SlaughtertripV.I.P.
#1Sprache ist wichtig, und fehlerhafte Sprache kann einem alles versauen. Beispiel: Die Sub-Gruppe, die sich »Iutjib Kkotminam« angenommen hat. Hoffentlich schaffe ich es, das Geschehen in dieser Serie adäquat wiederzugeben, denn die Subs sind so unterirdisch, dass es mir schwergefallen ist, dem, was sich vor meinen Augen abgespielt hat, überhaupt zu folgen. Zuseher, die der deutschen Sprache nur mäßig mächtig (oder gar ohnmächtig) sind, merken vermutlich nicht, welche Gräueltaten bei der Übersetzung begangen wurden. Zuseher wie ich, die sich auf einem Imba-Level befinden, aber schon. Ich verfluche Gott für meine Gabe!
Dabei geht es gar nicht nur um falsch geschriebene Wörter. Es geht auch nicht darum, dass manchmal fast jedes einzelne Wort eines Satzes fehlerhaft ist. Es geht auch nicht um die falsche Verwendung von Kommata und den Wörtern »das« und »dass«. Es geht auch nicht darum, dass manche Redewendungen und Reime Lost in Translation sind, wofür die Sub-Gruppe eigentlich nichts kann – außer vielleicht eine bessere Lösung zu finden. Es geht auch nicht darum, dass manches durch eine miese Übersetzung unfreiwillig komisch wirkt oder dass einer der dramatischsten Szenen der gesamten Serie dadurch der Impact genommen wurde. Es geht auch nicht darum, dass manchen Sätzen der Sinn genommen wurde, sodass sie sich wie Binsenweisheiten anhören (#1, #2). Es geht auch nicht darum, dass aus unerfindlichen Gründen über den Planeten Plant aus »Dragon Ball« geredet wurde. Es geht auch nicht darum, dass man manchmal fehlerhafterweise auf Deutsch und Englisch gleichzeitig übersetzt hat. Es geht auch nicht darum, dass manche Sätze so schlecht übersetzt sind, dass ich bis heute den Sinn dahinter nicht verstehe. Es geht viel mehr um das Produkt (das Produkt, nicht die Summe!) von all diesen Dingen! Was lernen wir daraus? Schlechte Sprache ist nicht cool!
Im deutschen und englischen Sprachraum ist diese Serie unter »Flower Boy Next Door« bekannt. Bevor man also von den Subs verwirrt wird, wird man von dem Namen der Serie in die Irre geführt. »Next Door« kommt ja noch hin, aber einen »Flower Boy« sucht man hier vergeblich. Der Titel der Serie bezieht sich nämlich nicht auf das Geschehen innerhalb der Serie selbst, sondern auf einen Webtoon, der von einem Künstlerduo gezeichnet wird. Ein Deppen-Duo ist das ehrlicherweise nicht, denn nur der Linke im Bild, Oh Dong-Hoon, benimmt sich Banane. Der Rechte im Bild, Oh Jin-Rak, ist trotz Taschentücher in den Ohren sehr ernst und einer von zwei Jungs, die um die Gunst der Hauptfigur buhlen. Die Serie trägt noch einen anderen Namen, nämlich »My Cute Guys« als Synonym. Dieser Titel ist nicht nur unkreativ wie sonst was, sondern ebenfalls irreführend. Zum einen wird im Zuseher die falsche Erwartung geweckt, es handle sich bei dieser Serie um eine eher witzige und niedliche RomCom, bei der die Hauptfigur sich im Dauerzustand »von zwei süßen Jungs umgarnt« befindet. Wie gesagt, der eine Junge, Jin-Rak, gibt sich eher ernst und ist alles andere als süß. Der zweite Junge, Enrique Geum, ist praktisch das Gegenteil von Jin-Rak, aber von der Definition her auch nicht wirklich süß – eher pausenclownig. Er ist eine Art koreanisch-spanischer Paradiesvogel, der Videospiele entwickelt. Ein Traumjob. Warum bin ich nicht draufgekommen?! Enrique erinnert mich etwas an einen alten Schulkollegen von mir, der manchmal bei dudeliger Schottenmusik energiegeladen in den Klassenraum geplatzt ist. Auch in den Gesichtszügen sehe ich gewisse Ähnlichkeiten. Aber wie sagt man so schön: Jeder hat einen koreanischen Doppelgänger. Und einer davon ist böse …
