Anspruch: | 8 |
Action: | 4 |
Humor: | 6 |
Spannung: | 8 |
Erotik: | 2 |
Review Kanon (2006)Am Anfang möchte ich darauf aufmerksam machen, dass ich nur das Remake von 2006 kenne und daher keine Vergleichsbasis mit der ersten Umsetzung von Kanon bieten kann.
Überblick / Allgemeine Rückblende:Mein erster Gedanke am Ende des Anime war: Wow! Ganz großes Kino, was Kyōto Animation hier mit Kanon (2006) angeboten hat. Ich weiß nicht, was die Produzenten und Macher sich dabei genau gedacht haben, aber sie haben das Ziel, ein sentimentales Drama mit tragischen Elementen, aufzubauen, unwiderruflich erreicht. Es fühlt sich an wie ein Traum, ein Traum einer auf weiten Strecken durchdachten und schön inszenierten Wohlfühlgeschichte. Vor allem das Ineinandergreifen der verschiedenen Elemente wie Animationsstil, Verhaltensweisen der Charaktere und Musikdarstellung überzeugen jeden Liebhaber von sentimentalen Dramen, dass dieser Anime das Prädikat „besonders schön“ verdient.
Der Anime baut darauf auf, dass man sich mit den Charakteren auseinandersetzt, mit ihnen sympathisiert und dass man versucht, sich in sie hineinzuversetzen. Wem das gelingt, der erhält als Belohnung einen zum Ende zu immer besser werdenden Anime, der vor allem durch seine unterschwellige Traurigkeit (die immer mitschwingt während der Serie) und einer harmonischen Atmosphäre besticht.
Schöne Animationen, klanglich passende Musikstücke, realitätsnahe Charaktere und eine gewöhnliche, aber gut entwickelte Handlung, sind Bestandteile, die Kanon (2006) gelungen umgesetzt hat. Anders als in anderen, verunglückten Serien, bemerkt man in Kanon fast gar nicht, dass sich etwas entwickelt. Doch dieser Umstand ist bewusst so gewählt worden, um die Authentizität, die Kanon für sich beansprucht, zu gewährleisten. Teils sieht man das darin, dass Gefühle echt und glaubwürdig dargestellt werden und die Entwicklung zu diesen Gefühlsäußerungen verläuft linear und nachvollziehbar. Besonders beeindruckend ist aber die Fähigkeit des Anime, die Gefühle der Zuschauer anregen zu können, obwohl kaum eine Hintergrundgeschichte näher beleuchtet wird (nur bei den Protagonisten wird das ausführlicher). Das geschieht vor allem durch die anfangs genannte Komposition des Zusammenspiels der Elemente Animation, Verhalten und Musik.
Die Handlung an sich ist schlicht und einfach gehalten, sie fällt nicht weiter auf, leidet aber auch darunter (und das ist der größte Minuspunkt der Serie), dass abgeschlossenen Abschnitten und Personen keine weitere Beachtung mehr geschenkt wird. Da hätte man noch einiges besser machen, vor allem in der Linearität der Handlung und der Relation der einzelnen Abschnitte zueinander. Zudem gibt es an ein paar Stellen logische Fehler bzw. realitätsferne Verhaltensweisen, welche aber bei der Dichte der Folgen und den vielen Dialogen nicht weiter ins Gewicht fallen. Im weiteren Verlauf stelle ich einzelne Elemente des Anime genauer dar.
Handlungsverlauf: 7/10Wie schon erwähnt, ist die Handlung nicht überragend originell: ein Schüler kommt nach sieben Jahren in seinen Ferienort in einer kalten Gegend Japans zurück, um dort seinen Abschluss mit seiner Cousine zu machen. Er erinnert sich überhaupt nicht daran, was er in dieser Stadt alles vor sieben Jahren erlebt hat. Auf der Basis dieser Inhaltsbeschreibung lernt er nun seine neue Heimat kennen, er lebt mit seiner Cousine und ihrer Mutter in einem Haus, trifft verschiedene Mädchen aus seiner Vergangenheit wieder und knüpft Freundschaften mit seinen Schulkameraden.
Die Handlung möchte einem klaren linearen Konzept folgen. Es gibt verschiedene Phrasen oder auch Abschnitte, in die die Handlung eingebettet ist. Im Verlauf dieser Phrasen lernt der Protagonist Aizawa Yuuichi seine Mitmenschen näher kennen und versucht ihnen auf seine hilfsbereite Art und Weise zu helfen (mehr zu den Charakteren: s.u.). Dabei offenbart sich Kanons große Stärke, ohne großen Druck die Handlung von allein vorantreiben zu lassen. Dazu hat man auch die Mittel, denn 24 Folgen für eine kurze Handlung lässt allerhand Spielraum zu für den Aufbau einer Identifikation der Charaktere mit dem Zuschauer. Handlungstechnisch bleibt es annähernd gleich - es wird eine Phrase nach der anderen abgespielt, ohne Sprünge oder ähnliches. Eine Abweichung von diesem Konzept gibt es aber: je weiter man in diesem Anime weiterkommt, desto häufiger kommen Parallelszenen vor, die die Kindheitsgeschichte Yuuichi und Ayu beschreiben.
