Literatur Club

Klassiker lesen?

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Avatar: Vincent Law
Club-Junior
Themenstarter#1
Das Bildungsspießbürgertum snobistisch an mir haftend bemerke ich die Motivationsarmut, deren Folgen ich gegensteuern möchte, mir die "große Weltliteratur" aus eigener Kraft zur Gemüte zu führen. Nachdem für den ein oder anderen sogenannte Literatur im Deutschunterricht durch maßlose Überinterpretation, die jedes vermittelte Gefühl und jede Atmosphäre erstickt, zerstört wurde, möchte ich den Vorstoß wagen, sich halbverbindlich für ein Werk der erzählenden Literatur pro Monat zu begeistern.
Hierbei sei direkt angemerkt, dass Lektürehilfen Tabu sein müssen: kanonische Interpretationen sind der sofortige Tod für ein sich dem Leser lebendig zeigendes Werk. Literatur hat nach meinem Verständnis mehr mit Gefühlen, Stimmungen und Atmosphären, als der intellektuellen, theoretischen Auseinandersetzung zu tun. Wenn die persönliche Erfahrung im Vorhinein zerberstet wird, können die Gespräche über ein Werk eigentlich nur leer sein.
Falls diese Idee denn Anklang fände, hat bspw. die ZEIT eine Liste erarbeiten lassen, mit deren Hilfe man die meisten Autoren ausfindig machen kann. Kriterium für solch ein Werk des Monats wäre für mich, dass es eine Reclam-Ausgabe gibt (weil billig) und das Werk nicht unangemessen lang ist (in der Liste ist auch die Bibel....). Es gibt viele ähnliche Listen, jedoch sagt mir diese recht gut zu, da vieles ausgeschlossen ist: Sie soll sowieso nur Anhaltspunkt sein.

Tut eure Meinung kund! Für mich wäre dies ein nützlicher Ansatz kontinuierlich Sinnvolles außerhalb der Fachliteratur zu lesen.
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Avatar: Fragmaster
Freischalter Club-Junior
#2

Klassiker streu ich auch hin und wieder ein. Momentan lese ich David Copperfield (Dickens) und immer noch Lord Jim (Conrad), Jim zieht sich bei mir hin, da er für mich dann doch nicht so unterhaltend geschrieben, aber abbrechen tu ich aus Prinzip nichts.

 

Reclam ist jetzt nicht wirklich der einzige Verlag der günstig Bücher anbietet, vor allem bei den Klassikern findest du sehr viele Verlage die (fast) genauso günstig sind und dabei eine wesentlich bessere Qualität bieten und schönere Aufmachung haben.

Bei den Klassikern solltest du aber immer vorsichtig sein, denn es sind von wirklich vielen Werken neben den ungekürzten auch gekürzte Fassungen im Umlauf (Reclam hat hier auch öfters mal nur die gekürzte Fassung herausgebracht). Zudem gibt es diverse Übersetzungen vom selben Werk, welche einmal super gut sind und ein andermal ziemlich schlecht (hier wird im Rahmen der Übersetzung das Werk schon Inhaltlich verfremdet und evtl. stark gekürzt). Dies liegt daran, dass bei den Klassikern in der Regel die Urheberrechte längst ausgelaufen sind und sie somit bei etlichen Verlagen im Angebot sind und jeder seine eigene Fassung herausbringen will. Außerdem gibt es auch noch viele Kinderfassungen, welche zwar schön aufgemacht sind und in leichte Sprache übertragen wurden, aber eben auch sehr oft gekürzt.

Insbesondere bei Klassikern gilt also vorher gut recherchieren, damit man die ungekürzte Fassung bekommt und diese auch gut übersetzt ist.

 

Was wäre für dich denn eine akzeptable Seitenanzahl und ein akzeptabler Preis?

Für mich kommt es immer auf den Schreibstil an, wie hoch die akzeptable Seitenanzahl ist. Bei einem super Schreibstil geht die akzeptable Seitenanzahl bei mir beinahe ins unermessliche.

 

Was zählt für dich eigentlich alles zu den Klassikern?

