Live-Action-Rezensionen

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Rezensionen

Grand Blue

Avatar: Asane
Redakteur
#31
Wie schon bei den Vorgängerwerken, an denen sich der Film orientiert, dem Manga wie der Animeserie, vereinen sich auch hier überdrehte Comedy mit stillen, introspektivischen Szenen, und das nicht wirklich überzeugend. Die Comedy überwiegt und dominiert diesen Film, und das von Anfang an. Das bedeutet: Man kommt in den zweifelhaften Genuss von dem üblichen über alle Stränge schlagenden Gehampel plus völlig übertriebenem Grimassieren, wie sich das für eine Nonsens-Komödie eben so gehört. Sonst nämlich ist es nicht lustig.

So wenig also vertraut man den eigenen Fähigkeiten, Humor zu inszenieren auf der Grundlage stimmigen und glaubwürdigen Personals. Denn daran liegt es nicht. Die Charaktere sind an und für sich durchweg glaubwürdig, auch wenn manche gehörig einen an der Waffel haben. Die Bahn für alleine daraus resultierender Komik wäre also frei.

Wie der Film beginnt, könnte manchem bekannt vorkommen. Wie in einem beliebten Alptraum von Freudschen Ausmaßen erwacht der Protagonist Iori Kitahara scheinbar an einem sonnendurchflutenden, paradiesisch einsamen Strand, völlig nackt, nur um sich kurz darauf in der Fußgängerzone wiederzufinden. Der arme Kerl hat keinerlei Erinnerung daran, was zu dieser Situation geführt haben könnte, und bevor die Polizei den Perversen schnappt, flieht er Richtung Uni, wo es ihm anhand der auf seinen Körper gekritzelten Botschaften gelingt, wenigstens für untenrum was zum Anziehen zu finden. Aber irgendein Schicksal scheint immer wieder auf Reset zu drücken, und so erlebt er die gleiche Szene noch ein paar weitere Male, ähnlich wie in jenem Film, an dem täglich das Murmeltier grüßt.

Die Spur des Ungemachs scheint auf eine der Izu-Inseln zu führen, genauer: zu einem Shop für Tauchausrüstung, dem titelgebenden »Grand Blue«, dem auch ein Tauchclub angeschlossen ist. Dort trifft Iori nicht nur seine heimliche Liebe, seine Cousine Chisa, die er Ewigkeiten schon nicht mehr gesehen hat, auch sein Leidengenosse Kouhei, dem ähnliches widerfahren ist und den er unter ähnlichen Umständen kennengelernt hat, ist nun mit von der Partie.

Und dann ist da natürlich noch der Tauchclub, dessen Mitglieder sich eher freizügig geben und der für allerhand Streiche und Partyeinlagen gut ist, letztere gern im spanischen Stil, immer etwas an "Macarena" erinnernd. Der Moment, als die beiden sich breitschlagen lassen und dem wilden Verein beitreten, gehört zu den Höhepunkten des Films. Vor allem, weil die Comedy gegenüber den ernsteren Seiten nun etwas zurücktritt und sowohl den Charakteren mehr Tiefe gegeben wird als auch die Natur, vor allem die unter Wasser, mehr Raum bekommt. Denn die optische Qualität des Film ist durchaus beeindruckend. Alles wird überstrahlt von der mediterranen Intensität des Lichts, von der Lebenslust der Bewohner und der sommerlichen Wärme und Behaglichkeit, die den Zuschauer in seinen Bann zieht.

Zu den Höhepunkten zählt, trotz aller Slapstick-Comedy, auch der Talent- oder Schönheitswettbewerb (whatever, so ganz hab' ich das nicht begriffen), wo in die Tiefen arrangierter Oberflächlichkeit eingetaucht wird und wo eine der besten und anrührendsten Racheaktionen inszeniert wird, die ich bisher erleben durfte.

Am Ende weiß der Zuschauer nicht so recht, was das war und was das sollte. Der mysteriöse Beginn enpuppt sich als etwas völlig anderes, was aber die allgemeine Glaubwürdigkeit eher beschädigt, der Schluss gibt sich gedankenvoll mit einigen Lebensweisheiten wie "es kommt nicht darauf an, was du kannst, sondern was du willst", die Romanze bleibt in der Luft hängen, und der Tauchclub mit dem bemerkenswerten Namen "Diving Circle Peek-a-Boo" gibt sich zwar angemessen sympathisch wie idiotisch zugleich, übt sich aber doch sehr in Zurückhaltung nackter Tatsachen. Wer also angesichts des Covers sich mehr erwartet hat, wird wohl enttäuscht.

Die Darsteller agieren zwar überdreht, knorrig, exzentrisch und leicht gaga, aber sobald keine Comedy auf dem Plan steht, vermögen sie es, sich in die Herzen des Publikums zu spielen. Gerade, weil man es mit einer Reihe gutmütiger, sympathischer und dennoch taffer Mädchen zu tun hat, aber auch, weil zwei knackige Jungs das Set bevölkern, mit deren sexueller Ausrichtung auch immer etwas gespielt wird. Auch das ganz genretypisch also.

Wer also mit Komödien im Stil von Louis de Funès gut zurecht kommt, hat gute Chancen, auch »Grand Blue« etwas abzugewinnen. Sicherlich mehr, als dies dem Rezensenten gelungen ist.
Beitrag wurde zuletzt am 19.03.2023 20:50 geändert.
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Kimi no Me ga Toikakete Iru

Avatar: SabriSonne
Redakteur
#32
„Kimi no Me ga Toikaketeiru“ oder „Your Eyes tell“ ist wieder der beste Beweis für die wirklich grandiose Filmkunst aus Japan. Denn wenn Japan eine Sache wirklich kann, dann rohe und echte Emotionen in Form eines realitätsnahen Alltagsdramas.


Zur Handlung
Die Geschichte verläuft genau so, wie man es sich mit Trailer oder Zusammenfassung vorstellt. Normalerweise würde ich das nun als schlecht auslegen, da einfach das Überraschende zu fehlen scheint, aber bei „Your Eyes tell“ fügt sich alles so harmonisch zu einem Gesamtkunstwerk zusammen, dass man selbst die eigentlich vorhersehbare Handlung einfach nur in sich hineinsaugt.

Grundsätzlich passiert im Film nämlich nicht dramatisch viel, trotz der 2-stündigen Laufzeit. Die Handlung folgt dem Offensichtlichen, ist auch in der Reihenfolge der Situationen nicht neu und hätte damit im Endeffekt tatsächlich zum mittelprächtigen Standard werden können. Was nun jedoch die Geschichte deutlich von vielen seiner Art abhebt, ist die Metaebene, in die sich der Film begibt. Man merkt schnell, dass die Handlung eher Mittel zum Zweck ist, um mit zahlreichen Metaphern zu spielen, Konzepte zu erörtert und Charakterentwicklung zu vollziehen. Und das gelingt in diesem Film wirklich wunderbar!

Wir begleiten die beiden Hauptfiguren Rui und Akari, die unterschiedlicher und zu gleich ähnlicher nicht sein könnten. Der Film spielt dabei hervorragend mit Gegensätzlichkeiten aber auch Gemeinsamkeiten der beiden und lässt immer wieder Welten aufeinander prallen. Akari ist dabei der rettende Anker für Rui, der gleichzeitig auch der rettende Anker für Akari ist. Es ist dabei sehr schön zu beobachten, wie „Your Eyes tell“ mit der Thematik von Schuld und Unschuld spielt, dargestellt durch die beiden Hauptfiguren. So entsteht trotz der zu erwartenden Romanze eine sehr positive Abhängigkeit der Figuren zueinander und gibt damit dem Film eine deutlich stärkere Tiefe.

Die Geschichte durchläuft dabei einige Hochs und Tiefs, was bei einem Melodrama nicht unerwartet kommt, und am Ende kann man sogar ein Taschentuch bereit halten, wenn man sich komplett darauf einlassen kann. Die Geschichte ist unglaublich rund, vom Tempo her sehr gut, die Konflikte sind gut gewählt und enden mit einem emotionalen und gleichzeitig unerwartetem Höhepunkt. Spätestens jetzt fällt auf, wie grandios Akaris Blindheit in der Geschichte platziert ist und welch entscheidende Rolle sie spielt. Akari ist nicht einfach nur blind, um eine Minderheit zu bedienen (wie es leider heutzutage viel zu oft der Fall ist), sondern weil gerade das die Geschichte ausmacht. Wäre sie nicht blind, würden viele Metaphern vom Wind davon getragen werden und viele Motive nicht in dieser Art und Weise ihre Tiefe bekommen.

Blindheit ist das zentrale Motiv in der Serie und wird ebenso wie Schuld und Unschuld in den beiden Figuren dargestellt: Akari, die tatsächlich blind ist, aber die Schönheit in allem sehen kann, während Rui zwar sehen kann, aber für alle Schönheit blind geworden ist. Dieses Motiv wird noch einmal deutlicher mit dem Titel „Your Eyes tell“ („Deine Augen erzählen“) unterstrichen. Ruis Augen sind leer und erzählen nichts mehr, nur Trauer und Schmerz, doch Akari kann sie nicht sehen, sondern kann sich nur auf ihr inneres Auge verlassen und in sein Herz blicken. Die Augen sind der Spiegel der Seele, doch es ist das Herz, dass in diesem Fall die Geschichte erzählt. Denn während Rui den praktischen Teil der Hilfe übernimmt, ist es Akari, die den emotionalen Teil übernimmt. Der Film fokussiert hierbei v.a. auf die tatsächliche Schönheit, die Schönheit, die von Innen kommt. Und auch Akari als Figur fokussiert nur darauf.
Dadurch wird die Geschichte so reichhaltig und kommt schnell aus dem Fahrwasser einer langweiligen Alltagsromanze. Es geht um emotionale Wunden, die Schönheit eines Menschen und um uneingeschränkte Wärme. Und genau das vermittelt der Film eindrucksvoll.

Und selbst wenn es die Handlung mit „Always" schon vor 10 Jahren gab, ist für mich die japanische Version fast noch eine Nummer besser als die Koreanische. Ich habe es einem diesem Pärchen einfach deutlich mehr abgenommen als dem Koreanischen.
Ebenso fand ich, dass sich die japanische Version mehr Zeit nimmt und deutlich tiefer in die Gefühlswelten eintaucht. Man merkt hier die fast 20min mehr sehr positiv. Dennoch ist auch die originale Version nicht zu verachten und nicht weniger gut. Was für mich jedoch die japanische Version deutlich besser macht, ist die Tatsache, dass Er 10 Jahre jünger ist als Sie. In der koreanischen Version ist es genau anders herum, Er ist 10 Jahre älter, was hier für mich nur noch mal die Charaktereigenschaften unterstreicht: Er als gebrochener Mann, Sie voller jugendlichem Elan. In „Your Eyes tell" gefällt mir hier besonders, dass es bewusst konträr gestaltet ist: Er ist trotz Jugend der gebrochene Mann, während sie trotz sicherem Stand im Leben noch die jugendliche Frische bewahrt. Deswegen funktioniert für mich dieser Film etwas besser als „Always".


Zu den Charakteren
Rui und Akari sind in jeglicher Hinsicht die perfekten Figuren, um diese Art der Geschichte zu erzählen. Mit ihren Positionen in der Handlung werden die erwähnten Motive plastisch ausgelegt und erhalten eine nicht erwartete Tiefe.

Zu Beginn ist die Rollenaufteilung sehr klar: Rui ist im Schatten, Akari ist sein Licht. Besonders eindrucksvoll ist, dass sie ja im Grunde eigentlich das Licht im wahrsten Sinne des Wortes nicht sieht, da sie seine Augen und damit seine Entwicklung nicht sehen kann. Damit kann man Akari auch mit einer kindlichen Unschuld gleichsetzen (ohne dabei naiv zu sein), während Rui in Schuldgefühlen ertrinkt.
Daraus entwickelt sich schnell das Motiv der Hilflosigkeit, das ebenso eindrucksvoll umgesetzt wird. Denn eigentlich würde man vermuten, dass Akari mit ihrer Blindheit die Hilfsbedürftige ist, doch sie ist selbstbewusst, weiß was will, weiß aber auch, dass die Grenzen hat, die sie nicht überschreiten kann, selbst wenn sie möchte. Der eigentlich Hilfsbedürftige ist in diesem Fall jedoch Rui. Er im Vergleich nichts, was ihn gesundheitlich eingeschränkt, dennoch schränkt er sich selbst auf ein Maß ein, dass ihn unfähig macht, ein Leben zu führen. Er ist hilflos im Sinne als dass er nicht in der Lage ist zu leben. Und da steht nun Akari, die eigentlich von der Logik her nicht in der Lage sein sollte, ein barrierefreies Leben zu führen, in eindrucksvollem Kontrast.

Die Charakterentwicklung fühlt sich damit rund an, alle Zahnrädchen passen perfekt zusammen. Schön ist hier außerdem, dass „Your Eyes tell“ auf weitere Nebencharaktere verzichtet, keine Dreiecksbeziehung einführt, sondern nur auf die beiden Hauptfiguren und deren Entwicklung fokussiert. Es gibt keinen offensichtlichen Bösewicht, keine Personen, die sich aktiv der Romanze in den Weg stellen. Müsste man den Bösewicht suchen, so wären es die eigenen Emotionen und die eigene Unfähigkeit.
Und diese Emotionen sind mit dem Thema der Augen einfach nur eindrucksvoll umgesetzt. Und hier zahlen sich nun die beiden hervorragend gecasteten Hauptdarsteller aus, ohne die das Motiv so nicht funktionieren würde.
Yuriko Yoshitaka ist endlich mal eine Schauspielerin, der ich einen blinden Charakter voll abnehme. Sie spielt leicht und frisch, gleichzeitig aber auch schwermütig und potraitiert damit eine Akari, die ein hartes Schicksal zu tragen hat, aber mit sich im Reinen ist.
Und Ryusei Yokohama – mir fehlen die Worte! Diese Augen! Er bedient das Motiv so perfekt, hat in jedem Blick so viel Emotion. In seinen Augen spiegelt sich förmlich die Zerrissenheit von Rui, der tiefsitzende Schmerz, die Leere, doch auch die glücklichen Momente. Er transportiert so viel mehr mit seinem Blick, als seine seltenen Worte in dem Film jemals sagen könnten, was den Charakter von Rui einfach perfekt macht. Man verliert sich förmlich in seinem Blick und kann sich voll und ganz auf die Charakterentwicklung einlassen, weil man sie nicht nur rational versteht, sondern sie auch emotional deuten kann. Für so einen jungen Schauspieler (Jahrgang 1996) einfach nur herausragend!


Fazit
Ein emotionales Feuerwerk. Anders kann man es nicht ausdrücken.


Beitrag wurde zuletzt am 19.03.2023 13:38 geändert.
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Island

Avatar: SabriSonne
Redakteur
#33
6 Folgen „Einleitung“, gedehnt wie ein klebriger Kaugummi.


Zur Handlung
Zeitgenössische Fantasy scheint aktuell das Genre für KDrama zu sein. Egal ob in realhistorischem Kontext oder in der Gegenwart, mit Fantasy bekommt man einfach die schönen Bilder, die man dann in den Trailer packen kann.
Dass man dann aber auch tatsächlich eine packende Geschichte braucht, scheinen heutzutage die meisten im Anschluss zu ignorieren.

KDrama sind ja oft dafür bekannt, im Verhältnis zur Gesamtlänge von in der Regel 16 Folgen eine sehr lange Einleitung zu haben. „Island 1“ kann man aber storytechnisch als einzige große Einleitung bezeichnen – und das 6 Folgen lang!

Einleitungen sind wichtig, um Personen, Setting und Gesamtgeschichte einzuführen. Sie sind damit essentiell, eine schlecht gemachte Einführung zerlegt einem im Endeffekt die Geschichte. Dennoch muss man aufpassen, dass die Einleitung im Verhältnis nicht zu lang wird, da ansonsten die Motivation flöten geht.
„Island 1“ scheitert für mich an diesem Punkt. Die ersten 6 Folgen schaffen es nämlich nicht, eine Gesamtgeschichte einzuleiten. Nach den 6 Folgen hat man kein Gefühl, wohin die Handlung eigentlich will und was das große Ziel aller Beteiligten ist.

Stattdessen bekommt man Einzelgeschichten, die mehr oder weniger gut die Motivationen der 3 Hauptfiguren beleuchten, was man jedoch auch zu einem späteren Zeitpunkt hätte machen können. Denn wenn das die einzige Handlungsgrundlage bleibt, dann beginnt sich die Serie unweigerlich wie Kaugummi zu ziehen. So vergehen 6 Folgen und man hat mental das Gefühl, man befindet sich in Folge 2 oder 3. Wenn die Hauptstory, das große Hauptziel, nicht eingeführt wird, muss man als Folge leider die Charakterstories so stark aufblähen, dass man förmlich auf Auflösungen wartet, denn leider sind die Geschichten nicht kreativ genug und absolut vorhersehbar. Dass man dann handlungstechnisch auch kaum vorankommt, ist nur der unglückliche Nebeneffekt. Müsste man die bisherige Handlung zusammenfassen, würde man auf Folgendes kommen: „Mi-Ho taucht in die Welt der Untoten ein, Chan-Hyuk landet im moralischen Dilemma und Van macht eigentlich nix.“ Mehr passiert tatsächlich nicht. Und das ist für 6 Folgen schon wirklich lächerlich.

