Children of the Sea (2019)

Kaijuu no Kodomo / 海獣の子供

Rezensionen – Children of the Sea

Hier findest Du sowohl kurze als auch umfangreichere Rezensionen zum Anime „Children of the Sea“. Dies ist kein Diskussionsthema! Jeder Beitrag im Thema muss eine für sich alleinstehende, selbst verfasste Rezension sein und muss inhaltlich mindestens die Kerngebiete Handlung und Charaktere sowie ein persönliches Fazit enthalten. Du kannst zu einer vorhandenen Rezension allerdings gern einen Kommentar hinterlassen.
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Avatar: Asane
Redakteur
#1
"Es war ein Tag wie jeder andere."

So beginnen Geschichten, die eine banale Ausgangssituation setzen und allmählich wie unmerklich über sich hinausgreifen, das Reich des Wunderbaren, Unbegreiflichen berühren, und der Zuschauer weiß, dass hier eine Geschichte beginnt, die die Welt des Verstandes und der Vernunft verlässt. Wohin die Reise gehen wird, das weiß er allerdings noch nicht.

Das Banale des Lebensalltags spiegelt sich hier im Banalen an der Grenze der Klischeehaftigkeit: Ruka, begeisterte Handballerin, wird unfair wie hinterhältig von den Beinen geholt, und kurz darauf geht ihre foulende Gegnerin zu Boden und muss ärztlich versorgt werden. War es ein Revanchefoul von Ruka oder einfach nur "dumm gelaufen"? Man weiß es nicht, ist aber auch unerheblich, denn sie soll sich nun für diese Aktion gefälligst verantworten, gar sich entschuldigen, was (man mag es ihr nicht verdenken!) ihr gewaltig gegen den Strich geht – und sie daraufhin deprimiert in den Unterwasserzoo schlurft, den Arbeitsplatz ihres Vaters, wo sie sich Trost und Ablenkung erhofft.

Derartige banale, aber bezeichnende Situationen, die einen einschneidenden persönlichen Konflikt thematisieren und damit eine Geschichte auslösen, die in übersinnliche Bereiche ausgreift und daher dem menschlichen Verstand nicht mehr zugänglich sind, findet man häufiger in Anime; zuletzt recht prägnant in "Kimi no Koe o Todoketai". Hinzu kommt freilich (damit Ruka auch wirklich hinreichend bedient ist) noch der fast schon obligatorische Konflikt mit Mutter oder Vater, so dass Hilfe aus dieser Richtung eher nicht zu erwarten ist.

In dieser Situation begegnet sie Umi.
Und in der Folge davon dem anderen "Umi" - dem Meer.

Beides ist dazu angetan, erstmal den Kopf frei zu bekommen. Der lebensfrohe, übermütige und doch mysteriöse Umi genauso wie das Meer selbst in all seiner Farbenpracht, dem wimmelnden Leben darin, seiner Stimme und seiner endlos scheinenden Geheimnisse und Weiten.

Diese Faszination wird für den Betrachter unmittelbar greifbar. Was hier auf ihn einstürzt an glitzernden Wellen, schäumender Gischt und immer aufs Neue verebbender Dünung, ist schier unglaublich und lässt den Zuschauer mit offenem Mund staunend zurück. Denn all das, wo er mittlerweile mäßige bis schlecht sitzende CG zu ertragen gewohnt ist, wurde traditionell "von Hand" animiert, in einer Perfektion und Lebendigkeit, einer Frische und Echtheit, die jede Erwartung übertrifft.
Schon in der Abbildung der eher unbewegten Dinge in den Hintergründen, den Blumen und Gebäuden und all den Details, an denen man sich gar nicht sattsehen kann, konnte man eine Ahnung davon gewinnen, dass man hier ein ungewöhnliches Werk geboten bekommt, von einer Unmittelbarkeit und Ausdruckskraft, wie man es sonst fast nur von Studio Ghibli kennt. Kurz: was Studio 4°C hier abliefert, ist schlicht sensationell.
Gewissermaßen flankiert wird diese visuelle Faszination von der Musik des Ghibli-Hauskomponisten Joe Hisaishi, der das Meer mit all seinen Facetten in Musik einfängt, meist unauffällig, aber effizient, changierend zwischen der Rauschhaftigkeit Ravels und expressionistisch sich türmenden Klangmassen, immer wieder an der Schwelle tonaler Auflösung.