 

Empfehlungen Meinerseits:

  • Alice im Wunderland + Alice hinter den Spiegeln
  • Gullivers Reisen
  • Robinson Crusoe
  • Oliver Twist
  • Tom Sawyer und Huckleberry Finn (auch die andere Bücher zu den beiden Charakteren)
  • Moby Dick
  • Odysseee
  • Faust
  • Der Prozess
  • Homo Faber
  • 1984
  • Krieg der Welten
  • Die Zeitmaschine
  • Siddharta
  • Der Graf von Monte Christo (Die ungekürzte Fassung hat zwar 1500 Seiten, diese lohnen sich aber)
  • Die göttliche Komödie
  • Frankenstein
  • Dracula
  • Les Miserables
  • Der Glöckner von Notre Dame
  • Jugend ohne Gott
  • 20.000 Meilen unter dem Meer
  • In 80 Tagen um die Welt
  • Die Schatzinsel
  • Winnetou
  • Das Geisterhaus (Ist das für dich schon ein Klassiker, oder noch zu jung? [1982])
  • viele viele mehr
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Avatar: SkyFief
V.I.P. Club-Junior
#3
Auf der einen Seite würde ich gerne mal den einen oder anderen Klassiker lesen, aber der Schreibstil der wenigen älteren Bücher die ich bereits gelesen habe hat mir eigentlich durch die Bank nicht zugesagt.
Prinzipiell wäre nicht aber nicht abgeneigt gemeinsamen ein Buch zu lesen sofern der Schreibstil und die Länge sich im Rahmen hält, auch wenn ich nur sehr ungern zwei Bücher parallel lese.
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Avatar: Leoknight
Club-Junior
#4
Da bei mir "Klassiker" genau den gegenteiligen Effekt haben, also den, dass ich "moderne" Literatur für fad und generisch halte, kann ich als "Fan" nur sagen, dass es einfach Zeit braucht, sich darin wohl zu fühlen.
Jedoch habe ich auch recht früh begonnen die ältere Literatur in verschiedenen Sprachen zu lesen, weshalb ich jetzt einfach daran gewöhnt bin.
Die „Überanalyse“, die Vincent angesprochen hat, war mir stets auch langweilig, beschränkte sich in meiner Schule aber zum Glück auf wenige ältere Werke, zumeist wurden Bücher Mitte des letzten Jahrhunderts dafür geopfert…


Wer grundsätzlich ein Problem mit dem Schreibstil hat, dem kann ich möglicherweise helfen. Einem Freund von mir hat mein Vorschlag geholfen sich sozusagen „zurückzuarbeiten“.
Dabei hat er zunächst die bekannteren und ein paar von mir geliebten Werke um die Mitte und den Beginn des 20. Jahrhunderts genommen und ein paar, die ich da empfehlen würde wären:
  • Hemingway – Fiesta – the sun also rises, The old man and the sea
  • Remarque – Drei Kameraden, Der schwarze Obelisk (wem „Im Westen nichts Neues“ nicht zusagt)
  • Harper Lee – To kill a Mockingbird
  • Burges – A clockwork orange
  • Böll – Billiard um halb zehn, Die Ansichten eines Clowns
  • Kafka – Metamorphose, Prozess (Aber nur für die, die Surrealismus mögen)
  • Bulgakov – Meister und Margarita
  • Lem – Solaris
  • Und ich würde egal in welchem Alter „Der kleine Prinz“ – de Saint-Exupéry empfehlen



Danach kann man sich ins „goldene“ Zeitalter begeben, allerdings gibt es da so viele Meisterwerke, dass man da schon ein Leben lang stecken bleibt – eine Auswahl:
  • Wilde – Das Bildnis des Dorain Gray, The importance of being Ernest
  • Tolstoy – Anna Karenina
  • Dostoyevsky – Idiot
  • Puschkin – Eugen Onegin (Ein ganzes Buch in Reimform)
  • Gogol – Dead Souls
  • Turgenev – Mumu
  • Gorky – The lower depths

    (Da ich alle Russen im Original gelesen habe, bin ich mir nicht sicher, ob die Übersetzung es schafft die Essenz des Inhalts zu übertragen, denn Vieles kann man nicht einfach übersetzen…)

  • Dickens – A tale of two Cities
  • Dumas – (wie schon von Fragmaster erwähnt) Graf von Monte Cristo, Die drei Musketiere
  • Hugo – Les Misérables, Der Glöckner von Notre Dame
  • Jermone K. Jerome – Three men in a boat
  • Wells – Time Machine, The invisible Man
  • Poe – so ziemlich alles, da gibt’s nichts einzelnes



