AsaneRedakteur
#1In einem Forschungslabor, dessen Aufgabe es ist, Androiden herzustellen, in die später menschliche Erinnerungen übertragen werden, wohnt Suzu, der bereits erstaunliche Fortschritte gemacht hat. Bald ist er soweit, daß er als "Ryou" der Familie Ogura überstellt werden kann, die diesen Jungen als Ersatz für ihr kürzlich verstorbenes Kind haben wollen, weswegen Suzu nach und nach die extrahierten Erinnerungen seines Vorgängers eingepflanzt bekommt.
Auf der anderen Seite gibt es die kleine Hotori, deren Erinnerungen mehr und mehr schwinden. Bis sie bald nur noch eine leere Hülle sein wird, bevor sie irgendwann stirbt. Obgleich er die Möglichkeit dazu hätte, schreckt ihr Vater davor zurück, ihre Erinnerungen zu konservieren, denn der Vater ist zugleich der Leiter jenes Labors, das sich in unmittelbarer Nähe seines Hauses befindet, einem schlossähnlichen Anwesen in großbürgerlichem Stil.
So kommt es eines Tages durch einen typischen Animezufall zur Begegnung von Suzu und Hotori, die sich zueinander hingezogen fühlen wie die unterschiedlichen Pole eines Magneten. Kurz darauf führt das Mädchen ihren neuen Freund in ein Gewächshaus, das dem Gebäude angeschlossen ist und an das sich dennoch sonst keiner mehr zu erinnern scheint. Hier reden die beiden miteinander, ungestört, tasten sich vor in die Welt des anderen, stellen Fragen und sinnieren über ihr gemeinsames Schicksal.
Diese Fragen stellt der Anime über die Personen hinaus natürlich auch an den Zuschauer, angenehm indirekt und nie didaktisch-manipulativ, aber auch nie ungebremst emotional. Dieser Film pflegt ein stilles, nachdenkliches Pacing, erzählt ruhig, fast teilnahmslos, ohne je den Versuch zu unternehmen, auf die Tränendrüsen zu drücken, und lässt den Zuschauer mit den Reaktionen der Charaktere allein.
Dabei beginnt die Geschichte ganz anders. Sie stellt das Ende voran, ähnlich wie in »Hotaru no Haka«, zeigt den Akt der Hinrichtung in einer kurzen, fragmentarischen Szene, die dem Zuschauer das Blut in den Adern gefrieren lässt. Und nachdem besagter Zuschauer über den plötzlichen Schock nun hellwach ist, folgt die Erzählung, wie es dazu kommen konnte. Folgen Gedanken über das, was einen Menschen ausmacht, über den Wert von Erinnerung, über das Verhältnis von Gedächtnis und Persönlichkeit. Über das Menschliche an sich.
Begleitet und verstärkt wird diese Entwicklung des Plots von unerwarteten Fehlschlägen auf wissenschaftlicher Seite, die auf menschlicher und vor allem auf ethischer Seite unangenehme Fragen nach sich ziehen. Alle künstlerischen Ausdrucksmittel, vor allem auf Seiten der Regie, unterwerfen sich diesen Fragen. Viel wird erzählt in der Gegenüberstellung der Charaktere, und doch lässt der Anime meist die Bilder für sich sprechen; immer wieder verfolgt die Kamera das Geschehen aus der Ferne – um dann Nähe herzustellen. In dem Gewächshaus, Hotoris Refugium, das von allen vergessen ist und das nur für sich, in seiner eigenen Einsamkeit existiert, spiegelt sich auch die Verfassung und das Schicksal des Mädchens, dessen Erinnerungen langsam, Stück für Stück, schwinden.
Diese Angst vor dem Zerfall, diese Angst, kein Ich mehr sein zu können, befällt auch Suzu. In seiner künftigen Existenz als "Ryou" handelt und benimmt er sich zunehmend unnatürlich und angespannt, so daß er selbst für seine künftigen "Adoptiveltern" nicht der Ersatz sein kann, den sie sich wünschen. Je perfekter und menschlicher er wird, desto größer werden auch die Identitätskonflikte, da seine urprüngliche Persönlichkeit immer stärker von einer fremden überlagert wird.
So formuliert dieser Film noch ganz nebenbei auch das breite Spektrum von Vergangenheitsbewältigung und das Problem des nicht loslassen Könnens. Damit ist dieser Film wahrhaftig nicht allein in der Animegeschichte, aber er rückt das Thema nicht demonstrativ in den Vordergrund – und er liefert eine Lösung, die überzeugt.
Was die Animationen angeht, bewegt sich »Hotori« auf gutem Serienniveau. Realismus ist wichtiger als gut auszusehen, plausible Charaktere wichtiger als aufgesetzte Message. Außerdem hat der Anime ein gutes Gespür dafür, wie sich Kinder in diesem Alter verhalten.
Am Ende nimmt die Geschichte den Weg, den sie nehmen muss.
Auf der anderen Seite gibt es die kleine Hotori, deren Erinnerungen mehr und mehr schwinden. Bis sie bald nur noch eine leere Hülle sein wird, bevor sie irgendwann stirbt. Obgleich er die Möglichkeit dazu hätte, schreckt ihr Vater davor zurück, ihre Erinnerungen zu konservieren, denn der Vater ist zugleich der Leiter jenes Labors, das sich in unmittelbarer Nähe seines Hauses befindet, einem schlossähnlichen Anwesen in großbürgerlichem Stil.