Dennoch ist die Geschichte handwerklich auf gutem Niveau. Fehler bleiben größtenteils aus (wobei sich die Serie in Folge 6 wirklich den Oberklatscher geleistet hat, bei dem man sich echt fragt, wie sowas überhaupt passieren kann! Wie schlecht ist bitte die Post-Production!), Optik ist gut, die Ideen im Grunde auch – Problem: es dauert einfach alles viel zu lange!
Die Handlungen sind nicht kreativ genug, als dass man aus Spannung am Bildschirm klebt. Die meisten Handlungsstränge sind mit logischem Denken einfach viel zu offensichtlich. Ebenso zünden dramatische Momente nicht, weil die Geschichte so dermaßen penetrant auf einige Auflösungen abzielt, dass man sie schon 10 Meilen gegen den Wind im Voraus erkennt! Man wartet damit laufend auf das Offensichtliche oder die einzig sinnvolle Möglichkeit, wie die Story zu Ende geführt werden muss. Ebenso wartet man auf die unweigerlich folgenden Emotionen, sodass sie im Endeffekt kaum noch tatsächlich emotional sind. Da hilft das wirklich gute CGI auch nur bedingt .

So sitzt man in der letzten Szene und hat erst dann das Gefühl, dass die Einleitung nun vorbei ist. Die ersten Teamkonflikte sind ausgeräumt, zumindest 1 Charakter hat eine gute Motivation, um weiterzumachen und in der letzten Folge taucht auch endlich sowas wie ein Gegenspieler auf. So braucht es geschlagene 6 Folgen, bis Charaktere und Setting abgeschlossen sind. Vom Ziel fehlt immer noch jede Spur.

Und leider passiert dann genau das, wovor man die ganze Zeit schon Angst hatte: die Handlung wird generisch.
Es ist nichts spannendes daran, nichts außergewöhnliches. Alles zieht sich wie Kaugummi in die Länge, weil die Macher offensichtlich meinen, die Zuschauer hätten das Niveau von Kleinkindern. Man wartet und wartet. Die Kämpfe sind langweilig, weil die Cuts so schlecht sind, dass man sie im Grunde nicht sieht. Alles ist von CGI bedeckt; es ist so schnell und abgehackt, dass man eigentlich nur das Endergebnis vorgesetzt bekommt, wo irgendwer meterweit davon geschleudert wird. Praktisch, wenn man sich Choreo sparen will. Dazu diese abgedroschene Epik zwischen Gut und Böse, die hier so Schwarz-Weiß gezeichnet ist, dass es wirklich wehtut.

Aber das könnte man ja der Serie noch irgendwo verzeihen, wenn es wenigstens die Figuren gut wären…!


Zu den Charakteren
Ich muss es echt sagen: die Hauptfiguren sind eine Vollkatastrophe.

Zu Van kann ich nichts sagen, weil man bei ihm nach der 1. Folge genauso schlau ist wie nach der 6. Folge. Das einzig interessante an ihm ist seine Haltung, also ob er nun gute oder böse Absichten hat, seine gleichgültige Art und sein überhebliches Getue machen ihn aber auf keine Weise sympathisch. Er ist so fernab von einem nachvollziehbaren Charakter, dass man sich kaum mit ihm sympathisieren kann. Als Teammitglied sicherlich interessant, als Einzelfigur funktioniert er als Protagonist jedoch kaum. Man kann sich als Zuschauer nicht mit ihm identifizieren. Und nennenswert zur Handlung trägt er auch nicht bei.
In der zweiten Hälfte versucht man sich an Hintergrund-Story, aber diese ist wieder so abgedroschen und einseitig formuliert, dass das Endergebnis schon gefühlt schon ersichtlich war, bevor die Hintergrundgeschichte überhaupt losging. Ich gebe zu, ich habe sie komplett übersprungen und nur die letzten Szenen davon angeschaut - ich hab's komplett verstanden! Und habe mir damit fast eine ganze Folge zum Anschauen gespart! Das sagt glaub ich schon alles!
Gott sei Dank ist wenigstens die schauspielerische Leistung von Kim Nam-Gil stark.

Denn bei Cha Eun-Woo in seiner Rolle als Chan-Hyuk kann man das wieder einmal nicht behaupten! Ich bin gespannt, wann endlich dieser Punkt kommt, dass man ihn nicht mehr für schauspielerische Projekte castet, nur weil er ein Pretty-Face ist – er kann einfach nicht schauspielern! Klar, er kann auf Kommando heulen und gibt sich größte Mühe, keine Frage, aber es gehört einfach Talent dazu – und das hat er nun mal nicht! Seine Lines klingen wie abgelesen und absolut unnatürlich, und er schafft es einfach nicht, eine Aura für den Charakter zu kreieren. Das ist einfach Eun-Woo als Priester mit einem Schwert, mehr nicht.
Jetzt muss man ihm natürlich zugute halten, dass seine Figur noch die beste Storyline abbekommt, sodass der Charakter am Ende nicht völlig versagt. Das moralische Dilemma ist nicht überraschend und leider in seiner gesamten Reihenfolge absolut vorhersehbar, aber inhaltlich absolut in Ordnung und erfüllt damit perfekt seinen Zweck als grundlegende Motivation. Man versteht die Figur, ist empathisch und kann nachvollziehen, warum er so handelt. Damit ist er zwar nur ein Standard-Charakter, den es in anderen Titeln zu Hauf gibt, der aber wenigstens seiner Funktion als Hauptcharakter und Protagonist gerecht wird.
Nur leider passiert auch hier das zu Erwartende: nach seiner Story braucht ihn die Handlung nicht mehr.
Ich hatte es leider schon kommen sehen, da es tatsächlich keinerlei Unterschied für die Gesamthandlung macht, ob er nun dabei ist oder nicht, aber ich hatte gehofft. Meine Hoffnungen wurden jedoch zu Nichte gemacht, weil ihn die Handlung tatsächlich danach droppt und er keinen sinnvollen Auftritt mehr hat. Er ist einfach da, weil er nun mal da ist. Und dann ist er nicht da, weil er nun mal nicht da ist. Er hat keine Motivation. Man kann hier nicht mal wirklich von Freundschaft reden, denn sowas entwickelt sich zwischen den Figuren so gut wie nicht. Und damit bricht leider tatsächlich der im Grunde beste Protagonist-Charakter aus der Serie raus.

Denn der eigentliche Protagonist der Serie, Mi-Ho, ist für mich die Oberkatastrophe der Serie!
Am Anfang erfüllt sie alle typischen Kriterien des Protagonisten: sie hat genauso viel Ahnung von dieser magischen Welt wie die Zuschauer und ist damit perfekt geeignet, um den Zuschauer abzuholen. Man kann sich in dieser Hinsicht hervorragend mit ihr identifizieren.
Das war dann aber auch schon alles an Eigenschaften, die man mit ihr gemeinsam hat. Ihre ganze Figur ist durch ihre Arroganz und ihren Egozentrismus so dermaßen unsympathisch, dass man sich wirklich umdrehen und gehen will! Normalerweise würde jeder normale Mensch eine solche Person links liegen lassen und nie wieder mit ihr interagieren wollen, weil man sich so einen ekligen Charakter wie sie ihn hat in der Regel nicht antut. Hier kann man aber nicht weggehen, sondern wird laufend mit Unsympathie beworfen und muss es sich anschauen.
Die Geschichte versucht zwar, durch gewisse Situationen ihre Grundhaltung ändern zu wollen und uns zu zeigen, wie empathisch sie eigentlich ist, es bringt nur nichts, wenn man sie in der darauf folgenden Szene wieder zum absoluten Unsympath macht, weil sie sich wieder aufführt wie ein kleines Kind, dem man die Süßigkeiten weggenommen hat. Die Geschichte lässt sie wertvolle soziale Verhaltensweisen lernen, nur um sie ihr sofort wieder zu nehmen und sie in ihr altes charakterliches Muster zurück zu zwängen – sehr gut! Das sorgt nämlich gar nicht dafür, dass sich die Handlung noch länger anfühlt, wenn man ihr gefühlt 20x die Ethik erklären muss, nur damit sie diese dann doch nicht lernt. Und auch nachdem sie ihre Rolle übernommen hat, macht sie das nicht sympathischer. Ganz im Gegenteil: jetzt ist sie mehr ein Schatten ihrer Selbst, ohne wirklichen Charakter mehr. Einfach nur schlecht!

Mein absolutes Highlight: Chan-Hyuk im Hintergrund am sterben - das einzige was Frau-von-und-zu macht: beleidigt erst mal Van, der ihr gerade das Leben gerettet hat, bezeichnet ihn als A*loch und beginnt mit ihm einen Streit auf Kindergarten-Niveau. Chan-Hyuk und auch ich als Zuschauer trauen den Augen und Ohren nicht und machen verbal darauf aufmerksam, dass er im Hintergrund gerade am Abkratzen ist - soll das nun lustig sein?!
Das einzige, was mir diese Szene brachte, war ein erbärmlicher Facepalm, ein angepi**tes Schnaufen und deutlich mehr Identifikation mit Chan-Hyuk, weil er genau das sagt, was man denkt: WTF!!

Dass sie dann auch noch die „Damsel in Distress“ ist, macht die Sache nicht besser. Und wie arrogant und unverschämt sie sich dann auch noch nicht bedankt – da wünscht man sich fast, sie wäre doch von einem dieser Monster in Stücke gerissen worden. Wäre aktuell wirklich kein Verlust für die Serie! Warum die überhaupt noch gerettet wird, fragt man sich da unweigerlich! Warum kommen die der eigentlich noch zur Hilfe?!
Und wenn Charaktere so nerven, dass man sie sich tot wünscht – was soll ich dazu noch sagen?! Laut Definition muss einen Protagonisten nicht unbedingt sympathisch empfinden, aber man sollte in der Lage sein, die Entscheidungen nachvollziehbar zu finden. Spricht doch für sich!

So ist der einzige tatsächliche Protagonist Chan-Hyuk – und das einfach nur, weil er wie aus dem Lehrbuch funktioniert. Aber mit den anderen 2 Figuren kann man beim besten Willen einfach nichts anfangen: beide zu abgehoben, beide zu arrogant.

Im Nebencast fokussiert die Serie auf die Idee der „Monster of the Week“. In diesem Format meiner Meinung nach absolut passend. Die persönlichen Geschichten der „Monster“ sind dabei in der Regel deutlich besser als die der Hauptfiguren und bringen wenigstens ein bisschen Spaß und Spannung, sodass man nicht wegen „Miss Blöde Ziege“ seinen Laptop zertrümmern will. Ich konnte mit den Nebencharakteren nämlich deutlich besser mitfühlen als mit den Hauptcharakteren.
Den Hauptbösewicht fand ich schlimmer wie aus jedem Lehrbuch. Dementsprechend war meine Motivation beim Gucken. Und auch die Kämpfe interessierten mich hier wenig, weil ich weder Sympathie zum Bösewicht noch zu der ihm bekämpfenden Person hatte.


Fazit
12 unglaublich zähe Folgen, die nichts neues bringen und einfach nur ermüden.

Mit Van kann man nichts anfangen, was zwar sicherlich zum Mysterium beträgt, aber charakterlich einfach nicht trägt, Mi-Ho ist aktuell auf Platz 1 der widerlichsten Hauptfiguren, die ich jemals gesehen habe (und wird es vermutlich für sehr lange Zeit bleiben!), und Chan-Hyuk kommt mit seiner Geschichte beinahe zu spät, um den Anfang ohne sympathischen Protagonisten gerade noch so aufzufangen.
Leider trägt Chan-Hyuk in der zweiten Hälfte gar nichts mehr, weil die Geschichte seine Figur einfach nicht mehr braucht, sodass der wichtigste Stützpfeiler auch noch wegbricht.

Für mich absolut versagt!

Beitrag wurde zuletzt am 25.03.2023 09:32 geändert.
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Unit 731: Men Behind the Sun

Avatar: Asane
Redakteur
#34
Dünn ist die Schale der Zivilisation. Sehr dünn und sehr zerbrechlich.

Auschwitz kennt wahrscheinlich jeder, zumindest dem Namen nach. Aber wer hat schon von Lager 731 und der zugehörigen "Spezialeinheit" gehört? Wie das KZ von Auschwitz unauslöschlich mit dem Namen Josef Mengele verbunden ist, hat das Grauen auch hier einen Namen, und der lautet Shirou Ishii. Seines Zeichens Mikrobiologe und Generalleutnant, betreibt er an den Gefangenen des Lagers etwas, das mit "Experimente" und "Studien" nur äußerst unzureichend beschrieben ist und diesen unschuldigen, hehren Worten auch in keiner Weise gerecht wird.

Als ich an diesen Film herangegangen bin, war in etwa klar, was mich erwartet. Naja, was soll schon sein, habe ich mir gedacht. Du hast das Texas Kettensäger-Massaker und seine Nachfolger gesehen, du hast alle Filme der Saw-Reihe gesehen, wird also schon nicht so wild sein. Und dennoch: Darauf war ich nicht vorbereitet. Denn die hier erlebte Konfrontation mit den Bildern, mit dem Entsetzen, der nackten, unverstellten Angst und den unwirklichen Ausmaßen unmenschlichster Torturen sprechen jedem Vorstellungsvermögen Hohn.

Deswegen, und weil man die Usermeinung auf IMDb: "Guaranteed to ruin your day" ernstnehmen sollte, folgt an dieser Stelle erstmal der Tipp bzw. eine Warnung an die arbeitende Bevölkerung: Schaut diesen Film im Urlaub! Ansonsten seid ihr für die nächsten Tage zu nichts Vernünftigem mehr fähig. Ein normales Wochenende reicht zur psychischen Wiederherstellung wahrscheinlich nicht aus. Und auch die Niederschrift dieser Rezension hier war erst mit vielen Tagen Abstand möglich.

Homo homini lupus – der Mensch ist des Menschen Wolf. Der menschliche Erfindergeist ist zu den erstaunlichsten Leistungen fähig wenn es darum geht, was man anderen Wesen antun kann. Berichte aus Mittelalter und Antike geben beredtes Zeugnis darüber, und auch die Folterkammern, die man heute besichtigen kann, vermögen einen plastischen Eindruck davon zu vermitteln. Aber immer auch auf sehr unzureichende, da oberflächliche und abstrakte Weise.

Der Film bildet das schiere Entsetzen ab, die Verhältnisse im Lager, das, was man "Alltag" nicht nennen möchte. Bis hin zum bitteren Ende, dem Zusammenbruch der Front und der restlosen Zerstörung der Einrichtungen durch die Japaner selber. Restlos beinhaltet dabei durchaus auch das Schicksal der Insassen. Sämtlicher Insassen. Erzählt wird das anhand eines japanischen Jugendcorps, das darin erzogen werden soll, zu echten Männern heranzuwachsen und die dort Gefangenen (zum Großteil Chinesen) als den letzten menschlichen, besser: menschenähnlichen Müll zu betrachten. Was anfangs natürlich misslingt. Denn einer der Jugendlichen freundet sich mit einem der internierten chinesischen Kindern an, einem stummen Jungen, dem noch ein sehr spezielles Schicksal beschieden sein wird. Neben den unsagbaren Misshandlungen ist dies ein weiterer Aspekt, der den Film prägt und mit dem man als Zuschauer zu kämpfen hat: Das Brechen der Menschlichkeit in ihren Seelen.

»Men Behind the Sun« (welches die "Sonne" ist, hinter der die Männer stehen, sollte sich dem an japanischer Geschichte Interessierten unmittelbar erschließen) ist ein Film, der für Freunde des verstörenden Horrors oder gediegenen Splatters wenig geeignet ist. Allein schon das Bewusstsein, daß solche Dinge wirklich geschehen sind und daß dies wohl nur die Spitze des Eisbergs war, steht dem entgegen und lässt das Erlebte in gänzlich anderem Licht erscheinen. Den Zuschauer erwartet eine Handlung voll klinischer Kälte, genauer Dissektion menschlicher Abgründe, ohne eine direkt eingebaute moralische oder didaktische Stellungnahme, wie es bei westlichen Produktionen so gern der Fall ist. Das heißt auch: Es gibt keine gekünstelte Emotionalität, keine inszenierte Betroffenheit, wie bei vielen Ami-Filmen üblich. Kein Appell an das Menschliche oder an zivilisatorische Standards. Nur reine, nackte Dokumentation gefühlskalter, barbarischer Unmenschlichkeit, fast im Kammerspielformat. Keine Epicness, kein Hoffnungsstrahl, sondern die ausweglose Hölle.
Mit all dem wird der Zuschauer alleine gelassen. Das ist volle Absicht. Keine Figur wird als Protagonist etabliert, es bietet sich nirgends ein Held als Identifikationsfigur an, mit dem man mitfiebern könnte. Das Spiel der Akteure ist unmittelbar und ungekünstelt, mehr dokumentarisch als dramatisch, schroff und kompromisslos.

Dieser Film will die Verhältnisse im Lager wiederauferstehen lassen, daher die dreckige Grafik und die klare, gnadenlose Sicht der Dinge. Samt der Bloßstellung der diabolischen Lust an Perfidie und purem Sadismus. Der nur darum existiert, weil man es darf. In der Sicherheit und Selbstversicherung nicht nur der eigenen Überlegenheit als Herrenrasse, sondern auch der eigenen Unangreifbarkeit. Nicht nur, weil man es kann, sondern im vollen, unerschütterlichen Bewusstsein, daß es einem zusteht.

