"It was here before people were born... Sneering at humanity's foolishness"
Was haben Albert Einstein, Sadanori Shimoyama, Francisco de Xavier und Lee Harvey Oswald gemeinsam? Nichts, nicht das geringste, zumindest auf den ersten Blick. Denn wenn man die Biographien der Personen näher betrachtet, wird man feststellen, dass alle diese Personen zu Lebzeiten Japan besuchten oder dort lebten. Ein Zufall? Nicht in Naoki Urasawas neuestem Werk "Billy Bat". Denn, so lächerlich das auch klingen mag, die Comic-Fledermaus "Billy Bat" wird zum Mittelpunkt der wohl größten Verschwörung, die jemals von einem Autor erdacht wurde.
Beginn der Handlung: Amerika im Jahre 1949. Der Comiczeichner Kevin Yamagata, dessen Name es bereits erahnen lässt, ist Amerikaner japanischer Abstammung. Sein neuester Comic "Billy Bat", der von einem Fledermaus-Detektiv handelt, erfreut sich hoher Popularität, doch als der Autor erfährt, dass im japanischen Jump-Magazin ein Manga mit demselben Charakter veröffentlicht wird, fühlt er sich verpflichtet diesem auf den Grund zu gehen und stößt auf ein Geheimnis, so alt wie die Menschheit selbst.
Doch von einem "Beginn der Handlung" zu sprechen ist, was diesen Manga betrifft, äußerst problematisch. Wer "Monster" oder "20th Century Boys" gelesen hat, der wird sofort Urasawas unverkennbaren Erzählstil bemerken. Die Geschichten von "Tezuaks Nachfolger" leben von ihren Geheimnissen und so wird auch in "Billy Bat" die Geschichte fragmentarisch dargeboten, d.h. es werden verschiedene Ereignisse aus dem Leben von zahlreichen Charakteren erzählt und ähnlich wie ein Puzzle lassen sich die einzelnen Fragmente im Idealfall zu einem stimmigen Bild zusammensetzen. Der Leser wird hierbei zum Detektiv, dessen Aufgabe das Zusammenfügen der einzelnen Puzzleteile ist.
Und dies scheint wesentlich schwieriger als Anfangs erwartet, denn Urasawa ist noch nie in so einem rasanten Tempo durch die Zeit und Länder, Geschichte und Fiktion gereist als in "Billy Bat". Gerade noch wurde Jesus von Judas verraten und bereits im nächsten Kapitel befinden wir uns im New York der 50er Jahre, wo eine Braut aufgrund ihrer Hautfarbe von der eigenen Hochzeit ausgeschlossen wurde. Sorgfältig recherchiert und authentisch in Szene gesetzt werden hierbei die unterschiedlichsten Ereignisse der Geschichte thematisiert, was dem Leser einiges an Vorwissen abverlangt, aber keinesfalls abschrecken sollte, schließlich bietet der Manga die Gelegenheit einiges, auch über die uns eher unbekannte japanische Geschichte (z.B. den Shimoyama-Vorfall), zu lernen.
Was für Manga-Leser anfangs befremdlich erscheinen mag, sind die immer wieder genutzten Comicszenen, die einen erheblichen Stellenwert in der Handlung haben. Was für "Monster" die Kinderbücher Franz Bonapartas waren, das ist für "Billy Bat" der amerikanische Comic. Die darin gezeichnete Comic-Fledermaus stellt einen jeglicher Logik entbehrenden Anachronismus dar und genau dieser Unwille des Lesers "Billy Bat" als das zu akzeptieren, was er vorgibt zu sein, nämlich ein Wegweiser der Menschheit und Verwalter der Geschichte, macht den besonderen Reiz diese Mangas aus.