Ein negativer Kritikpunkt ist in diesem Anime vor allem eine Stelle, in der es um fantastische Elemente geht, die einfach nicht in die Grundstimmung des Anime passen und in einem unpassenden Kontext benutzt werden. Das hat in den entsprechenden Szenen für Wermutstropfen gesorgt.
Die einzelnen Phrasen fallen damit auf, dass sie zumeist zwei Höhepunkte haben, wobei der erste in der Mitte der Phrase aufkommt und dann eine dramatische / tragische Wendung erfährt und der zweite Höhepunkt tritt am Ende der Phrase auf und kennzeichnet eine Katastrophe oder einen wahrlich schrecklichen Schicksalsschlag. Hierbei sei noch erwähnt, dass es beeindruckend ist, wie die Handlung dabei verläuft. Man glaubt, die Szene sei sehr harmonisch und atmosphärisch schön, nur damit Sekunden später alles wieder durch eine Wendung zerstört wird.
Das ganze Konzept läuft auf ein, metaphorisch ausgedrückt, stimmungsvolles Finale hinaus, was dann zum Schluss schnell abebbt und einen beeindruckten Zuschauer zurücklässt.
Visuelle Präsentation: 9/10Zu dem Animationsstil kann man sagen, dass sie als Paradebeispiel für Drama und Romantische Anime dienen kann. Man sieht den Animationen Wärme, Heiterkeit und Hoffnung an, genau das, was auch die Handlung darstellen möchte. Die Produzenten haben farbtechnisch genau überlegt, auf welche Weise man bestimmte Emotionen in der Animation widerspiegeln kann und das zeigt sich in Kanon mit wunderschön gestalteten Sonnenuntergängen, Wiesen, Wäldern und noch vielem mehr (schaut euch das in bester Qualität an!). Mit viel Liebe zum Detail werden nie eckige Element eingesetzt, alles wirkt rund und wie aus einem Guss gefertigt. Der Animationsstil ist nicht nur in Gegenständen hervorragend umgesetzt worden, auch die Charaktere haben klare Linien und sehen durch und durch schön aus. Das ist auch enorm wichtig gewesen, denn die Charakter verhalten sich zumeist kindlich und unschuldig, weshalb die Animationen den Charakter auch süß aussehen lassen müssen. Was gibt es dazu noch mehr zu sagen? Man muss sich ein Bild davon machen.
Zum Animationsstil muss nur noch hinzugefügt werden, dass er vielleicht nicht DIE Bedeutung hat, wie das in anderen Anime der Fall ist, aber es ist trotzdem erkennbar, dass das Animationsstudio sich sehr viel Mühe gegeben hat, über die Animationen den Zuschauer einzufangen und somit empfänglicher zu machen für Stimmung und die Musik. Für Liebhaber von farbenprächtigen Anime kann ich jetzt schon eine klare Empfehlung aussprechen.
Charakterinszenierung: 8/10Die Charaktere. Selten hat ein Anime so viel nur über seine Charaktere vermittelt und ausgedrückt. Kanon kommt mit wenigen Charakteren aus, dafür wird jeder einmal behandelt und bekommt seine eigene (kleine) Geschichte. Männliche Charaktere gibt es kaum, dafür sind die weiblichen herausragend. Dies bezieht sich nicht nur auf das Aussehen, alle sind sehr niedlich und knuddelig animiert, nein, auch das Verhalten ist vor allem anderen kindlich, naiv, gutgläubig und kawaii. In diesem Belangen greift der Anime auf die typischen Klischees zurück und präsentiert sie den Zuschauern in einer 1A-Qualität. Das Verhalten der Figuren ist überwiegend logisch und plausibel, auch wenn es Stellen gibt, wo das teilweise nicht mehr gewährleistet ist. Dennoch gibt es kaum Stellen, vor denen man sitzt und sich fragt: was ist hier eigentlich passiert?
Alle weiblichen Charaktere erfüllen die Funktion, den Zuschauer anzusprechen (ästhetisch und mit ihrem Verhalten); dabei spiegeln sie alle Stereotype wider, die sich im Anime kaum verändern und ähnlich handeln. Dadurch wird die Handlung durch die gleichbleibenden Charaktere aufgeweicht, es kommen keine neuen Akzente in den Alltag der Charaktere hinein und der Anime wirkt ‚wiederholt‘. Einzig und allein Ayu kann Entwicklungstendenzen aufweisen, die sie aber kaum zur Geltung bringt. Insgesamt sind die Charaktere aber nicht zu gravierend auf ihre Rollen festgenagelt, zumindest entsteht dieser Eindruck nicht beim Schauen.