Daher setzt die Regie schon früh äußere Zeichen innerer Verfallenheit und Verrottung, beispielhaft in den Bildern konservierter, in Formalin eingelegter Präparate ekelhaftester Art. Dennoch entfaltet der Film seine Wirkung nicht durch reinen Splatter oder schieren Horror, sondern zielt auf die psychologische Ebene. Auf der er ins Herz des Zuschauers zu treffen vermag, auf verheerende Weise.
Die Reviews, die man auf einschlägigen Seiten, etwa IMDb, lesen kann, stellen natürlich diese grauenhaften Schockeffekte in den Mittelpunkt, auch weil das so ziemlich das einzige ist, dessen man mit Worten habhaft werden kann. Daher werden auch immer die gleichen Scheußlichkeiten angesprochen wie etwa die Szene in der Unterdruckkammer, wo zu sehen ist,
wie ein Mensch auf zunehmenden Druckunterschied reagiert, bis hin zur Ausscheidung seiner Innereien,
und natürlich das Frostexperiment, wo draußen bei sibirischer Kälte einer Frau die Arme vereist werden, welche anschließend
in kochendes Wasser getaucht werden, so daß man mit Leichtigkeit das Fleisch vom Knochen reißen kann.

Sowie, als Gipfel der Perfidie, der Auftritt des oben angesprochenen stummen Jungen, der sich so unschuldig kindlich freut, endlich auch mal zu etwas nützlich sein zu können, und sich fröhlich und nackt auf den Operationstisch legt, wo er anschließend mit Chloroform betäubt wird. Was nun folgt, ist jedoch keine Operation,
sondern eine Vivisektion, in deren Folge ihm bei lebendigem Leib die Organe herausgeschnitten werden bis zu dem Moment, als der Chirurg das warme, schlagende Herz des Jungen in der Hand hält. Seinem japanischen Freund fällt daraufhin die zweifelhafte Ehre zu, die Leichenreste zum Krematorium zu schaffen.
Da, muss ich gestehen, war auch bei mir der Ofen aus und ich hab immer mal wieder eine halbe Minute vorgespult.

Solche Szenen entfalten ihre schockierende Wirkung natürlich (und vor allem) wegen der special effects. Ganz einfach deswegen: es gibt keine. Zur Zeit des Drehs gab es in China kaum Experten für special effects, daher hat man – Ausnahme: die Katzenszene –, mit offizieller Erlaubnis, und im Falle des kleinen Jungen natürlich auch mit der Einwilligung der Angehörigen, echte Leichen genommen, teils auch Innereien von Tieren. Wer ein wenig Ahnung von Anatomie hat, erkennt das auch. Aber trotz dieses Wissens ist der Effekt auf den Zuschauer in psychischer Hinsicht schlicht katastrophal. Keine Tricks und keine Effekte dieser Welt hätten diesen Schock in dieser Intensität auslösen können.

Seit einiger Zeit ist der Film wieder im deutschen Sprachraum verfügbar. Also auch auf Amazon, und da muss ich etwas schimpfen: Was ein wenig sauer aufstößt, ist die Coverauswahl bei manchen Publikationen. Denn dort versucht man offenbar mit einem "best of Schockmomente" potentielle Käufer, vor allem bei den Splatterfans, abzufischen. Das ist effekthascherisch und billig, und das hat dieser Film nicht verdient!

Wer einen stabilen Magen hat und das Gemüt eines Metzgerhundes, sollte sich auf alle Fälle die unzensierte Version antun, und zwar im Originalton, da dieser (wie immer in solchen Fällen) die Drastik und die Härten in Sprache und Umgang weit verstörender transportiert als jede Synchronfassung das könnte.

Wer's einmal gesehen hat, dem bleiben die Bilder ein Leben lang. Ein gutes Zeichen dafür, daß diese Schockmomente nicht um ihrer selbst willen da sind. An vielen der einschlägigen Szenen, gerade in Horror-Movies, erkennt man das Gemachte und Gewollte und fängt schon an zu gähnen angesichts der Effekte, die uns schocken sollen. Hier nicht. Für einen Horrorfilm ist das alles viel zu realistisch und zu verstörend. »Men Behind the Sun« ist ein Film, den man sich wahrscheinlich nie wieder anschauen will.

"Vergiss das nie" scheint der Film zu rufen, und das ist vielleicht das, was man als Message mitnehmen könnte.
Beitrag wurde zuletzt am 15.01.2023 04:18 geändert.
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Vanguard: Elite Special Force

Avatar: SabriSonne
Redakteur
#35
„Vanguard“ zeigt wieder einmal deutlich auf, warum ich persönlich kein Film-Typ bin.


Zur Handlung
Das typische „Gute Organisation“ vs „Böse Organisation“. Mehr ist es im Grunde eigentlich nicht. Und leider kommt der Film auch nicht groß aus diesem Fahrwasser hinaus und bleibt bis zuletzt relativ oberflächlich.

Das Hauptproblem liegt hier sicherlich, dass die Geschichte als solche nicht besonders ist. Man hat eher das Gefühl, als hätte man einfach per Zufall bei einem Auftrag unserer Personenschützer einfach mal die Kamera draufgehalten und fertig. Davor gab es Fälle, danach wird es Fälle geben. Als Zuschauer fühlt man sich schnell als Praktikant, der einfach mal für eine Woche die Gruppe begleitet und ihnen über die Schulter schauen darf. So wird die Geschichte leider schnell beliebig und man hat kaum emotionale Bindung zu den Figuren.

Dennoch spart man sich so natürlich einiges an Zeit, die der Film von Natur aus nicht hat. Positiv fällt hier auf, dass man sich hier nicht in unendliche Einleitungen verrennt sondern gleich zur Sache kommt. Ebenso ist das Team schon etabliert und benötigt keine gesonderte Einführung. Man erlebt einfach dynamisch im Verlauf der Handlung mit, wer welche Position hat und wer welche Fähigkeiten mitbringt.

Das führt aber unweigerlich zum absoluten Hauptproblem des Films, bzw. warum einem die ganze Zeit beim Schauen dieses „ganz okay“ im Kopf herum spukt: „Vanguard“ fehlt der eindeutig gezeichnete Protagonist!

In der Literatur ist nicht automatisch jeder Hauptcharakter auch ein Protagonist. Protagonisten sind besonders gut dafür geeignet, um den Zuschauer abzuholen. Im besten Falle soll sich der Zuschauer mit dem Protagonisten identifizieren können und mit ihm gemeinsam die Geschichte erleben. Dafür hat der Protagonist meist einige Eigenschaften des Zuschauers. Hauptcharaktere hingegen haben oft ähnlich viel Screentime und arbeiten ständig mit dem Protagonisten zusammen, sind aber nicht dafür da, sich um den Zuschauer zu kümmern. Um das zu verdeutlichen, als gutes Beispiel „Harry Potter“: Harry, Ron und Hermine sind alle 3 Hauptfiguren, doch nur Harry ist der Protagonist. Nur Harry ist dafür zuständig, den Zuschauer abzuholen und man soll sich nur mit ihm identifizieren.

Und genau dieser Protagonist fehlt nun bei „Vanguard“. Einige Hauptfiguren, alle mit ähnlicher Screentime, aber niemand ist dafür zuständig den Zuschauer abzuholen. Hua Ting, die Figur von Jackie Chan, ist zwar Hauptfigur, verhält sich als der klassische Mentor und Chef eher wie ein Support Character. Die beiden Soldaten Zhen Yu und Kai Xuan sind ebenfalls Hauptfiguren, sind aber zu wenig tiefgründig und ausgeschrieben, als dass man sich mit ihnen identifizieren könnte, und die Tochter des Geschäftsmanns, Fareeda, hat zwar den gleichen Informationsstand wie der Zuschauer (also genauso wenig Ahnung wie man selbst), ist aber nicht der storytechnische Fokus sondern das passive Glied, das beschützt werden muss.
Und das war’s dann schon mit den Hauptfiguren. Keiner der 4 hat das komplette Potential ein ordentlicher Protagonist zu sein, und damit fehlt es an dieser einen Figur, die den Zuschauer wirklich abholt. Stattdessen hat man eher das Gefühl, man sieht nur Nebencharaktere mit etwas überdurchschnittlicherer Screentime. Und damit fehlt die emotionale Bindung und schon wird die Handlung beliebig. Und da die Handlung als solche noch nicht mal zündend genug ist, wird der Film trotz viel Action schnell zäh.

Mit der Action ist eh so eine Sache, wird doch die meiste Spannung am PC erzeugt. Die einzige Szene, die ich wirklich für gelungen halte, war die Schießerei in Dubai und die Rettungsaktion – warum? Sie war real gefilmt!
Alles andere wird vor Green Screen gedreht oder mit CGI eingefügt. Und das nimmt der Action einfach die Spannung. Andere Szenen sind durch das CGI so wahnwitzig, dass man wirklich nur noch ungläubig den Kopf schüttelt. So gibt es hier eine der krassesten Autoverfolgungen, die ich je gesehen habe: durch Mauern, über Mauern, einfach nur Vollgas Geradeaus, komme was wolle. Ein Wunder, dass das die Stoßdämpfer und Achsen ausgehalten haben, nicht mal ein Airbag ist losgegangen, und zwei Personen, nicht mal angeschnallt im Kofferraum, steigen danach auch aus, als wenn nichts gewesen wäre. Tut mir Leid, so funktioniert keine Action! Es gibt Physik, und man muss sich an deren Regeln halten. Sonst kommt man schnell ins Fahrwasser, dass den Figuren einfach nichts passieren kann (die sprichwörtliche „Plot-Armor“), und das ist nun mal der Tod jeder Action.

Jetzt kann man natürlich damit argumentieren, dass Action-Filme nicht primär auf Drama und Tiefgründigkeit abzielen, und das stimmt natürlich. Die Beweggründe sind zwar simpel, aber offensichtlich und reichen als nachvollziehbare Motivation für alles. Die Geschichte ist logisch gut aufgebaut und verzichtet weitestgehend auf Plotholes und man spielt mit vielen unterschiedlichen Action-Szenarien und Settings. Von der Produktionsqualität nichts zu meckern.


Zu den Charakteren
Wie gesagt fehlt der Protagonist, die Person, mit der sich der Zuschauer identifizieren soll. Somit fehlt es insgesamt an emotionaler Bindung. Robert McKee definiert den Protagonisten über 8 Eigenschaften (Willensstärke, vielfältige Fähigkeiten, einen Underdog-Status, Empathie, Faszination, Tiefe, die Fähigkeit zur Veränderung, Punkt der Offenbarung). Nicht ein einziger Charakter erfüllt auch nur ansatzweise diese Kriterien, gerade in den Bereichen Veränderung, Tiefe und Faszination.

Die einzige Person, zu der man hier wirklich emotionalen Bezug aufbauen kann, ist Soldat Kai Xuan. Er hat Familie, einen kleinen Sohn, hat damit aussagekräftige Motivation und man ist tatsächlich um ihn besorgt. Leider trägt er kaum etwas aktiv zur Handlung bei, wodurch seine Rolle eher als Nebencharakter mit mehr Screentime zu definieren ist.

Auch Jackie Chans Charakter Hua Ting ist als Mentor-Charakter eher Außen vor und von Grund auf des Charaktertyps klassische Support-Rolle. Er arbeitet den anderen eher zu, auch wenn er selbstverständlich aktiv dabei beteiligt ist, am Ende den Tag zu retten. Aber die meiste Zeit koordiniert er nur.

So bleiben eigentlich nur noch Fareeda und ihr persönlicher Bodyguard Zhen Yu als Protagonisten übrig, und wenn man beide als Duo kombiniert, dann könnte man ihnen noch am ehesten die Rolle übergeben. Das Konzept der Co-Protagonisten gibt es, aber dann müssen beide Figuren so konträr zueinander sein, dass sie ohne einander eigentlich kaum funktionieren können. Leider ist das hier nicht der Fall, weshalb man hier wirklich beide Augen zudrücken muss, um hier von Co-Protagonisten sprechen zu können.

Stattdessen liegt das Problem eher darin, dass die Charaktere schon zu gut etabliert sind und keiner mehr den Drang hat sich wirklich ändern zu wollen. Es muss sich auch niemand mehr ändern. Niemand wird vor Entscheidungen gestellt, jeder macht einfach nur das, was er schon immer getan hat. Wie man sowas als Zuschauer nachvollziehen soll? – gar nicht!

Ebenso stammt von Robert McKee die Aussage: „Ein Protagonist ist nur so gut wie seine Antagonisten“ – also, die gute Seite kann nur so gut sein wie die böse Seite böse ist, bzw. kann der Protagonist nur so gut sein wie die Geschichte schlecht zu ihm ist.
Die Bösewichte der Serie haben etwas von mittelprächtigem Kindergarten. Man bekommt gar nicht die Chance zu verstehen, warum sie eigentlich böse sind, sondern muss das einfach so hinnehmen. Sie starten als böse und fertig. Genauso wie man hinnehmen muss, dass die Hauptcharaktere nun gut sind. Sie können gar nicht anders sein als gut. Und auch das erzeugt keine Tiefe.

Womit sich der Film jedoch retten kann, sind die Darsteller. Von allen eine wirklich gute Leistung, auch wenn sich Jackie Chan wieder selbst spielt. Yang Yang lebt meiner Meinung nach für Actionrollen und sollte dort bitte bleiben (und sich nicht in Romanzen verrennen!), und auch der restliche Cast, den ich in diesem Fall nicht kannte, macht seine Sache wirklich sehr gut. Auch die arabischen Schauspieler überzeugen in der Regel.


Fazit
„Vanguard“ zeigt mal wieder deutlich, warum für mich Filme immer schlechter funktionieren als Serien. Sicherlich kann der Film nichts für seine fehlende Zeit, und für einen Actionfilm nutzt „Vanguard“ die Zeit sehr gut und macht viel, aber für mich eindeutig wieder mehr Schall als Rauch: kein ordentlicher Protagonist, kaum Tiefgang. Es passiert viel und doch im Endeffekt gar nichts.

Dennoch schafft es der Film gut zu unterhalten. Jackie Chan und seine skurrile Situations-Action ist einfach Gold wert, der rote Faden ist erkennbar und klar ersichtlich, das Tempo ist im Großen und Ganzen auch in Ordnung und man kommt sich am Ende wenigstens nicht vor, als hätte man seine Zeit komplett verschwendet.

Beitrag wurde zuletzt am 08.02.2023 19:26 geändert.
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Triage

Avatar: SabriSonne
Redakteur
#36
Zeitreise absolut richtig gemacht!


Zur Handlung
Wir begleiten Tin, der von jetzt auf gleich in einer Zeitschleife steckt, die er erst durchbrechen kann, wenn er Teenager Tol vor dem sicheren Tod rettet.

Sehr starke Prämisse, und das gleich zu Beginn. Denn was am Anfang noch ziemlich banal klingt, wird immer ausladender und ausladender, nachdem Tin immer intensiver versucht, Tol zu retten. Vermeintliche Statisten werden plötzlich zu Nebencharakteren, andere Nebencharaktere bekommen plötzlich ausladende Sidestories, und es entwickelt sich nebenher eine Mainstory, die man gar nicht kommen gesehen hat.

Denn je mehr Tin versucht Tol zu retten, desto tiefer muss er ins Leben des Jungen eintauchen. So entwickelt sich das Ganze sehr zielsicher vom namenlosen Unfall-Patienten zum Eintauchen in eine komplett fremde Welt, mit der Tin nie im Leben zu tun gehabt hätte. Sämtliche Nebenstories, die dann präsentiert werden, sind für die Hauptstory von großer Bedeutung und addieren sich im Ende zu einem tollen Gesamtbild. Das die Geschichte auch deutlich mehr in Richtung Krimi abrutscht als erwartet, war dann für mich nur noch die Kirsche oben auf meinem Sahne-Eis-Becher.

Obwohl Tin mehrfach fragt, warum gerade er in der Zeitschleife hängt und warum gerade Tol so wichtig ist, gibt die Serie kaum eine zufrieden stellende Antwort. Interessanterweise braucht es das jedoch gar nicht, da man hier mit einwandfreiem Storytelling belohnt wird und einer absoluten Liebe zum Detail. Dadurch kommt das ansonsten so schwierige Thema der Zeitschleifen beinahe fehlerfrei bis zum Ende durch. Denn wo man im ersten Moment nur eine Szene vor sich hatte, hat man einige Folgen später die gleiche Szene aus einer komplett anderen Richtung und damit einen vollkommen anderen Zusammenhang.

Überhaupt funktioniert die Serie sehr über die vielen unterschiedlichen Zusammenhänge. Normalerweise würde es ermüden, wenn man eine Figur laufend dabei beobachtet, wie sich die gleiche Geschichte immer und immer wieder wiederholt. Und sicherlich sieht man manche Szenen mehr als einmal und weiß auch schon, wie sie zu Ende gehen, doch es ist jedes Mal eine kleine Facette anders. Wo beim ersten Mal 2 Figuren beteiligt waren, sind es beim zweiten Mal plötzlich 3 und schon ist die Dynamik anders, obwohl das Ergebnis das Gleiche ist! Ebenso gibt Tin einige Informationen deutlich früher weiter, sodass sich mit den Nebencharakteren unerwartete eigene Storylines ergeben, die es bei vorherigen Zeitschleifen gar nicht gab. Charaktere sterben, die nicht sterben sollten, genauso anders herum.
Es macht wirklich Spaß, zusammen mit Tin die Zusammenhänge zu finden und zu kombinieren, welche Situation wie ablaufen muss, damit Tol am Ende überlebt. Man bekommt immer zum rechten Moment die richtige Information, ohne dabei überladen zu werden, und kommt damit trotz mehrfacher Zeitschleifen sehr gut mit der Story mit.

