The Case of Hana & Alice (2015)

Hana to Alice: Satsujin Jiken / 花とアリス 殺人事件

Rezensionen – The Case of Hana & Alice

Hier findest Du sowohl kurze als auch umfangreichere Rezensionen zum Anime „The Case of Hana & Alice“. Dies ist kein Diskussionsthema! Jeder Beitrag im Thema muss eine für sich alleinstehende, selbst verfasste Rezension sein und muss inhaltlich mindestens die Kerngebiete Handlung und Charaktere sowie ein persönliches Fazit enthalten. Du kannst zu einer vorhandenen Rezension allerdings gern einen Kommentar hinterlassen.
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Avatar: Aodhan
V.I.P.
#1
Das Prequel des gleichnamigen Realfilms ist ein typischer Jugendfilm, dem man anmerkt, dass er sich, verglichen mit den Late-Night-Animes, an ein breiteres Publikum richtet. Trotz der auch hier vorhandenen Überzeichnung zeichnet der Film ein realitätsnäheres Bild der japanischen Jugend, vor allem die beiden Titelfiguren verhalten sich vergleichsweise lebensecht. Im Kern dreht sich die Geschichte darum, wie sich die beiden kennenlernen und dann zusammen ein kleines Abenteuer erleben. Bis sie sich treffen, dauert es aber eine Weile und auch wenn die recht lange Einführung nicht langweilig ist und schon ihren Zweck hat, werden mir ein paar Handlungsfäden zu viel angefangen, die später lose vor sich hin baumeln. Natürlich könnte es sein, dass der mir unbekannte Realfilm sie wieder aufgreift. Die zweite Hälfte des Animes, als Hana dazugestoßen ist, hat mir am besten gefallen. Die Handlung erreicht sicherlich nicht die emotionale Intensität von Filmen wie Colorful, sie ist sogar ziemlich banal, aber dafür glänzt sie mit erfrischend natürlichen Dialogen und zwei sympathischen Hauptfiguren. Schön ist auch, dass die beiden ziemlich unverbraucht klingen, sie werden von den Schauspielerinnen gesprochen, die schon im Realfilm die Rollen gespielt haben. Zu guter Letzt noch ein paar Worte zur Animation: Hana to Alice wurde per Rotoskopie animiert, was auf den ersten Blick ungewöhnlich aussieht, aber den Vorteil hat, dass die Animationen (stellenweise) besonders realitätsnah wirken.
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Avatar: Asane
Redakteur
#2
Zehn Jahre sind seit dem gleichnamigen Live-Action-Film vergangen, da Regisseur Shunji Iwai Zeit und Muße gefunden hat, ein Prequel in Animeform auf die Beine zu stellen, nämlich diesen Anime-Film hier. Wie man sieht, hat er die maßgeblichen Aufgaben höchstpersönlich in die Hand genommen: Regie, Script, Musik. Wie auch schon im Kinofilm [IMDb] von 2004. Schaut man sich seine Werkliste im Animebereich mal an, erkennt man, daß es im wesentlichen zwei Stilrichtungen gibt, denen er sich widmet. Zum einen skizzenhaft Animiertes, das wie eine flüchtig hingeschmissene Bleistiftzeichnung wirkt, zum anderen im Rotoskopie-Verfahren gefertigte Animes. Auf dieser Technik fußt auch dieser Film, integriert aber an manchen Stellen auch einige Sequenzen animierter Skizzen.

Das Ergebnis mag nicht jedem gefallen, interessant (heutigentags sagt man "spannend") ist es allemal. Das Mittel der Rotoskopie ermöglicht stimmige, realitätsnahe Bewegungsabläufe, wie man sie so in normalen Animes kaum findet. Die Kunst dabei besteht darin, einen plausiblen Grad an Unvollkommenheit zu erreichen sowie eine möglichst nahtlose Integration in die Umgebung, sprich: den "Hintergründen", damit es glaubwürdig bleibt und das Flair des Animes nicht beschädigt. Daß man dabei viel falsch machen kann, sieht man bei »Aku no Hana«, nur zwei Jahre früher erschienen.

Dieser Spagat gelingt hier recht überzeugend. Welche Intensität und Dynamik damit realisiert werden kann, erfährt der Zuschauer an der Person von Tetsuko, der pubertierenden Protagonistin, die netterweise sowohl in den Ballettunterricht geht, als auch in den Laufdisziplinen ein außerordentliches Talent zeigt. Hier kommen die Vorteile dieser Technik am besten zur Geltung, was sich rein anhand der Screenshots leider nicht mitteilt.