Die Herzdame dieser Serie ist Go Dok-Mi. Sie wird als »Rapunzel, die aus ihrem Turm ausbrechen möchte« beschrieben. Das ist eine sehr blumige Bezeichnung für einen Shut-in. Dok-Mi wird gespielt von Park Shin-Hye, die man unter anderem aus dem Film »Shirano; Yeonaejojakdan« kennt. Fun Fact: In der ersten Episode hat Lee Jong-Hyuk, der in »Yeonaejojakdan: Shirano«, dem Spin-off zum Film, mitgespielt hat, einen Gastauftritt. So sieht man in dieser Serie also ein Treffen zweier Schauspieler, die beim selben Franchise, jedoch bei unterschiedlichen Werken mitgewirkt haben. Das ist fast so wie ein Treffen zwischen Spock und Jean-Luc Picard. Je~denfalls … Dok-Mi ist anfangs so, wie man sich einen typischen Hikikomori vorstellt: still, ängstlich … und vielleicht etwas auf der Stalking-Schiene unterwegs.
Wen Dok-Mi stalkt, ist ihr Nachbar vom gegenüberliegenden Gebäude: Han Tae-Joon. Eifrige RomCom-Gucker glauben sicher, bereits zu wissen, wie die Serie ablaufen wird: Ein Nebenbuhler taucht auf und Dok-Mi muss sich am Ende zwischen ihrer Liebe-auf-den-ersten-Blick und dem Nebenbuhler, der sich als ihre wahre Liebe herausstellt, entscheiden. Eben nicht, und für diese Abkehr des Regulären ziehe ich meinen Hut, denn credit where credit is due. Doch das bringt auch allerlei Probleme mit sich, denn es scheint fast so, als habe man sich nicht entscheiden können, ob Tae-Joon nun ein Nebencharakter oder gar ein Komparse sein soll. Er taucht ab und zu auf und die Relevanz dieser Auftritte liegt irgendwo zwischen null, nix und nada. Wie bei einer mehrteiligen RomCom üblich, gibt es mehrere Liebesgeschichten, und so hat auch Tae-Joon eine. Enriques erste Liebe Yoon Seo-Young ist in Tae-Joon verliebt. Was klingt wie ein kompliziertes Liebesdreieck, ist es in Wahrheit gar nicht. Seo-Young ist genauso langweilig wie Tae-Joon, und so passen die beiden auch irgendwie gut zusammen. Kim Jung-San, der Schauspieler von Tae-Joon, ist ein attraktiver Mann. Er hat aber die Ausstrahlung einer Kartoffel. Eine attraktive Kartoffel zwar, aber eine Kartoffel bleibt eine Kartoffel. Da wundert es auch nicht, dass er laut einer gewissen Filmdatenbank nur in neun Werken mitgewirkt und dabei meistens nur eine Support- oder eine Gastrolle übernommen hat. Der Kommentar eines Users besager Datenbank sagt eigentlich schon alles, nämlich dass Jung-San zwar gut aussieht, aber nicht den Durchbruch geschafft hat: »What happen to him? He like disappeared. He's a cutie […]«