Das sollte erst einmal reichen, danach kann man sich weiter zurückbegeben. Allerdings ist das 19. Jahrhundert nicht umsonst als das „goldene“ benannt worden. Es wird schwer hier rauszukommen, wenn man es erst einmal richtig lieben gelernt hat.
Beitrag wurde zuletzt am 30.03.2017 13:37 geändert.
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Avatar: Vincent Law
Club-Junior
Themenstarter#5

Es tut mir sehr Leid, so lang keine richtige Antwort gegeben zu haben. Jedoch hatte mich dieses "Reallife" verreinnahmt.

Was für mich als Klassiker zählt - na, wenn ich das so genau wüsste, behülfe ich mir nicht mit schon bereits zusammengestellten Listen. Die Tribute von Panem oder Harry Potter zähle ich jedenfalls nicht dazu.

 

Bei Seitenzahlen würde ich mich auf ca. 300 Beschränken wollen. Moby Dick bspw. steht ja im Ruf ein nie endendes Buch zu sein. Diese Zeit werde ich, sobald das Semester beginnt, nicht aufbringen können.

Einen akzeptablen Preis setze ich bei rund zehn Euro an. Jedoch wird dies bei Einigem nicht möglich sein. Die Übersetzungen von Swetlana Geier der russischen Literatur werden wohl nicht so günstig zu erwerben sein - bei den von ihr übersetzten Werken möchte ich jedoch nicht zu Anderem greifen.

Bei englischsprachiger Litertur bin ich ermangelns guter Englischkenntnisse (Wissenschaftsliteratur geht gut, der Rest eben nicht) im Zwiespalt, auf welche Weise man dies Lesen sollte. Ich hab vorgestern eine Übersetzung von "Der alte Mann und das Meer" gelesen, jedoch fiel mir keine besondere Sprache auf - die muss wohl in der Überstzung verloren gegangen sein.

Generell muss ich sagen, dass ich von Lyrik absehen möchte (auch die Göttliche Komödie), da übersetze Lyrik niemals gut sein kann. Es ist eine Unmöglichkeit Sinngehalt und Metrik perfekt zu übersetzen, zumal die italienische Lyrik andere metrische Bestrebungen wegen der mehrsilbigen Endungen hat, als die griechische oder deutsche.

 

Wenn ich nun noch konkretisieren müsste, so würde die zusammengestellte Liste von Leonknight eher dem ensprechen, was ich mir vorgestellt hatte, als die Liste von Fragmaster.

Ein großes Dankeschön an eure ausführlichen Antworten, denen ich mit meiner hoffentlich gerecht werden konnte.
Ich denke, wenn man mehr Leute mobilisieren wollte, so müssten möglichst kurze Werke ausgewählt werden, damit sich jeder die Zeit einrichten kann.


Sind für euch die Bedingungen max. 300 Seiten und ca. 10€ in Ordnung?
Beitrag wurde zuletzt am 13.04.2017 00:55 geändert.
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Avatar: Leoknight
Club-Junior
#6
Die Bedingung von max. 300 Seiten und 10€ ist durchaus vernünftig. 
Ersteres, weil nicht jeder gerne dicke Schicken liest. Letzteres, gilt zwar nicht für Leute, die EBooks benutzen (weil die meisten Klassiker umsonst sind dort), aber für alle anderen.

Allerdings fallen damit fast alle französischen Klassiker weg, weil die meiste sehr lang sind. 

Hemingways Englisch ist nicht wirklich etwas, was man lesen muss, da geht auch die Übersetzung. Dei Wilde, Dickens u.a. (vor allem Dickens, weil er um der Sprache willen schreibt) sollte besser alles im Original gelesen werden, finde ich.

Zur russischen Übersetzung kann ich, wie gesagt, keinen Kommentar abgeben, hatte noch nie eine in der Hand. Aber alle anderen slawischen Werke, die ich auf Deutsch began zu lesen, waren eher schlecht als recht - da würde ich auch zum Englischen wechseln (Solaris aus der Liste ist das beste Beispiel dafür - grausame Übersetzung).

Wer gerne kurze "Klassiker" lesen will, kann sich auch an Erzählungen (Steppe - Chechov) oder Theaterstücken (Sheakespear, Ibsen) versuchen.
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