Box-Set Beschreibungstext:„When Mari Wakatake arrives at the gate of exclusive Kaihou Academy, she is a girl without a past. Five years earlier, SOMETHING happened to her. Something that took the lives of her parents and every other human on Kamioki Island, then wiped her mind clean of even memories. But if Mari's past is an unknown nightmare, her future may soon become even more terrifying. Because while she was the sole HUMAN survivor, there is something else that lived through that same night, and her path is about to cross Mari's again. Something in a female skin has invaded Kaihou Academy, and Mari is its target...“Klingt das nicht nach einer unheimlichen Geschichte und einem weiblichen, außeririschen Monster in menschlicher Gestalt? Nichts könnte tatsächlich weiter von Blue Drop entfernt sein, als dieser irreführende (offizielle) Beschreibungstext vermittelt!
Also, nochmal:Die Handlung des Animes Blue Drop: Tenshi-Tachi no Gikyoku spielt etwa 1000 Jahre vor den Ereignissen des Mangas Blue Drop und stellt die Vorgeschichte des Mangas dar.
Mari Wakatake ist verärgert, weil ihrer Großmutter sie an einer Privatschule für Mädchen, der Kaihou Akademie, eingeschrieben hat. Auf der Fahrt ins Internat sieht sie ein Mädchen auf einem Felsen stehen, das von einem Vogelschwarm umkreist wird. Als sie an der Schule eintrifft weist der Schulleiter eine ihrer Mitschülerin,
Michiko Kouzuki, an, sie herumzuführen. Der Schulleiter erfährt von Maris Stellvertreter, dass Mari vor fünf Jahren alle Erinnerungen bei einem ungeklärten Zwischenfall auf der
Kamioki Insel verloren hat.
Sie wird im Wohnheim von
Hiroko Funatsumaru, der Wohnheimleiterin, in Empfang genommen und begegnet dort der Klassensprecherin
Hagino Senkouji, dem Mädchen mit den Möwen, das sie auf der Fahrt ins Internat gesehen hat, wieder.
Als sie mit Hagino allein auf ihrem Zimmer ist, reichen sie sich die Hände, bei dieser kurzen Berührung strömen, sowohl Mari, als auch Hagino, ungeordnete Bilder und verwirrende Erinnerungen durch den Kopf – das heißt, verwirrend für Mari, denn Hagino scheint genau zu wissen, was sie in ihren Erinnerungen gesehen hat. – Haginos Augen beginnen blau zu leuchten und, wie in Trance, streichelt sie ihr zärtlich übers Gesicht und versucht Mari zu erwürgen. Mari kann sich befreien und läuft durcheinander davon.
Beim Abendessen konfrontiert Mari Hagino wütend mit ihrer Tat, diese streitet jedoch den Vorfall ab. In der Nacht verfolgt Mari heimlich Hagino, als sie aus dem Wohnheim schleicht und entdeckt Haginos Geheimnis …
Und darum geht es wirklich in diesem Anime: Spoiler!Hagino, die Wirklichkeit Ekaril heißt, gehört zu einer außerirdischen Rasse namens Arume. Auf ihrem Heimatplaneten gibt es nur Lebensformen, die den Frauen der Erde ähneln, weshalb der Fortbestand ihrer Spezies in Gefahr ist. Aus diesem Grund wurde das Forschungsschiff Blue, aka Nummer 5, auf die Erde gesandt. Nach einem geheimen, fehlgeschlagenen Experiment mit den „Eingeborenen des Planeten“, den Menschen, bei dem sich die Versuchsobjekte gewehrt haben, nimmt das Raumschiff schweren Schaden und beinahe die gesamte Besatzung des Raumschiffs wird getötet. Fortan versteckt sich die Blue auf dem Meeresgrund und das nicht nur vor den Menschen, sondern ebenfalls vor den Arume …
Commander Ekaril hat sich als gewöhnlicher Mensch getarnt und observiert unter dem Namen Hagino Senkouji die Menschen. Mit ihrer falschen Identität hat sie sich an der Kaihou Akademie eingeschrieben und begegnet dort Mari, der einzigen menschlichen Überlebenden des Arume-Experimentes, wieder. Durch Maris unterdrückte Erinnerungen kommt es zur Auseinandersetzung zwischen Hagino und Mari. Mari entdeckt schnell das Hagino kein Mensch ist, dennoch kommen sich Beiden näher. Hagino ihrerseits hat mit Schuldgefühle gegenüber Mari zu kämpfen und ist besorgt, das Maris Erinnerung zurückkehrt …
Der Manga Blue Drop wurde zwar in einem Shounen-Magazin veröffentlich, aber der Manga Blue Drop und der Anime Blue Drop haben NICHTS gemeinsam. Der größte Teil von Blue Drop ist ein typisches Shoujo-Drama, inklusive einem „harten“ Mädchen, namens Akane, das Probleme mit ihrem Vater hat und einem schüchternen Mädchen, Michiko, das heimlich Geschichten schreibt.