Die Zacken des wahren komplizierten Liebesdreiecks bestehen aus Dok-Mi, Jin-Rak und Enrique. Obwohl Enrique eine wahnsinnig positive Ausstrahlung hat und Leben in die Hikikomori-Bude bringt, sind zumindest meine Sympathien eher beim Normalo Jin-Rak. Enrique ist derart energiegeladen, dass er fast wie ein Fremdkörper in diesem Liebesdrama wirkt. Wären da nicht der kleine Anteil an Comedy und weitere sich dümmlich benehmende Figuren, würde er das bestimmt tun. Man muss es der Serie jedoch positiv anrechnen, dass man sich bis zum Schluss nicht sicher sein kann, für wen der beiden Dok-Mi sich entscheiden wird. Der fröhlich-lustige Enrique ist bei den Zusehern vermutlich ähnlich beliebt wie der bodenständige Jin-Rak. Dok-Mi verbringt mit Enrique zwar mehr Zeit als mit Jin-Rak, aber mehr als ein Anhaltspunkt dafür, wie Dok-Mi sich am Ende entscheiden wird, ist das nicht. Ich jedenfalls lag falsch mit meiner Vermutung, von welchem Prinzen Rapunzel aus dem Turm befreit wird. Die Beziehung zwischen Jin-Rak und Enrique ist so einfach, wie sie kompliziert ist. Mal sind die beiden die typischen Liebesrivalen, die sich auf einen Kampf vorbereiten zu scheinen, mal sind sie lovey-dovey und scheinen BFFs zu sein, und mal tragen sie tatsächlich einen Kampf aus. Dass die beiden nicht gut miteinander auskommen, scheint vom Schicksal vorherbestimmt zu sein, denn Jin-Rak ist ein Fan von Real Madrid und Enrique Eum vom FC Barcelona.
Wenn diese Serie Verbesserungsbedarf hat, dann vermutlich bei den Beziehungen der Figuren zueinander. Wie bereits angesprochen, ist Tae-Joon x Seo-Young ein absoluter Gähner. Das liegt mitunter daran, dass sich nie genug Zeit genommen wurde, den Zuseher mit den Figuren vertraut zu machen. Die Figuren tauchen auf, man erfährt, in wen sie verliebt sind, aber nicht, warum sie in diese Person verliebt sind. Man versteht ihre Gefühle nicht, und weil man sie nur oberflächlich mit dem Zuseher bekannt gemacht hat, ist es diesem auch relativ egal, wenn sie mal einen Korb bekommen. Bei dieser RomCom muss man jedenfalls nicht befürchten, Tränen zu vergießen.
Relativ bald taucht mit Cha Do-Hwi eine Tussi allerhöchster Güte auf. Sie ist in dieser Serie ungefähr das, was Baek In-Ha in »Cheese in the Trap« ist, nur in weniger lustig. Sie trägt immer Pelzmäntel in allen Farben – manchmal in rosa, manchmal in blau, und manchmal sieht sie aus wie ein Eis, das nur zur Hälfte Geschmack aufweist. Do-Hwi möchte aus geschächtlichen Gründen eine der Wohnungen im Apartmentkomplex, der Dreh- und Angelpunkt dieser Serie ist, mieten. Sie ist eine alte Freundin von Dok-Mi, die zur Feindin mutiert ist. Es ist die typische Geschichte von der Liebe zum Lehrer. Mädchen A mag den Lehrer, Mädchen B versteht sich besser mit dem Lehrer, es kommt zu einem Skandal, der bei Mädchen B eine psychische Störung auslöst und sie zum Hikikomori macht … die alte Leier halt. Do-Hwi ist auch so etwas wie ein halber Love Rival, denn sie hat Gefallen an Jin-Rak gefunden. Jin-Rak zeigt sich aber mehr genervt von Do-Hwi oder ignoriert sie komplett, weshalb sie keine Gefahr für Dok-Mi darstellt. Es ist übrigens eine sehr oberflächliche »Liebe«, da sie nur an Jin-Raks Aussehen interessiert ist. Do-Hwi x Jin-Rak ist deshalb eine genauso ermüdende Liebesgeschichte wie Tae-Joon x Seo-Young, nur dass der Zuseher dieses Mal weiß, woher das Interesse stammt: von ihren sexuellen Trieben.