Die Romance-Komponente war da deutlich weniger ausladend, als ich es für einen Thai-BL erwartet hatte. Soll hier aber nicht negativ klingen, ganz im Gegenteil: „Triage“ ist keine Serie, die nur funktionieren kann, wenn die Romanze vorkommt. Sie kommt für den meisten Teil sehr gut ohne das Genre zurecht. Und dementsprechend fand ich es sogar gut, dass die Produzenten nicht unnötige Szenen hineingequetscht haben, nur um eine BL-Serie daraus zu machen. Alle vorkommenden Szenen fühlen sich natürlich an und sind nicht wie in anderen Serien absolut gestellt.

Müsste ich den entscheidenden Nachteil der Serie suchen, so wäre es das Ende. Die eigentliche Geschichte ist nämlich deutlich vor Folge 13 vorbei, danach wechselt „Triage" den Protagonisten. Tol übernimmt das Ruder, was an sich eine ziemlich interessante Idee ist und auch die Dynamik noch einmal zusätzlich verändert, nur leider funktioniert sein Storyabschnitt aus mehreren Gründen nicht so gut:

  • Tin hat bisher eher als Ich-Erzähler funktioniert und hat damit keinerlei charakterliche Auslegung erfahren. Als Zuschauer weiß man nichts über ihn, was sich im neuen Kontext nun rächt.
  • Die Geschichte wird erzwungenermaßen sehr BL-lastig.
  • Bei jeder neuen Zeitschleife sind einzelne Elemente etwas anders - hier ist es aber zu viel! Man kommt sich vor, als befinde man sich in einer komplett anderen Realität, da sich viele Charaktere genau gegenteilig zu dem verhalten, wie man es eigentlich von ihnen gewöhnt ist. Ebenso wird auch ein weiteres Couple einfach eingeführt, sodass einer der Beteiligten eine 180°-Kehrtwende macht. Hier hat man eher das Gefühl, man wolle die Fans zufriedenstellen und ignoriert damit einige wichtige Charaktereigenschaften.

So versagt leider das Finale ein bisschen, wobei es nicht schlecht ist. Alle Handlungsstränge kommen zum Ende, es bleibt weiterhin spannend und der Wechsel im Protagonisten ist im Grunde auch erzähltechnisch interessant (man merkt hier sehr eindrucksvoll, was der Unterschied zwischen „Hauptfigur" und „Protagonist" ist und dass beide Rollen nicht automatisch gleich sind!). Für mich war jedoch das perfekte Ende vor diesem Wechsel. Es hätte sogar die Meta-Ebene und damit eine Moral gehabt und wäre damit eindeutig der bessere Punkt für einen Stopp gewesen.


Zu den Charakteren
Leider habe ich mich weder zu Tin noch zu Tol wahnsinnig emotional hingezogen gefühlt. Storytechnisch ja, ich fand ihre Interaktion sehr spannend, aber ihre Romanze habe ich ihnen nicht abgenommen.

Tin fand ich als Charakter grundsätzlich toll. Er reagiert genau so wie jeder andere auch, der plötzlich in einer Zeitschleife hängt und jemandem das Leben retten soll. Die Verzweiflung war gut gespielt und kommt emotional gut durch.
Leider erfährt man wie gesagt über seinen Charakter so gut wie gar nichts. Keine Hintergrundinformationen, gar nichts. Dennoch funktioniert er sehr gut als Protagonist, da er eher wie ein Ich-Erzähler funktioniert, von dem man in dieser Situation keine persönlichen Daten braucht. Im späteren letzten Drittel wird das aber am Anfang kurz zu einem kleineren Problem, nachdem er die Protagonisten-Rolle abgibt.

Tol fand ich zu Beginn etwas unsympathisch, wenn auch hier die Reaktionen nachvollziehbar waren. Erst in der zweiten Hälfte der Serie bin ich wirklich mit ihm warm geworden, was dann schon beinahe etwas spät war, da ich nun schon andere Favoriten hatte.
Was ich an seinem Charakter jedoch schön fand, war, dass er erst mit jeder neuen Zeitschleife immer mehr ausgearbeitet wird. Je öfter Tin in der Zeitschleife hängt, desto mehr erfährt man auch über Tol. Sein Charakter wird immer tiefgründiger, was noch einmal zusätzlich das gute Storytelling unterstreicht.

Mein Favorit war jedoch Singh, der zweite wichtige Doktor der Serie. Über ihn läuft einen Großteil der Krimi-Geschichte, die mit jeder Zeitschleife auch immer ausladender und tiefgründiger wird, weil plötzlich Figuren überleben, die eigentlich hätten tot sein sollen und er durch Tin deutlich schneller an wichtige Informationen gelangt. Ich muss zugeben, ich fand es in einigen Folgen spannender ihm zu zusehen, wie er den Bösewichten das Handwerk legt, als Tin bei seinem gefühlt 20. Versuch zu beobachten, Tol zu retten.

Die Bösewichte sind ab dem Anfang klar und auch deutlich gezeichnet. Nicht unbedingt die spannendsten Motive, aber auch ihre Absichten und Reaktionen ändern sich natürlich mit jeder neuen Zeitschleife. So wirken sie wenigstens dreidimensional und zeigen auch, dass sie denken und sich anpassen können.


Fazit
Hervorragende Geschichte mit Zeitschleifen-Motiv als zentralem Element – eines der schwierigsten Genre, die man schreiben kann!

Um eine solche Sache gewinnbringend zu präsentieren, muss das Skript mit Köpfchen und absoluter Liebe zum Detail geschrieben werden, und das war bei „Triage“ eindeutig der Fall. Kleiner Abzug für das letzte Drittel, aber auch das ist eher Meckern auf hohem Niveau.

Sehr seichter Thai-BL, bei dem es nicht so sehr auf die Romanze an sich ankommt, sondern eher um die Story drum herum. Für alle, die wirklich nach Abwechslung suchen – hier ist sie!

Beitrag wurde zuletzt am 08.01.2023 09:12 geändert.
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20th Century Girl

Avatar: julixchan
Freischalter
#37
  • Handlung
  • Schauspiel
  • Charaktere
  • Atmosphäre
  • Nostalgische Vibes✨

Man denkt, man weiß schon, wie es endet, doch dann …

»20th Century Girl« ist so ein (stereo-)typischer 2000er-Film, der sich um Jugendliebe, Freundschaft und Erwachsenwerden dreht. Doch obwohl relativ viel mehr als nur vorhersehbar ist, möchte man ihn unbedingt zu Ende schauen.

Die Beschreibung klingt nach einer lustigen, leichtherzigen Romanze: Na Bo-Ra, die für ihre beste Freundin Kim Yeon-Du deren Schwarm, Baek Hyun-Jin, ›stalkt‹ und sich dabei in Hyun-Jins besten Freund Poong Woon-Ho verliebt. Pustekuchen! Von wegen ins Kissen kichern und Füße hochlegen; stattdessen bekommt man feuchte Augen und ein unwohles Gefühl im Magen. Spätestens als sich herausstellt, dass Yeon-Du eigentlich auch in Woon-Ho verliebt ist und die beiden jungen Männer bloß verwechselt hat, nimmt der Film eine drastische Wendung von Feel-Good-Romanze zu sentimentalen Drama mit bittersüßem Nachgeschmack. Denn kurz vor Ende passiert es schließlich: das Unvorhersehbare, ganz nach »Game of Thrones«-Stil.

Letztendlich geht auch darum, ehrlich zu sich selbst und seinen Gefühlen zu sein. Wie sagt man immer? Jeder ist seines Glückes Schmied. Das erkennt man in »20th Century Girl« vor allem an Woon-Hos Videoprojekt, in dem er seine Mitschüler nach ihren Neujahrsvorsätzen der Jahrhundertwende fragt. Bo-Ra hofft dabei, dass sie es im 21. Jahrhundert endlich schafft, ehrlicher zu sein. Es ist tragisch, sein Glück zu ›verpassen‹, bloß weil man nicht ehrlich zu sich selbst war – und noch dazu unfair gegenüber der Person, der das Glück verwehrt wird, sich von der geliebten Person geliebt zu wissen.

Kim Yu-Jeong (Na Bo-Ra) und Byeon Woo-Seok (Poong Woon-Ho), die beiden Hauptdarsteller, stellen ihre Figuren dabei mit so viel echten Emotionen dar. Sie wirken witzig, ehrlich, ein wenig unbeholfen – wie man sich eine erste Liebe eben vorstellt – und vor allem realistisch. Allein wie Byeon Woo-Seok seine Schauspielerkollegin anschaut … ist irgendwie ›magisch‹. Während des Filmes kann man ihnen lachen, aber auch gemeinsam mit ihnen weinen; man freut sich für sie und man leidet mit ihnen.

Zusammen mit der unglaublichen Atmosphäre des Films und dem Tempo des Films, das den Nagel auf den Kopf trifft, kann man einfach nicht mehr wegschauen.

Fazit: Obwohl die Handlung im Grundgerüst also einer typischen Teenager-Romanze entspricht, hat der Film meiner Meinung nach alles richtig gemacht und innerhalb der kurzen Zeitspanne von 119 Minuten abgeliefert. Wenn man auf romantische, nostalgisch angehauchte Liebesfilme stehen, ist »20th Century Girl« die perfekte Wahl. Ich habe jede Minute des Films genossen. Alles in allem eine bittersüße, ergreifende Ode an die erste Liebe.
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Blind

Avatar: SabriSonne
Redakteur
#38
Bei „Blind“ handelt es sich nicht um die Neuauflage des gleichnamigen Films. Und ich muss sagen, der Titel passt jetzt nicht so perfekt. Aber Gott sei Dank geht es ja weniger um den Titel als um die Geschichte!


Zur Handlung
„Blind“ ist vermutlich einer der besten Crime, die dieses Jahr kamen. Wer auf ausladendes Storytelling, viel Denken und packenden Thriller steht, der ist hier absolut gut bedient.

Bei „Blind“ handelt es sich um einen One-Case-Thriller, d.h. es geht in der ganzen Geschichte im Grunde nur um einen einzigen großen Fall, der immer ausladender und weitläufiger wird. Immer eine gefährliche Sache, weil man hier gutes Storytelling braucht um a) nicht zu ermüden und b) auch inhaltlich nicht zu kompliziert werden, wenn man sich an Kleinigkeiten der Anfangsfolgen aufhängt, die später keiner mehr weiß.
Hier funktioniert die Idee wirklich wahnsinnig gut. Es macht extremen Spaß, die Zusammenhänge zu ergründen und herauszufinden, wer wer ist und wie jeder miteinander zusammenhängt. Die Serie zeigt mehrere Alternativen, sodass man auch als Zuschauer nicht sofort mit der Antwort konfrontiert wird und auch mitdenken darf. Bei mir kam da zur Mitte hin natürlich der Gedanke, wie viel Zufall in diese Situationen spielen muss, damit sich genau diese Figuren alle zur gleichen Zeit treffen (denn es sind wirklich ALLE Figuren von entscheidender Bedeutung), aber mit dem Ende der Serie löst sich auch dieses Problem.

Ein einziger großer Denkfehler ist mir jedoch aufgefallen, der mit einer Kette zu tun hat, aus dem man sich aber auch rausreden kann. Ansonsten ist die Serie qualitativ wirklich sehr gut. Der Aufbau der Geschichte ist packend und spannend, v.a. am Anfang, als man die ersten Zusammenhänge finden kann. Und selbst die Auflösung am Ende war emotional und gut. Sicherlich das Ende, das man bei dieser Storyline erwartet, dennoch absolut passend und rund um Abschluss.

Ich fand es mutig, dass „Blind“ seinen Haupttäter bereits 4 Folgen vor Schluss auflöst. Sofort kam die Angst hoch, dass sich jetzt die Serie ziehen würde, und ich muss sagen, Folge 13 fand ich wirklich nicht gut. Sie passt von der Stimmung und Art einfach nicht dazu. Überraschenderweise schafft es die Serie jedoch, die anderen 3 Folgen sehr gewinnbringend und immer noch spannend zu benutzen und die Serie final zu einem sehr guten Abschluss zu bringen. Der Fall war komplex, baut im Verlauf sehr zielführend aufeinander auf und zeigt am Ende ein emotionales und zufrieden stellendes Ende. Handwerklich wirklich tolles und packendes Storytelling.


Zu den Charakteren
Wie bereits geschrieben sind wirklich alle Figuren für die Handlung entscheidend. Die einzigen, die man wirklich ausschließen kann, sind nur die Polizisten, ansonsten hängt wirklich jeder in der Geschichte mit drin.
Durch die Fülle der Figuren und Rollen gibt es zahlreiche Möglichkeiten, wer wer ist und wer mit wem auf welcher Seite steht oder stand. Das Storytelling wechselt hier bewusst mehrmals die grobe Richtung einiger Charaktere, sodass man oft einiges in Frage stellt und tatsächlich gezwungen wird, eine alternative Route in der Überlegung zu nehmen. Genau das erwarte ich in einem Thriller.

Mit knapp 15 handlungsrelevanten Figuren war es wirklich sehr verwunderlich, wie viel Screentime und Ausarbeitung alle bekommen haben. Hier liegt sicherlich der Vorteil des One-Case-Thriller, bei dem tatsächlich mal Zeit dafür ist, auch Täter, Opfer und Zeugen ausführlich zu beleuchten, weil die Figuren teilweise die ganze Serie im Vorder- oder Hintergrund zur Verfügung stehen. Sicherlich findet man hier dennoch Standardrollen, aber die meisten haben mehrere Schichten, die man entdecken und verstehen kann. Die Serie nimmt sich in der Regel bei allen gut Zeit dafür.

Ryu Sung-Joon ist als Hauptcharakter wahrscheinlich die schwächste Rolle. Seine Funktion ist die des typischen Protagonisten, der den Zuschauer abholen soll und der im gleichen Rhythmus wie der Zuschauer das Rätsel löst. Als solcher funktioniert er auch gut und auch seine persönliche Story ist angenehm, nur leider gibt es von dieser Art Figuren zu viele. Und dass das nun mittlerweile der 3. Charakter dieser Art von Darsteller Taecyeon ist (nach „Save me“ und „The Game“), hebt die Figur auch nicht mehr ab. Ganz im Gegenteil, man hat eher das Gefühl, dass es nun die 3. Geschichte desselben Charakters ist. Dennoch überzeugt er in der Rolle des Protagonisten.

Mit Eun-Ki bin ich bis zu Letzt nicht wirklich warm geworden, weil ich wirklich bis zur letzten Folge das Gefühl hatte, sie ist nur da, damit eine „starke, weibliche Hauptfigur“ mit dabei ist. Gut ¾ der Serie ist sie immer mehr durch Zufall bei allen Aktionen dabei als tatsächlich mit charakterlichem Sinn, sodass man sie an vielen Stellen wirklich hätte weglassen bzw. auch gut durch andere Figuren hätte ersetzen können. Schauspielerisch wirklich gelungen und auch emotional durchaus wichtig, aber wirklich zur Handlung trägt sie nichts bei. Und selbst am Ende wirkt ihre Handlung mehr praktisch, um sie doch noch so zu schreiben, als hätte sie irgendeine wichtige Funktion. Final hat sie das aber nicht.
Das einzig positive an ihr war, dass sich die Serie aktiv gegen eine Romanze zwischen ihr und Sung-Joon entschieden hat, wofür ich der Serie wirklich sehr dankbar bin. Das hätte dann nämlich wirklich gestört, weil sich damit die Geschichte absolut verrannt hätte und in die falsche Richtung gelaufen wäre (man sah es ja an „The Game“!).

Ryu Sung-Hoon, der große Bruder, ist wahrscheinlich der interessanteste der Hauptfiguren, weil man ihn nicht einschätzen kann. Man weiß nie, ist er wirklich gut oder böse, hilft er der Situation oder ist er in Wirklichkeit derjenige, die sie gerade boykottiert. Man wechselt gefühlt 5x in der Serie seine Einstellung, die man ihm gegenüber hat, und genau das macht den Charakter für einen Thriller hervorragend geeignet.

Auch die anderen Figuren spielen dem Genre sehr in die Hände, weil man sich auch bei ihnen nie sicher ist, wer mit wem gemeinsame Sache macht und wer welches Ziel verfolgt. Immer wenn man eine Konstellation für sich hatte, taucht ein Dritter auf, der das Ganze wieder über den Haufen wirft und man fängt von vorne an. So verschwimmt auch schnell die Rolle des Bösewichts. Sicherlich sind einige Figuren offensichtlich, bei anderen weiß man es aber bis zum Schluss nicht.
Schön fand ich hier auch, dass man selbst für den schlimmsten Bösewicht auch eine gewisse Form der Empathie fühlen kann. Alles hat Hand und Fuß, beruht auf logischen Grundlagen, und man ertappt sich sogar dabei, dass einem die Figur in der aktuellen Situation leid tut, obwohl er/sie vor Jahren absolute Grausamkeiten begangen hat. Das macht alle Figuren plastisch und unterstreicht das sehr gute Storytelling nur noch weiter.


Fazit
„Blind“ ist vermutlich einer der besten Thriller der letzten Jahre.

Psychische Abgründe, packendes Storytelling, mehrschichtige Charaktere und eine Idee, die zum Mitdenken und Entdecken einlädt – es geht doch so einfach!

Es ist schön, dass „Blind“ einfach mal genau das umsetzt!
Beitrag wurde zuletzt am 06.11.2022 12:00 geändert.
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The Game: 0shireul Hyanghayeo

Avatar: SabriSonne
Redakteur
#39
Wenn man Meinungen von Serien im Netz hört oder liest, dann bin ich immer vorsichtig und sage mir, dass man sich erst selbst ein Bild machen sollte, um wirklich urteilen zu können. Und oft habe ich trotz harter Kritik eine gar nicht so schlechte Serie entdeckt (bzw. auch anders herum – und das leider öfter!)
Bei „The Game: Towards Zero“ ist die Kritik jedoch leider berechtigt.


