie überhaupt gehen will. Die erste Episode gibt noch einen guten Einblick in Dae-Woongs Leben und Mi-Hos Vergangenheit. Nachdem die beiden sich getroffen haben, wird in den darauffolgenden Episoden oft gezeigt, wie sie ihre Zeit miteinander verbringen. Meistens bringt Mi-Ho ihren Menschenknecht dazu, ihr Fleisch zu kaufen. Was beim Angucken wie ein auf der Stelle treten wirkt, ist in der Retrospektive betrachtet eine Anhäufung wholesomer Momente vor dem drohenden Aufkommen des unvermeidlichen Dramas. Bald wird klar, dass die Fuchsperle eine große Rolle spielt für den weiteren Verlauf. Dae-Woong soll diese 100 Tage lang in seinem Körper tragen, damit Mi-Ho ein Mensch werden kann. Aber da steckt noch viel mehr dahinter, und nicht einmal Mi-Ho, die zu dieser Zeit noch im Dauergrins-Zustand ist, weiß davon …

Etwas Licht und noch viel mehr Dunkel ins Dunkel bringt Park Dong-Joo, halb Mensch, halb übernatürliches Wesen, gespielt von No Min-Woo. Dong-Joo ist die Art von Hübschling, die einem den Tag versaut. Er rennt fast immer mit Klamotten rum, die so tief geschnitten sind, dass man seinen halben Oberkörper sehen kann. Sein Gesicht wirkt irgendwie feucht, so als sei er in einen Schminktopf gefallen und danach vom Regen erwischt worden. Seine Frisur ist irgendwie emo, aber das war damals modern. Er hat diese ganz mysteriöse Aura, und sobald er am Bildschirm erscheint, verflüchtigen sich sowohl Rom als auch Com und alles wird genauso mysteriös wie er selbst. Tagsüber geht er dem Beruf des Tierarztes nach, um nicht zu viel mit Menschen zu verkehren. Wie und wo hat er sein Studium gemacht? Das alles ist irgendwie eine Kombination, die vielleicht etwas too much ist, denn er wirkt mehr wie so ein K-Pop-Idol, das man in Arztklamotten gesteckt und dann in ein abgedunkeltes Labor geworfen hat, während ein »Akte X«-OST spielt. Man weiß auch gar nicht, ob er Freund oder Feind ist, und nach dem ganzen Hin und Her mit der Fuchsperle bin ich mir selbst nicht sicher, ob er mehr Gutes oder mehr Böses beigetragen hat. Dong-Joo hat eine gemeinsame Vergangenheit mit Mi-Ho(s Aussehen). Seine damalige Freundin, die er gezwungen war, mit einem Dolch umzubringen, sah nämlich genauso aus wie Mi-Ho. Dong-Joo verbucht das als Zufall. Min-Woo spielt diese Rolle sehr … interessant. Seine Figur wirkt sehr kompetent. Er zeigt keine Emotionen und verzieht nur dann eine Miene, wenn die Kacke am Dampfen ist. Es ist wohl der übermenschliche Teil in ihm (es ist bis zum Schluss nicht klar, welches Wesen er genau ist), der ihn so unnahbar erscheinen lässt. Bei den ernsteren Szenen hatte ich jedoch das Gefühl, dass ich manche Sätze unmöglich selbst hätte aufsagen können, ohne in Gelächter auszubrechen. Vielleicht liegt es an der angespannten Aura des Todes, die wie das Schwert des Damokles über dem Drehort hängt, wenn Dong-Joo und Dae-Woong sich über Mi-Hos Zustand unterhalten, anstatt dass sie sich relaxed hinsetzen und kühlen Kopf bewahren.

In einer der letzten Episoden erscheint wie aus dem Nichts ein Goblin-Kind, das sich unsichtbar machen kann, wenn es eine hässliche Maske aufsetzt. Das Goblin-Kind gibt Dong-Joo einen Hinweis auf Spoiler-Inhalt, doch ansonsten schafft diese Figur es nicht, die Welt des Übernatürlichen sinnvoll zu erweitern. Nachdem es seinen Zweck erfüllt hat, taucht es auch nie wieder auf.

Natürlich gibt es auch hier einen Love Rival, nämlich Eun Hye-In, gespielt von Park Soo-Jin, die schon früh ihre Karriere beendet hat, um sich (schätzungsweise) der Erziehung ihrer Kinder zu widmen. Soo-Jin hat das Pech, »immer« die unsympathische Nebenbuhlerin zu spielen. Zumindest in »Iutjib Kkotminam«, der Serie, die mein Erstkontakt zu Soo-Jin war, spielt sie ebenfalls eine solche Rolle, nur in noch unsympathischer. Hye-In kann einem schon fast leidtun, denn sie muss mit ansehen, wie Mi-Ho ihr allmählich ihren Fast-Freund (it‘s complicated) wegschnappt. In »Iutjib Kkotminam« spielt übrigens auch Superstar Park Shin-Hye mit, die in dieser Serie einen Gastauftritt als Go Mi-Nyeo aus »Minami Sineyo« hat.

Zwei weitere Neben-Liebesgeschichten gibt es in dieser Serie. Zum einen die wenig erbauliche Romanze zwischen den Freunden der Protagonisten: Kim Byung-Soo und Ban Sun-Nyeo. So etwas wie eine Entwicklung oder Geschehnisse, die vom alten Status Quo zum neuen Status Quo führen, sind kaum auszumachen. Sun Nyeo ist zu Beginn noch in Dae-Woong verknallt, doch sobald die Flugzeuge in ihrem Bauch abstürzen, entwickelt sich was zwischen ihr und Byung-Soo, der ohnehin immer was von ihr wollte. Die zwei passen eigentlich ziemlich gut zusammen, denn sie haben beide ein ziemlich großes Kinn. Zumindest bei Byung-Soo erkennt man das relativ deutlich. Sun-Nyeo ist süß, aber es sieht irgendwie komisch aus, wie sich ihr Mund beim Reden bewegt. Zumindest was diese Serie betrifft, würde ich Sun-Nyeo nicht als besonders gute Schauspielerin bezeichnen, aber hier hat sie auch zum ersten Mal eine Nebenrolle spielen dürfen.

Die andere Liebesgeschichte ist schon viel umfangreicher. Und seltsamer. Ban Doo-Hong ist Sun-Nyeos Vater und der Regisseur von Dae-Woongs Actionschule. Cha Min-Sook ist Dae-Woongs Tante und hatte schon immer Pech mit den Männern. Das kenn ich, nur in umgekehrt. Doo-Hong hat immer eine Sonnenbrille auf, einen Trenchcoat an und ein Streichholz im Mund, obwohl er nicht raucht. Er ist auf der Suche nach »wahrer Action«, die er dann in Mi-Ho findet. Selbst kann er sich ebenfalls sehr gut bewegen, auch wenn er nicht danach aussieht. Er flüstert immer und kommt rüber wie ein selbstbewusster Kinderschänder. Ich bin mir nicht so sicher, ob er cool oder goofy sein soll. Vielleicht eine Mischung aus beidem. Tante Min-Sook ist aber auch nicht besser. Immer wieder kommt sie in peinliche Situationen, vor allem wenn Doo-Hong in ihrer Nähe ist. Bei ihrer ersten Begegnung lässt sie im Fahrstuhl unabsichtlich einen fahren. Doo-Hong steigt dann ein, möchte sich den Angriff auf seinen Riechkolben aber nicht anmerken lassen. Danach steigen noch weitere Leute ein und Doo-Hong nimmt den Furz auf seine Kappe. Die Rolle des Retters aus peinlichen Situationen spielt er dann noch ein paar weitere Male, bis Min-Sook ihm vollständig verfallen ist. Die beiden passen zusammen wie die Faust aufs Auge – je nachdem, wie man diese Redewendung interpretieren möchte.

Der Soundtrack hat mir gut getaugt. Man gewöhnt sich schnell an die Lieder, aber das ist immer so, wenn diese Dinger 16 Episoden lang im Loop abgespielt werden. Der Stand Out Track ist »Fox Rain« von Lee Sun-Hee. Dieses »dubidubidu ra-fa, dubidubidu ra-fa, dubidubidu-dubidubidu-dubidubidu ra-fa« im Refrain ist ein echter Ohrwurm. Dieses Lied, das in mehreren Versionen vorkommt, wenn mich meine Ohren nicht täuschen, übermittelt auch sehr schön das Traditionelle dieser Serie. Noch mehr aufgehorcht als sonst habe ich bei der Actionszene, wo man ganz deutlich das männliche Stuntdouble mit Perücke erkennen kann. Dort wird nämlich »Carmen Fantasy« von Pablo de Sarasate gespielt. Aber nicht das Original, sondern eine Version, die fast so ähnlich klingt wie das coole Cover, das man ein Jahr später bei »Neon Naege Banhaesseo« zu hören bekommt.

Jetzt noch ein Fun-Fact-Absatz. Diese Serie macht massivst Werbung für den Film »Shirano; Yeonaejojakdan«, der im selben Jahr angelaufen ist. Zuerst habe ich bei einer Kino-Szene ein Plakat im Hintergrund gesehen und mir gedacht, das kenn ich ja irgendwo her. Werbematerial zu diesem Film hat man dann noch ungefähr eine Bazillionen Mal gesehen, z. B. hier. Und im Kinosaal hat man dann sogar den Film selbst angeteast. Produktionstechnische Gemeinsamkeiten erkenne ich auf Anhieb keine, aber die oben erwähnte Park Shin-Hye spielt auch in diesem Film mit.

Ich weiß nicht, wo ich das noch unterbringen soll, aber Koreaner scheinen gern in Saunas zu gehen und dort Eier zu essen. Das ist mir schon bei »Big« aufgefallen. Das ist wieder so ein Korea-Ding. Warum sie das tun, weiß ich nicht. Google auch nicht. Die Suchmaschine spuckt nur das aus: »Perhaps, certain sauna started to sell it, and other saunas mimiced it. There is no special reason. It's a sort of 'settled' custom which started in contemporary times. Before Jjimjil-bang era, the facility was called as 'Mok-yok tang'.«

Beim Schreiben dieser Zeilen hat sich mein Hass auf Frauen etwas verflüchtigt. War eine blöde Woche. Das Wissen, dass Mi-Ho leider nur ein fiktives Wesen ist, macht es auch nicht besser. Aber zumindest existiert Yang Min-A, die Mi-Ho so toll gespielt hat und die diese Serie nur wegen ihrer schauspielerischen Leistung und ihrer Cuteness so sehenswert macht. Für eine Frau wie Mi-Ho würde ich töten – vielleicht alle Menschenfrauen dieser Welt …
Beitrag wurde zuletzt am 20.11.2023 06:24 geändert.
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Big

Avatar: Slaughtertrip#9
Was bin ich froh, endlich eine koreanische Serie, deren Namen ich mir merken kann, gefunden zu haben! Die Serie selbst ist auch nicht von schlechten Eltern. »Eltern« ist übrigens ein gutes Stichwort, denn wieder mal verbirgt sich hinter einer RomCom ein ernstes Familiendrama.

Es ist die übliche Body-Swap-Geschichte. Was bei Son Goku und Ginyu funktioniert hat, funktioniert auch bei Kang Kyung-Joon und Seo Yoon-Jae, nur dass sie sich nicht die Schädel einschlagen. Wie auch? Yoon-Jae, der im Körper von Kyung-Joon gelandet ist, liegt nämlich im Koma, während Kyung-Joon, der in Yoon-Jaes Körper gelandet ist, die Gelegenheit bekommt, in Abwesenheit seines Liebesrivalen die holde Gil Da-Ran zu bezirzen, auch wenn von Liebe zwischen den beiden anfangs noch nicht die Rede sein kann. Zu Beginn der Serie habe ich noch gehofft, dass man zumindest Rückblenden von Kyung-Joon zu sehen bekommt, während dessen Körper bewusstlos im Krankenhaus liegt. So kam es aber nicht. Stattdessen war Shin Won-Ho, der Schauspieler von Kyung-Joon, von Episode 2 an dazu verdammt, ruhig im Bett zu liegen. Richtig schauspielern durfte er fast ausschließlich nur in der ersten Folge, aber das hat er richtig gut gemacht. Gong Yoo ist der Schauspieler von Yoon-Jae. Mein Erstkontakt zu Gon Yoo war die RomCom »Yeonaejojakdan: Shirano«, in der er einen kurzen Cameo-Auftritt als Magier hatte, bei dem er nur ruhig dagestanden ist, während eine junge Frau ihm ein Liebesgeständnis gemacht hat. Schon damals hat er Eindruck hinterlassen, jedoch mehr wegen seines markanten Gesichts als wegen seiner schauspielerischen Fähigkeiten, denn diese waren bei dieser kurzen Szene nicht auszumachen. Ich weiß nicht mehr genau, was ich damals von ihm dachte. Vielleicht dass er nur ein Statist ist, der das Glück hat, einen Komparsen spielen zu dürfen? Ich war dann überrascht, als ich gesehen habe, was für ein toller Schauspieler er doch ist! Nicht nur musste er bei dieser Serie den Arzt Yoon-Jae spielen, er musste nach dem Körpertausch auch Kyung-Joon spielen, und zwar so, wie Shin Wo-Ho diese Figur in der ersten Episode dargestellt hat. Ein wenig habe ich schon das Gefühl, dass Gon Yoos Darstellung von Kyung-Joon ein wenig … off ist, aber als Zuseher hat man auch nie gesehen, wie Kyung-Joon in bestimmten Situationen reagiert. Bei seinem Erstauftritt machte Kyung-Joon einen sehr abgeklärten und coolen Eindruck. Nach dem Körpertausch jedoch portraitierte Gong Yoo diese Figur viel kindlich-naiver, wenn auch nur in bestimmten Szenen, z. B. wenn es um körperliche Nähe ging. Es wäre vielleicht nicht richtig zu behaupten, Gong Yoo habe diese Figur inakkurat dargestellt. Viel mehr würde ich sagen, dass Gong Yoo sich diese Figur zu eigen gemacht hat.