Ganz offensichtlich stimmt etwas mit der klassischen japanischen Schönheit Hagino nicht und nachdem sie versucht Mari zu erwürgen und diese völlig verwirrt mit für sie unverständlichen Erinnerungen fortläuft, ist natürlich verständlicherweise die emotionale Hölle bei ihr los und ihre Obsession für Hagino geweckt. Vom Moment ihrer ersten Begegnung sind Beide voneinander besessen – die besten Voraussetzungen für eine tragische Liebegeschichte.
Mari ist infolgedessen im Tsundere-Modus und behauptet fortan Hagino zu hassen, während sie sie ständig beobachtet und stalkt. Augenscheinlich kennt zumindest Hagino Mari, der jede Erinnerung an ihre Vergangenheit fehlt. Aber Hagino ist ebenfalls nicht weniger besessen von Mari und geht sogar so weit, ihre Position als honorierte Schülerin auszunutzen, um dasselbe Wohnheimzimmer mit Mari teilen zu können. Damit ist Maris Nachtruhe, die ihrer neuen Mitbewohnerin und deren mordlüsternen Ambitionen nicht traut, erst einmal dahin …
Der größte Teil des Animes widmet sich entsprechend auch den alltäglichen Problemen der Mädchen. Die Entwicklung der Beziehung von Mari und Hagino und der Science-Fiction-Plot werden dabei vernachlässigt. Von den Arume bekommt man nicht viel zu sehen. Jedoch hat der Anime am Ende eine ordentliche Portion Gewalt. Obwohl kein Blut fließt, gibt es ein Menge Tote und eine Katastrophe ... Es gibt nichts wirklich Anzügliches und keine Darstellung von Sexualität. Der Höhepunkt am Ende der Serie ist aber definitiv gut gemacht.
Die Serie ist 10 Jahre alt, also ist sie, was die Animation anbelangt, offensichtlich veraltet, aber auch nach Standards von 2007 wurden hier keine animationstechnische Meisterleistungen geboten. Das 3D-Modeling von Gonzo hat aber trotzdem was und fügte mit den Unterwassersequenzen des Raumschiffs dem Anime ein gewisses visuelles Flair hinzu und die Arume-Technologie sieht interessant aus. Die Kampfszenen zwischen den Raumschiffen sind passable und adäquate.
Wer jedoch nicht nur auf modernste Animationstechnik fixiert ist, sondern für den die Ästhetik der Bildkomposition eine Rolle spielt, der wird an Blue Drop aber trotzdem Gefallen finden. Vor allem durch das Zusammenspiel der Bildkomposition mit dem Sound, der eindeutig die Stärke von Blue Drop ist. Sowohl das Opening, als auch das Ending,
Blue und
Tsubomi: blue dreams, von Suara sind sanfte und eingehende Stücke. Die Background-Musik, die in der Serie verwendet wurde, setzte übergreifend dieses Thema subtil und effektiv fort und trägt die ruhige Stimmung der Bilder des Animes.
Wobei die Bild- und Handlungsebene bei Blue Drop miteinander verschmelzen und der Anime den Inhalt seiner Geschichte nicht nur auf der Handlungsebene, sondern insbesondere durch die Einstellung und die visuelle Umsetzung transportiert. Die Handlungen wird zum Teil nicht durch Sprache (bzw. Text) ausgedrückt, was auch die Charakterisierung der Figuren einschließt. Die Bildkomposition des Anime setzt die abgebildeten Charaktere in ein Verhältnis zur Umgebung. So wie innerhalb eines Bildes alle Teile zueinander in Beziehung stehen und eine Beziehungen hergestellt und dargestellt wird und die Charaktere und anderen Dingen ein Beziehungsfeld aufgebauen.