So kommt es eines Tages durch einen typischen Animezufall zur Begegnung von Suzu und Hotori, die sich zueinander hingezogen fühlen wie die unterschiedlichen Pole eines Magneten. Kurz darauf führt das Mädchen ihren neuen Freund in ein Gewächshaus, das dem Gebäude angeschlossen ist und an das sich dennoch sonst keiner mehr zu erinnern scheint. Hier reden die beiden miteinander, ungestört, tasten sich vor in die Welt des anderen, stellen Fragen und sinnieren über ihr gemeinsames Schicksal.
Diese Fragen stellt der Anime über die Personen hinaus natürlich auch an den Zuschauer, angenehm indirekt und nie didaktisch-manipulativ, aber auch nie ungebremst emotional. Dieser Film pflegt ein stilles, nachdenkliches Pacing, erzählt ruhig, fast teilnahmslos, ohne je den Versuch zu unternehmen, auf die Tränendrüsen zu drücken, und lässt den Zuschauer mit den Reaktionen der Charaktere allein.
Dabei beginnt die Geschichte ganz anders. Sie stellt das Ende voran, ähnlich wie in »Hotaru no Haka«, zeigt den Akt der Hinrichtung in einer kurzen, fragmentarischen Szene, die dem Zuschauer das Blut in den Adern gefrieren lässt. Und nachdem besagter Zuschauer über den plötzlichen Schock nun hellwach ist, folgt die Erzählung, wie es dazu kommen konnte. Folgen Gedanken über das, was einen Menschen ausmacht, über den Wert von Erinnerung, über das Verhältnis von Gedächtnis und Persönlichkeit. Über das Menschliche an sich.
Begleitet und verstärkt wird diese Entwicklung des Plots von unerwarteten Fehlschlägen auf wissenschaftlicher Seite, die auf menschlicher und vor allem auf ethischer Seite unangenehme Fragen nach sich ziehen. Alle künstlerischen Ausdrucksmittel, vor allem auf Seiten der Regie, unterwerfen sich diesen Fragen. Viel wird erzählt in der Gegenüberstellung der Charaktere, und doch lässt der Anime meist die Bilder für sich sprechen; immer wieder verfolgt die Kamera das Geschehen aus der Ferne – um dann Nähe herzustellen. In dem Gewächshaus, Hotoris Refugium, das von allen vergessen ist und das nur für sich, in seiner eigenen Einsamkeit existiert, spiegelt sich auch die Verfassung und das Schicksal des Mädchens, dessen Erinnerungen langsam, Stück für Stück, schwinden.
Diese Angst vor dem Zerfall, diese Angst, kein Ich mehr sein zu können, befällt auch Suzu. In seiner künftigen Existenz als "Ryou" handelt und benimmt er sich zunehmend unnatürlich und angespannt, so daß er selbst für seine künftigen "Adoptiveltern" nicht der Ersatz sein kann, den sie sich wünschen. Je perfekter und menschlicher er wird, desto größer werden auch die Identitätskonflikte, da seine urprüngliche Persönlichkeit immer stärker von einer fremden überlagert wird.
So formuliert dieser Film noch ganz nebenbei auch das breite Spektrum von Vergangenheitsbewältigung und das Problem des nicht loslassen Könnens. Damit ist dieser Film wahrhaftig nicht allein in der Animegeschichte, aber er rückt das Thema nicht demonstrativ in den Vordergrund – und er liefert eine Lösung, die überzeugt.
Was die Animationen angeht, bewegt sich »Hotori« auf gutem Serienniveau. Realismus ist wichtiger als gut auszusehen, plausible Charaktere wichtiger als aufgesetzte Message. Außerdem hat der Anime ein gutes Gespür dafür, wie sich Kinder in diesem Alter verhalten.
Am Ende nimmt die Geschichte den Weg, den sie nehmen muss.
Beitrag wurde zuletzt am 21.09.2023 20:07 geändert.
Kommentare
Ein Mensch, der seine Erinnerungen mehr und mehr vergisst freundet sich mit einem Roboter an, dem immer mehr Erinnerungen eingepflanzt werden... So die Kurzzusammenfassung des Inhalts.
Der Zeichenstil ist vielleicht etwas schlicht gehalten, aber das wichtigste ist doch eh die Story, oder?
Und die schafft es wirklich, den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen!!
Mein Fazit: Mitreißende Geschichte über eine außergewöhnliche Freundschaft. Absolut sehenswert!
Schon nach wenigen Minuten erinnert einen dieser Anime an den Kubrick/Spielberg-Film, der sich mit einer ähnlichen Thematik befasst. Ein Roboter, der nicht nur menschliche Züge hat, sondern auch ein menschliches Wesen zu haben scheint.
Zunächst dachte ich, Hitori diente Kubrick als Vorlage zu AI. Weit gefehlt... Der Animationsstil erscheint nicht gerade Zeitgemäß, erinnert etwa an die Zeit von Now and Then, Here and There. Doch Hitori stammt aus dem Jahre 2005.
Der Animationsstil ist jedoch auch der einzige Kritikpunkt, der jedoch nicht überbewertet werden sollte. In einer knappen dreiviertel Stunde wird hier das Schicksal des Roboterjungen Suzu und des Mädchens Hitori erzählt. Erinnerungen, Vergessen. Mensch, Maschine. Leben, Tod.
Empfehlenswert, wenn man mal etwas ernsthafteres sehen möchte, ohne gelangweilt zu werden.
Dieser Anime schafft es obwohl er mit 40 Mins recht kurz ist, Emotionen sehr gut auf den Zuschauer zu übertragen.
Der Zeichenstile ist vl nicht jedermanns Sache aber an sich ist die Präsentation auch nicht schlecht, zwar auch nicht perfekt aber nicht schlecht.
Das Ende ist sogar richtig einfallsreich, genau wie die gesamte Thematik dieses kurzen Tv-Specials.