Die Prinzessin dieser märchenhaften Veranstaltung ist Da-Ran, gespielt von der bezaubernden Lee Min-Jung, die ich sofort heiraten würde. Min-Jung hat ebenfalls schon einmal beim »Shirano«-Franchise mitgespielt, nämlich beim Film »Shirano; Yeonaejojakdan«, wo sie die zu erobernde Kim Hee-Joong gespielt hat. Da-Ran spielt eine junge Oberschullehrerin, die irgendeine Klausur machen muss, bis sie eine »richtige« Lehrerin ist. Das muss irgend so ein Korea-Ding sein. Sie ist mit Yoon-Jae verlobt, ist sich aber nicht sicher, ob er sie wirklich liebt. Die beiden haben sich durch einen unglücklichen Zufall kennengelernt. Jedenfalls hatte Da-Ran ziemlich viel Pech, als sie bei einer Hochzeit den Brautstrauß auffangen wollte und die Treppe hinuntergefallen ist. (Was für ein Mörder-Fall!) Die ausgestreckte Hand von Yoon-Jae kam dann leider etwas zu spät. Da-Ran hatte dann Glück, von Yoon-Jae behandelt zu werden, denn die beiden haben sich dann ineinander verliebt. Da-Ran glaubt aber, Yoon-Jae will sie nur heiraten, weil er sich verantwortlich für sie fühlt. Zu Kyung-Joon hat sie eine ganz besondere Schüler-Lehrer-Beziehung, denn sie trafen sich erstmals im Bus zur Schule, und Da-Ran dachte, Kyung-Joon will was von ihr. Also romantisch oder gar sexuell. Kyung-Joon stellte Da-Ran dann bloß, als er das Missverständnis aus der Welt schaffte. Nach dem Körpertausch sieht sie zwar Gon Yoos hocherotisches Äußeres, aber sie weiß, dass sich im Körper ihres Verlobten ein »Kind« befindet. Kyung-Joon ist zu Beginn dieser Serie 18. Ab wann ist man in Südkorea offiziell ein Erwachsener? Jedenfalls fällt es schwer zu glauben, dass Da-Ran sich am Ende nicht für Kyung-Joon entscheidet, denn sie verbringt nur mit diesem Zeit, da Gong Yoo im Koma liegt. Auf der anderen Seite: Kyung-Joon ist 12 Jahre jünger, und selbst zwei Jahre später bei »Gogyocheosewang« konnte man anhand von Internetkommentaren erkennen, dass die Welt noch nicht bereit war, um eine Beziehung zwischen zwei Personen mit einem etwas größeren Altersunterschied zu tolerieren, auch wenn das im Real Life nicht unüblich ist. Soll heißen: Hat man sich überhaupt getraut, Da-Ran und Kyung-Joon zu verkuppeln?

Der Körpertausch geht sehr mysteriös vonstatten. Immer wieder wird ein ganz bestimmtes Buch mit zwei Engeln eingeblendet, und kurz bevor Kyung-Joon und Yoon-Jae die Körper tauschen, nehmen sie ganz unbewusst dieselbe Körperhaltung wie die Engel ein. Die Körper wieder zurückzutauschen, ist nicht ganz so einfach, denn dieses Wunder passierte bei einem (nicht besonders gut animierten) Autounfall, und schnell mal sein Leben aufs Spiel setzen, sollte, wenn überhaupt, der letzte Ausweg sein. Jedes Mal, wenn man meint, die Seelen würden in ihre ursprünglichen Körper zurückkehren, wird eine himmlische, aber geheimnisvolle Musik gespielt. Genau so stelle ich es mir vor, wenn man stirbt, vor den Himmelstoren steht und keinen Plan hat, was gleich passieren wird.

Mysteriös wird es auch im ersten Viertel dieser Serie, wenn Da-Ran herausfinden möchte, welche Art von Mensch ihr Verlobter überhaupt ist. Es scheint nämlich so, als würde dieser sie mit seiner Arbeitskollegin Lee Se-Young betrügen. Die Indizien sprechen jedenfalls dafür. Wenn Se-Young mit Kyung-Joon, den sie für Yoon-Jae hält, redet, dann sind ihre Sätze oft mehrdeutig, damit man als Zuseher nicht vorschnell erfährt, was zwischen den beiden nun wirklich läuft. Da-Ran vertraut Yoon-Jae jedoch, während Kyung-Joon davon überzeugt ist, im Körper eines Widerlings zu stecken. Beim Herumschnüffeln wird sich Zutritt zu Wohnungen verschafft, und zwar mit so einem Chip. So ein Teil benutzen wir in der Firma auch, jedenfalls bei einem ganz bestimmten Standort. Ich kenne so was erst seit letztem Jahr. Die Südkoraner sind uns technisch gesehen ein Jahrzehnt voraus!

Ein ganz großes Mysterium ist die Frage, was die Familien von Kyung-Joon und Yoon-Jae mit alldem zu tun haben, insbesondere die Eltern. Von Yoon-Jaes Eltern sieht man zunächst wenig, und wenn man sie sieht, machen sie einen sehr seriösen Eindruck – also diese Art von Seriosität, die ein konservatives und unsympathisches Bild vermittelt. Von Kyung-Joons Eltern ist zu Beginn noch kaum etwas bekannt. Man erfährt nur, dass seine Mutter in den USA erschossen wurde. Es sind die USA – klar wird man da erschossen, wenn man nachts durch die Gassen geht, und natürlich von einem Neger! Als Kyung-Joon auf eine koreanische Oberschule wechselt, kommt er bei seinem Onkel und seiner Tante unter. Diese möchten den Jungen am liebsten aber wieder loswerden, und als Kyung-Joon ins Koma fällt, ist es eine Last für sie, sich um ihn zu kümmern. Die beiden sind aber nicht jene kaltherzigen Bösewichte, wie eine andere Serie sie vielleicht dargestellt hätte. Sie werden von Kyung-Joon, der sich nun in seinem neuen Körper befindet, ausgetrickst und ausgenutzt, spielen also mehr die naiven Opfer. Und vor allem Onkel Kang Hyuk-Soo hat mehrere Szenen, für die man ihn bemitleiden könnte, wäre er nicht so ein Trottel. Da-Rans Eltern sind die üblichen netten Leute mittleren Alters, auch wenn der Vater öfter mal sein Fett wegbekommt, da dieser sich auch etwas trottelig verhält. Zwischen den älteren Familienmitgliedern entwickelt sich dann eine nicht vorhergesehene Liebesgeschichte, wenn man herausfindet, dass Hyuk-Soo damals auf Da-Rans Mutter gestanden ist und die Vize-Leiterin von Da-Rans Schule zur selben Zeit ein Auge auf Da-Rans Vater geworfen hat. Das Liebes-Viereck sieht ungefähr so aus. Wenn Hyuk-Soo und die Vize-Schulleiterin an die damalige Zeit denken, spielen sie ihr jüngeres Ich selbst. Ich muss zugeben, es sieht etwas gruslig aus, wenn so alte Frauen in Schuluniformen herumrennen. Wo und wann man so etwas getragen hat, ohne dafür verprügelt zu werden, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich glaube, dafür muss man koreanische Geschichte studiert haben.

Nach einigen Folgen taucht Kyung-Joons Stalkerin Jang Ma-Ri auf. Diese bringt noch mehr Schwung in diese eh schon sehr lustige Veranstaltung. Ma-Ri ist neben Da-Ran die Einzige, die weiß, dass Kyung-Joon und Yoon-Jae die Körper getauscht haben. Im Unterschied zu Da-Ran, die von Kyung-Joon darüber eingeweiht wurde, hat Ma-Ri das jedoch selbst rausgefunden, weil sie ihr Schatziputzi einfach viel zu gut kennt. Gil Choong-Shik, Da-Rans kleiner Bruder, geht auf dieselbe Schule wie Ma-Ri (und Kyung-Joon) und hat sich auf den ersten Blick in ihr Äußeres sie verliebt. Choong-Shik macht einen auf Frauenhelden, ist aber eine ziemliche Pflaume. Aber zumindest hat er Mut und macht sich für Da-Ran regelmäßig zum Affen. Weil er ihre teure Tasche mit seiner Handynummer beschmiert hat, muss er das Geld dafür in Form von 300 Pizzen zurückzahlen. Er hat jedoch Glück, denn je mehr gute Taten er für sie macht (im Prinzip alles, was mit Kyung-Joon zu tun hat), desto mehr Pizzen zieht Ma-Ri von seinem Schuldenkonto ab. Ich bin genauso blöd wie Choong-Shik, aber zum Glück habe ich über die Jahre gelernt, Frauen zu hassen. Die Frage lautet, ob Choong-Shik mit seiner Beharrlichkeit Erfolg hat oder ob Ma-Ri bei ihrem Stalking-Opfer bleibt. Ob so oder so: Das ist keine gesunde Beziehung!

Eine weitere Liebesgeschichte ist nur einen Straußwurf entfernt. Da-Rans Arbeitskollege, der Sportlehrer Na Hyo-Sang, ist in sie verliebt. Da-Rans Arbeitskollegin, die Mathelehrerin Lee Ae-Kyung, hingegen ist in Hyo-Sang verliebt. Ae-Kyung weiß von Hyo-Sangs Gefühlen und will diesem zunächst dabei helfen, bei Da-Ran zu landen. Doch jedes Mal, wenn Hyo-Sang sportliche Topleistungen zeigt, obwohl er aussieht wie ein Nerd, beginnt ihr Herz »du-geun« (doki-doki auf Koreanisch) zu machen. Hyo-Sang scheint übrigens ein Fan des DFB zu sein.

Die wahren Stars der Serie sind die beiden Kinder, die stationär in Yoon-Jaes Krankenhaus aufgenommen wurden. Kyung-Joon muss zwar Urlaub nehmen, da es lebensgefährlich wäre, wenn er im Körper von Yoon-Jae an den Patienten herumschnippeln würde, doch zumindest kann er mit den Kindern »spielen«. Kyung-Joon zeigt kaum Emotionen und scheint Kinder nicht zu mögen – verständlich! Er schimpft auch immer wieder mit dem Jungen, weil dieser das Mädchen, das ihn so höflich darum bittet, mit ihm zu spielen, jedes Mal ignoriert. Das Ganze beginnt aber, über alle Maßen herzzerreißend zu werden, wenn die Kinder erzählen, dass sie das Erwachsenenalter wohl nie erreichen werden. Die Geschichte mit den Kindern ist ein größerer Tearjerker als die Liebesgeschichte zwischen den Hauptfiguren.

Wie für Koreaserien üblich, hat diese Serie 16 Folgen. Was in Japan 12 Folgen für einen Anime sind, sind in Südkorea wohl 16 Folgen für eine Live-Action-Serie. Bei den letzten Folgen hatte ich das Gefühl, man wusste nicht, wohin mit dem Drama. Man macht sich viele Sorgen darüber, was passiert, wenn A und B eintrifft, und aus irgendeinem Grund hat man einen Pseudo-Gedächtsnisschwund-Plot hinzugefügt. Das ist alles noch im Bereich des Akzeptablen, doch das Ende hat nicht nur mich, sondern laut Wikipedia auch viele andere Zuseher unzufrieden zurückgelassen.

Technisch gibt man sich bewusst Blöße. Die Effekte sind so einfach, aber effektiv gehalten, dass man unmöglich meinen kann, das sei ernst gemeint. Vieles ist kindlich, aber professionell gestaltet. Zumindest gibt Ma-Ri ein besseres Schneewittchen ab als Rachel Zegler. Sind die Effekte einfach genug, sehen sie auch gut aus. Bei Szenen wie dem Autounfall jedoch sollte man das Video eher nicht stoppen. Der OST ist überdurchschnittlich gut. Das Heullied dieser Serie ist wohl »너라서« von 다비치. Na, kann‘s wer lesen? Jedes Mal, wenn die Geschichte eine lustige Wende nimmt, wird im Hintergrund ein ganz ulkiges Lied gespielt. Das geht die ganze Zeit so: YAH, yah, yah, yah, YAH, yah, yah, yah, YAH. Das hätte ich gerne als Klingelton!