Zur Handlung
Das Grundkonzept und den Anfang fand ich richtig stark. Der Fall war spannend, die Idee, dass die Hauptfigur den Tod eines Menschen sehen kann, ist nicht neu, aber cool, und gibt somit eine komplett neue Form des Investigation-Crimes.

Das Problem ist jedoch ziemlich schnell ersichtlich: wer mit einer solchen Fähigkeit schreibt, der verbrennt sich leider schnell die Finger – und hier haben sich die Macher offensichtlich ihr ganzes Arbeitszimmer gleich mit abgefackelt!
So ergibt schon nach dem ersten Fall die erste große Logiklücke in der Thematik – und es wird auch nicht die einzige bleiben. Das Problem ist erstmal, dass Hauptcharakter Tae-Pyung eigentlich sofort sehen müsste, wer der Täter ist. Und damit kann man so ziemlich jeden Mord aufhalten, indem man einfach an dem Betreffenden dran bleibt. Nur kommt er leider erst mit den wichtigen Elementen um die Ecke, wenn sich die Handlung komplett an die Wand gefahren hat (weil Logiklücke eben!).
Das nächste Problem ist, dass man irgendwann eben genau das versucht – Todesfälle zu verhindern! Hat ja nur knapp 30 Jahre für unseren Hauptcharakter gebraucht, bis er überhaupt auf die Idee kam! Und dann damit zu beginnen, dass man die Todesszenen „abkürzt“, ganz nach dem Motto, er hätte ja nicht alles gesehen, lässt mich unweigerlich zu der Frage kommen: warum hat er dann die Szene überhaupt gesehen, wenn sie doch nicht der Tod der Person war?! Hätte er nicht eine andere Szene von Beginn an sehen müssen?

Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass man eine Person darauf aufmerksam macht, dass sie beim Straße überqueren bitte aufpassen sollte. Aber sobald Tae-Pyung solche Hinweise gibt, müsste er dann nicht augenblicklich die neue Todesursache sehen, wenn sich die Person auf den Hinweis einlässt? Fragen über Fragen, die alle nicht hinreichend oder widersprüchlich erklärt werden.

Was ich jedoch sehr gut in der Thematik fand war, wie viele interessante Themen und Fragestellungen angesprochen werden. Ich habe die Storyline rund um Mr. Baek geliebt, der aktiv alle Möglichkeiten beseitigt hat, mit denen Tae-Pyung seinen Tod sehen könnte. Das lässt Raum für die eigenen Gedanken, ob es sinnvoll ist, seinen Tod vorher zu kennen und diesem dann bewusst aus dem Weg zu gehen oder das Leben so zu nehmen wie es kommt. Erinnerte mich an einigen Stellen an den Anime „Casshern Sins“, der ja in seiner Kernfrage versucht zu erörtern, ob das Leben erst dann lebenswert wird, wenn man weiß, es hört irgendwann auf. So tief geht „The Game“ zwar leider nicht, weil sich die Serie lieber in andere Dummheiten verrennt, aber wenn die Story fokussiert, dann sind die Fragestellungen auf einem sehr guten Level und regen zum Denken an.

Nur leider verrennt sich die Serie ziemlich, und eine Sache, die viel zu viel Zeit in Anspruch nimmt, und dann noch nicht mal gut geschrieben ist, ist die Romanze. Sie hat keinerlei Grundlage von der weiblichen Seite aus. Aus Richtung beider Herren macht eine Anziehung ihr gegenüber wahnsinnig viel Sinn, aber bei ihr? Alle Emotionen ihrerseits kommen wie aus dem Nichts und folgen keinerlei logischem Aufbau. Und damit wirkt die Romanze nicht nur leblos, sondern wird praktisch. Es gibt beim Storytelling mehrere Elemente, wie z.B. „set-up & pay-off“ (Szenen bauen aufeinander auf) oder „show not tell“ (man beschreibt nicht nur, sondern zeigt auch das Beschriebene, z.B. zeigt man, dass eine Person gutherzig ist und lässt es die anderen Figuren nicht nur sagen), aber hier scheinen die Autoren sämtliches Handwerkszeug vergessen zu haben. Lustigerweise funktioniert es bei Tae-Pyung aber, bei dem seine Gefühle genau dieser Logik folgen. Warum schaffen sie es dann bei Joon-Young nicht? Ganz einfach! Weil für sie die Romanze eine einzige Logiklücke ist! Und wenn man diese versucht hätte zu füllen, hätte die Romanze von Anfang an keinen Sinn gehabt und hätte somit nie existiert – was vielleicht auch besser gewesen wäre!

Denn so rückt auf einmal Joon-Young absolut penetrant in den Fokus.
Es ist schon faszinierend wie schnell Joon-Young der Nabel der Welt wird, um den sich alles dreht. Und hier liegt eindeutig der falsche Fokus! Es geht nicht um Tae-Pyung und seine Fähigkeit, es geht nicht um Ethik, es geht nicht um den Bösewicht – es geht um ein Frauenzimmer, das wichtiger gemacht wird, als es tatsächlich ist, um möglichst viel Screentime raus zuschlagen.
Die Handlung braucht Joon-Young nämlich eigentlich überhaupt nicht! Man hätte die ganze Geschichte als einen einzigen großen Showdown zwischen Tae-Pyung und Bösewicht Do-Kyung schreiben können und einen einzigen großen Spielplatz für die beiden schreiben können (und ja, man wäre glücklich damit!). Ebenso hätte man die einzige Besonderheit ihres Charakters, nämlich, dass Tae-Pyung ihren Tod nicht sehen kann, auch auf Bösewicht Do-Kyung schreiben können. Das hätte sogar mehr Sinn gemacht, da man so deren schicksalhafte Abhängigkeit von einander deutlich eindrucksvoller hätte portraitieren können, aber nein! Lieber mit Joon-Young einen völlig unnötigen Charakter einführen und diesen dann auch noch völlig unnötig in den Vordergrund drücken, damit sie als „das prägnante, starke Frauenzimmer“ möglichst viel Screentime bekommt, wobei sie meiner Meinung nach der Hauptgrund ist, weshalb es die Serie im Endeffekt beinahe zerlegt!


Zu den Charakteren
Aber Gott sei Dank nur „beinahe“, denn dem Himmel sei Dank haben wir mit den beiden Herren durchaus gute und starke Figuren, wegen denen sich die Serie lohnt.

Tae-Pyung funktioniert als Hauptcharakter hervorragend und Taecyeon (Rapper der Band 2PM, Vincenzo, Safe me, Blind) zeigt uns, dass Idol-Actors wirklich besser sein können als tatsächlich ausgebildete Schauspieler. Er handelt zwar manchmal entgegen jeder Logik und entgegen seiner Fähigkeiten und macht dann teilweise Dummheiten, bei denen man sich wirklich fragt, wo er die letzten Folgen eigentlich gelebt hat, aber seine Handlungen sind wenigstens nachvollziehbar. Man merkt bei ihm die Verzweiflung, den Drang, das Schicksal ändern zu wollen und den Menschen zu helfen. Ihn im Zusammenhang mit der Geschichte von Mr. Baek fand ich das Highlight der Serie.

Do-Kyung ist allein aufgrund der Leistung von Darsteller Im Joo-Hwan, the forever-2nd-lead (Bride of Ha-Baek, Uncontrollably Fond), absolut interessant. Die Performance ist voller Nuancen und macht aus ihm einen vielschichtigen Charakter, den man entdecken und verstehen will. Da nur leider auch seine Motivation über das Frauenzimmer läuft, ist die Auflösung seiner Rolle nicht zufrieden stellend. Dennoch trägt die Figur über einen Großteil der Serie hinweg.

Und dann gab es da noch Joon-Young.
Ich habe nicht mal Lust, irgendetwas zu ihr zu schreiben. Der typische starke Cop-Charakter, von dem uns weiß gemacht werden soll, dass sie die Hosen an hat. Nur leider werden solche Figuren oft als so „passionate“ geschrieben, dass sie stattdessen egoistisch werden. Und dass dann auch noch die Handlung so dermaßen stark auf sie fokussiert, tut dann auch noch ihr übriges.
Dazu die absolut langweilige Performance von Lee Yun-Hee. Zu keinem Zeitpunkt habe ich auch nur ansatzweise „das Brennen“ dieses Charakters gespürt. Yun-Hee schafft es einfach nicht, eine Aura für die Figur aufzubauen. Stattdessen hat man das Gefühl, sie sitzt einfach nur da und redet ihren Text herunter. Und das ist dramatisch, weil sie so leider zu sehr mit ihrem Polizei-Team verschmilzt, die eben so wenig herausstechen. Nur ist sie im Vergleich zum mitlaufenden Fußvolk die weibliche Hauptfigur!

Insgesamt fand ich dann tatsächlich die Pressegruppe rund um Lee Jun-Hee deutlich besser. Sie sind zwar keine Sympathiebolzen, aber wenigstens charakterlich greifbar und interessanter zu beobachten.


Fazit
Ein Beispiel einer Serie, die sich selbst beinahe umbringt, weil sie lieber die schlechte weibliche Hauptfigur zum Maß aller Dinge macht, als auf der eigentlich guten Storyidee aufzubauen.
Sehr starke erste Hälfte, nur leider kommt dann der sterbende Schwan. Über Logiklücken kann man bei der überaus gewagten und schwierigen Thematik noch hinwegsehen, aber die ganze Story gezwungener Maßen so laufen zu lassen, damit eine einzige Figur Sinn und Screentime bekommt, ist wirklich böse! V.a. fehlte mir dadurch am Ende wirklich die Motivation, die Serie beenden zu wollen.

Was lernen wir: lieber mit 2 prägnanten männlichen Hauptfiguren schreiben und die Dame komplett weglassen, als das Frauenzimmer auf Teufel komm raus hinein zu zwängen.

Denn sind wir mal ehrlich: ohne Joon-Young wäre die Serie um Stufen besser! Aber hier wollte man halt unbedingt die „starke weibliche Hauptfigur“ haben. Lieber eine Story kaputt machen, als die wegzulassen – wow!

Andere Serien funktionieren doch mit 2 männlichen Hauptfiguren und ohne Romanze auch wunderbar! Warum diese hier nicht?!

Beitrag wurde zuletzt am 03.11.2022 10:28 geändert.
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Annarasumanara

Avatar: julixchan
Freischalter
#40
  • Handlung
  • Schauspiel
  • Charaktere
  • Musik
  • Magie ✨
Vorweg: Achtung, diese Rezension könnte – und wird vermutlich – Spoiler enthalten.

»Glaubst du an Magie … echte Magie?« Eine Frage, die in »Annarasumanara« – Nein, ich hab hier nicht einfach auf meine Tastatur geschlagen! – immer wieder gestellt wird.

Doch wer hier (möglicherweise aufgrund des Covers) eine Romanze oder eine spaßige Sendung für nebenbei erwartet, ist falsch – es wird düsterer als erwartet! Aber um was geht’s denn nun?

Ah-Yi hat es nicht leicht. Sie muss sich um ihre kleine Schwester kümmern und gleichzeitig – neben der Schule – noch andere Sorgen einer Jugendlichen schultern. Eines Tages, gerade als ihr alles zu viel wird, lernt sie jemand Besonderes kennen: Lee Eul ist ein Zauberer, der in einem verlassenen Vergnügungspark wohnt. Aber anstelle von »Bibbidi-Bobbidi-Boo«, »Simsalabim« oder »Hocus Pocus« benutzt er »Annarasumanara« als Zauberformel. Ihre gemeinsame (nicht auf die romantische Art, sondern eher auf die Bro-Art) magische Geschichte nimmt also ihren Lauf … und spannt auch schnell Ah-Yis Klassenkamerad Il-Deung ein.

»Annarasumanara« greift dabei immer wieder das Sujet des Erwachsenwerdens auf: Ah-Yi muss schnell erwachsen werden, weil sie sich um ihre Schwester zu kümmern hat; Il-Deung muss ständig lernen, damit er der ›perfekte Erwachsene‹ wird; und Lee Eul hatte in der Vergangenheit auch so einige Problemchen, die ich jedoch nicht weiter erläutern kann, ohne die letzte Folge und das Ende zu spoilern.

Dabei wird meiner Meinung nach auch schnell klar, wer hier die ›Bösewichte‹ der Geschichte sind: die Erwachsenen. Ah-Yis Eltern sind einfach abgehauen und haben sie im Stich gelassen; der Chef des Ladens, bei dem sie anfängt zu arbeiten, stellt sich bereits nach einer kurzen Zeit als Perverser, der ihr an die Wäsche will, heraus; und Il-Deungs Eltern setzen ihn ständig nur unter Druck und lassen ihm keinen Funken Freude im Leben, damit er in die Fußstapfen seines Vaters tritt und erfolgreich wird – nicht, weil er das möchte, sondern weil sie es sagen. Dabei beantworten die ›bösen Erwachsenen‹ die wichtigste aller Fragen für ihre Kinder: Wie will ich mein Leben leben? Sei es indirekt wie in Ah-Yis Fall oder so direkt wie bei Il-Deung. Die Frage ist aber: Wie würden die Kinder darauf antworten? Und wäre diese Antwort dann wirklich falsch?

Ich kenne die Vorlage leider nicht, finde aber dennoch, dass die Charaktere so vielschichtig sind, wie ich es in noch keinem K-Drama erleben durfte. (Nicht, dass ich viele gesehen hätte …) Chang-Uk Ji, den man sonst eher aus actionlastigen Werken kennt, macht einen großartigen Job dabei, den mysteriösen (und sexy) Zauberer Lee Eul zu spielen; und auch Sung-Eun Choi, die hier die Hauptrolle einnimmt, hat ein großartiges Schauspiel. Der Rest sticht hier meiner Meinung nach nicht so sehr heraus – oder, wie im Fall von Baek Ha-Na (gespielt von Hye-Won Ji) bzw. Il-Deungs Mutter, eher negativ. (Man glaubt gar nicht, wie witzig eigentlich ein Streit sein kann, wenn er schlecht geschauspielert ist!)

Und da das Ganze ein Musical ist – Ja, wirklich! – möchte ich noch ein paar Worte über ein paar der insgesamt zwölf Lieder loswerden. Das erste, »Magic in You«, hat mich dabei am überraschendsten getroffen – vielleicht auch, weil ich nicht auf die Tags geachtet habe. Hoppala~ Ich finde aber, dass es einen sehr guten Einstieg geliefert hat. Alle Charaktere werden einmal kurz dar- und vorgestellt. Doch, obwohl ich Musicals eigentlich liebe, muss ich sagen, dass die Tanzeinlagen ein bisschen over the top für mich waren. Glücklicherweise war das bei den darauffolgenden Liedern meistens nicht so künstlich und … einfach viel zu viel. Mit dem zweiten Song »My Dream Family« sowie auch mit »A Curse of Asphalt« bekommen wir zwei Lieder, die noch einmal das Motiv Erwachsene und Erwachsenwerden aufgreifen und auf die Familienprobleme von Ah-Yi und Il-Deung genauer eingehen. (Das Ganze wird später noch mit »I, as a grown up or a child« erneut aufgegriffen. Aber blablabla – ich hör’ lieber auf, mir hört liest hier eh keiner mehr zu.)

Das perfekte Ende bietet natürlich der Song, der auch nach der Serie benannt ist: »Annarasumanara« (Achtung: Video enthält Spoiler!). Ich hab dabei von vielen Seiten gehört, dass das Ende nicht gepasst hat.
Ohne zu sehr zu spoilern: Die drei Hauptcharaktere – Lee Eul, Il-Deung und Ah-Yi – werden in einen Kriminalfall verwickelt, in dem der Hauptverdächtige Lee Eul ist. Es stellt sich heraus, dass Lee Eul in seiner Jugend (wegen seiner Eltern) einen Selbstmordversuch begangen hat, daraufhin in die Psychiatrie eingewiesen und so als ›Verrückter‹ abgestempelt wurde. Gar nicht mehr so magisch …
(Keine Sorge, er war es nicht wirklich! Sondern der ekelhafte, perverse Chef von Ah-Yi!)
Dem kann ich aber ganz und gar nicht zustimmen – vielleicht aber auch, weil ich sowieso eine Vertreterin gegen Happy Ends bin. Vor allem fand ich aber cool, dass hierbei ein Element aufgegriffen wurde, das bereits am Anfang kurz eingeführt und eher als unwichtig abgetan wurde.

So. Nun aber ohne groß weiterzulabern zum Fazit: Trotz einiger kleinerer Makel, wie das Schauspiel (mehr oder weniger) wichtiger Nebenrollen, würde ich »Annarasumanara« sehr gerne weiterempfehlen – vorausgesetzt, man hat nichts gegen Fantasy oder Gesangseinlagen. Aber: Glaubst du denn nun an Magie … echte Magie? Wenn deine Antwort immer noch »Nein« ist, dann gib der Show doch eine Chance. Ich bin mir sicher: Sie wird dich verzaubern! 😉
Beitrag wurde zuletzt am 22.10.2022 22:39 geändert.
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Oshin

Avatar: Rabiator
V.I.P.
#41
1983, mitten in der damals sehr ausgeprägten, japanischen Blasenökonomie, machte ein „Asadora“ (Morgendrama) namens Oshin nicht nur in Japan auf sich aufmerksam. In dem Drama ging es um den Aufstieg der bettelarmen Tochter eines Reisbauern zur Besitzerin einer bekannten Supermarktkette. Das Gesamtwerk mit insgesamt 297 Folgen von jeweils 13 Minuten Länge wurde international in ca. 60 Ländern ge­zeigt, hat bis heute treue Fans und war in seiner Gesamtheit eine der ersten rein japanischen Fernsehserien, die der Welt wieder ein durchweg positives Bild von Japan vermittelten.