Diese audiovisuellen, sinnlichen Erlebnisse bereiten den Boden für die Entfaltung des Übersinnlichen in der Geschichte. Denn dass dem Mysterium der beiden Meerkinder mehr zugrunde liegt als eine bloße biologisch-anatomisch Anomalität, sollte auf der Hand liegen.

Das Problem ist nun, die verschiedenen Phasen der Aufklärung des Rätsels zu fassen zu kriegen.
Anfangs scheint alles den einfachen Weg zu gehen. Denn gewisse Indizien zeigen eindeutig in diese Richtung, insbesondere da von gewissen Tropen reichlich Gebrauch gemacht wird, seien es die fragwürdigen Untersuchungen von fragwürdigen Wissenschaftlern, denen die Meerkinder ausgesetzt sind, sei es die magische Wirkung mysteriöser Meteoritentrümmer, sei es eine geheimnisvolle Verbindung zu den Tieren des Meeres seit früher Kindheit samt der Fähigkeit, Lichterscheinungen wahrzunehmen, die anderen verborgen bleiben und die daher eine Art schicksalhafte Vorbestimmung nahelegen.

Sobald der Zuschauer jedoch meint, einen Anhalt gefunden zu haben, in welche Richtung es sich entwickeln könnte, entwindet sich die Geschichte seinem geschulten kriminalistischen Spürsinn, dreht eine weitere Pirouette in immer abstraktere Gedankenwelten, denen er nur schwer bis gar nicht zu folgen vermag.
Nach den Vorführungen auf dem AkibaPass Festival 2020 jedenfalls war die Ratlosigkeit im Publikum mit Händen greifbar; und selbst auf der Herrentoilette schien die Diskussion darüber, ob man nun etwas enorm Tiefgründiges gesehen habe, oder ob das alles schwurbelige Weltanschauungslyrik sei, weitaus dringlicher zu sein als das schnöde Wasserlassen.

So trägt es die Geschichte in die Höhen einer aller irdischen Begrifflichkeit enthobenen Weltauffassung, die auch das Publikum in anderen Anime-Foren vor gewisse Rätsel stellt:

The story does not give clear answers and is more about the sense of wonder and esoterical concepts beyond human grasp, but the audiovisual presentation was beyond stunning.
I tried to focus on the story and hoped for more explanations about what they are or more about the festival that is constantly mentioned...don't do that, you will probably only get more confused

Es bleibt am Ende das Gefühl, man habe das Unerklärliche durch Übernatürliches zu erklären versucht - bis zu einem Punkt, der in einer Art allumfassender Beliebigkeit gipfelt, hart an der Grenze eines esoterischen Seinsverständnisses. Alles ist irgendwie mit allem verbunden, und wenn man fragt, "was hat sich der Storymensch eigentlich dabei gedacht?", könnte man spekulieren:
Nunja, Wasser wirbelt herum und zieht Kreise, und im Wasser wirbeln die Fischschwärme und ziehen Kreise, und all die Tropfen und all die magischen Lichter der See - sehen die nicht auch aus wie Sterne? - Und all die Sterne im All, sie formen sich in Kreisen zu Galaxien und leuchten wie die Wesen des Meeres - alles entsteht aus ihnen und also sind alle Eins...

So etwa.

Vielleicht ist es ja besser, man hält sich an ein unvergleichliches, überwältigendes cineastisches Erlebnis und lässt die Fragen zu Sein und Menschheit da, woher sie entstiegen sind: in der Unergründlichkeit der tiefen, blauen See.
Beitrag wurde zuletzt am 13.02.2021 00:04 geändert.
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