Eigentlich sind die Bewohner des Apartmentkomplexes ein ziemlich bunter Haufen. Schade nur, dass es schwerfällt, eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Watanabe Ryu beispielsweise ist ein japanischer Koch, der um die Welt reist, um sich kulinarisch weiterzuentwickeln. Er macht Halt in Korea, um zu lernen, wie man die Spezialitäten dieses Landes zubereitet. (Keine Ahnung, was in diesem Land so alles gegessen wird …) Er taucht eigentlich nur dann auf, wenn es was zu essen gibt, und seine ganze Persönlichkeit scheint auf ein anbiederndes Lächeln und seine Passion zu kochen reduziert zu sein. Ab und an tauchen auch noch die wenigen älteren Bewohner des Gebäudes auf. Bei mir ist das übrigens umgekehrt. Ich wohne im höchsten Gebäude meiner Kleinstadt und bin mit meinen 35 Jahren der Zweit- oder Drittjüngste im Haus. Die anderen sind so alt, dass sie jederzeit umfallen könnten. Das trifft übrigens auf 40 % der Gesamtbevölkerung meiner Stadt zu. Hong Soon-Cheol ist der Hausmeister des Gebäudes und immer dann anzutreffen, wenn es einigermaßen lustig wird. Jeong Im ist die Vermieterin. Es wundert nicht, dass Soon-Cheol bei Jeong Im anbandeln möchte, denn immerhin hat er das »Pech«, in einem Haus zu wohnen, in dem fast nur attraktive, junge Leute rumhüpfen. Gott, ich hasse diese Stadt … Wer gespoilert werden möchte: Am Ende stellt sich heraus, dass Jeong Im nicht die Vermieterin ist, sondern nur eine gewöhnliche Bewohnerin. Der wahre Vermieter ist Soon-Cheol.
Sucht man das klassische Trottel-Trio, wird man auch hier fündig. Zwei davon sind zwar keine wirklichen Trottel, aber wenn man ein Trottel-Trio als drei Leute, die für die Comedy zuständig sind, begreift, dann sind Jin-Rak, Enrique und Dong-Hoon das zumindest in dieser Szene.
Für einen Großteil der Comedy ist übrigens Kim Seul-Gi zuständig, welche die völlig überarbeitete Webtoon-Redakteurin von Jin-Rak und Dong-Hoon portraitiert. Seul-Gi kennt man unter anderem aus »Ingyeogongju«, wo sie ebenfalls eine ziemlich irre Tante gespielt hat. Das scheint ihre Paraderolle zu sein. So ähnlich wie Ben Stiller und Adam Sandler fast immer denselben Charakter spielen.
Eine (koreanische?) Eigenheit in dieser Serie ist, dass es zu regelmäßigen Versammlungen des Mieterverbandes und zu »Demonstrationen« kommt, da die Wohnnebenkosten viel zu hoch sind. Dabei trifft man sich in einer improvisiert eingerichteten Baracke, die nicht mehr oder weniger nach Zweitem Weltkrieg aussieht als die genauso improvisiert eingerichtete Lagerhalle, in der ich vor zwei Jahren meine Corona-Impfung bekommen habe. Das Eigenartigste an dieser Serie ist aber, dass zum Veröffentlichungszeitraum vor zehn Jahren anscheinend Ellbogenflicken in Mode waren. Diese nutzlosen, hässlichen Fetzen, die einen gleich um ein paar Jahre älter machen und einem jeglicher Coolness, die man im Laufe der Zeit angesammelt hat, berauben, gehören höchstens noch in ein Museum oder auf eine Bad-Taste-Party.