Die globale Besessenheit von einer Serie war damals in den 80’ern noch eine relative Seltenheit, und dass das Ganze weltweit gleichzeitig passierte, verpasste dem Phänomen den Namen „Oshindrome“ oder auch „O-Syndrome“. Es gab Gerüchte, dass in Thailand ganze Kabinettssitzungen verschoben wurden, damit sie nicht mit dem Sendeplan in Konflikt gerieten…

Das war aus damaliger Sicht viel Aufmerksamkeit für eine Serie, welche das Lebenswerk eines armen Bauernmädchens in den Mittelpunkt stellte. Es ist jedoch auch heutzutage noch gut nachvollziehbar, weil die Identifizierung mit der Heldin sehr leicht fiel - einerseits den älteren Generationen, die teilweise unter ähnlichen Umständen aufgewachsen waren und ihre Kinder wie Oshin in besseren Umständen aufziehen konnten; andererseits auch so einigen jüngeren Zuschauern, die von der Oberflächlichkeit der Blasenökonomien zunehmend abgestoßen wurden, wenn sie nicht ohnehin schon der gedanklichen Freiheit der 68‘er Generation anhingen… oder, auf dem Schoß ihrer Eltern sitzend, einfach das Morgenprogramm mitschauten.

Zum 30-jährigen Jubiläum der Serie wurde beschlossen, ein Remake zu verfassen, das sich nur auf den Kindheitsaspekt Oshins konzentrieren und diesen Teil der Geschichte in bildgewaltigen und sorgfältig inszenierten Szenen ins Kino bringen sollte – ganz wie es einer historisch erfolgreichen Serie zustand. Bei der Auswahl der Schauspieler wurde mit Honorar nicht gegeizt und bekannte sowie beliebte Schauspieler engagiert. Die Auswahl der Kinderdarstellerin gestaltete sich besonders außergewöhnlich: Kokone Hamada wurde aus über 2700 Mitbewerberinnen für die Rolle ausgewählt. Dabei wurde nicht nur sorgfältig darauf geachtet, dass sie der Kinderdarstellerin der Originalserie, Ayako Kobayashi, ähnlich sah, sondern auch dass sie die gesamte Bandbreite der Emotionen glaubwürdig darstellen konnte, die auf Oshin in den ersten zwei Jahren nach dem Verlassen ihres Elternhauses einprasselten. Subjektiv gesehen ist ihr das herausragend gelungen. Für mich war es das zweite Erlebnis nach Mana Ashidas Posuto in Ashita, mama ga inai, dass eine Kinderschauspielerin ihre Rolle mit der Souveränität einer Erwachsenen zu präsentieren in der Lage war.

Der Film funktioniert tatsächlich auch als eigenständiges Werk sehr gut. Obwohl er die sieben Stunden Material der 37 Kindheits-Folgen der Serie in weniger als einem Drittel der Zeit präsentiert, sind fast alle wesentlichen Eckpunkte der Serie nicht nur vorhanden, sondern wegen der 30 Realjahre später datierten, verfeinerten Dramaturgie auch häufig eingängiger umgesetzt. Vermissen mag man vielleicht diejenigen Szenen in der Serie, die ausführlich auf Oshins akademische Begabungen eingehen, oder die generell ihren herausragenden analytischen Verstand betonen. Exemplarisch sei hier die Szene in der Serie genannt, als die Kleine sich wundert, dass Reisbauern als Erzeuger von Reis nicht genug Reis zu essen haben, aber diejenigen, die den Reis „nur“ verkaufen, sich sogar zusätzliches, schmackhaftes Essen leisten können.

Am Ende fallen die herausgefallenen oder gekürzten Szenen trotzdem nicht so sehr ins Gewicht. Während die Serie motivieren muss, warum Oshin später so erfolgreich sein wird, liegt der Fokus des Films nämlich auf einem anderen Schwerpunkt. Oshin muss hier gar nicht das Übertalent sein, das sich trotz aller Wider- und Missstände im Leben „vom Tellerwäscher zum Millionär“ entwickelt. Der Film betont in größerem Ausmaß, in welchem Maße Frauen in Japan ihrer Familie verpflichtet waren - und stellenweise immer noch sind. Im frühen 20. Jahrhundert bedeutete das, dass Frauen nichts für sich selbst taten, wie Mrs. Yashiro im Film treffend anmerkt, sondern für ihre Ehemänner, für die Familie, für die Kinder, für das Familienunternehmen. Der innere Konflikt Oshins um die Rolle ihrer Mutter nimmt im Film eine Hauptrolle ein, und sorgt, in seiner Auflösung an den Schluss gesetzt, für ein rundes und schlüssiges Finale, sowie insgesamt für ein sehenswertes, historisch wahrheitsnahes und emotional mitreißendes Filmerlebnis.
Beitrag wurde zuletzt am 12.10.2022 17:37 geändert.
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KinnPorsche: Rak Khot Rai Sutthai Khot Rak

Avatar: SabriSonne
Redakteur
#42
Als „neu“, „nie gesehen“ und „innovativ“ hatte sich „KinnPorsche" vor über einem Jahr vorgestellt (spricht man übrigens „KinnPosch“ aus, hat also nix mit dem Auto zu tun^^). Alle haben auf die Serie gewartet, doch dann der Schock!
Die Produktionsfirma „Filmania" hatte sich mit den Autoren zerstritten, die Dreharbeiten waren unterbrochen, alles hing in der Luft. Doch dann übernahm „Be On Cloud" die Produktion, castete Rollen neu (bzw. musste auch neu casten, weil Schauspieler keine Zeit mehr hatten), überarbeitete das Skript und drehte eine komplett neue Serie – zum Glück!


Zur Handlung
Klingt natürlich gemein, denn die Version von „Filmania" haben wir nie zu Gesicht bekommen, wir kennen nur den 9min (!!) Trailer. Doch irgendwie habe ich das Gefühl, es war Schicksal, dass „Be On Cloud" den Titel in die Hände bekommt, denn was die Damen und Herren hier an einigen Stellen fabriziert haben, ist wirklich gut gelungen!

Doch bevor wir zu den Highlights kommen, möchte ich heute ausnahmsweise lieber mit den negativen Punkten starten, denn diese hätten mich damals beinahe die Serie abbrechen lassen.
Doch was störte hier so extrem? Ich hatte nicht erwartet, dass die Serie so Comedy-lastig ist! Ebenso gab es deutlich weniger Action-Fokus, als ich erwartet hatte (sammelt sich irgendwie alles im Finale^^) – ich war beinahe enttäuscht!

Und das solltet ihr tatsächlich wissen: auch wenn die Trailer schon etwas andeuten, die Comedy macht einen gewaltigen Teil der Serie aus, gerade zu Beginn. Und wenn man einen düsteren Mafia-Titel erwartet, dann mag das im ersten Moment enttäuschen oder die Stimmung kaputt machen.
Die Comedy funktionierte dann für mich am Anfang auch nur wenig, da mir die Situationen einfach zu absurd und abwegig waren. Kein Mensch pinkelt im nüchternen Zustand einfach in einem fremden Grundstück in einen Gartenteich! Das macht niemand! Und ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich plötzlich mega Angst bekommen habe, dass die ganze Geschichte ein absoluter Reinfall wird, eben weil die Comedy nicht jedermanns Sache ist.

Doch dann zeigte sich nach einiger Zeit, dass die Serie deutlich mehr im Petto hatte. Die Umsetzung und die Kontinuität waren zwar oft holprig, dafür erzählt „KinnPorsche“ eine im Grunde gut zusammenhängende Geschichte, baut ein gutes Universum auf und überzeugt mit gut gesetzten Cliffhangern. Obwohl die es die Serie im Grunde gut hinbekommt auf größere Plotholes zu verzichten, entwickelte sich für mich schnell ein Problem: „Wohin will die Story?“

Schnell bekommt man das Gefühl, dass man hier 2 absolut getrennt von einander ablaufende Storylines zu Gesicht bekommt, die dann leider auch nur bedingt gut durch die Anwesenheit von Kinn und Porsche zusammengehalten werden. So leben die einen Figuren in Universum 1, die anderen in Universum 2 und Porsche halb dazwischen und auch irgendwie nicht. Und leider macht gerade die Finalfolge sehr eindrücklich klar, wie weit diese beiden Universen tatsächlich voneinander entfernt waren.
Sicherlich haben einige Charaktere persönliche Storylines und Beweggründe, aber irgendwie fehlt das „große Ganze“ im Hintergrund, wenn ihr versteht, was ich meine: „Just Stuff happening“. Denn im Grunde geht es ja nur um Porsche, der als neuer Bodyguard für Kinn eingestellt wird – und damit ist die Geschichte eigentlich schon vorbei! Klar beobachten wir dann Porsche, der in seinen neuen Job erst einmal hineinwachsen muss, aber im Endeffekt begleitet man die Hauptcharaktere gefühlt einfach für mehrere Monate mit der Kamera und lässt einfach das Leben laufen. Es fehlt der große Bösewicht, die große Herausforderung, die alle Beteiligten nehmen müssen. Stattdessen hat man viele Einzelszenen, die auch nur bedingt erklärt werden oder aufeinander aufbauen. In der einen Szene noch zuckersüß, dann plötzlich mega brutal, und am Ende wieder erotisch! Die Folgen verlaufen wirklich wie eine Achterbahnfahrt, weil man von einer Emotion in die nächste geworfen wird. An einigen Punkten sicher geplant, gerade in den letzteren Folgen, man hat aber so oft eher das Gefühl, man guckt einfach, was passiert. Auch die Finalfolge bringt die losen Fäden eher auf praktische Weise zusammen.

Ebenso überzeugt auch das „Mafia“-Genre weniger als erwartet, weil es mir stellenweise zu „gewollt aggro“ wirkt. Es wird geraucht als gäbe es kein Morgen, dazu gewollt brutale Szenen, als würde man erwachsenen Männern beim Mafia-Spielen zusehen…

Ist die Handlung also gut? – Nein!
Macht die Handlung trotzdem süchtig? – Ja!

Denn es ist die Romance, in der einfach die Stärke der Serie liegt!
Wir bekommen im Laufe der Handlung insgesamt 3 Main-Couples präsentiert, die in ihrer Auslegung nicht unterschiedlicher sein könnten. Bei allen 3 stimmt die Chemie zwischen den Darstellern absolut, sodass man sich auf alle 3 wunderbar einlassen kann. So ist es im Endeffekt tatsächlich persönliche Geschmackssache, in welchem Boot man durch die Geschichte schippern will.

Die Romanze der Titelhelden Kinn und Porsche ist Erotik pur! Und das ist sicherlich auch das Innovative an ihrer Geschichte. Der Bildschirm steht in einigen Szenen wortwörtlich in Flammen, ohne dabei zu „porno“ oder unangebracht zu werden. Die Szenen sind heiß, sexy und prickelnd, selbst für einen Thai-BL.
Storytechnisch belegt ihre Geschichte für mich im Vergleich zu allen 3 Romanzen Platz 3 – nicht weil schlecht, sondern weil Standard und zu oft gesehen. In anderen Serien würde das vielleicht auch gar nicht so negativ ins Gewicht fallen, nur ist mit den anderen Geschichten die Konkurrenz einfach zu stark, sodass man zugeben muss: ich habe im Mittelteil absolut das Interesse an ihrer Romanze verloren. Gegen Ende zieht die Geschichte wieder merklich an, aber dass es sich lediglich um Konflikte handelt, die auf mangelnde Kommunikation zurückzuführen sind, kann auch das nicht mehr hinweg täuschen.

Die 2. Romanze startet auch verhältnismäßig früh, und ist die, die am wenigsten mit dem Mafia-Motiv zu tun hat. Ganz im Gegenteil: die Geschichte ist so losgelöst vom ganzen Rest, dass man meinen könnte, man schaut eine komplett unrelevante Side-Story (haben sogar die Darsteller gesagt^^). Dennoch findet sie immer wieder den Weg zurück und bringt gerade in der ersten Hälfte viel Mysterium und Denken mit sich. Auch die Romanze selbst ist interessant, da sie für einen Charakter nur Mittel zum Zweck ist, während der andere Charakter voll in ihr aufgeht. Somit ist zwar das Endergebnis ersichtlich, dennoch im entsprechenden Moment nicht weniger eindrucksvoll.
Da mir hier aber das Musik-Genre zu sehr im Vordergrund war und mir die Abwendung von allen anderen Charakteren zu stark war, tat ich mich auch hier stellenweise schwer.

Ich muss wirklich sagen, die Serie ist für mich Woche für Woche immer tiefer abgerutscht...

Und dann kam Romanze Nr. 3! Sie war für mich das absolute Highlight!
Man muss sich tatsächlich lange gedulden, bis sie endlich losgeht, aber ich kann mich erinnern, wie sehr ich überrascht war – die beiden Figuren zusammen hatte ich nämlich null auf dem Schirm!
Und dann kam eine Art der Romanze daher, die sprichwörtlich „die Nadel im Heuhaufen“ wäre, so einzigartig ist ihr Verlauf im Vergleich zu sämtlichen Romanzen, ob BL oder nicht: sie startet über ein Stockholm-Syndrome!

Solche Romanzen gibt es so gut wie nie und sind gefühlt genauso wahrscheinlich wie ein 6er im Lotto, denn sie zählen ins Violence-Genre und sind damit äußerst kontrovers: beim Stockholm-Syndrome entwickelt ein Entführungs- und/oder Missbrauchsopfer eine emotionale Bindung zum Täter, was sich dann auch Richtung Romanze entwickelt kann. Hier möchte ich offiziell eine Trigger-Warnung (!!) geben, denn für eine solche Geschichte braucht man einfach die entsprechenden Missbrauchs-Szenen!!
„KinnPorsche“ regelt für mich aber die heikle Thematik so gut und wohlüberlegt, dass ich einfach nur applaudieren kann: die Metaphern sind grandios gewählt, die Unterhaltungen so gut geschrieben, die Emotionen so gut nacheinander platziert, sodass der Gesamtverlauf einfach nur atemberaubend ist!
Sicherlich schluckt man manchmal, weil einige Szenen einfach psychisch oder physisch verstörend sind, aber gleichzeitig macht das auch den Reiz aus: eine solche Romanze kennt man als Zuschauer einfach nicht! Sowas hat man noch nie gesehen! Und dementsprechend kann ich sagen: ich hatte schon lange keine Romanze mehr vor mir, auf die ich mich mental so sehr eingelassen habe, wie auf diese! Man versinkt förmlich in der Psyche der beiden betroffenen Charaktere, taucht ein in eine psychische Welt, die einem so komplett fremd wirkt und entwickelt so eine so andere, beinahe obsessive Beziehung zu den beiden Charakteren und ihrer Geschichte.

Und wenn ich wirklich den Punkt nennen müsste, an dem „KinnPorsche“ alles anders macht als andere Serien, dann eindeutig Romance Nr. 3! Einziger Nachteil: sie ging so spät los, dass fast keine Zeit blieb, diese psychisch mehr als ausladende Story komplett auszulegen - das wäre beinahe in die Hose gegangen!

Und was ich zum Thema Romanze unbedingt noch anmerken möchte: sie bleibt Frauenfrei! Ich bin so froh, dass die Serie komplett auf weibliche Figuren (ausgenommen Yok und ihre Bar) verzichtet und somit Hetero-Beziehungen komplett außen vor lässt. Klar wird es dann in gewisser Weise unrealistisch, als das man hier alle Herren Thailands zusammengesucht hat, die offensichtlich schwul sind, aber sei’s drum! Da würde eine Frau im Vergleich eindeutig zu sehr nerven!

Und was ich ebenso positiv hervorheben möchte, ist eine Kategorie, die ich selten aufführe, doch hier ist sie tatsächlich Teil des Erzählstils: Bühnenbild und Lichtdesign.
Großes Lob an Produzenten und Staff, die sich hier offensichtlich mehr als nur Gedanken über das Drumherum gemacht haben. Gerade im Einsatz von Licht merkt man hier, wie gewinnbringend und wichtig solche Kleinigkeiten für Szenen sein können, und man merkt hier, dass viel Zeit in Details geflossen ist – und das rundet den Gesamteindruck wunderbar ab.


Zu den Charakteren
Was mich am Anfang wirklich an der Stange gehalten hat, waren die hervorragend gecasteten jungen Männer, die man hier für die Charaktere ausgesucht hat.
Zum ersten war es sehr angenehm, gestandene, reife Männer vor sich zu haben, denn während der gewöhnliche Thai-BL Jungs um die 20 mit noch reichlich Baby-Speck castet, bewegt sich „KinnPorsche“ mit einer einzigen Ausnahme bei 24+. Und den Unterschied sieht man, ist doch die Aura eines Mannes Ende 20 eine ganz andere. Und der Cast gibt wirklich mehr als nur 100%, wer also auf gute Darbietungen hofft, der wird hier nicht enttäuscht werden. Und dass man hier auch optisch mehr als nur auf seine Kosten kommt, darf man natürlich auch nicht unter den Teppich kehren^^

Charakterlich bekommt man Typ-technisch wirklich viel geboten und kann sich aus Vielen seine bevorzugten Lieblinge zusammenstellen: vom selbstbewussten und chaotischen Porsche, dem unschuldigen kleinen Bruder Porchay, über Drama-Queen Tankhun, einem zuckersüßen Pete bis hin zu Badboy Vegas. Und dementsprechend vielfältig sind auch die Interaktionen und Romanzen.

