(Ich versuche mit diesem Kommentar soviel Ghost in the Shell-Adaptionen wie möglich aufzugreifen. Die Bewertung bezieht sich jedoch "nur" auf die Stand Alone Complex-Reihe)
Ghost in the Shell (Stand Alone Complex) - ein moderner Klassiker?
Vorwort
Niemand konnte 1995 ahnen in welche Dimensionen sich die Anime-Umsetzung 2016 des 1989 erschienenen Mangas Koukaku Kidoutai von Masamune Shirou bewegen würde. Als zunächst nur der Animefilm von 1995 adaptiert wurde, konnte niemand ahnen - weder Produktion I.G., die Macher, noch andere - wie beeinflussend Ghost in the Shell wird.
Der Film gilt als Meilenstein der Animegeschichte mit der Tatsache, das er neben dem Film Akira den westlichen Markt auf die, zu dem Zeitpunkt sehr stark gebeutelte, Anime-Industrie zu neuem Ruhm und Glanz geführt hat. Desweiteren wurde dadurch das Untergenre "Cyberpunkt" salonfähig und Sci-Fi generell beliebter. Auch in der westlichen, von Hollywood geprägten Filmmeile wird der Urfilm Ghost in the Shell als Wegweisend bezeichnet. Er diente u.a. als Vorlage für die bekannte "Matrix"-Reihe.
Nun 21 Jahre später, wurden nicht nur 3 Animefilme produziert, dem großen Franchise gehören mittlerweile ebenso 3 (eher dürftige) Videospiele sowie eine unabhängige, in der Welt von Koukaku Kidoutai spielenden Geschichte - dem Stand Alone Complex. Diese spielt zeitlich zwischen dem Urfilm und seinem Nachfolger, bedient sich aber grundsätzlich anderen stilistischen Mittel...dazu aber später mehr.
Als Übersicht, wie ich die einzelnen Adaptionen bewertet habe verweise ich auf folgenden Spoiler:
Ghost in the Shell (1995) - 4 von 5 Sternen, 86 von 100 Punkten
Ghost in the Shell 2: Innocence (2004) - 4 von 5 Sternen, 89 von 100 Punkten
Ghost in the Shell: S.A.C. (2002) - 4 von 5 Sternen, 88 von 100 Punkten
Ghost in the Shell: S.A.C. 2nd GIG 5 von 5 Sternen, 97 von 100 Punkten
Ghost in the Shell: Solid S. Society 4,5 von 5 Sternen, 91 von 100 Punkten
Ghost in the Shell: Arise (2013 - 3,5 von 5 Sternen, 79 von 100 Punkten
Ghost in the Shell: Arise Architecture ('15) 4 von 5 Sternen, 83 von 100 Punkten
Story:
Zeitlich spielend, wie bereits erwähnt, während den Filmen handelt Stand Alone Complex unabhängig un den, ja eigentlichen Alltag der bereits bekannten Charaktere aus Sektion 9. Diese Spezialeinheit wird gerufen, wenn die normale Polizei versagt - Terroristen, Waffenhändler, korrupte Politiker - all dies sind Themen, mit denen sich das Team um den Chef Aramaki, der Leitung im Feldeinsatz, Major Kusanagi sowie den weiteren Spezialisten wie Batou, Ichikawa, und Togusa im Jahre 2030 schlagen muss.
Im Gegensatz zum Urfilm oder dem Manga muss man die Geschichte oder die Gegebenheiten klar differenzieren, denn im Gegensatz zu den philosophischen Fragen aus dem Filmen geht es in Stand Alone Complex, um weitreichendere Fragen welche nicht auf Einzelpersonen übergangen werden können. Hier muss man in 2 Teilen differenzieren: dem Stand Alone sowie dem Complex.
Stand Alone steht nicht nur für die Unabhängigkeit zum Original, so wird auch eingeschlossen das die Macher - an denen Masamune Shirou als beratende Kraft zur Seite stand - sich komplett entfalten können um ein bereits vorhandenes Universum mit weiteren, einzelnen Nadelstichen zu erweitern...und gar zu verbessern.
