»Aa! Megami-sama!« ist ein Anime, wo man einiges hat und wenig passiert.
Aber daß hier wenig passiert, stört mich gar nicht so. Weit mehr nervt hier, auf welche Art hier wenig passiert. Am meisten aber nervt, wie mittels Comedy versucht wird, Situtationen aller Art in klebrigen Morast zu reiten. Mittels idiotischer Comedy, mittels billiger "Deus ex machina"-Momente (also ebenfalls Comedy), mittels unglaublich bescheuertem Verhalten praktisch aller Charaktere und vor allem mittels derart halbverwester, stereotyper Elemente, daß man sie nicht mal mit Handschuhen und spitzen Fingern anfassen möchte.
RomCom steht in der Kategorie "Hauptgenre", aber das
Rom kann man getrost streichen und die
Com ist eine lieblose Ansammlung notorisch überdrehten Slapsticks und Comedy aus der Restekiste. Mein voller Ernst: ohne diese permanent peinliche Comedy wäre die Serie erheblich lustiger!
Wenn also keine nenneswerte
Rom vorhanden ist und
Com eher von zweifelhafter Qualität, wozu sollte man sich das also anschauen? Ganz einfach: wegen der Charaktere. Man muss ein wenig genauer hinschauen, aber es gibt tatsächlich Charakterentwicklung. Bei unserem Hauptpärchen immerhin während der letzten paar Folgen. Und am Ende wirkt Keiichi spürbar erwachsener als ganz zu Anfang. Aber auch wegen der anderen Figuren. Auch wenn man es teilsweise vergeigt und sie immer wieder, auch nach Szenen, aus denen sie was gelernt haben müssten, in eine Art Standardverhalten zurückfallen.
Das betrifft nicht nur die
Deppen vom Club, die hier nix anderes als das etatmäßige Comic-relief-Duo abgeben, das betrifft vor allem Skuld
(links im Bild). Das liebste Lächeln der Welt, und dann so eine vermurkste Verhaltensweise, als würde, ähnlich wie bei ihrem Robot, einfach der Stecker gezogen, und schon ist alles Erlernte weg. Und der Rest auf die Default-Einstellungen zurückgesetzt. Immerhin agiert Urd da zurechnungsfähiger, obwohl auch sie so ihre Marotten hat.
Natürlich sind die meisten Charaktere wie aus dem Lego-Baukasten und agieren oft auch so, was bei dieser Sorte Anime aber keine große Überraschung darstellt. Und doch gibt es eine Handvoll Personen, die nachvollziehbare Reaktionen zeigen und sich tatsächlich so verhalten, als hätten sie nicht nur Stroh im Kopf.
Das, was mir aber am meisten gegen den Strich ging, war die generelle konzeptionelle Widersprüchlichkeit. Die vor allem dann einsetzt, wenn dramatischste Situationen mit Comedy aufgelöst oder zumindest ausgeschmückt werden sollen. Also wenn Realitätsbezug jeglicher Art der Komik und dem Gag geopfert werden. Das passiert ja nicht nur ein paar mal, das ist gewissermaßen das Gesamtkonzept des Animes. Und damit schießt er sich selbst ins Knie. Eigentlich in beide.
Anfangs weiß man ja noch nicht so recht, ob man's mit Idioten zu tun hat oder mit Vollidioten.
Keiichi versucht ein Date mit seinem Schwarm Sayoko, steht aber hilflos in der Gegend rum wie einstens Wigald Boning. Was hat ihn geritten, so rumzurennen, das Design seiner Klamotten geht ja bestenfalls als Pyjama durch! Zu den üblichen Inkonsistenzen, die sich beim Versuch eines Realitätsabgleichs einstellen, zählen beispielsweise –
- daß sich Keiichi um Belldandys Erscheinungsbild und ihren Magiegebrauch in der Öffentlichkeit sorgt. Daß sie aber bunte Flecken im Gesicht hat, scheint weniger ein Problem zu sein. (Bei Skuld könnte man ja grad noch so blaue Pflaster vermuten.)