Immer wieder lerne ich durch Korea-Serien neue Dinge, z. B. dass auch in diesem Land auf der anderen Seite des Erdballs Gilette Mach3 verkauft wird. Und ich weiß jetzt, wie das koreanische Star Wars aussehen würde.

»Big« ist ganz groß, mit ein paar wenigen kleinen Makeln. Diese Serie hätte alleine vom Hauptpärchen getragen werden können, wird aber glücklicherweise zusätzlich von den vielen tollen Nebenschauspielern und -handlungen bereichert. Der Award des Most Valuable Player geht für mich an Gong Yoo, der gleich in zwei Rollen brilliert und zeigt, was für ein großes Arsenal an Gesichtsausdrücken er besitzt. Jungschauspieler Kim Hee-Jong hat leider nicht die Möglichkeit bekommen, mehr von sich zu zeigen. Vielleicht hat er bei den »Korean Hallyu Awards« deshalb den Preis für den »Best Rookie Actor« bekommen, weil er bereits in der erste Folge gezeigt hat, was für ein großes Potenzial in ihm steckt. Alles ist hier groß … und -artig.
Beitrag wurde zuletzt am 12.11.2023 16:34 geändert.
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Rebound

Avatar: Slaughtertrip#10
Eine RomCom aus Japan. Kann das gutgehen …?

Meine Reise durch ostasiatische Serien hat mich zuerst durch Südkorea geführt, einfach weil südkoreanische Produktionen besser sind. Das ist fuckt. Da kann Japan noch so viele Toilettenroboter erfinden. Durch ein Ungeschick meinerseits (ich hab vergessen zu gucken, aus welchem Land diese Serie stammt) fiel mir »Rebound« in die Hände, was ich nun rezensieren darf. Die Wertung zeigt bereits: So schlimm wird es nicht. Ihr Leser dürft also aufatmen.

Die vollständige Sichtung hat gezeigt, dass Japan und Südkorea eben doch anders sind, auch wenn die meisten glauben, dass es zwischen den »Schlitzaugen« aus dem Osten eh keine Unterschiede gibt. Eine wesentliche Komponente, die mir die südkoreanischen Serien so versüßt hat, ist der OST. In dieser Serie gibt es zwar Musik – Hintergrundmusik für alle Gefühlslagen –, doch es fehlen die Kracher, welche die südkoreanischen Serien auszeichnen. Es gibt – abgesehen von einer mit ulkiger Musik hinterleger Animation zu Beginn jeder Folge – weder ein Opening noch ein Ending, auf das man sich am Anfang und Ende jeder Folge freuen darf. Und ganz schlimm: Es fehlt der Herzschmerzsong, der immer in den emotional aufwühlendsten Szenen gespielt wird und sogar den hartgesottensten Zuseher – mich – zum Weinen bringt.

Viele solcher Szenen gibt es in dieser Serie aber auch gar nicht, da fast durchgängig eine heitere und komische Atmosphäre erzeugt wird, ohne aber dass es zu wirklich witzigen Situationen, die für Lacher sorgen, kommt. Richtig dramatisch, also ohne dass die Figuren das Drama mit ihrer komischen Mimik und Gestik übertünchen, wird es erst so ab Episode 8, in der
der Papa einen Herzinfarkt erleidet und ins Krankenhaus eingeliefert werden muss. In einer Episode wird er von seiner Tochter gefragt, ob er sich nie geschämft hat, so dick zu sein. Die bessere Frage wäre gewesen, ob er aufgrund seines Übergewichts nie Angst um seine Gesundheit hat.
Auch wenn der Witz des Öfteren verzweifelt versucht, rauszukommen, ist das Verhältnis zwischen Rom, Com und Drama sehr angenehm.

Viele Zuseher könnten sich durchaus mit der Hauptfigur Nobuko Oba identifizieren, denn das Geschäft mit Diäten ist sicherlich ein sehr lukratives, auch wenn sie völlig für den Allerwertesten sind. Um abzunehmen, muss man mehr Kalorien verbrauchen als zu sich zu nehmen. Das schafft man mit – Überraschung – Sport und gesunder Ernährung. Wer auf trendige Wunderdiäten hofft, die »10 kg abnehmen innerhalb von 10 Tagen und mit 0 Mühe« propagieren, der darf sich nicht wundern, wenn er nach der Diät einen Jo-Jo-Effekt hat und am Ende noch fetter ist als am Anfang. Einen solchen Jo-Jo-Effekt hat auch Nobuko. Zu Beginn der Serie sieht man sie als Kind naschen, und sie ist so begeistert vom Gebäck – sie hört ein »Glöckchen« –, dass sie nicht nur dem süßen Gebäck verfällt, sondern auch beschließt, im Erwachsenenalter einen Konditor zu heiraten. In den nächsten kurzen Szenen sieht man sie als etwas größeres Kind, als junger Teenager, als etwas älterer Teenager und als ihr jetziges Ich – immer fett. Ein besonderes Merkmal dieser Serie ist, dass Nobuko des Öfteren mit allen ihren jüngeren Versionen redet. Bei einem Date mit ihrem Freund Kensaku Kazami wird sie dann sitzen gelassen, da dieser zugibt, auf etwas dünnere Frauen zu stehen. In einer späteren Szene liegt Kensaku übrigens auf Nobukos Schoß und meint, sie soll ja nicht noch dünner werden, da er ihre dicken Beine so kuschlig findet. So ganz schlau bin ich aus ihm nicht geworden. Jedenfalls beschließt Nobuko, abzunehmen, und ihr Leben voller Ups und Downs beginnt.

Nobuko ist nervig. Das sagen nicht nur ihre Arbeitskollegen, sondern das sagt auch ihre beste Freundin Hitomi Mimura, die von der bekannten Chiaki Kuriyama gespielt wird. Zu Beginn sieht man sie als Fette, und sie benimmt sich so, wie man es von nervigen Fetten erwartet. Wenn sie abnimmt, behält sie jedoch diese Charakterzüge. Ändert man sein Äußeres, heißt das nicht automatisch, dass sich auch das Innere verändert. Könnte eine Message sein … oder auch nicht. Saki Aibu, die Schauspielerin von Nobuko, spricht fast durchgehend mit einer etwas tieferen Stimme, so als gäbe es keine Fetten mit Piepsstimme. Lacht sie, reißt sie ihren Mund zur Hälfte auf, wodurch sie etwas minderbemittelt aussieht, auch wenn sie eigentlich eine sehr schöne Frau ist. Auch mit 30 kg weniger (von 78 kg auf 48 kg) hat sich ihr Gang nicht verändert und sie trampelt mit O-Beinen durch die Gegend. Sie ist sehr optimistisch eingestellt und redet viel, wirkt aber auch sehr naiv. Geht ihr etwas gegen den Strich, vollzieht sie eine Verwandlung, wie man sie nur von Yandere kennt. Sie wirkt auf einmal viel ernster und dominanter. Ihre Stimme ändert sich und sie spricht von oben herab auf jene Leute ein, die sie kritisiert. Alles in allem ist sie eine Frau, mit der nicht mal ich ausgehen würde, auch wenn sie halbnackt einen makellosen Körper hat. Ich glaub, ich bleib bei dünnen Weibern. Um sich besser zu fühlen, lügen dicke Weiber sich immer an und argumentieren damit, dass sie einen ach so tollen Charakter haben, während die dünnen Weiber einen ach so fürchterlichen Charakter haben. Schlanke und schöne Frauen können auch einen tollen Charakter haben. Tut mir leid, dass ich euch Fetten in die Realität zurückgeholt hab …

Nobuko arbeitet als Redakteurin für den Fashionmagazin-Herausgeber Eden. Eden hat weitaus mehr Charakter als die TV-Produktionsfirma JI Entertainment aus »Maryneun Oebakjung«, auch wenn die vielen Arbeitskollegen etwas blass wirken. Die Chefredakteurin Ran Morinaka hat Haare auf den Zähnen und redet ihre Untergebenen immer mit dem falschen Namen an, wirkt aber nicht wie jemand, den man verteufeln möchte. Ich hatte mal eine Chefin, die hat nur Haare auf den Zähnen, und ja, ich verteufle sie. Die einzige weitere Mitarbeiterin, die keine Komparsenrolle innehat, ist das Model Yuki Naito. Sie hat sowohl Verbindungen zu Nobuko (geschäftliche) als auch zum männlichen Hauptcharakter Taichi Imai (private), ihr Mitwirken in dieser Geschichte hat jedoch kaum Auswirkungen auf irgendwas. Als Nobuko den Auftrag bekommt, einen Artikel über die Konditorei Ange zu schreiben, treffen sie und Taichi aufeinander.

Taichi ist auch nicht unbedingt der sympathische Male Prota, den man sich vielleicht vorstellt. Als er interviewt wird, macht er noch einen auf shiny prince, wie man es aus den schwulstigsten Shoujo-Werken kennt, so mit den ganzen aus dem Nichts auftauchenden Sternchen, wenn die Hübschlinge lächeln. Beim Artikel lobt Nobuko zwar das Ambiente und Taichis Charme, hat aber keine guten Worte für das Gebäck übrig, was Taichi zur Tobsucht bringt. Er zeigt dann sein wahres Gesicht, schreit und tritt rum. Eigentlich ist das sogar verständlich, denn der Artikel schadet Taichis Geschäft so sehr, dass er den Laden, den er von seinen Eltern übernommen hat, schließen möchte. Man lernt sehr schnell Taichis wahre Gefühle kennen, wodurch er auch nahbarer und sympathischer wird. Er ist gar nicht der shiny prince, der er vorgibt zu sein, sondern unsicher, was seine Fähigkeiten betrifft, und Nobukos Artikel hat ihm gezeigt, dass seine Unsicherheiten berechtigt sind. Zwischen Nobuko und Taichi gibt es eine kleine Verbindung, denn das köstliche Gebäck, das Nobuko als kleines Kind gegessen und in die Fresssucht getrieben hat, bekam sie damals von Taichis nun bereits verstorbenem Vater. Taichis Mutter ist übrigens ebenfalls tot. Ein zu großer Cast würde nur alles unübersichtlich machen …

Nobuko beginnt nun, Taichi dabei zu helfen, köstlichere Gebäcke zu kreieren. Die beiden kommen sich näher und love happens, wie es sich bei einer RomCom nun mal gehört. Zu Beginn scheint noch alles glatt zu laufen, und es scheint sich eine Beziehung zu entwickeln, die gar nicht mal so toxisch ist, wie YouTuber es von Beziehungen im Jahr 2023 behaupten. In der vierten Episode stehen die beiden sogar
vor dem Traualtar.
Das elendige Fett jedoch ist der Dealbreaker – für beide. Nobuko nimmt wieder zu, nachdem sie Taichis Gebäcke Probe gegessen hat. Als sie fett wiederkommt, erkennt Taichi sie gar nicht mehr wieder. Das ist zwar etwas unrealistisch, kann man aufgrund der Com-Charakteristik jedoch verzeihen. Weil Taichi fette Weiber hasst – ich kann ihn verstehen, ich tu das auch –, gibt Nobuko sich als Arbeitssuchende aus. Der Status Quo wird nie lange beibehalten. Später wird dann auch noch Taichi fett, dann wird Nobuko wieder dünn, dann wird Nobuko wieder fett und so weiter und so fort.

Nobuko hat nur wenige Liebesrivalen. Yuki ist, wie oben schon angesprochen, praktisch irrelevant. Es gibt zwar einen weiteren Liebesrivalen, aber weil Taichi nie so richtig Interesse zeigt, hat Nobuko quasi immer freie Bahn. Dieser Liebesrivale ist
Nobukos beste Freundin Hitomi.
Wie es im wahren Leben leider so ist, hat auch hier der Mann weitaus mehr Liebesrivalen. Na ja, eigentlich nur einen, aber der hat es in sich. Und, wie gesagt, der Cast ist sehr klein. Ausgerechnet Kensaku, der Nobuko zu Beginn sitzen gelassen hat, beginnt wieder, sich für sie zu interessieren. Kensaku macht eine Charakterentwicklung zum Positiven durch, auch wenn er vielleicht jene Person aus dem Main Cast ist, in die man sich am schlechtesten hineinversetzen kann. Er ist einfach viel zu sprunghaft, und man weiß nie so richtig, was er eigentlich will. Seine Handlungen sind manchmal ziemlich drastisch, aber zumindest zeigt er, dass er ein Mann ist, der Worten Taten folgen lässt. Er hat die ziemlich witzige Angewohnheit, immer einen Ipad mit sich zu tragen und alles googeln zu müssen. Im Laufe der Serie lernt er, sein eigenes Hirn zu benutzen. Diese Serie wurde zu einer Zeit vor ChatGPT produziert, und mir schwant Böses für die Zukunft …

Hitomi ist die Best Woman dieser Serie. Ihr Drama ist das einzige, das nicht durch Comedy verwässert wird, ob das nun ihre schlechte Beziehung zu ihren Eltern ist oder ihre Suche nach Anerkennung ihrer künstlerischen Fähigkeiten. In einer Szene fiel sogar ein Kerl, der sie »groß rausbringen wollte«, über sie her, und nur die albernen Bewegungen des Mannes sorgen dafür, dass die Situation etwas weniger ernst wirkt, als wie eine vergleichbare im wahren Leben es sein würde. Oft freut man sich, wenn eine trockene Produktion durch etwas Comedy aufgelockert wird. Bei Hitomi ist es das Gegenteil. Man freut sich, wenn diese Serie, die sich immer nur von ihrer heiter-komischen Seite zeigt, durch Hitomi an Ernsthaftigkeit gewinnt.