Ganz ohne Kritik will ich den preisgekrönten Mangaka aber nicht davonkommen lassen. Nachdem ich selbst einige Werke Urasawas gelesen habe, fallen die parallelen im Erzählstil und den Charakteren auf, was ja auch keineswegs etwas schlechtes sein muss. Aber erneut präsentiert er uns diesen "Doktor Tenma mit Haartolle", Kevin Yamagata, der in eine Verschwörung gerät, von allen verlassen, heimgesucht von der unheilvollen Fledermaus, und trotzdem in jedem zweiten Charakter auf den er trifft einen begeisterten Fan seines Comics findet. So korrekt und humanistisch veranlagt wie sein Vorgänger ist er dann aber auch wieder nicht, was vor allem der anfangs nicht aufgeklärte Mordverdacht sowie Kevins hang zum Alkohol verdeutlichen.
Ein zweiter Kritikpunkt liegt in der Entwicklung der Charaktere. Urasawa gelingt es wie immer auf geniale Weise, manchmal nur durch Gesichtsausdrücke seine Charaktere "lebendig" zu machen. Doch die große Ansammlung an agierenden Personen sowie die ebenfalls vertretenen historischen Charaktere lassen wenig Platz frei, um einzelne Hauptfiguren detailliert auszuarbeiten. So verschwindet der Protagonist einige Bände komplett von der Bildfläche, während "Billy Bat" selbst wie eine omnipräsente Gestalt als einziger Charakter in keinem Band zu vermissen ist.
Fazit:
"Billy Bat" besticht durch die gewohnte Urasawa Qualität sowie eine außergewöhnlich authentische Darstellung historischer Epochen und Ereignisse. Auch wenn leichte Mängel festzustellen sind, so stehen diese doch in keinem Verhältnis zu dieser atemberaubend fesselnden Geschichte, wie nur Urasawa sie zu zeichnen versteht. Dies ist mein Urteil nachdem ich sieben Bände der Serie gelesen habe. Es werden wohl noch mindestens 10 Bände erscheinen, d.h. das beste dürfte also noch bevorstehen. Es bleibt jedem selbst überlassen ob er bis zum Ende warten und dann die Serie in einem Durchgang lesen will oder doch eher gespannt das neue Kapitel erwartet. Eines ist jedenfalls sicher: Wer einmal in den Bann von "Billy Bat" geraten ist, wird nicht mehr mit dem Lesen aufhören wollen.
Was haben Albert Einstein, Sadanori Shimoyama, Francisco de Xavier und Lee Harvey Oswald gemeinsam? Nichts, nicht das geringste, zumindest auf den ersten Blick. Denn wenn man die Biographien der Personen näher betrachtet, wird man feststellen, dass alle diese Personen zu Lebzeiten Japan besuchten oder dort lebten. Ein Zufall? Nicht in Naoki Urasawas neuestem Werk "Billy Bat". Denn, so lächerlich das auch klingen mag, die Comic-Fledermaus "Billy Bat" wird zum Mittelpunkt der wohl größten Verschwörung, die jemals von einem Autor erdacht wurde.
Beginn der Handlung: Amerika im Jahre 1949. Der Comiczeichner Kevin Yamagata, dessen Name es bereits erahnen lässt, ist Amerikaner japanischer Abstammung. Sein neuester Comic "Billy Bat", der von einem Fledermaus-Detektiv handelt, erfreut sich hoher Popularität, doch als der Autor erfährt, dass im japanischen Jump-Magazin ein Manga mit demselben Charakter veröffentlicht wird, fühlt er sich verpflichtet diesem auf den Grund zu gehen und stößt auf ein Geheimnis, so alt wie die Menschheit selbst.
Doch von einem "Beginn der Handlung" zu sprechen ist, was diesen Manga betrifft, äußerst problematisch. Wer "Monster" oder "20th Century Boys" gelesen hat, der wird sofort Urasawas unverkennbaren Erzählstil bemerken. Die Geschichten von "Tezuaks Nachfolger" leben von ihren Geheimnissen und so wird auch in "Billy Bat" die Geschichte fragmentarisch dargeboten, d.h. es werden verschiedene Ereignisse aus dem Leben von zahlreichen Charakteren erzählt und ähnlich wie ein Puzzle lassen sich die einzelnen Fragmente im Idealfall zu einem stimmigen Bild zusammensetzen. Der Leser wird hierbei zum Detektiv, dessen Aufgabe das Zusammenfügen der einzelnen Puzzleteile ist.