Andere Charaktere haben verschiedene Eigenschaften, die sie als besonders auszeichnen:
Nayuki Minase: freundlich, verträumt, verschlafen, lieb und ermutigend
Makoto Sawatari: kindlich, naiv, leicht zu beeindrucken
Misaka Shiori: schüchtern, zurückhaltend, extrem zuvorkommend und hilfsbereit
Ayu Tsukimiya: tollpatschig, ängstlich, sehr anhänglich
Der Protagonist Yuuichi Aizawa ist ein typischer Frauenversteher. Er kümmert sich um alle anderen, stellt die eigenen Bedürfnisse hinten an und schafft es, das Leben der anderen zu verändern bzw. zu beeinflussen. Im Gegensatz zu anderen Anime dieser Art ist er aber nicht „Mr. Perfect“, das jedoch kommt erst zum Schluss zur Geltung. Am ehesten ist dieser Charakter mit dem von Kyon aus Haruhi Suzumiya no Yuuutsu zu vergleichen.
Ein kurzes Wort zur Synchro: Diese hat meiner Meinung nach hervorragend gepasst. Die Passagen wurden glaubhaft dargestellt und die Stimmen passen auch gut zu den Figuren, für die sie sprechen.
Musikdarstellung: 9/10Die Musik in einem Anime kann den Sinn und die Bedeutung desselben enorm beeinflussen. Kanon ist eine dieser Anime wo ich persönlich sagen muss, dass die Musik der wichtigste Teil überhaupt ausmacht. Es wäre einfach nur halb so gut geworden, wäre die Musik anders gewählt worden. Um es einfach zu halten: die leise, zarte, meist im Hintergrund laufende Musik besticht nicht mit aggressiven Tönen, sondern sie punktet mit häufigen klassischen Themen. Diese werden oft mit Klavier, Klarinette, einem Xylophon/Glockenspiel oder auch mit normalen Violinen wiedergegeben und passen wie keine andere Musik in die Atmosphäre, die auch schon von Animation und Charakteren hervorgerufen wird. Was die Soundtracks und das Opening von Kanon (2006) ausmacht, hat sich Kyōto Animation wirklich das Prädikat „besonders wertvoll“ verdient. In Bezug auf das Ending (und auch das Opening) muss ich aber sagen, dass mir das Ending weniger zugesagt hat – musikalisch und animationstechnisch – und schade finde ich auch, dass im gesamtem Anime immer nur ein und dasselbe OP und ED verwendet wurde. Bei so guten Musikkünstlern hätte man ruhig mehr einbauen können.
Persönlich Stellungnahme: 8.5/10Ich habe mich anfangs schwergetan mit Kanon (2006). Auf die Empfehlung von aS hin habe ich damit angefangen, hatte aber bald das Gefühl, dass der Anime zu sehr gestreckt wurde und mir wurde es schon nach wenigen Folgen langweilig. Es passierte einfach nichts. Einfach nur reden, reden, reden. Als der Anime dann auch noch unglaubwürdige fantastische Elemente bekam, wurde die Wertung noch negativer und ich fragte mich, ob ich mich jetzt noch durch weitere 12 Folgen quälen müsste. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich aber die Hoffnung, dass der Anime besser werden würde. Und genau das passierte dann. In den letzten 10 Folgen hat der Anime für mich extrem an Wert hinzugewonnen, noch nie hat für mich ein Anime das Ruder so sehr rumgerissen und er toppt, von der Sentimentalität her gesehen, das sichergeglaubte Elfen Lied um ein vielfaches. Auch der Soundtrack hat mich persönlich zutiefst berührt. Ich kann nur allen Zweiflern empfehlen, haltet da durch, auch wenn es grad nicht den Anschein hat, dass der Anime so gut ist, wie die Kritiken sagen. Es lohnt sich wirklich! Für ein nochmaliges Anschauen lohnt es sich. Ich werde mir Kanon sicher noch einmal anschauen, gerade deswegen, um die ersten 15 Folgen noch einmal neu zu bewerten, da diese von mir als schlecht abgestempelt wurden (vielleicht hatte ich da einfach nur ein paar schlechte Tage ^_^).
Zusammenfassung / Ausblick:Es ist schwer, bei Kanon 2006 zu einem kurzen Statement im Abschluss zu kommen. Kanon ist sicherlich keine Revolution. Doch sicherlich ist Kanon eine Qualitätsmarke im Genre des Dramas, der Sentimentalität und der Tragik, an die nur wenige andere Anime heranreichen können. Wer diese Genre gern hat, sollte bloß nicht den Fehler begehen, es nicht anzuschauen, man würde nur eine [beinah] perfekte Symbiose aus Animation, Soundtrack und Charakterinszenierung verpassen.