Eine der seltsamsten Figuren ist ganz bestimmt Kamiya Takayuki, der Nobuko beim Abnehmen hilft, und dazu sind ihm alle Mittel recht. Er wirkt etwas wie der klischeehafte verrückte Wissenschaftler, und man hat irgendwie Angst, dass er einen Killervirus auf die Welt loslässt. Also einen richtigen Killervirus, nicht das lachhafte Corona, wegen dem meine 80-jährige Nachbarin Schnupfen gekriegt hat.

Dass Nobuko ab und an mit ihren Vergangenheits-Ichs konfrontiert wird, ist nur eine von mehreren Eigenheiten dieser Serie. Beim Versuch, schmackhaftes Gebäck zu kreieren, steht Nobuko Taichi als Test-Esserin zur Verfügung. Schmeckt es nicht, neigt sie ihren Kopf zur Seite und zieht eine fragende Mine. Schmeckt es, hört sie die »Glöckchen«.

Die Japaner scheuen sich nicht davor, dem Zuseher zu zeigen, dass sie mehr können, als nur Schauspieler in Gummikostüme zu stecken. In Sachen Special Effects bewegt man sich auf einem Niveau, das ich weder als niedrig noch als hoch bezeichnen würde. Die Special Effects sind halt da. Ab und an sieht Nobuko das Gesicht des verrückten Wissenschaftlers in den Gebäcken. Die praktischen Effekte sind da schon um einiges beeindruckender. Um Nobuko fett aussehen zu lassen, hat man sie vermutlich in einen Fettanzug gesteckt. OK, jetzt sind wir zwar wieder bei den Schauspielern in Gummianzügen, aber hinzu kommt noch das großartige Make-up. Selbst bei genauerer Betrachtung fällt nicht auf, dass es sich hierbei nur um Fake-Fett handelt.

»Rebound« sorgt vielleicht nicht dafür, dass Fette sich besser fühlen, da die Figuren viel zu oft sagen, sich zu Fetten nicht hingezogen zu fühlen, doch als RomCom mit fröhlichem Grundton funktioniert diese Serie sehr gut. Schlanke und durchtrainierte Menschen wie ich fühlen sich trotz Anwesenheit von Schwabbel aber auch nicht besser, da die hübschen Schauspieler nur hässlich geschminkt sind. Außerdem sind auch hier die Schauspieler so groß. Warum ist Hayami Mokomichi, der Taichi spielt, 1,86 Meter groß, wo er doch ein Japaner ist?!
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Maryneun Oebakjung

Avatar: Slaughtertrip#11
»Was ist wichtiger? Liebe, Hoffnung oder Vertrauen? Loyalität!« Diese Frage wird in dieser Serie gleich mehrmals gestellt. Es fiel mir sehr schwer, »Maryneun Oebakjung« loyal zu bleiben (aka weiterzugucken), doch zum Glück bin ich mit dieser Serie auch nicht verheiratet …

Ein Liebesdreieck ist die gewöhnlichste Ausgangssituation für eine südkoreanische RomCom. Man muss nur die Winkel etwas verändern, sodass diese Ausgangssituation sich nicht abnutzt und das Dreieck ein Dreieck bleibt. Den Winkel hat man verändert, indem man folgende Variable hinzugefügt hat: Lästige Eltern!

Bei dieser Serie geht es um eine junge Frau namens Wi Mae-Ri, die nach einer Frist von 100 Tagen entscheiden soll, ob sie den Musiker Kang Mu-Gyul oder den Firmendirektor Byun Jung-In heiraten möchte. Schon alleine die Prämisse begünstigt keinen sinnvollen und nachvollziehbaren Handlungsablauf. Da ist es auch wenig verwunderlich, dass die Drehbuchautorin In Eun-Ah wegen miesen Einschaltquoten und »Uneinigkeiten mit dem Produktionsteam« nach zehn Folgen die Segel gestrichen hat und für die letzten sechs Folgen durch Go Bong-Hwang ersetzt wurde.

Mae-Ri (oder »Merry Christmas«, wie sie von Mu-Gyul genannt wird) wird gespielt von der erfolgreichen Moon Geun-Young, die mir irgendwie leidtut, in so einer Serie mitgespielt haben zu »müssen«. Es scheint so, als sei sich keiner so richtig einig, welche Persönlichkeitsmerkmale Mae-Ri eigentlich besitzt. Man liest etwas von »fröhlich und pragmatisch« bis hin zu »energiegeladen wie die Sonne« und »stur und temperamentvoll wie ihr Vater«. Vor allem Letzteres erscheint mir in Anbetracht der Tatsache, dass Mae-Ri sich über die gesamte Laufzeit hinweg ihrem Vater widersetzt, wie ein schlechter Scherz. Mae-Ri ist süß. In Japan sagt man »kawaii«. Wie man in Südkorea sagt, weiß ich nicht, aber ich bin heilfroh, dass es dort anscheinend keine Niedlichkeitskultur gibt. Hätte ein Stofftier ein Stofftier, dann wäre dieses nicht halb so süß wie Mae-Ri. Das war es aber schon, und irgendwie fragt man sich, aus welchem Grund ein cooler Rockmusiker und ein seriöser Geschäftsmann ausgerechnet die kleine, niedliche Mae-Ri heiraten wollen. Manchmal ist die Spannung zwischen zwei Figuren so groß, dass sie sich über den Bildschirm auf den Zuseher überträgt. Zwischen der süßen Kleinen, dem versifften Rocker und dem steifen Anzugträger gibt es jedoch weder Physik noch Chemie.

Jang Keun-Suk, der Schauspieler von Mu-Gyul, macht seine Sache sehr gut. Er tritt zunächst als gleichgültiger Frauenschwarm auf, der noch nie eine Beziehung, die länger als einen Monat gedauert hat, hatte. Er ist die Art von Figur, die mit Verlauf der Serie große Sympathiepunkte sammelt. Weil er immer etwas zwider dreinguckt, gehört es zu den Highlights der Serie, wenn er mal lacht, Spaß hat und einfach aus sich rauskommt.

Kim Jae-Wook spielt Jung-In, den Firmendirektor der TV-Produktionsfirma JI Entertainment. Ich weiß noch ganz genau, dass er in der ersten Folge sagt, dass es die Aufgabe des Schauspielers sei, eine statische Figur dynamisch zu machen. Was für eine Ironie, denn dieses Kunststück schafft er nicht einmal selbst. Bis zum letzten Achtel der Serie hat er nur einen Gesichtsausdruck, nämlich langweilige Gefasstheit. Dabei möchte ich den Schauspieler aber nicht zu sehr kritisieren, denn die gesamte Serie scheint mit einem Schleier der Steifheit überzogen zu sein. Selbst die komischen Szenen sind nicht in der Lage, diesen Schleier vollständig zu entfernen. Das liegt zum einen am Ungleichgewicht zwischen Drama und Comedy, das manchmal so hart auf die Seite des Dramas aufschlägt, dass Comedy vollständig außer Acht gelassen wird. Zum anderen liegt das an der Comedy selbst, oder an dem, was das Produktionsteam für Comedy hält. Gibt es aufheiternde, rasante oder witzige Szenen, dann steht meistens Mae-Ris Vater Wi Dae-Han im Mittelpunkt. Die Streitereien mit Mu-Gyuls Mutter Kam So-Young gehören noch zu den lustigsten Szenen der Serie, und irgendwie freut man sich für Dae-Hans Schauspieler, dass er die ganze Comedy nicht alleine tragen muss.

Die jungen Schauspieler waren in der Lage, so einiges aus ihren teils imperfekt geschriebenen Figuren herauszuholen. Von den alten Schauspielern hätte man in dieser Hinsicht wahre Wunder verlangen müssen, denn den Figuren, die sie spielen mussten, fehlt es so dermaßen an grundlegenden Dingen wie Verständnis, Mitgefühl, Akzeptanz oder Toleranz, dass nicht einmal Oscar-Gewinner den Stöpsel aus der überlaufenden Badewanne hätten rausziehen können. Was den Schauspielern gefehlt hat, um ihre Figuren einigermaßen glaubhaft rüberzubringen, war ein glaubhafter Plot.

Mae-Ris Vater hat hohe Schulden, weshalb bereits die Männer in Schwarz vor seiner Tür stehen. Glücklicherweise trifft er auf seinen alten Jugendfreund Jung-Suk, der ihm anbietet, dass Mae-Ri doch seinen reichen Sohn Jung-In heiraten könnte, um endlich schuldenfrei zu sein. Da freut sich der Papa natürlich, denn Jung-In ist ein sehr guter Fang. Er versteht aber nicht, dass Mae-Ri den vermeintlichen Fremden (später stellt sich heraus, dass sie sich kannten, als sie noch Kinder waren) einfach nicht liebt. Mae-Ri redet gegen eine Wand, weshalb sie sich sogar dazu genötigt fühlt, so zu tun, als sei sie mit ihrer neuen Bekanntschaft Mu-Gyul verheiratet. Die Papas sind einem Herzinfarkt nahe, kommen jedoch auf die geniale Idee eines »100-Tage-Vertrages«, dessen Inhalt besagt, dass Mae-Ri 100 Tage sowohl mit Mu-Gyul als auch mit Jung-In verbringen und sich erst danach entscheiden soll, wen sie letztendlich heiraten möchte. In diesen 100 Tagen (bzw. in den 16 Folgen) erklärt Mae-Ri ihrem Vater literally 100 Mal, dass sie den Mimik-immunen Anzugträger Jung-In einfach nicht liebt. Doch der entgegnet nur immer wieder damit, wie dumm es von seiner Tochter doch sei, lieber einen »armen Bettler« zu heiraten als einen betuchten Sohn aus gutem Hause. Fun Fact: Mu-Gyul wird im Laufe der Serie immer bekannter und beliebter, und selbst dann ist er für Mae-Ris Vater nur ein »armer Bettler«.

Obwohl er ein Brett vor dem Kopf hat, ist Mae-Ris Vater einer der wenigen Figuren, die Schwung in dieses Puppentheater bringen. Park Jun-Gyu, der Schauspieler von Jung-Ins Vater, hat jedoch das Pech, die am schlechtesten geschriebene Rolle der Serie erwischt zu haben. Jung-Suk möchte auf Teufel komm raus, dass sein Sohn Mae-Ri heiratet, was für den Zuseher zunächst etwas unverständlich ist. Man kann die Puzzleteile ziemlich schnell selbst zusammensetzen, doch selbst dann, als man erfährt, dass Jung-Suk Mae-Ris bereits verstorbene Mutter geliebt hat und die beiden sich versprochen haben, dass ihre Kinder eines Tages heiraten werden, bleibt Jung-Suk für den Zuseher ein Holzkopf allerhöchster Güte. Er ist eigentlich immer nur am Schimpfen und trichtert seinem Sohn mehrmals und jedes Mal in strenger Tonlage ein, dass ein Mann sowohl im Job als auch in der Liebe erfolgreich sein muss. Was sein Sohn bisher geleistet hat, interessiert ihn nicht. Wichtig ist für ihn nur, dass er Mae-Ri heiratet, erst dann erkennt er Jung-In als einen »erfolgreichen Mann« an. Man fragt sich, weshalb Jung-In den ganzen Blödsinn mitmacht. Die Erklärung dafür befriedigt wenig bis gar nicht: Für Jung-In ist sein Vater ein »Gott«, dem er sich nicht widersetzen möchte. Und die Erklärung, weshalb sein Vater für ihn ein Gott ist, ist ebenfalls etwas enttäuschend: Als er ein Kind war, wurde er entführt und im Anschluss von seinem Vater gerettet.