Müsste ich meine TOP 3 benennen, wären das eindeutig Vegas, Pete und Tankhun.
  • Vegas bewegt sich für mich auf dem genau perfekten Grad des Unberechenbaren. Und ich liebe solche Charaktere, weil man sie nie wirklich verstehen kann und auch nie wirklich einschätzen kann. Jede Begegnung mit ihm ist spannend, weil man nie weiß, wie er gerade drauf ist. Und im Verlauf der Handlung wird er sogar immer komplexer und anziehender. Und für mich tatsächlich der einzige Charakter, der wirklich „Mafia" schreit!!
    Großes Lob an dieser Stelle für Darsteller Bible! Das ist eine Debütrolle! Wahnsinn, wie sich dieser junge Mann die Seele aus dem Leib spielt!

  • Ich muss zugeben, dass ich Pete sehr lange überhaupt nicht auf dem Schirm hatte, weil er sich irgendwie in die Reihe der ganzen Bodyguards, die immer durch’s Haus gerannt sind, eingereiht hat. Sein Charakter ist aber der absolute Spätzünder und explodiert gegen Ende förmlich! Einfach nur hardcore!
    Und auch hier: größtes Lob an Darsteller Build, der die Rolle fantastisch und emotional so perfekt spielt – ganz großes Kino!

  • Und dann, man glaubt es kaum – ich fand die Drama-Queen und damit die Hardcore-Comedy-Figur beinahe am besten: Tankhun, der heimliche Star der Show, der zwar manchmal selbst mir zu viel wurde, aber jede Szene, in der er mitspielt, absolut bereichert! Und man glaubt es kaum, in manchen Szenen ist er tatsächlich der einzige Charakter, der wirklich denken kann und mit Logik an die Sache herangeht…

… denn leider war ich mit den Charakteren nicht immer zufrieden.

So gab es mir viel zu viele Figuren, die im Grunde keinerlei Funktion für die Handlung hatten. Viel zu viele Bodyguards ohne Story oder Background (von denen ich auch teilweise nicht mal die Namen wusste!), die einfach nur da waren, damit sie da sind. Vegas’ kleiner Bruder Macau war auch einfach nur da, damit er da ist, ebenso die Clique von Porsche oder Kinn's Freunde. Im Endeffekt einfach zu viele Figuren, die null Auswirkung auf die Geschichte hatten und die man wahrscheinlich auch hätte weglassen können. Die hätten für mich auch keine Namen gebraucht, so unrelevant waren sie teilweise.
Ebenso waren einige Charaktere sehr ungenau in der Handlung platziert, was leider v.a. bei Vegas auffällig wird: ist er nun Freund oder Feind? In der einen Szene fliegen die Fetzen, in der nächsten Szene arbeiten sie zusammen. In der einen Szene stechen sie sich die Augen aus, in der nächsten Szene umarmen sie sich freundschaftlich - Hä?!
Auch fehlt an einigen Punkten die Storygrundlage. So kommt meine favorisierte Romanze Nr. 3 im Grunde nur zustande, weil alle anderen Charaktere einfach nur saublöd sind!

Außerdem fehlten mir stellenweise echte Emotionen. So gibt es eine Storyline, in der ein Maulwurf in der Familie ist, und als dieser enttarnt wird und zu Tode kommt, ist der Impact dieser Szene praktisch nicht vorhanden. Ich war betroffener als die Charaktere, die die ganze Serie mit dem Maulwurf interagiert hatten!

Und dann gibt es leider noch meine TOP-Liste von Hinten aufgerollt, und diese führen leider die Titelhelden Kinn und Porsche an. Und damit habe ich die Erklärung gefunden, weshalb ich mich in der ersten Hälfte so schwer mit der Serie tat: ich hatte noch keinen wirklich Lieblingscharakter, mit dem ich mich identifizieren konnte.

Porsche ist in seinem ganzen Verhalten so weltfremd und abwegig, dass man sich einfach nicht mit ihm identifizieren kann! Er bringt Aktionen, die einfach niemand in seiner Situation so machen würde, sodass man gerade zu Beginn zu sehr bei ihm den Kopf schüttelt. Im Endeffekt rettet sich die Figur hauptsächlich über die gute Leistung von Darsteller Apo.

Und Kinn… ja… würdet ihr mich bitten, seinen Charakter zusammenzufassen: ich kann es nicht! Ich kann euch nicht sagen, welche Charaktereigenschaften Kinn hat (wobei das nicht an Darsteller Mile liegt - der macht das Beste aus dem Skript)! Und das ist gerade in der Hinsicht lustig, als dass man bei ihm aber dennoch genau erkennt, wenn er „out-of-character“ handelt. „Out-of“-Was kann man zwar nicht sagen, aber man erkennt es dennoch sofort.

Klar, beide sind optisch im Endeffekt toll, auch super sexy, aber mit der insgesamt schwächsten und vorhersehbarsten Story dauert es leider nicht lange, bis man das Interesse etwas verliert. Und auch die typischen Kindergarten-Romanzen-Elemente mit Kochszenen und der Gleichen machen die Geschichte auch nicht spannender.


Fazit
Im Endeffekt macht für mich „KinnPorsche“ mehr Wind um Nichts, denn so „neu“, „nie gesehen“ und „innovativ“ ist die Serie nun auch wieder nicht. Stattdessen hat man Storytechnisch eher das Gefühl, man sieht einen „Wolf im Schafspelz“, bzw. passender ein „Schaf im Wolfspelz“, das eigentlich bekannte Thematiken nur neu verpackt. Die neue Verpackung sieht dann auch auf den ersten Blick ganz gut aus, aber leider nur auf den ersten.

Für mich das Innovativste tatsächlich die kontroverseste Thematik der 3. Romanze über das Stockholm-Syndrome, die man so sicherlich nie gesehen hat und auch nie wieder sehen wird. Und gerade hier zeigt sich die große Stärke der Serie: die Darsteller - denn mit dem Schauspiel, gerade in Romanze 3, steht und fällt eine solche Thematik!

Und Freunde: manchmal will man auch eine Serie für die Augen^^

Und sorry, dass sie so lang ist^^
Beitrag wurde zuletzt am 04.11.2022 13:29 geändert.
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Haneureseo Naerineun Ireok Gaeui Byeol

Avatar: Noel#43
  • Handlung
  • Charaktere
  • Kulisse, Kostüme etc
  • Musik
Serien-Kritik „The Smile Has Left Your Eyes“

Handlung und Setting:

Als Yoo Jin Kangs beste Freundin Baek Seung Ah mit dem Draufgänger Kim Moo Young zusammenkommt, ist diese alles andere als begeistert und sorgt sich um ihre Freundin. Moo Young motiviert Seung Ah dazu, sich aus dem Griff ihrer kontrollsüchtigen Mutter und ihres Verlobten zu befreien, jedoch nicht ohne Folgen. Während er sich bald sogar Jin Kang annähert, zeigt sich immer mehr seine gefährliche, rücksichtslose Seite.
Als ein großes Unglück passiert, für das Moo Young eine Mitschuld trägt, bleibt dieser ungerührt. Und auch als Beweise dafür gefunden werden, dass er in einen Mord verwickelt ist, zeigt er keine Reue und scheint alles als ein Spiel zu betrachten. Obwohl Moo Young in Jin Kangs Augen alles andere als ein guter Mensch ist, fühlt sie sich mit der Zeit doch zu ihm hingezogen.

Aber als sich Jin Kangs schließlich ihre Gefühle eingesteht, steht ihre Beziehung zu Moo Young vor weiteren Herausforderungen. Denn Moo Young weiß nichts über seine Vergangenheit, da er ohne Erinnerungen in einem Waisenhaus aufgewachsen ist. Ausgerechnet Jin Kangs überfürsorglicher Bruder und Polizist Yoo Jin Gook scheint eine persönliche Verbindung zu Moo Young zu haben und will ihn mit allen Mitteln von seiner Schwester fernhalten.

Handlungsaufbau:

Die Handlung lässt sich insgesamt in drei größere Abschnitte einteilen.

Im ersten lernen wir Moo Young kennen, der sich Seung Ah annähert, die sich auch kurzerhand in ihn verliebt. Dem gegenüber steht Jin Kang, die in Moo Young einen schlechten Einfluss sieht und Jin Gook, der als Polizist in einem Mordfall ermittelt. Bald stellt sich heraus, dass auch Moo Young in diesen involviert ist.
Mit diesem ersten Abschnitt tauchen bereits die ersten Probleme auf, denn er endet mit einem großem Unglück. Einem Unglück, für das Moo Young eine nicht geringe Mitschuld trägt. Dennoch zeigt sich bei ihm keine Veränderung, obwohl diese Wendung hier noch eindeutige Auswirkungen auf Jin Kang hat. Daneben kommt durch die Mordermittlung durchaus Spannung auf und es treten einige wenige interessante Nebencharaktere auf.

Diese verschwinden im zweiten Handlungsabschnitt aber schnell wieder.
In diesem rückt der Mordfall in den Hintergrund und es geht hauptsächlich um die Beziehung von Moo Young und Jin Kang oder wie diese sich „entwickelt“. „Entwickelt“, da sie in unglaublicher Geschwindigkeit voranschreitet, nachdem Jin Kang sich ihre Gefühle eingesteht und zeitgleich auch all ihre (gut begründeten) Zweifel verschwinden.
Einzig Jin Gook weist einen konsistenten Charakter auf, auch wenn sich aus einigen seiner Handlungen nicht sofort der Sinn erschließt.

Der Sinn dahinter zeigt sich im letzten Abschnitt, hat er doch direkt mit Moo Youngs Vergangenheit zu tun und wird von Schuldgefühlen geplagt. Zwar ergaben trotzdem nicht all seine Handlungen Sinn für mich, aber er war mir weitaus sympathischer als die anderen beiden.
Denn leider reihen sich ab diesem Zeitpunkt Entdeckungen, wiedergefundene Erinnerungen, Machtspielchen und teils sehr unlogische Entscheidungen aneinander.
Es wird zwanghaft ein großes, dramatisches Finale konzipiert, bei dem Moo Young leider zeigt, dass er sich nicht weiterentwickelt hat. Das stört am meisten, noch mehr jedoch die Tatsache, dass er einem Fremden blind vertraut, nachdem er seit seiner Kindheit misstrauisch und berechnend ist. Konkret geht es um einen einzigen Fakt, der ein tragisches Ende ins Rollen bringen soll und dass Moo Young nicht einmal Rat bei Jin Gook sucht, was viele unlogische Handlungsfehler vermieden hätte.

Kulissen, Kostüme und Effekte:

Hier ist alles stimmig, bei einer realitätsnahen Serie ist das auch nicht schwer zu erreichen.

Musik:

Die Musik ist gefühlvoll und die einzelnen (auch vokalen) Stücke sind passend gewählt und unterstreichen die Stimmung.
Tatsächlich ist die musikalische Untermalung fast schon zu gut für die Handlung, dieses Gefühl hatte ich zumindest bzw. wirkt sie verschwendet.

Charaktere:

Die Charaktere sind leider zum Großteil ebenso unlogisch und inkonsistent wie die Handlung.

Jin-Kang ist anfangs noch sympathisch, scheint sie doch hinter Moo Youngs Fassade blicken zu können und sich um ihre Freundin Seung-Ah zu sorgen. Wenig später scheint ihre Abneigung gegen ihn allerdings vergessen zu sein, denn als sie die Möglichkeit dazu erhält, verschwinden ihre Zweifel sehr schnell.
Ihren Sinneswandel konnte ich nur zum Teil nachvollziehen, da Moo Young keine Entwicklung durchmacht, außer sie zu mögen vielleicht, was er aber schon anfangs tat.
Vorher war Moo Young nämlich mit Seung-Ah (ihrer besten Freundin) zusammen, hat diese Beziehung aber nie wirklich ernst genommen, sondern nur mit ihr gespielt. Am Ende hat er sogar getestet, wie weit er sie treiben kann und war schuld an einem schweren Autounfall, der diese dann das Leben kostete. Während Jin-Kang ihn dafür anfangs sogar scheinbar gehasst hat, auch weil er keinerlei Reue deswegen zeigt (und später ebenso nie), vergibt sie ihm dann doch recht schnell und verliebt sich ihn in.
In meinen Augen muss jemand schon selbst eine gestörte Persönlichkeit haben, um sich in einen offensichtlichen Soziopathen zu verlieben. Ihr Charakter wurde allerdings nie so dargestellt, als hätte sie irgendwelche schweren Traumata.

Abgesehen von ihr interessiert Moo Young sich für niemanden. Da kann jemandem, der ihm eigentlich nahe stehen sollte, etwas schlimmes passieren oder eine Freundin unter Mordverdacht stehen – er zeigt nicht das geringste Schuldgefühl und erst recht keine Trauer, zu keinem Zeitpunkt.
Besonders lächerlich wird es dadurch, dass er mithilfe von Jin-Kang sogar ein besserer Mensch werden will, aber das eigentlich nie wirklich versucht. Dennoch liebt diese ihn, hat mehr als genug Mitgefühl für ihn und fragt sich, wieso denn niemand anderes so wie sie empfindet. Auch seine tragische Vergangenheit bleibt ungeklärt. Denn er wächst (zwar ohne Erinnerungen) im Waisenhaus auf, da aber gut behütet und wird erst später immer wieder verletzt – von wem, das erfährt man jedoch nicht, trotzdem wird das immer wieder als vermeintlicher Auslöser genannt.
Durch all diese Faktoren wurde er mir nur unsympathischer und die Romanze zwischen ihm und Jin-Kang wirkte völlig fehl am Platz.

Außer den Nebencharakteren, von denen eigentlich alle nach circa der Hälfte völlig bedeutungslos werden, mochte ich Jin-Gook wohl noch am meisten.
Er wirkt im Gegensatz zu den anderen beiden nämlich menschlich und besitzt noch den Bezug zur Realität. Obwohl auch sein Charakter unter sehr unlogischen Entscheidungen zugunsten des Skriptes leiden musste, hat er meiner Meinung nach auch innerhalb der Handlung am meisten gelitten und wenigstens versucht, das Richtige zu tun.


Fazit:

„The Smile Has Left Your Eyes“ ist offziell ein Thriller, bei dem die Krimi-Elemente aber schnell in den Hintergrund geraten und stattdessen einem zu sehr inszenierten Charakter-Drama weichen. Es werden viele unlogische Entscheidungen seitens der Charaktere getroffen, die einzig für das Skript zu existieren scheinen.
Daneben gibt es bei zwei der Hauptcharaktere keine Entwicklung, sondern bei der Protagonistin sogar einen Rückschritt. Die Dramatik wird zum Ende hin derart künstlich durch eine Vielzahl von „Enthüllungen“ (und falschen Behauptungen) gesteigert, dass es für den Zuschauer teils schon einer Qual gleicht.
Das Ende, welches wohl nicht tragischer hätte sein können, hat mich deswegen auch leider nicht im Geringsten berührt, obwohl ich sonst wirklich empfindlich bin. Stattdessen fand ich es passend für die beiden Protagonisten und muss gestehen, dass ich es genugtuend fand, da meine Sympathie für ebenjene von Folge zu Folge nachließ.

Insgesamt hatte ich bei „The Smile Has Left Your Eyes“ schon zu Beginn keine großen Erwartungen, die dann aber noch einmal deutlich enttäuscht wurden.
Daher kann ich für mein Empfinden nicht mehr als 2,5 Sterne vergeben, da die Handlung für mich zunehmend unverständlicher wurde.
Beitrag wurde zuletzt am 07.06.2023 19:17 geändert.
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I Remember You

Avatar: Noel#44
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  • Spannung
  • Charaktere
  • Musik & Effekte
  • Kulisse & Kostüme
Serien-Kritik „I Remember You/Hello Monster“

Handlung und Setting:

Als Lee Hyeon ein Kind war, wurde sein Vater von dem entflohenen Serienmörder Lee Joon-Young umgebracht, den dieser als Kriminalpsychologe im Gefängnis betreute. In dieser Nacht verschwand auch Hyeons jüngerer Bruder Min spurlos und Hyeon verlor einen Teil seiner Erinnerungen, die mit der Tat zusammenhängen.
Jahre später erhält er eine myteriöse Email, die mit Lee Joon-Young in Verbindung steht und kehrt aus dem Ausland nach Korea zurück. Er wird in eine Ermittlung der Polizei verwickelt und trifft auf Cha Ji-An, die ihn bereits zu kennen scheint und sich sehr für seine plötzliche Rückkehr interessiert.
Später stellt sich heraus, dass auch sie eine persönliche Verbindung zu Lee Joon-Young besitzt und zusammen mit Hyeon löst sie fortan Mordfälle. Beide versuchen, den Zusammenhang zwischen den Fällen herauszufinden, der Aufschluss auf Joon-Youngs Identität geben könnte.

Handlungsaufbau:

Die Handlung ist geschickt aufgebaut, der Zuschauer erhält nur einzelne Bruchstücke des Ganzen, die sich erst am Ende zusammenfügen. So weiß man anfangs nicht, was denn genau geschehen ist, da man nur die Fragmente von Hyeons Erinnerungen sieht sowie die Hinweise der einzelnen Tatorte. Hyeons Erinnerung ist manchmal durcheinander oder verdreht, daher kann man ihn anfangs nur schwer einschätzen. Schon die ersten Rückblicke und die Tatsache, dass Hyeons Vater ihn als „Monster“ sieht, dass er vielleicht wirklich ist oder auch nicht, sorgen für Spannung.