Technisch gibt es nicht viel zu sagen, da man sich in diesem Bereich nur auf das Nötigste beschränkt bzw. das Glück hat, sich aufgrund des RomCom-Genres nur auf das Nötigste beschränken zu müssen. Musikalisch borgt auch diese Korea-Serie sich einen OST aus »Rocky« aus, nur dieses Mal nicht »Eye of the Tiger«, sondern die klassische Rocky Theme, als nach Adrian Yoo Dong-Hoon gebrüllt wird.
Fazit:
Ich sehe mir nie wieder eine Serie von dieser Sub-Gruppe an.
Dabei geht es gar nicht nur um falsch geschriebene Wörter. Es geht auch nicht darum, dass manchmal fast jedes einzelne Wort eines Satzes fehlerhaft ist. Es geht auch nicht um die falsche Verwendung von Kommata und den Wörtern »das« und »dass«. Es geht auch nicht darum, dass manche Redewendungen und Reime Lost in Translation sind, wofür die Sub-Gruppe eigentlich nichts kann – außer vielleicht eine bessere Lösung zu finden. Es geht auch nicht darum, dass manches durch eine miese Übersetzung unfreiwillig komisch wirkt oder dass einer der dramatischsten Szenen der gesamten Serie dadurch der Impact genommen wurde. Es geht auch nicht darum, dass manchen Sätzen der Sinn genommen wurde, sodass sie sich wie Binsenweisheiten anhören (#1, #2). Es geht auch nicht darum, dass aus unerfindlichen Gründen über den Planeten Plant aus »Dragon Ball« geredet wurde. Es geht auch nicht darum, dass man manchmal fehlerhafterweise auf Deutsch und Englisch gleichzeitig übersetzt hat. Es geht auch nicht darum, dass manche Sätze so schlecht übersetzt sind, dass ich bis heute den Sinn dahinter nicht verstehe. Es geht viel mehr um das Produkt (das Produkt, nicht die Summe!) von all diesen Dingen! Was lernen wir daraus? Schlechte Sprache ist nicht cool!
Im deutschen und englischen Sprachraum ist diese Serie unter »Flower Boy Next Door« bekannt. Bevor man also von den Subs verwirrt wird, wird man von dem Namen der Serie in die Irre geführt. »Next Door« kommt ja noch hin, aber einen »Flower Boy« sucht man hier vergeblich. Der Titel der Serie bezieht sich nämlich nicht auf das Geschehen innerhalb der Serie selbst, sondern auf einen Webtoon, der von einem Künstlerduo gezeichnet wird. Ein Deppen-Duo ist das ehrlicherweise nicht, denn nur der Linke im Bild, Oh Dong-Hoon, benimmt sich Banane. Der Rechte im Bild, Oh Jin-Rak, ist trotz Taschentücher in den Ohren sehr ernst und einer von zwei Jungs, die um die Gunst der Hauptfigur buhlen. Die Serie trägt noch einen anderen Namen, nämlich »My Cute Guys« als Synonym. Dieser Titel ist nicht nur unkreativ wie sonst was, sondern ebenfalls irreführend. Zum einen wird im Zuseher die falsche Erwartung geweckt, es handle sich bei dieser Serie um eine eher witzige und niedliche RomCom, bei der die Hauptfigur sich im Dauerzustand »von zwei süßen Jungs umgarnt« befindet. Wie gesagt, der eine Junge, Jin-Rak, gibt sich eher ernst und ist alles andere als süß. Der zweite Junge, Enrique Geum, ist praktisch das Gegenteil von Jin-Rak, aber von der Definition her auch nicht wirklich süß – eher pausenclownig. Er ist eine Art koreanisch-spanischer Paradiesvogel, der Videospiele entwickelt. Ein Traumjob. Warum bin ich nicht draufgekommen?! Enrique erinnert mich etwas an einen alten Schulkollegen von mir, der manchmal bei dudeliger Schottenmusik energiegeladen in den Klassenraum geplatzt ist. Auch in den Gesichtszügen sehe ich gewisse Ähnlichkeiten. Aber wie sagt man so schön: Jeder hat einen koreanischen Doppelgänger. Und einer davon ist böse …
Die Herzdame dieser Serie ist Go Dok-Mi. Sie wird als »Rapunzel, die aus ihrem Turm ausbrechen möchte« beschrieben. Das ist eine sehr blumige Bezeichnung für einen Shut-in. Dok-Mi wird gespielt von Park Shin-Hye, die man unter anderem aus dem Film »Shirano; Yeonaejojakdan« kennt. Fun Fact: In der ersten Episode hat Lee Jong-Hyuk, der in »Yeonaejojakdan: Shirano«, dem Spin-off zum Film, mitgespielt hat, einen Gastauftritt. So sieht man in dieser Serie also ein Treffen zweier Schauspieler, die beim selben Franchise, jedoch bei unterschiedlichen Werken mitgewirkt haben. Das ist fast so wie ein Treffen zwischen Spock und Jean-Luc Picard. Je~denfalls … Dok-Mi ist anfangs so, wie man sich einen typischen Hikikomori vorstellt: still, ängstlich … und vielleicht etwas auf der Stalking-Schiene unterwegs.