Kam So-Young ist von allen Elternteilen die unwichtigste Figur, aber in Sachen Persönlichkeit zumindest gut geschrieben. Sie hat Mu-Gyul bereits mit 17 Jahren bekommen und wird anfangs für seine Freundin gehalten. Ich glaube, sie ist das, was man in der Porno-Szene als »Milf« bezeichnet. Sie hat einen sehr guten Draht zu ihrem Sohn, ist aber völlig unzuverlässig. Wenn sie schon wieder einmal von einem Mann verlassen wurde, geht sie zu ihrem Sohn und verspricht ihm, bei ihm zu sein. Sobald sie jedoch die Aussicht auf eine neue Romanze bekommen hat, ist sie so schnell aus dem Leben ihres Sohnes verschwunden, dass dieser nicht einmal die Gelegenheit bekommt, sich von ihr zu verabschieden. Genauso wie Mae-Ris Vater kann auch sie nicht mit Geld umgehen, und sobald man alle drei Elternfiguren in dieser Serie kennengelernt hat, meint man, es wäre für das Wohl aller am besten, wenn die Kinder die Eltern großziehen würden.

Mu-Gyul und Jung-In sind die typischen Liebesrivalen, die mal besser, mal schlechter miteinander auskommen. Ist Letzteres der Fall, kann es schon mal zu schlagkräftigen Argumenten kommen. Schaffen Südkoreaner ihre Dispute immer mit Faustkämpfen aus der Welt? Die beiden betreten das Leben des jeweils anderen, als Mu-Gyul das Angebot bekommt, den Soundtrack für Jung-Ins neue Drama-Serie zu komponieren. In Sachen Liebesrivalität hat man in dieser Serie viel richtig gemacht. Die Stimmung wechselt immer, je nachdem, ob die beiden es schaffen, Geschäftliches und Privates zu trennen und sich wie seriöse Geschäftspartner zu verhalten, oder ob sie ihren Kampf um Mae-Ri fortsetzen. Mu-Gyul ist jedoch der Einzige der beiden, der seine Gefühle offen und für den Zuseher verständlich kommunizieren kann. Er macht eine Charakterentwicklung durch und seine Gefühle für Mae-Ri wachsen, je besser er sie kennenlernt. Bei Jung-In ist es jedoch ein Hin und Her. Mal sagt er, er liebt sie, mal sagt er, er liebt sie nicht. Mal möchte er sie heiraten, mal nicht. Wie er sich verhält, scheint abhängig davon zu sein, ob er seinem Vater Untertan ist oder ob er den Mut hat, seine wahren Gefühle und Gedanken auszusprechen. Für den Zuseher ist das jedoch nur wenig nachvollziehbar. Erschwert wird das Ganze durch die vielen Ungereimtheiten, was den Personenstand der Figuren anbelangt. Dass Mae-Ri mit Mu-Gyul verheiratet sein soll, ist zwar von Anfang an gelogen, ihnen wird aber geglaubt. Und dennoch scheint sie mitten in der Serie mit Jung-In verheiratet zu sein, da von »Scheidung« gesprochen wird. Ich weiß nicht, wie das in Südkorea rechtlich aussieht, aber bei so was möchte ich kein Scheidungsanwalt sein.

Seo-Joon ist die Liebesrivalin von Mae-Ri. Zumindest fast. Sie ist die Ex-Freundin von Mu-Gyul, doch man hat als Zuseher nie das Gefühl, dass sie wieder mit ihm zusammenkommen könnte. Weil sie eine Rolle in Jung-Ins neuer Drama-Serie spielt, kommt sie auch diesem etwas näher. Doch selbst dann, wenn die beiden gerade eine sehr emotionale Zeit durchmachen und sich in trauter Zweisamkeit befinden, knistert es zwischen den beiden nicht. Seo-Joon bleibt daher die gesamte Serie über eine anspruchsvolle und ein bisschen zickige Schauspielerin, die nur selten Momente hat, die sie gefühlstechnisch dem Zuseher etwas näherbringen.

Die tolle RomCom »Yeonaejojakdan: Shirano« habe ich dafür kritisiert, dass im letzten Arc ein unnötiges Drama rund um eine Entführung und eine Bombe aus dem Hintern gezogen wurde. Hier gibt es sogar zwei Entführungen. Zunächst die angesprochene Entführung von Jung-In, als dieser noch ein Kind war. Und später in der Serie eine kurze und plot-irrelevante Entführung von Mu-Gyul. Natürlich wird er von Men in Black entführt. Fehlen nur noch die schwarzen Brillen, dann wäre das Klischee perfekt.

Ob man mit dieser Szene den Versuch gewagt hat, etwas Abwechslung in das Geschehen zu bringen? Davor scheint man sich größtenteils gescheut zu haben, denn es fehlen ganz eindeutig interessanten Sub-Plots. Lässt man die Dreiecksbeziehung zwischen den Hauptfiguren außer Acht, bleibt von dieser Serie wenig übrig. Wenn Mae-Ris Vater und Mu-Gyuls Mutter sich streiten, könnte man meinen, das sei der Beginn einer wundervollen Beziehung zwischen zwei Menschen, die äußerlich überhaupt nicht zusammenpassen. Anscheinend hielt man eine Romanze zwischen den beiden für zu unglaubwürdig, weshalb man es bei Streitereien belassen hat. Auffällig ist, dass es – mit Ausnahme der Dreiecksbeziehung – so gar keine anderen Romanzen gibt, und das bei einer RomCom mit 16 Folgen. Die Elternteile sind alle Single, und selbst zwischen Mae-Ris Freundinnen und Mu-Gyuls Bandkollegen läuft nichts, obwohl sie gelegentlich Zeit miteinander verbringen. Der Serie muss ich jedoch hoch anrechnen, dass die Bandkollegen regelmäßig Zeilen sprechen dürfen, ganz im Gegensatz zu manchen Musikern aus »Neon Naege Banhaesseo«. Bis auf die Freunde der Hauptfiguren gibt es nur wenige Nebenfiguren, weshalb es auch hier an Abwechslung fehlt. Die TV-Produktionsfirma JI Entertainment wirkt sehr blass, vor allem im Vergleich zum Immobilienkonzern Comfo aus »Gogyocheosewang«. Man sieht praktisch nur zwei Schauspieler, und zwar die bereits erwähnte Seo-Joon und irgendeinen unsympathischen Hübschling namens Lee An. Die einzigen Figuren aus dem Produktionsteam, die man zu sehen bekommt, sind die Drehbuchautorin Lee Kang Hyun und die geld- und erfolgsgeile Regisseurin Bang. Man hat es völlig verabsäumt, dem Zuseher Einblicke in das Drehen einer Drama-Serie zu geben, obwohl in praktisch jeder Folge über die Produktion der fiktiven Serie »Wonderful Day« geredet wird.

Special Effects sind mir hier keine aufgefallen (außer man lässt das gelten). Das wundert mich, denn bisher wurden alle südkoreanischen RomComs, die ich gesehen habe, zumindest durch in der Luft schwebende Buchstaben oder Symbole aufgepeppt. Vielleicht macht die Serie auch deshalb einen so wenig verspielten, wenn nicht gar seichten und hüftsteifen Eindruck. Der OST rettet nur wenig, was schade ist, da es hier inhaltlich auch um Musik geht, wenn auch nicht vordergründig. Es gibt ein bestimmtes Lied, das immer wieder gespielt wird und auch ganz gut ist, aber auch hier habe ich das Gefühl, dass es zu wenig Abwechslung gibt. Zumindest die Performance von Mu-Gyuls Band rockt.

Dieser Serie mangelt es an vielen Dingen, vor allem an Abwechslungsreichtum, weshalb diese 16 Folgen sich sehr zäh anfühlen und man immer wieder auf der Stelle tritt und nur dann einen Schritt vorwärts macht, wenn man zuvor zwei Schritte rückwärts gemacht hat. Es fehlt an Nebenhandlungssträngen, an weiteren Romanzen, an Humor, an technischen Spielereien, an herausragender Musik und generell an einer fröhlichen Grundstimmung. Am schlimmsten jedoch ist die Prämisse selbst, die einfach keinen sinnvollen Plot zulässt, sodass manche Schauspieler in die Rollen von sturen und unvernünftig handelnden Figuren gedrängt werden, was keine schauspielerische Glanzleistung der Welt wettmachen kann. Dass es dennoch für drei Sterne gereicht hat, liegt nur daran, dass ich noch zu wenige südostasiatische Drama-Serien gesehen habe. Mit wachsender Erfahrung könnte »Maryneun Oebakjung« in nächster Zeit noch weiter in meiner Gunst fallen.

Die Moral von der Geschicht': Eltern sollten sich nicht zu sehr in das Liebesleben ihrer erwachsenen Kinder einmischen. Vor allem dann nicht, wenn man ihnen schon unzählige Male gesagt hat, dass man jemanden einfach nicht liebt und nicht heiraten will!
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Heartstrings

Avatar: Slaughtertrip#12
Diese musikalische Love Story spielt sich auf der Insel Jeju ab. Der Name dieser Insel sagt mir nichts, außer dass sie klingt wie das Geräusch, das die Riesenkakerlaken aus »Terra Formars« von sich geben. Ich gehe mal davon aus, dass Jeju das koreanische Pendant zu Okinawa ist. Beides sind nämlich südostasiatische Inseln. Mehr braucht es dazu auch gar nicht zu wissen …

Erst mal zur Produktionsqualität: Im Gegensatz zu vielen anderen Serien aus Südkorea wird man hier von den vielen Symbolen, die sich oft in allen vier Ecken einnisten, und von den von rechts nach links wandernden Texten im unteren Bereich des Bildschirms, verschont. Das hat aber bestimmt auch etwas damit zu tun, welche Version man sich illegal herunterlädt aus Südkorea importiert. Es ist schon ein Gefühl von Freiheit, wenn man die Möglichkeit besitzt, unverdeckt alles zu sehen. Das Bild ist im Allgemeinen sehr hell und freundlich, ganz im Gegensatz zu Serien, die von anderen Usern für ihren Braunstich kritisiert werden. Wenn es um »dunkle und wenig freundlich anmutende« Live-Action-Werke geht, fiele mir da zuerst »Shirano; Yeonaejojakdan« ein, aber das gehört natürlich so, also nicht meckern. Hier wie da spielt die bezaubernde Park Shin-Hye eine Lead Role. Shin-Hye hab ich auch erst kürzlich in »Iutjib Kkotminam« gesehen. Sie scheint die koreanische Matthias Schweighöfer zu sein. Oder für das ältere Publikum: die koreanische Til Schweiger. Wenn man als deutscher Schauspieler Erfolg haben möchte, muss man anscheinend ein »Schweig« im Namen haben.

Obwohl bei RomComs keine allzu ausufernden Special Effects nötig sind, weil es nur selten vorkommt, dass die Welt am Explodieren ist, gibt es auch hier welche. Dabei geht man aber sehr minimalistisch zu Werke – so minimalistisch wie nur möglich. Diese verspielt-unschuldige Herangehensweise macht das Angucken von vielen südkoreanischen Produktionen zu solchen herzerwärmenden Angelegenheiten, auch wenn man ein eiskalter Bastard ist wie ich. Man sollte vielleicht nur darauf achten, dass bei PCs nicht immer der Anmeldedesktop zu sehen ist. Das ist mir bei anderen Serien ebenfalls schon aufgefallen. Bloß so tun, als würde man arbeiten – ein Motto aus der realen Welt.

Der Soundtrack verdient fünf Sterne. Der Refrain des Openings, das vom Hauptdarsteller Jung Yong-Hwa gesungen wird, klingt wie eine koreanische Uptempo-Variante der lateinamerikanischen Erotiknummer »Señorita«. Ein gutes Lied, das Laune macht. Deshalb wird es als Ending ebenfalls verwendet. Diese Serie besitzt das, was jede RomCom braucht, um überhaupt die Mindestanforderung zu besitzen, die volle Punktzahl zu bekommen – nämlich eine Herzschmerzballade, die den Zuseher jedes Mal zum Weinen bringt, wenn sie bei den passenden Szenen abgespielt wird. Genau deshalb sollte man sich solche Serien immer alleine ansehen, damit der Bekanntenkreis weiterhin glaubt, man sei ein harter Hund. Was hier jedoch fehlt, ist eine kurze Einspielung des »Shingeki no Kyojin«-Openings, wie z. B. bei »Sileobgeubyeo Romaenseu« oder »Ingyeogongju«, wo es jedes Mal gespielt wird, wenn Furcht erregende Frauen auftauchen. Anscheinend ist das Tussi-Trio in dieser Serie nicht Furcht erregend genug. Ausgerechnet eine Coverversion ist ein wiederkehrender Höhepunkt dieser Serie. Gecovert wird »Carmen Fantasy« von Pablo de Sarasate. Was dabei herausgekommen ist, ist eine Mischung aus traditioneller koreanischer Volksmusik und Rock, mit einer Reggae-Bridge. Wäre das Lied Bart Simpson, würde es dem Original den Hintern zeigen und sagen: »Friss meine Hose!« Ein anderes Lied, das ich bei Youtube leider nicht finde, ist zwar keine (?) Coverversion, erinnert aber sehr stark an »Enter Sandman« von Metallica. Das Gruslige dabei ist, dass nicht nur eine bestimmte Tonfolge ähnlich klingt, sondern beinahe alles bis zum Refrain. Braucht es in Südkorea im Abspann eigentlich ein Erwähnung des Originaltitels bei einem etwaigen Cover?

