Es ist irgendwie ironisch, dass die beiden Animes, die mich am meisten interessierten dieses Jahr ausgerechnet auf dem selben Programmplatz liefen - löst Gundam 00 doch hier Terra e ab.
Schade ist allerdings, das dieser Anime an so vielen unbemerkt vorbeigezogen ist, denn wirklich gute Science Fiction ist selten und dazu zählt für mich Terra. Warum?
StoryZu der Story kann ich nicht viel sagen, ohne das Review hier mit Spoilertags zu pflastern - große und wirklich überraschende Plottwists gibt es zwar kaum bis gar nicht, aber ein großer Teil des Settings lebt davon, dass es sich im Laufe der Serie entfaltet.
Das darf man jedoch nicht falsch verstehen. Hier wird man nicht mitten in eine Handlung hineingeworfen um nach 12 Folgen (hoffentlich) mal zu verstehen worum es geht, wie es so manche Animes praktizieren. Terra erzählt dem Zuschauer an einem bestimmten Punkt so viel, wie er wissen muss um die Handlung zu verstehen - man wird zu keinem Zeitpunkt mit Hintergrundwissen überladen oder im Regen mit einem Puzzle stehen gelassen.
Gewöhnungsbedürftig hingegen (und hier auch schon kritisiert) ist der Spannungsverlauf des Plots. Es gibt keinen übergeordneten Spannungsbogen, sondern diverse Subplots mit einem eigenen Verlauf. So konzentriert sich die Story bis folge 8 auf Jomy Marquis Shin, macht dann einen Sprung von einigen Jahren und konzentriert sich dann auf Keith Anian. Nach einigen Folgen kommt wieder ein Schnitt, ein Sprung von einigen Jahren und es dreht sich wieder um Jomy.
Allerdings sind diese einzelnen Plotsegmente nicht voneinander abgekoppelt sondern haben kleinere Verbindungen (so gibt es im ersten Keith-Plot eine Folge, in der eine Nachricht von Jomy empfangen wird) und verschmelzen dann schliesslich im letzten Viertel der Serie.
Über das Ende kann man streiten, ich fand gelungen und vor allem erfrischend, endlich mal wieder einen Anime zu sehen, der ein klares Ende hatte und nicht noch die Hoffnung auf ein Sequel mit sich trug und einem mit offenem Ende im Regen stehen ließ.
Das Ende hat darüber hinaus einen sehr symbolischen Charakter. Die Konfrontation zwischen Menschen und Mu ist vorbei, die Generation, die diesen Konflikt getragen hat übergibt ihre Verantwortung und Hoffnungen an die nächste Generation (was ja besonders deutlich wird, als Jomy den Soldierreif an Tony übergibt) und räumt das Feld.
Und ich sehe Charaktere, die mir ans Herz gewachsen sind lieber mit einem Knall abtreten, als irgendwo auf einer Farm in Rente gehen ;)
CharaktereEin weiterer großer Pluspunkt dieser Serie ist, dass alle Hauptcharaktere im Laufe der Handlung wachsen und sich auf eine glaubhafte und konsequente Art und Weise weiterentwickeln. Jomy wird aus seinem gewohnten, fest durchgeplanten Leben gerissen und findet sich plötzlich auf der anderen Seite wieder. Statt dies nun nach heiterem Himmel zu akzeptieren oder den Rest der Serie daran zu verzweifeln (beides habe ich schon zu oft in Serien sehen müssen) kämpft er gegen seine neue Rolle, lernt sie aber schließlich auf glaubwürdige Weise zu akzeptieren und wächst an ihr. Ebenso Keith, der auch gezwungen ist, sein Weltbild neu zu ordnen und eigene Entscheidungen zu treffen.
Auch wenn diese beiden Charaktere eine ähnliche Entwicklung durchmachen, so unterschiedlich ist doch das Resultat und der Charakter dahinter. Platte, seelenlose Archetypen findet man hier kaum.
Aber auch die anderen Charaktere wie Sam, Swena, Physis, Blue, Seki etc. haben einen stimmigen Hintergrund und eine ansprechende Entwicklung innerhalb einer Serie, die mit 24 Folgen vergleichsweise kurz ist. Natürlich gibt es viele Charaktere, die man kaum kennenlernt oder schlicht Kanonenfutter sind. Das fällt jedoch weniger störend auf als anderswo.
AnimationDie Animation ist gelungen, wenn auch nicht spitzenmässig. Vielen CGI-Animationen sieht man leider an, dass sie CGI-Animationen sind und das Charakterdesign wirkt sehr altbacken - was jedoch nicht verwundert wenn man bedenkt, wie alt der ursprüngliche Manga ist, an dem man sich hier orientiert. Wirklich störend fällt dies jedoch nicht auf.
Positiv hingegen ist, dass das Charakterdesign nicht einfallslos ist. Recyclingszenen sind mir nicht aufgefallen und die Visual Effects sind überzeugend und wirken modern. Gerade das Setting ist mit viel Liebe zum Detail entwickelt: Das Schiff der Mu wirkt ebenso ungewöhnlich wie die anderen Orte, nirgends wirkt es steril und kopiert, wie es in Science Fiction Serien leider oft der Fall ist.
SoundDer Soundtrack ist erstklassig, passt zu den entsprechenden Szenen und glänzt sowohl durch bombastische Orchesterstücke mit Choreinsatz als auch ruhigen, beschaulichen Melodien. Leider ist er recht kurz ausgefallen, weshalb man manche Stücke öfter als einmal hört. Das liegt jedoch noch unter der Schmerzgrenze. Das OP und ED ist ... naja. Wie gewohnt passt es nicht zum restlichen Soundtrack und ist J-Pop. Wers mag. Ich habe gelernt damit zu leben
Die Seiyuu liefern gute Arbeit ab, aber niemand davon ist mir sonderlich im Gedächtnis geblieben. Solide Handwerksarbeit, aber nichts, was aus den Socken haut
Für wen?Wer Science Fiction etwas abgewinnen kann und/oder.episch erzählte Geschichten mag, der sollte diesem Anime definitiv eine Chance geben oder verpasst eines der wirklichen Highlights dieses Jahres.