Und dies scheint wesentlich schwieriger als Anfangs erwartet, denn Urasawa ist noch nie in so einem rasanten Tempo durch die Zeit und Länder, Geschichte und Fiktion gereist als in "Billy Bat". Gerade noch wurde Jesus von Judas verraten und bereits im nächsten Kapitel befinden wir uns im New York der 50er Jahre, wo eine Braut aufgrund ihrer Hautfarbe von der eigenen Hochzeit ausgeschlossen wurde. Sorgfältig recherchiert und authentisch in Szene gesetzt werden hierbei die unterschiedlichsten Ereignisse der Geschichte thematisiert, was dem Leser einiges an Vorwissen abverlangt, aber keinesfalls abschrecken sollte, schließlich bietet der Manga die Gelegenheit einiges, auch über die uns eher unbekannte japanische Geschichte (z.B. den Shimoyama-Vorfall), zu lernen.
Was für Manga-Leser anfangs befremdlich erscheinen mag, sind die immer wieder genutzten Comicszenen, die einen erheblichen Stellenwert in der Handlung haben. Was für "Monster" die Kinderbücher Franz Bonapartas waren, das ist für "Billy Bat" der amerikanische Comic. Die darin gezeichnete Comic-Fledermaus stellt einen jeglicher Logik entbehrenden Anachronismus dar und genau dieser Unwille des Lesers "Billy Bat" als das zu akzeptieren, was er vorgibt zu sein, nämlich ein Wegweiser der Menschheit und Verwalter der Geschichte, macht den besonderen Reiz diese Mangas aus.
Ganz ohne Kritik will ich den preisgekrönten Mangaka aber nicht davonkommen lassen. Nachdem ich selbst einige Werke Urasawas gelesen habe, fallen die parallelen im Erzählstil und den Charakteren auf, was ja auch keineswegs etwas schlechtes sein muss. Aber erneut präsentiert er uns diesen "Doktor Tenma mit Haartolle", Kevin Yamagata, der in eine Verschwörung gerät, von allen verlassen, heimgesucht von der unheilvollen Fledermaus, und trotzdem in jedem zweiten Charakter auf den er trifft einen begeisterten Fan seines Comics findet. So korrekt und humanistisch veranlagt wie sein Vorgänger ist er dann aber auch wieder nicht, was vor allem der anfangs nicht aufgeklärte Mordverdacht sowie Kevins hang zum Alkohol verdeutlichen.
Ein zweiter Kritikpunkt liegt in der Entwicklung der Charaktere. Urasawa gelingt es wie immer auf geniale Weise, manchmal nur durch Gesichtsausdrücke seine Charaktere "lebendig" zu machen. Doch die große Ansammlung an agierenden Personen sowie die ebenfalls vertretenen historischen Charaktere lassen wenig Platz frei, um einzelne Hauptfiguren detailliert auszuarbeiten. So verschwindet der Protagonist einige Bände komplett von der Bildfläche, während "Billy Bat" selbst wie eine omnipräsente Gestalt als einziger Charakter in keinem Band zu vermissen ist.
Fazit:
"Billy Bat" besticht durch die gewohnte Urasawa Qualität sowie eine außergewöhnlich authentische Darstellung historischer Epochen und Ereignisse. Auch wenn leichte Mängel festzustellen sind, so stehen diese doch in keinem Verhältnis zu dieser atemberaubend fesselnden Geschichte, wie nur Urasawa sie zu zeichnen versteht. Dies ist mein Urteil nachdem ich sieben Bände der Serie gelesen habe. Es werden wohl noch mindestens 10 Bände erscheinen, d.h. das beste dürfte also noch bevorstehen. Es bleibt jedem selbst überlassen ob er bis zum Ende warten und dann die Serie in einem Durchgang lesen will oder doch eher gespannt das neue Kapitel erwartet. Eines ist jedenfalls sicher: Wer einmal in den Bann von "Billy Bat" geraten ist, wird nicht mehr mit dem Lesen aufhören wollen.