Viele Lieder des Soundtracks werden von den Figuren selbst performt bzw. von den Schauspielern auch tatsächlich gesungen. Wie gesagt, das ist eine sehr musikalische RomCom. Die Protagonisten sind die Musikstudenten Lee Gyu-Won und Lee Shin. Während die eine traditionelle koreanische Volksmusik studiert, befinden sich die Interessen des anderen auf der gegenüberliegenden Seite des Spektrums, nämlich bei moderner Rockmusik. Rivalität ist somit vorprogrammiert. Die Beziehung der beiden ist ohnehin ein Paradoxon. Es heißt, Gegensätze ziehen sich an. Doch beide studieren Musik. Sind die beiden nun Gegensätze oder Gleichgesinnte? Jedenfalls muss dieses Pärchen im Laufe der 15 Episoden beziehungstechnisch etwas weniger Hürden überwinden, als man von den meisten anderen Serien dieses Genres vielleicht gewohnt ist. Ein Liebesdrama von Anfang bis zum Ende darf man hier also nicht erwarten. Das, was dem Hauptpärchen an Drama fehlt, besitzt der Musik-Plot zur Genüge. Die Liebe muss sich die Bühne nämlich teilen, und zwar mit der Bühne selbst, denn zum 100-jährigen Jubiläum der Fakultät wird ein Musical auf die Beine gestellt. Es werden keine Mühen gescheut, und nur das Beste ist gut genug, weshalb man Kim Suk-Hyun, einem Studienabsolventen, der auf dem Broadway Erfolge feiern konnte, die Leitung über dieses Projekt überlässt. Suk-Hyun wird gespielt von Song Chang-Eui, den man unter anderem aus »Dr. Frost« kennt. Ich will ja nicht oberflächlich erscheinen, aber schwarze Haare stehen ihm viel besser!

Gyu-Won spielt zusammen mit drei anderen Mädchen in einer Band namens The Windflowers, doch nur eines der Mädchen darf sich über eine Support Role freuen, nämlich Cha Bo-Woon, die einen wunderschönen nussigen Hautton und große, liebenswerte Rehaugen besitzt. Bei den anderen beiden bin ich mir nicht sicher, ob sie überhaupt Namen haben, aber zumindest dürfen sie ein paar Zeilen runterrattern. Ähnlich verhält es sich mit The Stupid, der Band von Lee Shin. Nur der Drummer der Band, Yeo Joon-Hee, besitzt eine wichtige Nebenrolle, während der Gitarrist und der Bassist – bis auf wenige Szenen – zum Schweigen verurteilt sind. Bo-Woon zeigt anfangs sogar Interesse an Joon-Hee, aber das verflüchtigt sich bald. Bo-Woon spielt über die gesamte Laufzeit das leicht naive Mädchen, das immer dann auftaucht, wenn Gyu-Won und Lee Shin lieber ihre Zweisamkeit genießen möchten. Joon-Hee hingegen ist das wandelnde Comic Relief dieser Serie. Er frisst alles, was er finden kann, in sich rein und ist mehr Hund als Mensch. Würde man einen treuen Köter in einen Menschen verwandeln, würde Joon-Hee dabei rauskommen.

Gyu-Won x Lee Shin ist natürlich nicht das einzige Pärchen. Bei 15 Episoden ist Platz genug für Liebeleien in allen möglichen Formen und Gestalten. Bevor es überhaupt ernst wird zwischen den Protagonisten, muss Lee Shin über die zwölf Jahre ältere Choreografin Jung Yoon-Soo hinwegkommen. Yoon-Soo kann den jungen Lee Shin nicht wirklich ernst nehmen und glaubt, dass das, was er fühlt, nicht Liebe, sondern Mitleid ist. Yoon-Soo war damals mit dem Regisseur Suk-Hyun zusammen, und als dieser vom Broadway zurückkommt, gibt es ein Wiedersehen zwischen den ehemals (?) Verliebten. Joon-Hee (der Hund) verliebt sich auf den ersten Blick in Han Hee-Joo, die Tochter des Vorstands. Joon-Hee nennt Hee-Joo aus irgendeinem Grund »Natasha«. Das muss man auch gar nicht hinterfragen, denn der Kerl hat sowieso nicht alle Latten am Zaun. Hee-Joo ist sehr ambitioniert und Gyu-Wons Rivalin, wenn es darum geht, wer die Hauptrolle beim Musical spielen soll. Der Liebe zwischen dem Protagonistenpärchen steht sie nicht wirklich im Weg. Später erfährt man, dass Gyu-Wons Vater Lee Sun-Ki und Lee Shins Mutter Song Ji-Young sich vor langer Zeit geliebt haben. Das Ganze wird glücklicherweise sehr unkompliziert angegangen. Liebe ist ja ohnehin schon kompliziert genug.

Auch wenn manche Dinge sehr komödiantisch dargestellt werden, z. B. wenn Lee Shins Schwester Lee Jung-Hyun mithilfe der Popularität ihres Bruders Geld von ihren Schulkolleginnen abzockt, ist diese Serie in gewisser Weise auch ein Familiendrama. Zu den bedrückendsten Momenten gehören die Szenen, wenn Lee Shin seinen wahren Vater Lee Hyun-Soo kennenlernt. Dieser war damals ein großartiger Gitarrist, der nun wegen einer Alkoholvergiftung im Krankenbett liegt. »Typisch Musiker«, könnte man meinen. Sieht man die beiden gemeinsam spielen, gehört das jedoch zu den herzerwärmendsten Szenen dieser Serie. Wenn es so etwas wie einen »Antagonisten« gibt, dann ist es sicherlich Gyu-Hons Großvater Lee Dong-Jin. Dieser gießt andauernd Öl ins Feuer und sorgt dafür, dass dieser ansonsten sehr positiven und fröhlichen Serie nie die Konflikte ausgehen. Er ist ein großer Name in der traditionellen Musikszene Südkoreas und möchte, dass seine Abkömmlinge in seine Fußstapfen treten. Was diese wollen, ist ihm völlig egal. Selbst wenn sie sich für Musik interessieren, ist er enttäuscht und wütend, wenn es sich dabei nicht um traditionelle koreanische Musik handelt. So hat er seinen eigenen Sohn, Shun-Ki, verstoßen, weil er die Frechheit besaß, sich mehr für das Piano zu interessieren. Er setzt seine ganze Hoffnung in Gyu-Won, die jedoch allerlei Kritik einstecken muss, als sie sich dazu entschließt, beim Musical mitzumachen. Dong-Jin ist aufgrund seiner geringen Eigenwahrnehmung aber auch eine wichtige Comedy-Figur. Er erzählt allen, die sich nur ein bisschen interessiert zeigen, seine Lebensgeschichte, und dabei fängt er immer mit seiner Geburt an. Die Willensschwachen geben auf, sobald Dong-Jin von seiner Kindheit erzählt. Die Willensstarken schaffen es bis zu den späten Teenager-Jahren. Don-Jins Erzählstil ist mehr als nur Selbstbeweihräucherung und grenzt schon fast an die Erschaffung einer neuen Bibel – mit ihm als Gott.

Dass das Musical eine genauso große Bedeutung einnimmt wie die Romanzen, könnte manche Zuseher vielleicht enttäuschen, ist vielleicht aber sogar nötig, um einen Ausgleich zum ganzen Liebesdrama zu finden. Und gefetzt wird ohnehin hier wie dort. Eine wichtige Figur ist dabei der talentierte Hyun Ki-Young. Er sieht gut aus und hat eine Stimme wie der nächste Justin Bieber [hier Superstar einfügen]. Nur leidet er unter Lampenfieber, und später rennt er sogar mit Krücken rum. Er hat so richtig die Kacke am Schuh kleben, und man hat das Gefühl, das kann nix werden. Doch bei den Proben zeigt er eine unglaubliche Leistung, und sollte er eine ähnliche Performance auch beim Main Event zeigen, wartet etwas Großes auf die Zuseher.

Was man aus dieser Serie mitnehmen kann:
  • Koreaner bezeichnen ihre Musik als K-Pop. Das muss dort so etwas Ähnliches sein wie hierorts Austro-Pop oder Deutschrock.
  • Koreaner sind in der Lage, das lateinische Alphabet zu benutzen. Ehrlich, dass der Typ, der »Wolfgang Amadeus Mozart« geschrieben hat, schöner schreiben kann als ich – ein Österreicher! –, das triggert mich gewaltig.
  • Die Koreaner benutzen denselben Music Player wie wir - zumindest denselben Player, den ich als Teenager verwendet habe. Diese Serie ist von 2011. Ist man hier nicht etwas hinter der Zeit?

Was man aus dieser Serie noch mitnehmen kann:
  • einen tollen blend aus Rom, Com und Musik. Ab Mitte der Serie scheinen die Liebesprobleme zwar eingefroren zu sein, und einer der Charaktere scheint mehr in ein Irrenhaus als in eine Fakultät zu gehören, doch auch diese bewussten Entscheidungen finden ihr Zielpublikum.
  • einen Soundtrack, den man sich bei Youtube speichern und den man sich bis an sein Lebensende anhören kann – idealerweise gemeinsam mit der Liebe seines Lebens …
Beitrag wurde zuletzt am 23.09.2023 17:00 geändert.
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Flower Boy Next Door

Avatar: Slaughtertrip#13
Sprache ist wichtig, und fehlerhafte Sprache kann einem alles versauen. Beispiel: Die Sub-Gruppe, die sich »Iutjib Kkotminam« angenommen hat. Hoffentlich schaffe ich es, das Geschehen in dieser Serie adäquat wiederzugeben, denn die Subs sind so unterirdisch, dass es mir schwergefallen ist, dem, was sich vor meinen Augen abgespielt hat, überhaupt zu folgen. Zuseher, die der deutschen Sprache nur mäßig mächtig (oder gar ohnmächtig) sind, merken vermutlich nicht, welche Gräueltaten bei der Übersetzung begangen wurden. Zuseher wie ich, die sich auf einem Imba-Level befinden, aber schon. Ich verfluche Gott für meine Gabe!

Dabei geht es gar nicht nur um falsch geschriebene Wörter. Es geht auch nicht darum, dass manchmal fast jedes einzelne Wort eines Satzes fehlerhaft ist. Es geht auch nicht um die falsche Verwendung von Kommata und den Wörtern »das« und »dass«. Es geht auch nicht darum, dass manche Redewendungen und Reime Lost in Translation sind, wofür die Sub-Gruppe eigentlich nichts kann – außer vielleicht eine bessere Lösung zu finden. Es geht auch nicht darum, dass manches durch eine miese Übersetzung unfreiwillig komisch wirkt oder dass einer der dramatischsten Szenen der gesamten Serie dadurch der Impact genommen wurde. Es geht auch nicht darum, dass manchen Sätzen der Sinn genommen wurde, sodass sie sich wie Binsenweisheiten anhören (#1, #2). Es geht auch nicht darum, dass aus unerfindlichen Gründen über den Planeten Plant aus »Dragon Ball« geredet wurde. Es geht auch nicht darum, dass man manchmal fehlerhafterweise auf Deutsch und Englisch gleichzeitig übersetzt hat. Es geht auch nicht darum, dass manche Sätze so schlecht übersetzt sind, dass ich bis heute den Sinn dahinter nicht verstehe. Es geht viel mehr um das Produkt (das Produkt, nicht die Summe!) von all diesen Dingen! Was lernen wir daraus? Schlechte Sprache ist nicht cool!