Complex steht für die Bewegungen innerhalb des Universums. Während die Filme philosophisch auf die Frage eingehen, was Mensch und was Maschine sind und was diese voneinander genau trennt - wo die Definition liegt, geht die Serie mit dem Complex einen Schritt weiter und weitet diese, auf einzelne Personen bezogene Situation auf eine komplette Gesellschaft aus, welche nicht nur autoritär geführt wird sondern generell mit der Situation unzufrieden ist. So verpackt Production I.G. diese Fragen in einem Gewand aus Politthriller und Action. Diese Mischung ist gerade in der Serie sehr gut funktionierend, das ich auch verstehen kann wieso viele den Film der Serie vorziehen. Die erste Staffel handelt hauptsächlich um einen Hacker, dem "Laughing Man" sowie seiner Rebellion gegen das - von künstlichen Intelligenzen, Implantaten eingepflanzten - Schichtensystem des futuristischen Japans. Es werden nicht nur Aktionen des Teames von Sektion 9 in Frage gestellt, auch die oben genannte Künstliche Intelligenz in den Tachikomas (fahrende Unterstützungseinheit) beginnt Gewissensbisse zu bekommen.
Die Geschichte wird begleitet von langen Dialogen und kleineren, heftigen Ausseneinsätze. Gerade das Pacing ist vielen ein Dorn im Auge, denn es werden praktisch mehrere Folgen reine Dialoge geführt - zum Leidwesen des pacings und der Aufmerksamkeitsspanne des Zuschauers. Zuschauer, welche eine hohe Toleranzgrenze für sowas haben, aber auch generell in politischen Dingen interessiert sind - es ist immernoch ein Politthriller im Cyperpunk-Universum werden einen großen Spaß daran haben, die laufende Ermittlungen zu begleiten. Auch das Foreshadowing ist sehr gut gelungen, was dem Spannungsfaktor ebenfalls nur zugute kommt.
Den Höhepunkt bietet für mich hier die zweite Staffel, 2nd GIG da hier weniger auf die Philosophie eingegangen wird als noch in der ersten Staffel, aber politische Intrigen und Machtkämpfe hier ihren Höhepunkt haben. Solche Themen werden in vielen Serien viel zu wenig bearbeitet. Und wenn, dann wird das einfach irgendwann in die Ecke geschoben.
Animation:
Da die Serie schon einige Jahre auf dem Buckel hat, kann man hier dennoch wirklich sagen das man das Produktionsbudget von mehreren Millionen Yen (800 Millionen um genau zu sein) auch noch im Jahre 2016 merkt - die Serie sieht den Umständen entsprechend immernoch sehr gut aus. Flüssige Animationen, wenige Standbilder, kontrastreiche Farben - das zeichnet Ghost in the Shell: Stand Ale Complex aus. Ebenfalls hervorzuheben ist das CGI, welches verwendet wurde. Obwohl es immernoch verpöhnt ist, gilt S.A.C. für mich als eines der Titel, welche gutes verwendet haben. Von dieser Qualität können viele Titel heutzutage immernoch träumen.
Apropos CGI. Das (erste) Opening ist komplett in CGI gerendet worden und ist auch noch heute sehr gut.
Die Farbpalette ist, sagen wir mal, einem Cyberpunk-Titel entsprechend. Es herrschon vor allem Braun und Grautöne jedoch wird viel mit Lichteffekten gespielt was eine hervorragende Atmosphäre gibt.
Sound:
Musikalisch kann man nur eins sagen: Göttlich. Für die musikalische Untermahlung war niemand geringeres - wie in den Filmen - als Yoko Kanno zuständig. Und diesen Einfluss merkt man eindeutig. Die Frau schafft durch die Musik eine Atmosphäre, welche bedrückender und melancholischer nicht sein könnte. Yoko Kanno beweist, das Musik nicht nur ein Instrument ist um bestimmte Szenen genauer zu definieren. Sie schafft es, auch den gegenteiligen Effekt zu nutzen - Szenen werden genutzt um die Musik hervorzuheben. Dies hat sie mit Cowboy Bebop geschafft, als auch im Urfilm - und auch im typischen Serienformat des Franchises ist dies mit Bravour gelungen. Hervorzuheben ist ausserdem die Thememusik der Endings und Openings welche teilweise nicht weniger als Klassiker bezeichnet werden können. Die Titel, welche u.a. von Scott Mathew und Origa geschrieben in Zusammenarbeit geschrieben worden sind passen nicht nur mit der Atmosphäre übereins sondern erzählen auch einzelne Geschichten - das reinhören vom kompletten Franchise-OST lohnt sich definitiv.