Die Darstellung von Dynamik kennt verschiedene Stufen: Starre, einfache Bewegung, Kombination von mehreren Bewegungen, Konflikt, Katastrophen und Chaos. Sprachlich beschränkt sich Dynamik auf die Abfolge von Einheiten (Phoneme, Morpheme, Syntagmen, Kapitel usw.) und mündlich zusätzlich auf Satzmelodie, Rhythmus und Hervorhebungen. Bei bewegten Bildern kommt der dargestellte Raum hinzu. Dynamik bedeutet Bewegung, Darstellung von Kräften (Motiven) und deren Wirkungen. Und in Blue Drop bekommt man dieses Zusammenspiel von „Klang“ und Bildern und ihrer Dynamik sehr schön zu sehen, was ich beispielhaft anhand des Anfangs der Serie aufzeigen möchte:
Mari sieht aus dem Fenster des fahrenden Wagens, die Fahrt hat einen Startpunkt und ein Ziel auf das es sich zubewegt. Es ist zielgerichtete Bewegung und eine räumlich strukturierte Bewegung. Der Raum hat Grenzen und Übergänge. Die von der Bewegung durchmessen werden.
Eine weite Übersichtseinstellung zeigt eine Figur inmitten eines vorbeifliegenden Möwenschwarms über dem Meer. Die Bewegung des Windes, der Wellen und der Möven ist die ewige Bewegung, wie bei Heraklit, „panta rhei“ – „alles fließt“.
Man sieht die Endlosigkeit des Meeres und die Entrücktheit (nicht Zugehörigkeit zu dieser Welt) der dargestellten Figur (Hagino). Der Möwenschwarm der sie umkreist und eine Möwe, die auf ihren Händen landet. Mari beobachtet diese Szene aus dem fahrenden Wagen.
Hagino verfolgt regungslos den Blick von Mari im fahrenden Wagen. – Die Spannung der Szene entsteht dadurch, dass die Statik und Unbewegtheit (Hagino auf dem Felsen) in der Weite des Raumes steht einer starken Objektbewegung (Mari im fahrenden Auto und die sie umkreisenden Möwen) die die Begrenzung des Bildausschnitt durchquert, eine räumlich strukturierte Bewegung, entgegengestellt wird.
Diese Szene, ihre erste Begegnung, charakterisiert die beiden Protagonistinnen und stellt bereits die Spannung und den Konflikt zwischen den Beiden dar ohne das sie auch nur ein Wort miteinander gewechselt haben. Hagino, die entrückte, nicht von dieser Welt stammende Außerirdische, in der Konfrontation mit Mari.
Es taucht so ziemlich alles auf, was im Yuri-Genre üblich ist: Schulmädchen. Ein außerirdische Rasse, die nur Frauen besteht. Ein treues Besatzungsmitglied, ein Besatzungsmitglied, das auf Rache sinnt, weil ihre Geliebte bei einem unabwendbaren Unfall starb. Ein Charakter, der nicht ist, was sie vorgibt zu sein. Ein Charakter, der Fan-Fiction schreibt. Komplizierte familiäre Situationen, eine Reihe verstorbener Eltern, die durch den schicksalhaften Unfall getötet wurden. Ein Alien und ein Mädchen, die sich infolge des tragischen Unfalls begegneten und zum größten Teil macht die Geschichte sogar Sinn.
Ein edles Opfer, ein Tragödie und Drama und ein Drama als Theateraufführung an der Schule, das die echte, unheimlich Situation widerspiegelt. Komödie, Spaß und Freundschaft. Moe 2-D Animation und 3-D CGI Raumschiffdesign in einer coolen, lautlosen Unterwasserwelt.
Und eine Geschichte, die ironisch endet …
Aber sie wird eindeutig beendet mit einer moralischen Doppeldeutigkeit, die zugleich gut und schlecht ist und einer fragwürdigen Entscheidung.