Im deutschen und englischen Sprachraum ist diese Serie unter »Flower Boy Next Door« bekannt. Bevor man also von den Subs verwirrt wird, wird man von dem Namen der Serie in die Irre geführt. »Next Door« kommt ja noch hin, aber einen »Flower Boy« sucht man hier vergeblich. Der Titel der Serie bezieht sich nämlich nicht auf das Geschehen innerhalb der Serie selbst, sondern auf einen Webtoon, der von einem Künstlerduo gezeichnet wird. Ein Deppen-Duo ist das ehrlicherweise nicht, denn nur der Linke im Bild, Oh Dong-Hoon, benimmt sich Banane. Der Rechte im Bild, Oh Jin-Rak, ist trotz Taschentücher in den Ohren sehr ernst und einer von zwei Jungs, die um die Gunst der Hauptfigur buhlen. Die Serie trägt noch einen anderen Namen, nämlich »My Cute Guys« als Synonym. Dieser Titel ist nicht nur unkreativ wie sonst was, sondern ebenfalls irreführend. Zum einen wird im Zuseher die falsche Erwartung geweckt, es handle sich bei dieser Serie um eine eher witzige und niedliche RomCom, bei der die Hauptfigur sich im Dauerzustand »von zwei süßen Jungs umgarnt« befindet. Wie gesagt, der eine Junge, Jin-Rak, gibt sich eher ernst und ist alles andere als süß. Der zweite Junge, Enrique Geum, ist praktisch das Gegenteil von Jin-Rak, aber von der Definition her auch nicht wirklich süß – eher pausenclownig. Er ist eine Art koreanisch-spanischer Paradiesvogel, der Videospiele entwickelt. Ein Traumjob. Warum bin ich nicht draufgekommen?! Enrique erinnert mich etwas an einen alten Schulkollegen von mir, der manchmal bei dudeliger Schottenmusik energiegeladen in den Klassenraum geplatzt ist. Auch in den Gesichtszügen sehe ich gewisse Ähnlichkeiten. Aber wie sagt man so schön: Jeder hat einen koreanischen Doppelgänger. Und einer davon ist böse …

Die Herzdame dieser Serie ist Go Dok-Mi. Sie wird als »Rapunzel, die aus ihrem Turm ausbrechen möchte« beschrieben. Das ist eine sehr blumige Bezeichnung für einen Shut-in. Dok-Mi wird gespielt von Park Shin-Hye, die man unter anderem aus dem Film »Shirano; Yeonaejojakdan« kennt. Fun Fact: In der ersten Episode hat Lee Jong-Hyuk, der in »Yeonaejojakdan: Shirano«, dem Spin-off zum Film, mitgespielt hat, einen Gastauftritt. So sieht man in dieser Serie also ein Treffen zweier Schauspieler, die beim selben Franchise, jedoch bei unterschiedlichen Werken mitgewirkt haben. Das ist fast so wie ein Treffen zwischen Spock und Jean-Luc Picard. Je~denfalls … Dok-Mi ist anfangs so, wie man sich einen typischen Hikikomori vorstellt: still, ängstlich … und vielleicht etwas auf der Stalking-Schiene unterwegs.

Wen Dok-Mi stalkt, ist ihr Nachbar vom gegenüberliegenden Gebäude: Han Tae-Joon. Eifrige RomCom-Gucker glauben sicher, bereits zu wissen, wie die Serie ablaufen wird: Ein Nebenbuhler taucht auf und Dok-Mi muss sich am Ende zwischen ihrer Liebe-auf-den-ersten-Blick und dem Nebenbuhler, der sich als ihre wahre Liebe herausstellt, entscheiden. Eben nicht, und für diese Abkehr des Regulären ziehe ich meinen Hut, denn credit where credit is due. Doch das bringt auch allerlei Probleme mit sich, denn es scheint fast so, als habe man sich nicht entscheiden können, ob Tae-Joon nun ein Nebencharakter oder gar ein Komparse sein soll. Er taucht ab und zu auf und die Relevanz dieser Auftritte liegt irgendwo zwischen null, nix und nada. Wie bei einer mehrteiligen RomCom üblich, gibt es mehrere Liebesgeschichten, und so hat auch Tae-Joon eine. Enriques erste Liebe Yoon Seo-Young ist in Tae-Joon verliebt. Was klingt wie ein kompliziertes Liebesdreieck, ist es in Wahrheit gar nicht. Seo-Young ist genauso langweilig wie Tae-Joon, und so passen die beiden auch irgendwie gut zusammen. Kim Jung-San, der Schauspieler von Tae-Joon, ist ein attraktiver Mann. Er hat aber die Ausstrahlung einer Kartoffel. Eine attraktive Kartoffel zwar, aber eine Kartoffel bleibt eine Kartoffel. Da wundert es auch nicht, dass er laut einer gewissen Filmdatenbank nur in neun Werken mitgewirkt und dabei meistens nur eine Support- oder eine Gastrolle übernommen hat. Der Kommentar eines Users besager Datenbank sagt eigentlich schon alles, nämlich dass Jung-San zwar gut aussieht, aber nicht den Durchbruch geschafft hat: »What happen to him? He like disappeared. He's a cutie […]«

Die Zacken des wahren komplizierten Liebesdreiecks bestehen aus Dok-Mi, Jin-Rak und Enrique. Obwohl Enrique eine wahnsinnig positive Ausstrahlung hat und Leben in die Hikikomori-Bude bringt, sind zumindest meine Sympathien eher beim Normalo Jin-Rak. Enrique ist derart energiegeladen, dass er fast wie ein Fremdkörper in diesem Liebesdrama wirkt. Wären da nicht der kleine Anteil an Comedy und weitere sich dümmlich benehmende Figuren, würde er das bestimmt tun. Man muss es der Serie jedoch positiv anrechnen, dass man sich bis zum Schluss nicht sicher sein kann, für wen der beiden Dok-Mi sich entscheiden wird. Der fröhlich-lustige Enrique ist bei den Zusehern vermutlich ähnlich beliebt wie der bodenständige Jin-Rak. Dok-Mi verbringt mit Enrique zwar mehr Zeit als mit Jin-Rak, aber mehr als ein Anhaltspunkt dafür, wie Dok-Mi sich am Ende entscheiden wird, ist das nicht. Ich jedenfalls lag falsch mit meiner Vermutung, von welchem Prinzen Rapunzel aus dem Turm befreit wird. Die Beziehung zwischen Jin-Rak und Enrique ist so einfach, wie sie kompliziert ist. Mal sind die beiden die typischen Liebesrivalen, die sich auf einen Kampf vorbereiten zu scheinen, mal sind sie lovey-dovey und scheinen BFFs zu sein, und mal tragen sie tatsächlich einen Kampf aus. Dass die beiden nicht gut miteinander auskommen, scheint vom Schicksal vorherbestimmt zu sein, denn Jin-Rak ist ein Fan von Real Madrid und Enrique Eum vom FC Barcelona.

Wenn diese Serie Verbesserungsbedarf hat, dann vermutlich bei den Beziehungen der Figuren zueinander. Wie bereits angesprochen, ist Tae-Joon x Seo-Young ein absoluter Gähner. Das liegt mitunter daran, dass sich nie genug Zeit genommen wurde, den Zuseher mit den Figuren vertraut zu machen. Die Figuren tauchen auf, man erfährt, in wen sie verliebt sind, aber nicht, warum sie in diese Person verliebt sind. Man versteht ihre Gefühle nicht, und weil man sie nur oberflächlich mit dem Zuseher bekannt gemacht hat, ist es diesem auch relativ egal, wenn sie mal einen Korb bekommen. Bei dieser RomCom muss man jedenfalls nicht befürchten, Tränen zu vergießen.

Relativ bald taucht mit Cha Do-Hwi eine Tussi allerhöchster Güte auf. Sie ist in dieser Serie ungefähr das, was Baek In-Ha in »Cheese in the Trap« ist, nur in weniger lustig. Sie trägt immer Pelzmäntel in allen Farben – manchmal in rosa, manchmal in blau, und manchmal sieht sie aus wie ein Eis, das nur zur Hälfte Geschmack aufweist. Do-Hwi möchte aus geschächtlichen Gründen eine der Wohnungen im Apartmentkomplex, der Dreh- und Angelpunkt dieser Serie ist, mieten. Sie ist eine alte Freundin von Dok-Mi, die zur Feindin mutiert ist. Es ist die typische Geschichte von der Liebe zum Lehrer. Mädchen A mag den Lehrer, Mädchen B versteht sich besser mit dem Lehrer, es kommt zu einem Skandal, der bei Mädchen B eine psychische Störung auslöst und sie zum Hikikomori macht … die alte Leier halt. Do-Hwi ist auch so etwas wie ein halber Love Rival, denn sie hat Gefallen an Jin-Rak gefunden. Jin-Rak zeigt sich aber mehr genervt von Do-Hwi oder ignoriert sie komplett, weshalb sie keine Gefahr für Dok-Mi darstellt. Es ist übrigens eine sehr oberflächliche »Liebe«, da sie nur an Jin-Raks Aussehen interessiert ist. Do-Hwi x Jin-Rak ist deshalb eine genauso ermüdende Liebesgeschichte wie Tae-Joon x Seo-Young, nur dass der Zuseher dieses Mal weiß, woher das Interesse stammt: von ihren sexuellen Trieben.

Eigentlich sind die Bewohner des Apartmentkomplexes ein ziemlich bunter Haufen. Schade nur, dass es schwerfällt, eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Watanabe Ryu beispielsweise ist ein japanischer Koch, der um die Welt reist, um sich kulinarisch weiterzuentwickeln. Er macht Halt in Korea, um zu lernen, wie man die Spezialitäten dieses Landes zubereitet. (Keine Ahnung, was in diesem Land so alles gegessen wird …) Er taucht eigentlich nur dann auf, wenn es was zu essen gibt, und seine ganze Persönlichkeit scheint auf ein anbiederndes Lächeln und seine Passion zu kochen reduziert zu sein. Ab und an tauchen auch noch die wenigen älteren Bewohner des Gebäudes auf. Bei mir ist das übrigens umgekehrt. Ich wohne im höchsten Gebäude meiner Kleinstadt und bin mit meinen 35 Jahren der Zweit- oder Drittjüngste im Haus. Die anderen sind so alt, dass sie jederzeit umfallen könnten. Das trifft übrigens auf 40 % der Gesamtbevölkerung meiner Stadt zu. Hong Soon-Cheol ist der Hausmeister des Gebäudes und immer dann anzutreffen, wenn es einigermaßen lustig wird. Jeong Im ist die Vermieterin. Es wundert nicht, dass Soon-Cheol bei Jeong Im anbandeln möchte, denn immerhin hat er das »Pech«, in einem Haus zu wohnen, in dem fast nur attraktive, junge Leute rumhüpfen. Gott, ich hasse diese Stadt … Wer gespoilert werden möchte: Am Ende stellt sich heraus, dass Jeong Im nicht die Vermieterin ist, sondern nur eine gewöhnliche Bewohnerin. Der wahre Vermieter ist Soon-Cheol.

Sucht man das klassische Trottel-Trio, wird man auch hier fündig. Zwei davon sind zwar keine wirklichen Trottel, aber wenn man ein Trottel-Trio als drei Leute, die für die Comedy zuständig sind, begreift, dann sind Jin-Rak, Enrique und Dong-Hoon das zumindest in dieser Szene.

Für einen Großteil der Comedy ist übrigens Kim Seul-Gi zuständig, welche die völlig überarbeitete Webtoon-Redakteurin von Jin-Rak und Dong-Hoon portraitiert. Seul-Gi kennt man unter anderem aus »Ingyeogongju«, wo sie ebenfalls eine ziemlich irre Tante gespielt hat. Das scheint ihre Paraderolle zu sein. So ähnlich wie Ben Stiller und Adam Sandler fast immer denselben Charakter spielen.

Eine (koreanische?) Eigenheit in dieser Serie ist, dass es zu regelmäßigen Versammlungen des Mieterverbandes und zu »Demonstrationen« kommt, da die Wohnnebenkosten viel zu hoch sind. Dabei trifft man sich in einer improvisiert eingerichteten Baracke, die nicht mehr oder weniger nach Zweitem Weltkrieg aussieht als die genauso improvisiert eingerichtete Lagerhalle, in der ich vor zwei Jahren meine Corona-Impfung bekommen habe. Das Eigenartigste an dieser Serie ist aber, dass zum Veröffentlichungszeitraum vor zehn Jahren anscheinend Ellbogenflicken in Mode waren. Diese nutzlosen, hässlichen Fetzen, die einen gleich um ein paar Jahre älter machen und einem jeglicher Coolness, die man im Laufe der Zeit angesammelt hat, berauben, gehören höchstens noch in ein Museum oder auf eine Bad-Taste-Party.

Technisch gibt es nicht viel zu sagen, da man sich in diesem Bereich nur auf das Nötigste beschränkt bzw. das Glück hat, sich aufgrund des RomCom-Genres nur auf das Nötigste beschränken zu müssen. Musikalisch borgt auch diese Korea-Serie sich einen OST aus »Rocky« aus, nur dieses Mal nicht »Eye of the Tiger«, sondern die klassische Rocky Theme, als nach Adrian Yoo Dong-Hoon gebrüllt wird.

Fazit:
Ich sehe mir nie wieder eine Serie von dieser Sub-Gruppe an.
Beitrag wurde zuletzt am 03.09.2023 14:59 geändert.
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One Piece

Avatar: Lpark
V.I.P.
#14
„One Piece“ ist ein absolut monumentaler Manga und Anime. Ich habe mittlerweile zum aktuellen Kapitel aufgeschlossen und bin dankbar in einer Zeit zu leben, in der man diesem Meisterwerk beiwohnen darf. Das Original ist eine Geschichte, die von ihrer Länge lebt und sich unter anderem außerordentlich viel Zeit bei der Ausarbeitung der Charaktere lässt. Kaum vorstellbar, dass eine Live-Action-Adaption es auch nur annähernd hinbekommen kann, ein ähnliches Feeling zu erzeugen, oder? Außerdem müsste die abgedrehte Welt mit ihren Teufelsfrüchten und schrägen Figuren praktisch unmöglich abseits von Zeichentrick zu reproduzieren sein. Ja, ich bin genauso erstaunt wie wohl die meisten, dass man diese Adaption als gelungen bezeichnen kann.

