Anspruch: | viel |
Action: | mittel |
Humor: | wenig |
Spannung: | viel |
Erotik: | wenig |
Ist es gerecht, einen für das Wohl vieler zu opfern? Darf die Regierung ihre Landsleute aufgrund eines Gesetzes ermorden? Besteht keine andere Möglichkeit? Auf solche Fragen wird man in diesem Manga früher oder später kommen, denn die Themen Individuum und Gesellschaft stehen hier im Mittelpunkt. Dabei gibt es zwei Arten von Stories: die Hauptstory und die Nebenhandlungen. Die zentrale Geschichte rund ums umstrittene Gesetz wird aus der Sicht des Todesboten Fujimoto erzählt, der sich natürlich auch zu fragen beginnt, ob das alles wirklich richtig sei.
Außerdem gibt's die Nebengeschichten der Menschen, die den Ikigami von Fujimoto erhalten und nur noch 24 Stunden zu leben haben. Was werden sie tun? Werden sie ein letztes Mal mit ihrer Familie zusammen sein? Oder möchten sie sich eventuell ein für alle mal an jemandem rächen? Die Leute sind verschieden und handeln nach dem Erhalten des Ikigamis logischerweise unterschiedlich, weshalb hier Abwechselung geboten ist.
Was tun, wenn man nur noch einen Tag zu leben hat? Dieses Thema wird hier gut in Szene gesetzt und übermittelt dank des nachvollziehbaren Handelns der Charaktere einen soliden Eindruck. Die vielen kleinen dramatischen Geschichten haben durchaus ihren Reiz. Der Erzählstil überzeugt ebenfalls in Sachen Realitätsnähe und Nachvollziehbarkeit. Man braucht hier weder übernatürliche Kräfte, noch irgendwelchen Fanservice: Es wird einfach richtig gut erzählt und zum Nachdenken angeregt.
Aber hier kommen wir auch schon zu der Schwäche des Manga: Diese Stories sind ja schön und gut, aber irgendwann reicht's auch mal. Ich möchte ja auch erfahren, was jetzt mit Fujimoto passiert und ob er sein Leben als Todesbote wie gewohnt fortführen wird oder vielleicht doch beschließt, gegen das Gesetz zu handeln, was eigentlich gar nicht mal so unrealistisch wäre. Aber nichts da: Der eigentlichen Hauptstory werden in einem Band durchschnittlich 10% aller Seiten geboten. Den Rest bilden die Nebengeschichten, was natürlich etwas irritiert. Es geht so verdammt träge voran, dass die netten Geschichten irgendwann auf den Geist gehen. Es muss einen Progress geben! Das Gesetz muss deutlich mehr Lesezeit bekommen, denn sonst wird "Ikigami" eintönig, was bei dem großen Potenzial sehr schade wäre.
Der Zeichenstil unterscheidet sich stark von anderen Manga, was nicht jedem gefallen dürfte. Die ganzen Zeichnungen sind deutlich näher an der Realität und weichen vom klassischen Mangastil ab. Natürlich ist das sehr passend zum Grundsetting, aber meinen Geschmack hat der Stil eher nicht getroffen. Logischerweise wird das Ganze dadurch noch viel individueller, aber ich hätte es lieber ganz klassisch gehabt. Naja, jedem das Seine.
Das alles ändert aber nichts daran, dass "Ikigami" ein anspruchsvoller gesellschaftskritischer Thriller ist, der sehr zum Nachdenken anregt. Ich hoffe natürlich auf etwas mehr Progress in der Hauptstory, aber auch so, wie er jetzt ist, überzeugt der Manga.