Wen Dok-Mi stalkt, ist ihr Nachbar vom gegenüberliegenden Gebäude: Han Tae-Joon. Eifrige RomCom-Gucker glauben sicher, bereits zu wissen, wie die Serie ablaufen wird: Ein Nebenbuhler taucht auf und Dok-Mi muss sich am Ende zwischen ihrer Liebe-auf-den-ersten-Blick und dem Nebenbuhler, der sich als ihre wahre Liebe herausstellt, entscheiden. Eben nicht, und für diese Abkehr des Regulären ziehe ich meinen Hut, denn credit where credit is due. Doch das bringt auch allerlei Probleme mit sich, denn es scheint fast so, als habe man sich nicht entscheiden können, ob Tae-Joon nun ein Nebencharakter oder gar ein Komparse sein soll. Er taucht ab und zu auf und die Relevanz dieser Auftritte liegt irgendwo zwischen null, nix und nada. Wie bei einer mehrteiligen RomCom üblich, gibt es mehrere Liebesgeschichten, und so hat auch Tae-Joon eine. Enriques erste Liebe Yoon Seo-Young ist in Tae-Joon verliebt. Was klingt wie ein kompliziertes Liebesdreieck, ist es in Wahrheit gar nicht. Seo-Young ist genauso langweilig wie Tae-Joon, und so passen die beiden auch irgendwie gut zusammen. Kim Jung-San, der Schauspieler von Tae-Joon, ist ein attraktiver Mann. Er hat aber die Ausstrahlung einer Kartoffel. Eine attraktive Kartoffel zwar, aber eine Kartoffel bleibt eine Kartoffel. Da wundert es auch nicht, dass er laut einer gewissen Filmdatenbank nur in neun Werken mitgewirkt und dabei meistens nur eine Support- oder eine Gastrolle übernommen hat. Der Kommentar eines Users besager Datenbank sagt eigentlich schon alles, nämlich dass Jung-San zwar gut aussieht, aber nicht den Durchbruch geschafft hat: »What happen to him? He like disappeared. He's a cutie […]«
Die Zacken des wahren komplizierten Liebesdreiecks bestehen aus Dok-Mi, Jin-Rak und Enrique. Obwohl Enrique eine wahnsinnig positive Ausstrahlung hat und Leben in die Hikikomori-Bude bringt, sind zumindest meine Sympathien eher beim Normalo Jin-Rak. Enrique ist derart energiegeladen, dass er fast wie ein Fremdkörper in diesem Liebesdrama wirkt. Wären da nicht der kleine Anteil an Comedy und weitere sich dümmlich benehmende Figuren, würde er das bestimmt tun. Man muss es der Serie jedoch positiv anrechnen, dass man sich bis zum Schluss nicht sicher sein kann, für wen der beiden Dok-Mi sich entscheiden wird. Der fröhlich-lustige Enrique ist bei den Zusehern vermutlich ähnlich beliebt wie der bodenständige Jin-Rak. Dok-Mi verbringt mit Enrique zwar mehr Zeit als mit Jin-Rak, aber mehr als ein Anhaltspunkt dafür, wie Dok-Mi sich am Ende entscheiden wird, ist das nicht. Ich jedenfalls lag falsch mit meiner Vermutung, von welchem Prinzen Rapunzel aus dem Turm befreit wird. Die Beziehung zwischen Jin-Rak und Enrique ist so einfach, wie sie kompliziert ist. Mal sind die beiden die typischen Liebesrivalen, die sich auf einen Kampf vorbereiten zu scheinen, mal sind sie lovey-dovey und scheinen BFFs zu sein, und mal tragen sie tatsächlich einen Kampf aus. Dass die beiden nicht gut miteinander auskommen, scheint vom Schicksal vorherbestimmt zu sein, denn Jin-Rak ist ein Fan von Real Madrid und Enrique Eum vom FC Barcelona.