Danach ermittelt er zusammen mit Ji-An in verschiedenen Fällen, bei denen die Täter teils schnell zu finden, aber schwer zu fassen sind. Denn seltsamerweise wirkt es bei einigen so, als hätte jemand anders die Fäden in der Hand und als wären die Täter nur kleine Rädchen im Getriebe.

Als dann der verschollene Serienmörder persönlich wieder auftaucht, passiert das an unerwarteter Stelle. Hier hat man als Zuschauer ebenfalls einen Verdacht, der sich aber erst langsam manifestiert, da es teils abwegig scheint. Nur am Ende geschah die Auflösung für mich zu schnell und vor allem das plötzliche Verschwinden einiger Charaktere verlief zu spurenlos.

Kulissen, Kostüme und Effekte:

Die Kulissen (haupsächlich Seoul) und Kostüme sind schlicht, aber passend für einen Krimi, der eben in der Realität spielt. Ebenso unauffällig wie das Bühnenbild sind die Effekte.

Der einzige Minuspunkt sind einige Szenen, in denen einzelne Elemente absichtlich „unscharf“ bzw. „verschwommen“ dargestellt sind. Darunter Set-Deko wie Figuren und Bücher, aber in einer Szene auch die Klinge eines Messers.
Scheinbar erfolgt das teilweise, da für bestimmte Produkte keine „Werbung“ in den Film-/Serienproduktionen gemacht werden darf. Hier unterscheidet sich die Definition von Werbung scheinbar deutlichen von dem, was man aus Europa oder Amerika kennt.
Das Messer hingegen wurde scheinbar so dargestellt wegen der Altersfreigabe (auf Viki FSK 16), die in Korea vielleicht niedriger ist. Beides ist leider störend und auch absurd, da Blut beispielsweise uneingeschränkt gezeigt wird und davon kommt auch nicht zu wenig vor.

Musik:

Die Musik ist ebenso passend gewählt wie die Kulisse, auch wenn es nur wenige, variierende Stücke gibt. So wird in einigen Szenen immer wieder dasselbe Stück gespielt, das logischerweise spannungssteigernd wirken soll. Allerdings wird damit ein Teil der Spannung genommen, da dieses Stück in jeder dieser Szenen verwendet wird und man sich als Zuschauer schon denken kann „Gleich passiert etwas“. Zudem ist es teils einfach unnötig, da durch die einzelnen Szenen und Dialoge genug Spannung aufgebaut wird, weshalb eine subtile Musikuntermalung ausreichend gewesen wäre.

Charaktere:

Bei den Charakteren kommen wir nun zur größten Stärke der Serie, noch vor der anfangs schwer zu durchschauenden Handlung. Denn auch hier lernt man die Charaktere erst von Folge zu Folge besser einzuschätzen.

War Hyeon anfangs schwer zu verstehen, erfährt man das wahre Ausmaß seines Traumas erst nach und nach, ebenso dass er unrechtmäßig wie ein Außenseiter behandelt wurde. Er ist eine Genie mit besonderen Fähigkeiten, dem der Umgang mit anderen Menschen als Kind schwerfiel und der nie die richtige Förderung erhalten halt.
Daher ist er als Erwachsener distanziert und wirkt arrogant, obwohl er in Wahrheit nur vorsichtig und berechnend ist. Das zeigt sich auch in seiner doch sehr hingebungsvollen Beziehung zu seinem kleinen Bruder oder zu Ji-An, letztere lernt er zu mögen und beschützt sie so gut es geht.

Ji-An
war mich anfangs ehrlich gesagt sogar eher nervig, verfolgte sie Hyeon doch ständig ohne ersichtlichen Grund. Erst später wurden ihre Beweggründe deutlich und dass sie keineswegs ein „Stalker“ ist, für den sie sich sogar zeitweise ausgibt. Denn auch sie hat durch Joon-Young einen Verlust erlitten, der sie zu einem ehrlichen, aber auch sturen und mutigen Menschen gemacht hat. So kann sie Hyeon anfangs nicht leiden, entwickelt aber Gefühle für ihn und beide sind füreinander da, wenn es sonst niemand ist.

Auch wenn die Nebencharaktere insgesamt alle gut erdacht und interessant waren, fehlt ihnen allen doch eine tatsächliche Hintergrundgeschichte.

Anders als bei Joon-Young und Hyeons Bruder Min, die beide wirklich gut ausgearbeitet sind, vor allem Ersterer. Hier wird gekonnt mit dem Moralgefühl des Zuschauers gespielt, indem man einem Verbrecher und vermeintlichen Monster ein Gesicht und eine Persönlichkeit gibt. Denn auch ein Mörder kann eine tragische Vergangenheit haben auch seine Motive sind nachvollziehbar, selbst wenn die Taten grausam erscheinen mögen. Themen wie Misshandlung, Vernachlässigung und Manipulation spielen eine große Rolle, da ein Mensch durch eben diese Faktoren zu einem vermeintlichen Monster werden kann.

Fazit:

„I Remember You“ ist ein Krimi, der äußerst gekonnt mit den vermeintlichen Moralvorstellungen unserer Gesellschaft spielt und viele Facetten neben dem Denken zwischen Schwarz und Weiß offenlegt. Außer den vielschichtigen Charakteren kann auch die Handlung überzeugen, bei der sich die Einzelteile wie Puzzlestücke zusammenfügen und die Spannung bis zum Ende steigern. Einzig die Vielzahl von Charakteren hätte noch mehr Raum zur Entfaltung gebraucht, um der Serie noch mehr Tiefe zu geben.

Insgesamt vergebe ich für „I Remember You“ dennoch gute 3,8 (4) Sterne.
Beitrag wurde zuletzt am 21.06.2022 18:07 geändert.
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Von Jetzt, Showtime!

Avatar: SabriSonne
Redakteur
#45
„From now on, Showtime“ hat so viel Potential, dass es einem fast zu den Ohren rauskommt – nur macht die Serie so gut wie nichts daraus!


Zur Handlung
Und hier fängt es schon an!

„From now on, Showtime“ versucht sich ebenfalls an dem Supernatural-Contemporary-Genre, das in den letzten Jahren im KDrama-Bereich so populär geworden ist. Hier schnappt man sich Geister, kombiniert das Ganze mit Comedy und verrennt sich am Ende gekonnt in eine Mischung aus Weltuntergang und Star-crossed-Lovers.

„Verrennen“ ist hierfür genau das richtige Wort, denn die Finalfolge fand ich eine Katastrophe! Nicht nur, wie die Serie aufhört, sondern allein deswegen, wie viele Storylines noch angefangen werden, wie viele Relationen eingebaut werden und wie übernatürlich die Serie plötzlich wird. Denn zu keinem Zeitpunkt hat man groß das Gefühl, dass es übernatürlich wird!

Die Serie beginnt zwar mit einer relativ kreativen Idee mit einem Magier, der Geister für seine magischen Tricks einsetzt, doch leider stolpert die Serie eher von einem Klischee ins nächste und gibt damit nur einen Start, den man als „okay“ bezeichnen könnte. Nicht schlecht, aber bei der Vorlage verschwendet.
Dafür war der erste Fall relativ gut, der unsere beiden Hauptfiguren miteinander verbindet. Man weiß noch nicht, wohin die Serie will und wie gewisse Dramen ausgelegt werden, und auf den ersten Blick hin läuft der Anfang doch relativ flüssig. Zwischendrin deutet die Serie eine durchaus ausladende Storyline an, die, da man nur Bruchstücke erhält, durchaus auch Lust auf mehr macht und interessant wirkt. Ab hier nimmt auch das Tempo zu.

Doch dann kommt das Problem der Serie vollends zu tragen: sie schafft es nicht, eine durchgängig flüssig laufende Story zu erzählen! Es fehlen Schwerpunkte!

Zum einen verrennt sich „From now on, Showtime“ in eine Kombination aus Fremdschäm-Comedy mit absolut lächerlichen Szenen statt wirklich lustig zu sein. Für mich genau die Art von Comedy, die ich super unsympathisch finde und die mir wirklich viel von der anfänglichen Lust genommen hat. Denn sie steht für mich zu sehr im Kontrast zu der im Grunde gar nicht mal schlechten Hauptgeschichte, die aufgrund des falschen Fokus jedoch viel zu wenig Screentime, bzw. zusammenhängende Screentime bekommt, um überhaupt mal tragen zu können. So bekommt man im Endeffekt immer nur Bruchstücke, die noch nicht mal dramatische Auswirkung auf die Geschichte haben, sodass man viele Szenen schnell wieder vergisst und diese in der Luft verpuffen.

Überhaupt verpufft für mich in der Serie viel: die Comedy schafft es nämlich sogar die Romanze kaputt zu machen – nicht aber, dass diese wirklich gewinnbringend wäre. Sie lag ab der ersten Sekunde mehr als nur in der Luft und überraschte auch nicht im Verlauf. Nett anzuschauen ja, mehr aber auch nicht.
Und damit fällt nun leider die Gesamtstoryline, die nun mal auf der Star-crossed-Lover Romanze beruht! Die beiden Hauptcharaktere sind süß zusammen, doch es will nie wirklich romantische Stimmung aufkommen, weil entweder sie sich wie ein Bauer verhält und vor Unsympathie nur so überläuft oder weil die Comedy im falschesten Moment wieder reingrätschen muss!
Dadurch streckt sich v.a. das Ende ungemein in die Länge, weil die Handlung selbst nicht so wirklich sicher ist, was ihr Schwerpunkt nun sein soll.
Und auch mit dem Ende ist es so eine Sache, fahren doch die Handlager eine Folge vor dem Finale in den Himmel auf, sodass unser Hauptcharakter beinahe völlig allein vor dem finalen Problem steht und komplett überfordert ist. Das scheinen dann auch die Drehbuchautoren im letzten Moment doch noch verstanden zu haben, sodass die Handlager als Wiedergeburten und tatsächlich realexistierenden älteren Versionen wieder auftauchen – hallo?!

Für mich gehören Folge 15 und 16 ganz klar getauscht! Der emotionale Abschied in Folge 15 – aber man hat ja noch was! Und mit knapp 80min ist die letzte Folge noch nicht mal kurz!
So verheizt man die gesamte 15. Folge mit sinnlosem Rumgeblödel statt den finalen Kampf vorzubereiten. Und das führt dann unweigerlich dazu, dass man in der finalen Folge dasteht und sich einfach nur noch denkt „WTF?!“

Und so ging es mir leider bei vielen Folgen!
Ich weiß nicht, ob ihr das kennt, aber ich habe immer sofort diesen Drang eine Folge umschreiben zu wollen – und das mit nur Kleinigkeiten, und das Ding wäre um Stufen besser!

Großer Minuspunkt ist hier v.a. der Umgang mit den Geistern. Für eine Supernatural-Serie schafft „From now on, Showtime“ den Spagat zwischen Realtime und Fantasy noch relativ gut, aber das Skript am Anfang tut wirklich weh!
Statt das Phänomen über den weiblichen Hauptcharakter Seul-Hae zu ergründen, die ja auch noch keine Ahnung von der Materie hat und damit auch die Chance einzuräumen, sich als Zuschauer mit der weiblichen Figur zu identifizieren, erklärt sich die Serie über sowas von willkürlich eingestreuten Gesprächen zwischen Figuren, die im normalen Storyverlauf einfach keinen Sinn machen. Warum sollten die Geister, die seit Jahren mit Cha-Woong zusammenarbeiten, plötzlich erklären, warum Essen für sie so wichtig ist?! Das macht keinen Sinn, weil es die Geister wissen! Diese Unterhaltung findet nur statt, damit der Zuschauer mit den nötigen Informationen versorgt wird – und das ist skripttechnisch einfach nur schlecht!
Manchmal frage ich mich wirklich, ob Drehbuchautoren tatsächlich so blöd sind, um die offensichtlichere und v.a. gute Storyline so dermaßen zu ignorieren! Ich meine, das ist deren Job! Ich bin „nur" der Zuschauer und mir fallen spontan 10 Alternativen ein, um die Storyline zu verbessern!

Doch es war nicht alles schlecht, denn es war ja auch Potential da!
Zum einen ist die Grundidee relativ unverbraucht. Die Zaubertricks sind wirklich das einzige, was tatsächlich für Lacher sorgen kann, denn deren Umsetzung war wirklich lustig und gelungen.
Die persönlichen Fälle der Geister waren im Großen und Ganzen auch gut ausgewählt und an vielen Punkten durchaus emotional. Sie bringen zwar die Hauptstory nur bedingt weiter, aber das muss eine Geschichte im Kapitel-Stil nicht unbedingt.

Die Hauptstory selbst fand ich persönlich eigentlich sogar sehr gelungen, wäre dann auch mal der passende Fokus da gewesen. Star-crossed-Lovers sind nicht neu (v.a. wenn man die eine oder andere chinesische Serie wie „Love & Redemption“, „Ashes of Love“ oder „Ancient Love Poetry“ kennt^^), ist aber bei KDrama nicht so sehr verbreitet, da diese eher mit dem Motiv „Kindheitsfreunde“ arbeiten.
Die Geschichte somit mit einer relativ ausladenden historischen Storyline zu kombinieren, fand ich sehr erfrischend – v.a. da hier einiges vom Comedy-Genre entfällt. Über die historische Storyline selbst lässt sich streiten, aber mir gefiel diese mit Abstand am besten.

Ansonsten kann man die Hauptgeschichte wirklich am ehesten mit dem Titel eines anderen KDrama zusammenfassen: „Tale of the Nine-Tailed
Die Ähnlichkeit ist wirklich nicht zu übersehen, obwohl „From now on, Showtime“ nicht mit den wirklich magischen Elementen startet, sondern über den Realismus die Geschichte aufzieht. Müsste ich dennoch vergleichen, erzählt „Tale of the Nine-Tailed“ die Geschichte stärker, weil sie einfach den Fokus auf die Geschichte legt.


Zu den Charakteren
Auch hier bekleckert sich „From now on, Showtime“ nicht unbedingt mit Ruhm, wenn man nur die Charaktere als solche betrachten würde. Zum Glück sind mit ihnen unweigerlich auch die Darsteller verbunden, und diese haben für mich die Serie wirklich mehr als gerettet!

Die Figuren selbst sind gerade im Hauptcast absolut unsympathisch, bzw. man braucht lange, bis man sie zu mögen beginnt. Cha-Woong ist arrogant, selbstverliebt und hat so wirklich nichts Sympathisches an sich. Seul-Hae ist der typische Fettnäpfchen-Charakter, deren Benehmen schon an Fremdschämen herankommt. Die Geister bedienen einen Stereotyp nach dem anderen und entwickeln sich leider auch nicht aus ihnen heraus, und Kollege Hee-Soo ist der typische Second-Lead, der einfach nur untergeht. Er bekommt wenigstens am Ende noch die eigentlich verdammt coole Storyline, doch auch diese fällt dem „sich ewigen Verrennen“ zum Opfer.
Charakterentwicklung gibt es tatsächlich nur bei Cha-Woong, der sich von asozial zu etwas sozialer wandelt, und auch Seul-Hae wird etwas ruhiger und ernster, als sie das „Große Ganze“ immer mehr in den Blick bekommt, aber hier von „Charakterentwicklung“ zu sprechen liegt einem tatsächlich fern.

Mein persönliches Hightlight, und tatsächlich auch einziges Highlight, ist die Figur von General Choi Geum. Mit Abstand die beste persönliche Storyline! Und mit Abstand die besten Szenen, die auch tatsächlich mal lustig sind!

Ansonsten rettet sich die Serie tatsächlich hauptsächlich über den Cast.
Park Hae-Jin als Cha-Woong ist Bombe! Ich bin jedes Mal schockiert, wie gut er in Comedy ist, weil er optisch eher den steifen, gefühlstoten CEO verkörpert, und dementsprechend überraschend und spritzig ist seine Performance. Er macht wirklich das Beste aus dem Material und trägt die Serie damit hervorragend. Außerdem haben wir ihn hier mit seiner ersten historischen Performance, was man sich auch nicht entgehen lassen sollte.
Jin Ki-Joo hat zwar den unsympathischen weiblichen Hauptcharakter, doch auch ihre Performance ist durch die Bank weg tadellos und stark.

Und das ist in Kombination tatsächlich viel wert, wenn die beiden Hauptdarsteller die Serie so stark tragen. Kombiniert mit Jung Joon-Ho, der als General zu Höchstformen aufläuft, macht es die Serie tatsächlich anschaubar.
Der Rest des Casts ist gut gewählt, kommt aber wie die Rollen selbst nur wenig über den Standard hinaus. Nicht schlecht, aber stellenweise zu plakativ und auswendig gelernt.


Fazit
Für mich eine Serie, die sich irgendwie von Vorne bis Hinten ständig verrennt.
Wäre „From now on, Showtime“ einfach mal für ein paar Folgen beständig bei seiner Hauptstory geblieben, dann hätte die Geschichte durchaus Potential gehabt, mit der von „Tale of the Nine-Tailed“ mitzuhalten.

So ist es leider nur die verkorkste Version, die sich nur mit der eigentlich guten Idee und der mehr als starken Performance ihrer Hauptdarsteller über Wasser halten kann. Aber da sieht man mal, welche Auswirkung ein handwerklich gut gemachtes Skript gehabt hätte!
Beitrag wurde zuletzt am 26.08.2022 19:11 geändert.
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