Natürlich bleiben ein paar Dinge, vor denen man sich als Fan der Serie fürchtet, nicht komplett aus, aber das Grundgerüst ist da. Genug um „One Piece“ angemessen zu repräsentieren. Von der Vorlage wird zwar abgewichen und die ein oder andere Abkürzung wird gewählt. Aber das war zu erwarten und ist hier überwiegend mit Sinn und Verstand vollzogen. Die Änderungen sind von einer Natur, die das größere Bild im Grunde erhalten. Die Idee, Charaktere wie Koby, Garp oder Buggy eine etwas größere Rolle einnehmen zu lassen, finde ich sogar gut. Schließlich sind all das auch essenzielle Figuren der Handlung. Insbesondere an Buggy hatte ich einen Heidenspaß. Garp ist für mein Empfinden manchmal auf Messers Schneide dazu Out Of Character zu gehen, aber so richtig grobe Schnitzer sind es mit ihm auch wieder nicht. Die Strohhüte sind insgesamt sehr gut getroffen. Nami und Luffy mögen nicht perfekt deckungsgleich mit dem Original sein, aber doch nah genug dran, dass man sie gerne beobachtet. Luffy wurde ein wenig poliert um besser in das Bild eines Helden zu passen. Das mag nun stumpf klingen, aber hier und da macht er sich einfach mehr Gedanken als im Manga. Insgesamt bringt er die Mischung aus ulkig und ernst aber doch solide rüber. Nami ist etwas schneller dicke mit der Crew als man es kannte, aber spielt ihre Rolle als einzige Stimme der Vernunft im Chaos, doch sehr gut. Was die anderen Strohhüte angeht habe ich tatsächlich gar nichts zu beanstanden. Usopp, Sanji und Zorro passen wie die Faust aufs Auge.

Betrachtet man die Einschnitte, die bei der Handlung vorgenommen wurden, gefällt mir der Ablauf im Original natürlich besser. Hier und da wurden Nebencharaktere verschluckt, die man gerne gesehen hätte. Um Don Krieg ists nicht schade, aber Hachi, Jango oder Captain Usopps Crew fehlen etwas. Das Setting um Usopps Heimat wurde generell vielleicht am stärksten in Mitleidenschaft gezogen. Hier gibt es für mich insgesamt die schwächste Phase, trotzdem ist es nun auch wieder nicht ganz schrecklich. Es sind im Endeffekt Opfer, die eine solch gekürzte Variante erbringen muss. Was mir sehr gefällt ist, dass quasi alle Schlüsselmomente vorhanden sind, teilweise sogar akribisch nah an der Vorlage. Den Hintergrundgeschichten der Strohhüte wurde Gott sei Dank treu geblieben. Das ist eine essenzielle Sache, die dazu führt, dass man auch in dieser Adaption mit Emotion dabei sein kann. Es ist eben ein großer Teil von dem, was „One Piece“ ausmacht.

Action-Szenen sind überwiegend solide gemacht. Sanji und Zorro haben gut gefetzt. Luffy ist hier ein bisschen das Problemkind, was von Anfang an klar war. Es ist schwer, seine Fähigkeiten gut auf Live-Action zu übertragen und teils prügelt er eben etwas weniger „frei“. Dadurch wirkt er insgesamt leider auch etwas schwächer als er ist. Trotzdem wurde sich darum bemüht, möglichst viele seiner abgedrehten Attacken zumindest einmal unterzubringen. Generell strengt sich diese Umsetzung dabei an, trotz vorhandener Änderungen in der Handlung, möglichst viele Details aus dem Original zu übernehmen. Ich weiß die vielen, bunten, authentischen Outfits zu schätzen, die sich trauen die Weirdness des Mangas auszuleben. Auch das eine oder andere Easter Egg, welches man nur checkt, wenn Netflix nicht der erste Kontakt mit „One Piece“ ist, ist vorhanden.

Man merkt, dass ein fettes Budget in diese Umsetzung geflossen ist. Die Schauplätze sind insgesamt gelungen. Die vor Leben nur so sprudelnde Baratie ist so ein Punkt, der für mich sogar cooler ist als im Original. Ebenso sind die Schauspieler extrem gut gecastet. Buggy, Sanji und Zorro stachen für mich positiv heraus, sind aber keine Ausnahme. Der Cast ist einer perfekten Wahl sehr nahe. Dazu haben sogar die Originalsprecher des Animes die deutsche Synchronisation beigetragen und vollends abgeliefert. Was zu Guter Letzt den Soundtrack angeht liebte ich es übrigens übertrieben, dass Aurora das Titellied beisteuern durfte, da sie eine meiner Lieblingskünstlerinnen ist. Definitiv eine tolle Überraschung.

Insgesamt hat mich diese Netflix-Produktion extrem positiv überrascht, vor allem da die Erwartungen dank vieler schlechter Erfahrungen mit Live-Action-Adaptionen sehr niedrig waren. Tatsächlich kann man diese Umsetzung als Ganzes nur empfehlen. Für Fans des Originals ist es ein schönes Schmankerl. Ich kann mir aber auch durchaus vorstellen, dass neue Leute von dieser Umsetzung angefixt werden können, dem Manga oder Anime eine Chance zu geben. Dabei sollte man aber definitiv von Episode/Chapter 1 aus starten und nicht etwa denken, man könne durch diese Live-Action-Version die ersten 50 Episoden ersetzen. Was mich angeht, sagt das Datum meines Reviews schon viel. Mir hat diese Adaption richtig gebockt, sonst hätte ich sie nicht an einem Tag durchsuchten können. Es dürfen gerne auch weitere Staffeln kommen, wobei es mit jeder Episode schwerer werden wird, gescheit abzuliefern, da die Spezialeffekte irgendwann komplett eskalieren müssten. Bis dahin kann man den ersten 8 Episoden aber applaudieren und sich als „One Piece“-Fan freuen, dass das, was mit diesem Namen auf Netflix kursiert, einem nicht peinlich sein muss.
Beitrag wurde zuletzt am 31.08.2023 22:17 geändert.
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Drive My Car

Avatar: Lebbo
V.I.P.
#15
Im Sommer 2021 begann alles. In jenem Sommer begann der triumphale Ritt des japanischen Films "Drive My Car" von Regisseur Ryūsuke Hamaguchi – auch wenn der Film damals in seiner Uraufführung bei den Filmfestspielen in Cannes noch nicht den ganz großen Gewinn der "Goldenen Palme" feiern durfte. Aber ab dem Zeitpunkt war klar, dass der Film noch größere Wellen schlagen würde und einige Monate später war es so weit: Oscarnominierung! Als bester internationaler Film nominiert zu werden, war schon längst keine Überraschung mehr und damit wurde der Film letztlich dann auch im März 2022 ausgezeichnet, aber dass der Film dann auch als bestes adaptiertes Drehbuch, für die beste Regie und als bester Film nominiert wurde: ein Paukenschlag!
Und irgendwann zwischen diesen beiden Preisverleihungen habe auch ich den Film gesehen. Als ich zwar schon wusste, dass das hier mehr als "nur" eine hochstilisierte Verfilmung zweier Kurzgeschichten von Haruki Murakami sein werden würde, aber ich noch nicht ahnte, welch ein Meisterwerk es hier zu bestaunen gäbe. Es war also Weihnachtszeit in Deutschland und es hätte keinen besseren Zeitpunkt geben können. Zum Ende eines Jahres, wenn man etwas mehr in sich kehrt und auch über ein paar Dinge gerne mal etwas länger nachdenkt. Denn genau das tut der Film: Er lässt einen auch über sich selbst nachdenken und es wirkt noch lange nach.

Schon alleine der Titel "Drive My Car" ist meisterhaft gewählt. Beschreibt dieser nicht nur die spätere Handlung und die Beziehung zwischen den beiden Hauptcharakteren im zweiten Akt treffend in einem Satz, so steht es auch für das zentrale verbindende Element im Film: das Auto. Das mag etwas ungewöhnlich klingen, aber schon in der ersten Szene sehen wir ein Streitgespräch zwischen zwei Ehepartnern in einem Auto. Durch einen tragischen Schicksalschlag endet der erste längere Akt jedoch und es kommt dazu, dass daraufhin eine junge Frau den bereits bekannten Hauptcharakter in seiner Funktion als Theaterregisseur regelmäßig zu seiner Arbeit in seinem eigenen Auto fahren soll. Viel wird dann auch auf die Arbeit des Regisseurs und den Irrungen und Wirrungen einer jungen Schauspielerriege eingegangen. Die Arbeit ist kräftezehrend und fordert von allen Beteiligten jede Menge Hingabe und es wirkt teilweise dann schon fast etwas zu künstlerisch abgehoben, wenn man sich in mehreren verschiedenen Sprachen minutenlang an einer Szene abarbeitet. Auch die Inszenierung des Stücks und die Beziehung zwischen den Schauspielern ist wild, laut und jeder hat seine ganz eigenen Probleme. Aber dann gibt es immer diesen einen Ort der Begegnung - die Fahrt zur und von der Arbeit in diesem roten Saab 900.

In dem FIlm geht es um Sprache – um verbale aber auch nonverbale. Wenn bei der Inszenierung des Theaterstücks die Wucht der Lautstärke herrscht, so ist im Auto auch mal Schweigen und Stille. Das Auto dient als ein abgeschlossener und dann auch irgendwann vertrauter Raum, in dem sich zwei zunächst fremde und verschlossene Menschen immer mehr annähern. Sie erzählen sich gegenseitig aus ihren vergangenen Leben und erinnern sich zurück – oft auch ohne miteinander zu sprechen. Dass diese beiden Leben nicht eine kerzengerade Strecke abbilden, wird schnell klar. Bei einem der beiden Figuren sind wir schon eine Weile Begleiter auf seiner Irrfahrt, bei der anderen Figur bröckelt die Fassade dann auch immer mehr und am Ende hatte ich mich gefragt, wie das alles so selbstverständlich kam. Wie hat der Regisseur es geschafft, diese Verbindung so natürlich und Stück für Stück aufzubauen? Ohne dass ich es gemerkt habe, war da eine so starke Verbindung zwischen den Charakteren aber auch bei mir. Ohne die Figuren in eine Richtung zu lenken oder die Handlung sehr ruckartig voranzutreiben. Es passierte wie das Leben: Einfach so und völlig natürlich. Und das ist für mich das größte Kunststück des Regisseur und macht "Drive My Car" auch u einem Meisterwerk. Denn der Film nimmt sich Zeit. Zeit für seine Figuren und deren Entwicklung. Der Regisseur rast hier nicht durch die Handlung wie auf einer Autobahn, sondern kehrt auch immer wieder für eine Rast ein. Zum Durchatmen, zum Reflektieren und er gibt auch die ruhigen Momente, damit die Charaktere Zeit haben, sich und anderen Menschen zu vergeben. Denn auch das ist ein zentrales Thema des Film: das Loslassen. Das Eingestehen von Fehlern und sich auch gegenseitig Trost spenden, um die eigenen Fehler auch erträglicher zu machen.

Bei all diesen Zeilen ist klar: Es ist ein komplexer und durchaus anspruchsvoller Film. Nicht nur aufgrund der Vorlage und einer Inszenierung eines Theaterstück. Auch die Beziehungen der Figuren sind hochkomplex und erfordern schon auch etwas Geduld. Aber der Regisseur schafft es, behutsam mit seinen Figuren und auch der Handlung, die darum gesponnen wird, umzugehen. Das schafft er auch mit den langen ruhigen Kamerafahrten und immer wiederkehrenden Kameraeinstellungen, wenn man die beiden im Wechselspiel im Auto beobachten kann. Man sieht die Landschaft außerhalb des Autos an einem vorbeifliegen oder auch mal den rotleuchtenden Saab inmitten einer wuselnden Stadt, an der Küste oder vorbei an tollen Landschaften. Der Soundtrack, der dabei läuft und genauso zurückhaltend ist wie die Hauptdarstellerin, untermalt die Stimmung ebenso hervorragend. Und dann muss ich hier gar nicht mehr groß darauf eingehen, dass auch die Schauspieler allesamt toll waren. Nicht nur die Darsteller des Theaterstücks, sondern allen voran die beiden Hauptcharaktere, die nicht unbedingt die großen Sympathieträger sind, aber immer mehr zu solchen werden.
Wer also auch mal einen anspruchsvollen, nachdenklichen, emotionalen, stillen Film aus Japan sehen möchte, der auch weltweit für großen Aufsehen gesorgt hat und sicher auch seinen Platz als eine der erfolgreichsten japanischen Filme aller Zeiten haben wird, der sollte hier in das Auto steigen und sich anschnallen!
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