AsaneRedakteur
#1Die Legende von Kintarou ist in Japan recht populär und dort im Alltagsleben präsent. Es gibt haufenweise Souvenirs, Devotionalien, Werbeartikel und ähnlichen Krimskrams mit seinem Konterfei – und natürlich ist er auch in Kunst und Kitsch präsent, in Mangas und Animes sowieso.
Bevor man mit dieser OVA sich anfreunden will, sollte man über den kulturgeschichtlichen Hintergrund Bescheid wissen. Also entweder Otogizoushi gesehen haben oder wahlweise Wikipedia befragen. Dann weiß man also, daß Kintarou im Grunde ein eher unangenehmer Geselle war, ein unter mysteriösen Umständen gezeugter und aufgewachsener Kraftprotz mit ganz eigenem Charme und Charakter. Man könnte auch sagen, ein grenzwertig asoziales Arschloch, bei dem jeder, der ihm blöd kommt, eins aufs Maul kriegt. Also nicht ganz unähnlich unserem Siegfried aus der Nibelungensage.
Wenn man das alles weiß, kann es sein, daß man bei diesem Anime trotzdem dasteht wie der Ochs vorm Berg und rein garnix blickt. Damit aber ist man dann, wie der Blick über die Grenzen von Anisearch zeigt, in guter Gesellschaft. Denn zum einen schreibt diese OVA die Geschichte um: Aus Kintoki – so sein späterer Name – wird ein Mädchen, das sich als Junge verkleidet; zudem gibt es eine Familienfehde und ein Versprechen. Und jede Menge Mord und Totschlag. (Heian wörtlich genommen – 平安 – ist ja auch das Zeitalter von Friede und Eintracht.) Dann also muss man wieder zu Wikipedia latschen und sich schlau machen, denn – zum zweiten – der Anime selber tut wenig, um Licht in die Sache zu bringen; im Gegenteil: die Geschichte wird so erzählt, fragmentierend und ohne rechten Zusammenhang zu stiften, daß man, als jemand, der nicht blendend in das Thema eingeführt ist, schlicht auf der Strecke bleibt. Verschärfend kommt hinzu, daß man weder an Charaktereinführung noch -entwicklung größeres Interesse zeigt.
Jedenfalls – in kälteres Wasser bin ich mein Lebtag nicht geschmissen worden. Wenn die Geschichte am Ende angelangt ist, bleibt Ratlosigkeit der dominante Eindruck. Es fühlt sich an, als sei entweder die Vorgeschichte herausgeschnitten worden, oder als fehlten dem Anime 20 Minuten, um die Story zu Ende zu bringen. Kann natürlich auch sein, daß es gar nicht um Kintoki und Prinzessin Ouni geht, und auch nicht um den väterlichen Beschützer Minamoto-no-Raikou. Sondern um Abhängigkeit, um politische Intrigen, Schicksal und widerstreitende Gefühle. Aber das ist reine Spekulation. Die in der Kurzbeschreibung angesprochenen Geister und Seuchen und auch die Magie spielen in der Geschichte selbst keine entscheidende Rolle; sie scheinen bloß dramaturgisches Beiwerk in einer undurchsichtigen Geschichte, in der sehr reale Lebensumstände und bodenständiges Handeln dominieren.
Diese Realität bietet ein gutes Stichwort. Schon das Charakterdesign ist ziemlich eigen, da es in keiner Weise animetypisch übertrieben ist. Hier handeln echte Personen wie in einem normalen Kinofilm. Nur eben gezeichnet. Und das ist die nächste Besonderheit: Man versucht keineswegs den Umstand, daß gezeichnet wird, zu kaschieren. Stilistisch ist das an traditionelle Maltechniken angelehnt, oft wie Tusche- oder Kohlezeichnungen, in blassen Farben koloriert. Leichter macht das einem die Einschätzung, wer gerade wem warum das Hirn einschlägt, auch nicht unbedingt. Das geht stellenweise so weit, daß man sich das Anime-übliche nervige Bösewicht-Gebaren samt der bunten Haare zurückwünscht, rein um sich besser orientieren zu können.