- der Umstand, daß sie angeblich seine Gedanken lesen kann. Denn dafür steht sie manchmal gehörig auf dem Schlauch. (Ja, die näheren Bedingungen dafür werden erklärt, trotzdem reißt es so manches Plothole auf.)
- so einige Merkwürdigkeiten im Verhalten. Seit wann rennt Belldandy zu allerhand fremden Leuten, ohne sich anständig vorzustellen und zu verabschieden?
- daß etwa 80% des Textes auf innere Monologe entfallen. Natürlich entsprechend angefüllt mit Gedanken und Sätzen der denkbar dämlichsten Art. Sonst wär's ja auch nicht lustig.
Das ist alles so dermaßen offensichtlich auf Comedy getrimmt, und
nur auf Comedy, es ist zum Mäusemelken! Das ist nicht nur primitiv, es beleidigt den Zuschauer.
Bleiben noch die unvermeidlichen Vergleiche zur OVA von 1993 und zum Film. Das Charakterdesign ist
anders, also eher wie im Film, aber nicht unbedingt
besser. Bzw. nicht
ausdrucksvoller. Vielleicht bilde ich mir das nur ein, aber ich hatte das Gefühl, daß das gegen Ende der Serie besser wird. Punktuell wird auch zu CGI gegriffen, und nein, es gehört nicht direkt zu den Glanzpunkten des Animes.
Gegenüber der früheren OVA verfolgt man hier eine andere, ausführlichere Linie, was der Story und vor allem der Entfaltung einer erzählerischen Linie gut bekommt. Oft genug geschieht dies jedoch zu dem Zweck, endlose Mengen von Slapstick unterzubringen. Das erleichtert zwar grundsätzlich die Animation, weil es nicht so sehr auf Details ankommt, und manchmal ist er sogar lustig. Lustige Comedy wird meist mit exotischen Musikschnipseln unterlegt. Gerne südamerikanisch.
Überhaupt die Musik: man kapriziert sich oft auf das, was man in Japan für exotisch hält. Das schlägt sich oft nieder in französischer Musette, Samba-Percussion oder eben dem Opening im Celtic-Stil. Die Filmmusik selbst jedoch ist bemerkenswert! Ja, das ist großartige, dramatische Musik in sehr abwechslungsreichem Stil und von sicherer Hand orchestriert. Der genialen Hand von
Shirou Hamaguchi, der auch schon für den Film zuständig war.
Dennoch hat die Serie auch viel gute Seiten und einige herzige Momente, wo man auch entsprechend mitfühlen kann. Sora Hasegawa zum Beispiel (
hier rechts im Bild) als wandelnder Minderwertigkeitskomplex. Das war absolut nachvollziehbar, und auch die Hilfestellungen, die sie von den anderen erfahren hat, waren einigermaßen plausibel und nicht völlig aus der Luft gegriffen.
Deshalb sollte man insgesamt vielleicht auch nicht gar so krittelig sein (schimpfen ist immer einfacher als loben), und somit großherzig ignorieren, daß diese Serie bei den Beinahe-Kuss-Szenen spielend einen neuen Dämlichkeitsgrad errungen hat. Vielmehr sollte man sich der positiven Seiten bewusst sein, z.B. daß es weder Ecchi noch Fanservice gibt, obwohl man doch extra ins Onsen und an den Strand geht!
Die OVA, um das nochmals aufzugreifen, ist zwar in sich geschlossener, aber in manchen Punkten eben auch zu fragmentarisch. Man verkneift sich manche der peinlichen Comedy-Einlagen bzw. hält sich generell etwas zurück, aber auf Kosten des inneren Zusammenhalts und manchmal der Logik des Geschehens. Die Serie bringt da mehr Linie rein (auch wenn fast alles episodisch abläuft), hat aber dafür eben diese unsägliche Comedy mit im Boot. Dennoch würde ich eher der OVA den Vorzug geben. Auch wenn es dann weniger
Megumi gibt.
Denn das Schwesterchen von Keiichi ist schon ein patentes Mädel. Praktisch die einzige, die sich vernünftig und zurechnungsfähig verhält. Schön, daß es in der Serie mehr von ihr zu sehen gibt.
Beitrag wurde zuletzt am 27.05.2022 23:55 geändert.