SabriSonneRedakteur
#1Wenn man Meinungen von Serien im Netz hört oder liest, dann bin ich immer vorsichtig und sage mir, dass man sich erst selbst ein Bild machen sollte, um wirklich urteilen zu können. Und oft habe ich trotz harter Kritik eine gar nicht so schlechte Serie entdeckt (bzw. auch anders herum – und das leider öfter!)
Bei „The Game: Towards Zero“ ist die Kritik jedoch leider berechtigt.
Zur Handlung
Das Grundkonzept und den Anfang fand ich richtig stark. Der Fall war spannend, die Idee, dass die Hauptfigur den Tod eines Menschen sehen kann, ist nicht neu, aber cool, und gibt somit eine komplett neue Form des Investigation-Crimes.
Das Problem ist jedoch ziemlich schnell ersichtlich: wer mit einer solchen Fähigkeit schreibt, der verbrennt sich leider schnell die Finger – und hier haben sich die Macher offensichtlich ihr ganzes Arbeitszimmer gleich mit abgefackelt!
So ergibt schon nach dem ersten Fall die erste große Logiklücke in der Thematik – und es wird auch nicht die einzige bleiben. Das Problem ist erstmal, dass Hauptcharakter Tae-Pyung eigentlich sofort sehen müsste, wer der Täter ist. Und damit kann man so ziemlich jeden Mord aufhalten, indem man einfach an dem Betreffenden dran bleibt. Nur kommt er leider erst mit den wichtigen Elementen um die Ecke, wenn sich die Handlung komplett an die Wand gefahren hat (weil Logiklücke eben!).
Das nächste Problem ist, dass man irgendwann eben genau das versucht – Todesfälle zu verhindern! Hat ja nur knapp 30 Jahre für unseren Hauptcharakter gebraucht, bis er überhaupt auf die Idee kam! Und dann damit zu beginnen, dass man die Todesszenen „abkürzt“, ganz nach dem Motto, er hätte ja nicht alles gesehen, lässt mich unweigerlich zu der Frage kommen: warum hat er dann die Szene überhaupt gesehen, wenn sie doch nicht der Tod der Person war?! Hätte er nicht eine andere Szene von Beginn an sehen müssen?
Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass man eine Person darauf aufmerksam macht, dass sie beim Straße überqueren bitte aufpassen sollte. Aber sobald Tae-Pyung solche Hinweise gibt, müsste er dann nicht augenblicklich die neue Todesursache sehen, wenn sich die Person auf den Hinweis einlässt? Fragen über Fragen, die alle nicht hinreichend oder widersprüchlich erklärt werden.
Was ich jedoch sehr gut in der Thematik fand war, wie viele interessante Themen und Fragestellungen angesprochen werden. Ich habe die Storyline rund um Mr. Baek geliebt, der aktiv alle Möglichkeiten beseitigt hat, mit denen Tae-Pyung seinen Tod sehen könnte. Das lässt Raum für die eigenen Gedanken, ob es sinnvoll ist, seinen Tod vorher zu kennen und diesem dann bewusst aus dem Weg zu gehen oder das Leben so zu nehmen wie es kommt. Erinnerte mich an einigen Stellen an den Anime „Casshern Sins“, der ja in seiner Kernfrage versucht zu erörtern, ob das Leben erst dann lebenswert wird, wenn man weiß, es hört irgendwann auf. So tief geht „The Game“ zwar leider nicht, weil sich die Serie lieber in andere Dummheiten verrennt, aber wenn die Story fokussiert, dann sind die Fragestellungen auf einem sehr guten Level und regen zum Denken an.
Nur leider verrennt sich die Serie ziemlich, und eine Sache, die viel zu viel Zeit in Anspruch nimmt, und dann noch nicht mal gut geschrieben ist, ist die Romanze. Sie hat keinerlei Grundlage von der weiblichen Seite aus. Aus Richtung beider Herren macht eine Anziehung ihr gegenüber wahnsinnig viel Sinn, aber bei ihr? Alle Emotionen ihrerseits kommen wie aus dem Nichts und folgen keinerlei logischem Aufbau. Und damit wirkt die Romanze nicht nur leblos, sondern wird praktisch. Es gibt beim Storytelling mehrere Elemente, wie z.B. „set-up & pay-off“ (Szenen bauen aufeinander auf) oder „show not tell“ (man beschreibt nicht nur, sondern zeigt auch das Beschriebene, z.B. zeigt man, dass eine Person gutherzig ist und lässt es die anderen Figuren nicht nur sagen), aber hier scheinen die Autoren sämtliches Handwerkszeug vergessen zu haben. Lustigerweise funktioniert es bei Tae-Pyung aber, bei dem seine Gefühle genau dieser Logik folgen. Warum schaffen sie es dann bei Joon-Young nicht? Ganz einfach! Weil für sie die Romanze eine einzige Logiklücke ist! Und wenn man diese versucht hätte zu füllen, hätte die Romanze von Anfang an keinen Sinn gehabt und hätte somit nie existiert – was vielleicht auch besser gewesen wäre!
Denn so rückt auf einmal Joon-Young absolut penetrant in den Fokus.
Es ist schon faszinierend wie schnell Joon-Young der Nabel der Welt wird, um den sich alles dreht. Und hier liegt eindeutig der falsche Fokus! Es geht nicht um Tae-Pyung und seine Fähigkeit, es geht nicht um Ethik, es geht nicht um den Bösewicht – es geht um ein Frauenzimmer, das wichtiger gemacht wird, als es tatsächlich ist, um möglichst viel Screentime raus zuschlagen.