Wenn diese Serie Verbesserungsbedarf hat, dann vermutlich bei den Beziehungen der Figuren zueinander. Wie bereits angesprochen, ist Tae-Joon x Seo-Young ein absoluter Gähner. Das liegt mitunter daran, dass sich nie genug Zeit genommen wurde, den Zuseher mit den Figuren vertraut zu machen. Die Figuren tauchen auf, man erfährt, in wen sie verliebt sind, aber nicht, warum sie in diese Person verliebt sind. Man versteht ihre Gefühle nicht, und weil man sie nur oberflächlich mit dem Zuseher bekannt gemacht hat, ist es diesem auch relativ egal, wenn sie mal einen Korb bekommen. Bei dieser RomCom muss man jedenfalls nicht befürchten, Tränen zu vergießen.
Relativ bald taucht mit Cha Do-Hwi eine Tussi allerhöchster Güte auf. Sie ist in dieser Serie ungefähr das, was Baek In-Ha in »Cheese in the Trap« ist, nur in weniger lustig. Sie trägt immer Pelzmäntel in allen Farben – manchmal in rosa, manchmal in blau, und manchmal sieht sie aus wie ein Eis, das nur zur Hälfte Geschmack aufweist. Do-Hwi möchte aus geschächtlichen Gründen eine der Wohnungen im Apartmentkomplex, der Dreh- und Angelpunkt dieser Serie ist, mieten. Sie ist eine alte Freundin von Dok-Mi, die zur Feindin mutiert ist. Es ist die typische Geschichte von der Liebe zum Lehrer. Mädchen A mag den Lehrer, Mädchen B versteht sich besser mit dem Lehrer, es kommt zu einem Skandal, der bei Mädchen B eine psychische Störung auslöst und sie zum Hikikomori macht … die alte Leier halt. Do-Hwi ist auch so etwas wie ein halber Love Rival, denn sie hat Gefallen an Jin-Rak gefunden. Jin-Rak zeigt sich aber mehr genervt von Do-Hwi oder ignoriert sie komplett, weshalb sie keine Gefahr für Dok-Mi darstellt. Es ist übrigens eine sehr oberflächliche »Liebe«, da sie nur an Jin-Raks Aussehen interessiert ist. Do-Hwi x Jin-Rak ist deshalb eine genauso ermüdende Liebesgeschichte wie Tae-Joon x Seo-Young, nur dass der Zuseher dieses Mal weiß, woher das Interesse stammt: von ihren sexuellen Trieben.
