Wie von anderen Usern mehrfach angesprochen: dieser Anime ist schon etwas speziell. Im Grunde der ideale Kandidat für einen Live-Action-Film – ja, wäre da nicht die explizite Hentai-Komponente.
Hentai zeichnet sich ja bekanntlich vor allem durch
Komik
aus, und das ist hier auch vertreten, aber halt sehr in Maßen. Der Umsetzung als Live Action stünde allerdings auch der Umstand entgegen, daß hier anscheinend
Vegeta einen Gastauftritt hat; aber vielleicht ist das ja auch nur sein kleiner Bruder.
Wie auch immer, »Urotsukidouji« ist ein apokalyptisches Endzeitdrama, das sich gewaschen hat. Eins von der Sorte, das so ziemlich alle Register zieht, um hier Angst und Schrecken zu verbreiten. Das Setting bringt es mit sich, daß es die meiste Zeit über nicht nur sehr düster dahergeht, sondern auch sehr duster. Meist ist es Nacht oder aus anderen Gründen stockdunkel, was es für den Zuschauer schwierig macht zu erkennen, wer da jetzt gerade wen zerfetzt, auffrisst oder vergewaltigt, und welches Monster sich gerade in was verwandelt. Denn die Logik, welche Gestalten sich wie transformieren, ist auch nicht immer leicht zu durchschauen. Meist spielt es sich nach dem Puppe-Schmetterling-Prinzip ab, also daß Kopf, Brust oder Rücken sich spaltet und daraus etwas schwer Bestimmbares hervorbricht ~ nur mit dem Unterschied, daß (im Gegensatz zum Schmetterling) das Ergebnis der Transformation weitaus hässlicher ausfällt als sein Stadium zuvor.
Die Erkenntnis, welcher Körperteil aktuell zerquetscht wird, bleibt auch deshalb öfters unklar, weil die Animationen nicht so detailliert sind, wie sie sein könnten, oft auch ein wenig zu ruckelig ablaufen und, wie gesagt, es aus dramaturgischen Gründen die meiste Zeit stockduster ist. Ich prangere das an!
Das Personal wirkt vom Verhalten wie vom Optischen her sehr natürlich, was allgemein ganz angenehm ist, da man auch nicht so sehr in die angezickten Verhaltensmuster späterer Zeit verfällt. Ein
Kuss ist manchmal nur ein Kuss und das ist schön und darf auch so gezeigt werden, ohne groß künstlich in hysterisches Getue zu verfallen.
Die Dämonen sind in aller Regel an ihrem
schlechten Gebiss (haben da Piranhas Pate gestanden?) und ihrem
Mundgeruch zu erkennen, aber wer wem nachstellt und überhaupt das ganze
Who's Who, ist nicht einfach zu durchschauen. Meiner Meinung nach ist die Diskrepanz zwischen selbst gesetztem Anspruch (Story) und dem, was man da undeutlich und wackelig zu sehen bekommt, größer als zu wünschen wäre. Behelfsweise wird versucht, mit wilden Kameraschwenks Dynamik zu suggerieren und das Manko unklarer Animation dergestalt auszugleichen.
Diesen inneren Werten wird die äußere Aufbereitung entgegengestellt. Denn natürlich sehen wir hier keineswegs einen stumpfsinnigen Metzelmovie mit jungen Frauen, die sich sehr freizügig und opferwillig geben, sondern eine düstere Apokalypse biblischen Ausmaßes, so wie es auch der Vorspann verkündet. Darüber hinaus tut der Film alles Menschenmögliche, um diesen Schein von Anspruch aufrecht zu erhalten, und all die Splatterszenen sind nur unausweichliche, bedauernswerte Begleiterscheinungen, die man leider, leider nicht alle eliminieren kann. Gewissermaßen dramaturgische Kollateralschäden.
Der eben erwähnte Vorspann installiert einen düster wabernden Hintergrund in dräuend roten Flammen, und eine bedeutungsschwangere Stimme trägt derart unheilkündend und in einem staatstragenden Ton die Prophezeiung vor
(welche gleichzeitig gerade als Text durchscrollt), daß es schon wieder lustig ist. Und in der nächsten Einstellung sieht man auch schon die Teufel ficken. Wie feinsinnig!
Das aber ist bald zu langweilig, und so schwenkt die Regie um ins echte, pralle Leben, und was kann das anderes sein, als die typisch japanische Schule mit ihrem typisch durchschnittlichen Personal und einem typischen "Vollpfosten"
[Zitat b-s-v], der hier den Protagonisten gibt? Die menschlichen Charaktere auseinanderzuhalten ist manchmal auch eine Herausforderung, denn zeitweise ist das Charakterdesign etwas missglückt, so daß man die Leute nicht immer gleich wiedererkennt.
Zu den niedlichen Momenten zählt ein kleines, begleitendes
Maskottchen, das sich bei passender Gelegenheit einen runterholt, sowie das schöne Statement des Halbmensch-Schwesterchens "mein bester Fick seit langem", was perfekt zum Stil dieser verschrobenen Veranstaltung passt. Und natürlich die vielen "Blood and Gore"-Spezialeinlagen, die zwar meist angemessen spektakulär, aber wenig anatomisch korrekt ablaufen. Als Freund von Kunst und Kultur muss ich auch hier konstatieren: Ich prangere das an!
Am meisten begeistert hat mich letzten Endes die Art & Weise, wie man das Schauspiel dramaturgisch aufbereitet hat. Hier kommt einfach alles zusammen: die große cineastische Geste, der phänomenale Soundtrack, der zum Ende hin immer genialer und epischer wird und sich hinter dem der großen Blockbuster nicht zu verstecken braucht, die Ernsthaftigkeit der Regie und am Ende auch die gekonnte Inszenierung der Schockeffekte. Die in mir den anfangs geäußerten Wunsch ausgelöst haben, sowas mal als LA-Film auf der großen Kinoleinwand zu sehen.
Gibt es zum Schluss dann wenigstens ein Happy End? Schwer zu sagen. Ist vermutlich ein Frage der Einstellung. Wenn man will, kann man darin ein Plädoyer für Abtreibung sehen.
Beitrag wurde zuletzt am 21.04.2023 06:58 geändert.
Kommentare
Die düstere Amosphäre die dieser Film erzeugt, ist für mich unerreicht. Auch die wohldosierte Mischung aus Sex und Gewalt funktionieren mit dem Plot und wirken kaum aneinandergereiht.
Das es 20 Jahre danach immer noch keinen Anime aus dem Genre gibt, der nur annähernd mit dem Film mithalten kann ist eigentlich schade.
Ein absolutes Muss.