Charaktere:
Wenn man mit Leuten spricht, welche ebenfalls das Franchise geschaut haben fällt einiges auf - es geht mehr um die Handlung und die Prämisse was gelobt oder erwähnt wird als die Charakter selbst. Diese werden einerseits sehr gut beleuchtet (Major, Batou, Togusa) oder auch weniger (Sektionsleiter, die anderen Mitglieder). Jedoch merkt man, das irgendwie bestimmte Dinge fehlen um diese wirklich favorisieren zu können. Klar, jede Person ist individuell erkennbar und jeder aus dem Team ist auf seine Art sympathisch...aber so der Funke will einfach nicht springen. Dieser Punkt wird gerade in den neueren Teilen etwas gebessert, jedoch bleibt durchgehend ein leichter, fader Beigeschmack.
Die Charaktere, welche aber eigentlich immer für Zündstoff wirken sind die Tachikomas...es gibt Leute, welche sie feiern und welche die sie abgrundtief hassen. Dies liegt vor allem an deren Stimmen, als auch die einzelnen Folgen in denen versucht wird, die Prämisse aufzulockern - die Serie nimmt sich sonst sehr streng.
Ich für meinen Teil habe mit den Tachikomas keinerlei Probleme gehabt da sie nicht nur die Story voranschreiten lassen, auch erfüllen sie sehr gut den Zweck etwas Comedy in den tristen Alltag von Sektion 9 einzubringen.
Fazit:
Ich muss ehrlich sagen, Ghost in the Shell hat mit dem Universum welches sich ausstreckt einen direkten Nerv in mir getroffen. Ich liebe Anime, in denen es auch u.a. realistisch (und dennoch modern, da scifi) zu geht um auch poltische Themen hervorzurufen. Und das Szenario, welches gerade in 2nd GIG existiert hat sich gerade deshalb in mein Hirn eingebrannt. Klar, man muss solche Dinge mögen, auch der fehlende(mit Ausnahme der Tachikomas) Humor kann seinen Beitrag dazuteilen das man mit der Reihe nicht warm wird. Wer jedoch einen anspruchsvollen Politthriller im Scifi/Cyberpunk sucht, wird hier definitiv fündig. Ich freue mich jedenfalls auf alles, was noch zu der Reihe hoffentlich kommen wird.
Kommentare
Die Serie ist zu beginn nicht ganz Episodisch das wird es eher gegen schluss, es ist sehr Spannend und mir hat es sehr gefallen
In der Serie geht us um verschiedene Fälle der Sektion neun.
Jedoch gibt es auch eine Hauptstory in der es um um den Fall des lachenden Mannes geht, zuerst werden der Major und Co. nur kurz darauf aufmerksam, je weiter sie jedoch in diesem Fall fortfahren wird eine Verbindung zur Regierung offensichtlicher, der lachende mann jedoch ist ein sehr begabter hacker mit einem sehr starkem Gerechtikkeitssin. Er versucht diesen Fall aufzudecken.
Der Zusatz im Titel ist Programm. Jedoch ist es nicht immer sofort ersichtlich, ob man es mit einer 'Stand Alone' oder einer 'Complex'-Episode zu tun hat. Komplex scheint jede Folge auf ihre Art und Weise zu sein, doch einige treiben es in der Polit-Thriller Umgebung weiter als andere. Ob man nun einfach die Interaktionen der Tachikoma, dass sind spinnenähnliche Panzer mit selbstlernender KI, beobachtet oder gerade Zusammenhänge im Fall des 'Laughing Man' ergründet - alles greift ineinander und unwichtig erscheinenden Details könnte später eine Schlüsselrolle zukommen. Zeigte sich der erste Film noch philosophisch, so geht man hier einen anderen Weg. Überdurchschnittlich gut animierte Action reicht sich die Hand mit einer durchdachten, verschachtelten Geschichte, die es nicht nötig hat gründlich auf ihre Charaktere einzugehen. Dafür muss man schon zwischen den Zeilen lesen. Doch das nur als weiterer Anreiz sich den Anime mehrmals anzusehen.