Zurück zu den Wurzeln begibt sich auch die Musik, die sich am klassischen japanischen Instrumentarium bedient und durch Hinzuziehung westlicher Streichinstrumente verfremdet wird. Was zu ausdruckstarken wie enigmatischen Klangeffekten führt, in ruhigen, kaum sich bewegenden Akkorden fast schon erstarrt.
Unter Zuhilfenahme von 3D-Ebenen werden auch die Hintergründe sehr stark einbezogen; heftige, grelle Farben bleiben Augenblicken besonderer Dramatik vorbehalten, die dadurch fast schon eine Art symbolische Überhöhung erfahren, ganz ähnlich wie in Kigeki.
In narrativer Hinsicht beschränkt man sich auf eine Reihung einzelner kleiner Szenen, wie auf dem Theater. Bewegte dramatische Momente werden gerne ausgeblendet. Kommt es doch mal zu Kampfszenen, darf man sich auf flüssige und realistische Bewegungsabläufe freuen, die man angesichts dieser versammelten stilistischen Mittel vielleicht gar nicht so erwartet hat. Im wesentlichen dominiert eine sehr ruhige, fast schleppende Erzählweise; und dennoch darf man als Zuschauer nicht eben kurz mal wegnicken – man könnte kleine Hinweise ansonsten leicht übersehen.
Die Gesamtwirkung dieses etwa 40-minütigen kleinen Filmes könnte man beschreiben als überbelichtetes Genji Monogatari. Wem dort diese Herangehensweise schon zugesagt hat, wird diesem Werk hier wohl am ehesten etwas abgewinnen können.
Bevor man mit dieser OVA sich anfreunden will, sollte man über den kulturgeschichtlichen Hintergrund Bescheid wissen. Also entweder Otogizoushi gesehen haben oder wahlweise Wikipedia befragen. Dann weiß man also, daß Kintarou im Grunde ein eher unangenehmer Geselle war, ein unter mysteriösen Umständen gezeugter und aufgewachsener Kraftprotz mit ganz eigenem Charme und Charakter. Man könnte auch sagen, ein grenzwertig asoziales Arschloch, bei dem jeder, der ihm blöd kommt, eins aufs Maul kriegt. Also nicht ganz unähnlich unserem Siegfried aus der Nibelungensage.
Wenn man das alles weiß, kann es sein, daß man bei diesem Anime trotzdem dasteht wie der Ochs vorm Berg und rein garnix blickt. Damit aber ist man dann, wie der Blick über die Grenzen von Anisearch zeigt, in guter Gesellschaft. Denn zum einen schreibt diese OVA die Geschichte um: Aus Kintoki – so sein späterer Name – wird ein Mädchen, das sich als Junge verkleidet; zudem gibt es eine Familienfehde und ein Versprechen. Und jede Menge Mord und Totschlag. (Heian wörtlich genommen – 平安 – ist ja auch das Zeitalter von Friede und Eintracht.) Dann also muss man wieder zu Wikipedia latschen und sich schlau machen, denn – zum zweiten – der Anime selber tut wenig, um Licht in die Sache zu bringen; im Gegenteil: die Geschichte wird so erzählt, fragmentierend und ohne rechten Zusammenhang zu stiften, daß man, als jemand, der nicht blendend in das Thema eingeführt ist, schlicht auf der Strecke bleibt. Verschärfend kommt hinzu, daß man weder an Charaktereinführung noch -entwicklung größeres Interesse zeigt.