Eigentlich sind die Bewohner des Apartmentkomplexes ein ziemlich bunter Haufen. Schade nur, dass es schwerfällt, eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Watanabe Ryu beispielsweise ist ein japanischer Koch, der um die Welt reist, um sich kulinarisch weiterzuentwickeln. Er macht Halt in Korea, um zu lernen, wie man die Spezialitäten dieses Landes zubereitet. (Keine Ahnung, was in diesem Land so alles gegessen wird …) Er taucht eigentlich nur dann auf, wenn es was zu essen gibt, und seine ganze Persönlichkeit scheint auf ein anbiederndes Lächeln und seine Passion zu kochen reduziert zu sein. Ab und an tauchen auch noch die wenigen älteren Bewohner des Gebäudes auf. Bei mir ist das übrigens umgekehrt. Ich wohne im höchsten Gebäude meiner Kleinstadt und bin mit meinen 35 Jahren der Zweit- oder Drittjüngste im Haus. Die anderen sind so alt, dass sie jederzeit umfallen könnten. Das trifft übrigens auf 40 % der Gesamtbevölkerung meiner Stadt zu. Hong Soon-Cheol ist der Hausmeister des Gebäudes und immer dann anzutreffen, wenn es einigermaßen lustig wird. Jeong Im ist die Vermieterin. Es wundert nicht, dass Soon-Cheol bei Jeong Im anbandeln möchte, denn immerhin hat er das »Pech«, in einem Haus zu wohnen, in dem fast nur attraktive, junge Leute rumhüpfen. Gott, ich hasse diese Stadt … Wer gespoilert werden möchte: Am Ende stellt sich heraus, dass Jeong Im nicht die Vermieterin ist, sondern nur eine gewöhnliche Bewohnerin. Der wahre Vermieter ist Soon-Cheol.
Sucht man das klassische Trottel-Trio, wird man auch hier fündig. Zwei davon sind zwar keine wirklichen Trottel, aber wenn man ein Trottel-Trio als drei Leute, die für die Comedy zuständig sind, begreift, dann sind Jin-Rak, Enrique und Dong-Hoon das zumindest in dieser Szene.
Für einen Großteil der Comedy ist übrigens Kim Seul-Gi zuständig, welche die völlig überarbeitete Webtoon-Redakteurin von Jin-Rak und Dong-Hoon portraitiert. Seul-Gi kennt man unter anderem aus »Ingyeogongju«, wo sie ebenfalls eine ziemlich irre Tante gespielt hat. Das scheint ihre Paraderolle zu sein. So ähnlich wie Ben Stiller und Adam Sandler fast immer denselben Charakter spielen.
Eine (koreanische?) Eigenheit in dieser Serie ist, dass es zu regelmäßigen Versammlungen des Mieterverbandes und zu »Demonstrationen« kommt, da die Wohnnebenkosten viel zu hoch sind. Dabei trifft man sich in einer improvisiert eingerichteten Baracke, die nicht mehr oder weniger nach Zweitem Weltkrieg aussieht als die genauso improvisiert eingerichtete Lagerhalle, in der ich vor zwei Jahren meine Corona-Impfung bekommen habe. Das Eigenartigste an dieser Serie ist aber, dass zum Veröffentlichungszeitraum vor zehn Jahren anscheinend Ellbogenflicken in Mode waren. Diese nutzlosen, hässlichen Fetzen, die einen gleich um ein paar Jahre älter machen und einem jeglicher Coolness, die man im Laufe der Zeit angesammelt hat, berauben, gehören höchstens noch in ein Museum oder auf eine Bad-Taste-Party.
Technisch gibt es nicht viel zu sagen, da man sich in diesem Bereich nur auf das Nötigste beschränkt bzw. das Glück hat, sich aufgrund des RomCom-Genres nur auf das Nötigste beschränken zu müssen. Musikalisch borgt auch diese Korea-Serie sich einen OST aus »Rocky« aus, nur dieses Mal nicht »Eye of the Tiger«, sondern die klassische Rocky Theme, als nach Adrian Yoo Dong-Hoon gebrüllt wird.
Fazit:
Ich sehe mir nie wieder eine Serie von dieser Sub-Gruppe an.
Beitrag wurde zuletzt am 03.09.2023 14:59 geändert.
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