Die Handlung braucht Joon-Young nämlich eigentlich überhaupt nicht! Man hätte die ganze Geschichte als einen einzigen großen Showdown zwischen Tae-Pyung und Bösewicht Do-Kyung schreiben können und einen einzigen großen Spielplatz für die beiden schreiben können (und ja, man wäre glücklich damit!). Ebenso hätte man die einzige Besonderheit ihres Charakters, nämlich, dass Tae-Pyung ihren Tod nicht sehen kann, auch auf Bösewicht Do-Kyung schreiben können. Das hätte sogar mehr Sinn gemacht, da man so deren schicksalhafte Abhängigkeit von einander deutlich eindrucksvoller hätte portraitieren können, aber nein! Lieber mit Joon-Young einen völlig unnötigen Charakter einführen und diesen dann auch noch völlig unnötig in den Vordergrund drücken, damit sie als „das prägnante, starke Frauenzimmer“ möglichst viel Screentime bekommt, wobei sie meiner Meinung nach der Hauptgrund ist, weshalb es die Serie im Endeffekt beinahe zerlegt!
Zu den Charakteren
Aber Gott sei Dank nur „beinahe“, denn dem Himmel sei Dank haben wir mit den beiden Herren durchaus gute und starke Figuren, wegen denen sich die Serie lohnt.
Tae-Pyung funktioniert als Hauptcharakter hervorragend und Taecyeon (Rapper der Band 2PM, Vincenzo, Safe me, Blind) zeigt uns, dass Idol-Actors wirklich besser sein können als tatsächlich ausgebildete Schauspieler. Er handelt zwar manchmal entgegen jeder Logik und entgegen seiner Fähigkeiten und macht dann teilweise Dummheiten, bei denen man sich wirklich fragt, wo er die letzten Folgen eigentlich gelebt hat, aber seine Handlungen sind wenigstens nachvollziehbar. Man merkt bei ihm die Verzweiflung, den Drang, das Schicksal ändern zu wollen und den Menschen zu helfen. Ihn im Zusammenhang mit der Geschichte von Mr. Baek fand ich das Highlight der Serie.
Do-Kyung ist allein aufgrund der Leistung von Darsteller Im Joo-Hwan, the forever-2nd-lead (Bride of Ha-Baek, Uncontrollably Fond), absolut interessant. Die Performance ist voller Nuancen und macht aus ihm einen vielschichtigen Charakter, den man entdecken und verstehen will. Da nur leider auch seine Motivation über das Frauenzimmer läuft, ist die Auflösung seiner Rolle nicht zufrieden stellend. Dennoch trägt die Figur über einen Großteil der Serie hinweg.
Und dann gab es da noch Joon-Young.
Ich habe nicht mal Lust, irgendetwas zu ihr zu schreiben. Der typische starke Cop-Charakter, von dem uns weiß gemacht werden soll, dass sie die Hosen an hat. Nur leider werden solche Figuren oft als so „passionate“ geschrieben, dass sie stattdessen egoistisch werden. Und dass dann auch noch die Handlung so dermaßen stark auf sie fokussiert, tut dann auch noch ihr übriges.
Dazu die absolut langweilige Performance von Lee Yun-Hee. Zu keinem Zeitpunkt habe ich auch nur ansatzweise „das Brennen“ dieses Charakters gespürt. Yun-Hee schafft es einfach nicht, eine Aura für die Figur aufzubauen. Stattdessen hat man das Gefühl, sie sitzt einfach nur da und redet ihren Text herunter. Und das ist dramatisch, weil sie so leider zu sehr mit ihrem Polizei-Team verschmilzt, die eben so wenig herausstechen. Nur ist sie im Vergleich zum mitlaufenden Fußvolk die weibliche Hauptfigur!
Insgesamt fand ich dann tatsächlich die Pressegruppe rund um Lee Jun-Hee deutlich besser. Sie sind zwar keine Sympathiebolzen, aber wenigstens charakterlich greifbar und interessanter zu beobachten.
Fazit
Ein Beispiel einer Serie, die sich selbst beinahe umbringt, weil sie lieber die schlechte weibliche Hauptfigur zum Maß aller Dinge macht, als auf der eigentlich guten Storyidee aufzubauen.
Sehr starke erste Hälfte, nur leider kommt dann der sterbende Schwan. Über Logiklücken kann man bei der überaus gewagten und schwierigen Thematik noch hinwegsehen, aber die ganze Story gezwungener Maßen so laufen zu lassen, damit eine einzige Figur Sinn und Screentime bekommt, ist wirklich böse! V.a. fehlte mir dadurch am Ende wirklich die Motivation, die Serie beenden zu wollen.
Was lernen wir: lieber mit 2 prägnanten männlichen Hauptfiguren schreiben und die Dame komplett weglassen, als das Frauenzimmer auf Teufel komm raus hinein zu zwängen.
Denn sind wir mal ehrlich: ohne Joon-Young wäre die Serie um Stufen besser! Aber hier wollte man halt unbedingt die „starke weibliche Hauptfigur“ haben. Lieber eine Story kaputt machen, als die wegzulassen – wow!
Andere Serien funktionieren doch mit 2 männlichen Hauptfiguren und ohne Romanze auch wunderbar! Warum diese hier nicht?!
Beitrag wurde zuletzt am 03.11.2022 10:28 geändert.
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