Jedenfalls – in kälteres Wasser bin ich mein Lebtag nicht geschmissen worden. Wenn die Geschichte am Ende angelangt ist, bleibt Ratlosigkeit der dominante Eindruck. Es fühlt sich an, als sei entweder die Vorgeschichte herausgeschnitten worden, oder als fehlten dem Anime 20 Minuten, um die Story zu Ende zu bringen. Kann natürlich auch sein, daß es gar nicht um Kintoki und Prinzessin Ouni geht, und auch nicht um den väterlichen Beschützer Minamoto-no-Raikou. Sondern um Abhängigkeit, um politische Intrigen, Schicksal und widerstreitende Gefühle. Aber das ist reine Spekulation. Die in der Kurzbeschreibung angesprochenen Geister und Seuchen und auch die Magie spielen in der Geschichte selbst keine entscheidende Rolle; sie scheinen bloß dramaturgisches Beiwerk in einer undurchsichtigen Geschichte, in der sehr reale Lebensumstände und bodenständiges Handeln dominieren.
Diese Realität bietet ein gutes Stichwort. Schon das Charakterdesign ist ziemlich eigen, da es in keiner Weise animetypisch übertrieben ist. Hier handeln echte Personen wie in einem normalen Kinofilm. Nur eben gezeichnet. Und das ist die nächste Besonderheit: Man versucht keineswegs den Umstand, daß gezeichnet wird, zu kaschieren. Stilistisch ist das an traditionelle Maltechniken angelehnt, oft wie Tusche- oder Kohlezeichnungen, in blassen Farben koloriert. Leichter macht das einem die Einschätzung, wer gerade wem warum das Hirn einschlägt, auch nicht unbedingt. Das geht stellenweise so weit, daß man sich das Anime-übliche nervige Bösewicht-Gebaren samt der bunten Haare zurückwünscht, rein um sich besser orientieren zu können.
Zurück zu den Wurzeln begibt sich auch die Musik, die sich am klassischen japanischen Instrumentarium bedient und durch Hinzuziehung westlicher Streichinstrumente verfremdet wird. Was zu ausdruckstarken wie enigmatischen Klangeffekten führt, in ruhigen, kaum sich bewegenden Akkorden fast schon erstarrt.
Unter Zuhilfenahme von 3D-Ebenen werden auch die Hintergründe sehr stark einbezogen; heftige, grelle Farben bleiben Augenblicken besonderer Dramatik vorbehalten, die dadurch fast schon eine Art symbolische Überhöhung erfahren, ganz ähnlich wie in Kigeki.
In narrativer Hinsicht beschränkt man sich auf eine Reihung einzelner kleiner Szenen, wie auf dem Theater. Bewegte dramatische Momente werden gerne ausgeblendet. Kommt es doch mal zu Kampfszenen, darf man sich auf flüssige und realistische Bewegungsabläufe freuen, die man angesichts dieser versammelten stilistischen Mittel vielleicht gar nicht so erwartet hat. Im wesentlichen dominiert eine sehr ruhige, fast schleppende Erzählweise; und dennoch darf man als Zuschauer nicht eben kurz mal wegnicken – man könnte kleine Hinweise ansonsten leicht übersehen.
Die Gesamtwirkung dieses etwa 40-minütigen kleinen Filmes könnte man beschreiben als überbelichtetes Genji Monogatari. Wem dort diese Herangehensweise schon zugesagt hat, wird diesem Werk hier wohl am ehesten etwas abgewinnen können.
Beitrag wurde zuletzt am 26.03.2022 19:12 geändert.
Kommentare
Ein Film, der etwas anderen Art, welcher mich zwar kurzzeitig, aber „gut“ unterhalten hat.
Die Story ist nichts wirklich besonderes, weder spannend noch packend noch sonst irgendetwas und die Charaktere bleiben allesamt blass und ohne jegliche Tiefe.
Die (blutigen) Kämpfe sind eindeutig das Highlight dieser OVA, allerdings gibt es einfach viel zu wenige von ihnen um den Gesamteindruck noch stark positiv beeinflussen zu können.
Letztendlich ist diese OVA nur Durchschnittskost die man angucken kann aber nicht unbedingt gesehen haben muss.
Ist kein Muss. Doch wer ihn gesehen hat, wird sich der Zeit auch nicht beraubt fühlen.