Eben erwähnte Hintergründe bilden auf den ersten Blick einen scharfen Kontrast zu den Figuren. die Welt von »Hana to Alice« ist ziemlich fotorealistisch, dabei leicht verfremdet, mit irisierenden Lichteffekten in Neonbunt. Was diesen Hintergründen, die wohl abfotografiert und durch allerlei Filter gescheucht wurden, den Eindruck von Flächigkeit verleiht. Und damit zu dieser schwer zu fassenden künstlerischen Unvollkommenheit verhilft, die bei Anime für das Imaginationsvermögen so wichtig ist. Das nennt man dann Atmosphäre.

Obschon von der Wirklichkeit abgepaust, erscheinen die Charaktere ungewohnt flach und geradezu zweidimensional, als hätte man jeden Anschein räumlicher Tiefe unbedingt vermeiden wollen. So ähnlich wie das Charakterdesign bei Mamoru Hosoda oder Masaaki Yuasa also. Hier aber fast noch flacher, einförmiger, als sei die Welt seit den 70er Jahren stehengeblieben. Die Rotoskopie bringt es mit sich, daß die Charaktere, speziell die Mädchen, nicht mehr so grazil und spindeldürr einherschreiten, sondern deutlich realistischer gebaut sind und auch schon mal betont pubertär daherstapfen. Daher entfallen auch die übergroßen Augen. Die präzisen, stimmigen Bewegungsabläufe, die man so gewinnt, beißen sich leider immer mal wieder mit dem Untergrund, was man auf den Bildern natürlich nicht sehen kann; der Boden scheint manchmal unter den Füßen durchzurutschen. Man fühlt sich in solchen Momenten etwas an die Augsburger Puppenkiste erinnert.

So vereinen sich beide Welten: das Flüchtig-Hingeworfene und das Fotorealistische.

Das Ergebnis von alldem ist ein Wechselbalg, ein Zwitter aus Anime und Live-Action-Movie, der seinen ganz eigenen Reiz hat, in den der Zuschauer sich aber erst reinfinden muss. Dieser Eindruck wird durch die Vertonung noch weiter verstärkt. Alle Seiyuu haben Filmerfahrung, und teilweise ist das ihre erste Rolle in Anime. Die des Protagonisten-Pärchens Tetsuko und Hana kommen nicht nur vom Film, sie haben schon in »Hana to Alice« von 2004 genau diese Rollen gesprochen. Daher ist auch das Acting ganz anders, als man es von Anime gewohnt ist. Die humoristischen Situationen sind wesentlich dezenter und subtiler, Mimik und Gestik sind zurückhaltender, aber dennoch ausdrucksvoll.

Und es sind die kleinen, aber unverzichtbaren Details, die dem ganzen einen intensiven Ausdruck verleihen. Das Artwork strahlt einen Zauber und eine Leichtigkeit aus, wie z.B. in »Birthday Wonderland«. Inklusive dem romantischen Chaos. Das Skizzenhafte und Flächige kennt man zudem aus »Fuujin Monogatari«. Beibehalten hat man auch ein gewisses Ruckeln, das den Film Anime-mäßiger wirken lässt; und beibehalten hat man auch bekannte Umgangsformen (auch wenn sie oftmals pubertärer Schnöseligkeit zum Opfer fallen), sowie bekannte Topoi. Brücken, beispielsweise, sind auch hier Orte der Aussprache und der Kontemplation.

Allmählich sollte ich vielleicht mal was zum Film und seiner Handlung schreiben. Mag ich aber nicht: schaut ihn euch an und lasst euch überraschen. Sehr beeindruckt hat mich jedenfalls, wie hier der Persönlichkeit der Charaktere Raum gegeben wird, wieviel Zeit man sich nimmt, nicht nur um zur Ruhe zu kommen, sondern auch um Ratlosigkeit und Unentschiedenheit wirken zu lassen. Natürlich wird die Stimmung in der Klasse beherrscht von coolem Gepose, von betont patzigem Tonfall und anderen Zutaten, in denen sich pubertäre Weltverachtung ausdrückt. Aber allein der Umgang zwischen Tetsuko und ihrer Mutter ist einfach goldig. Irgendwo zwischen Versuchen der Abnabelung, Selbstfindung und dem Wunsch nach Geborgenheit. Immer aber respektvoll und geprägt von gegenseitiger Rücksichtnahme.

An alle diese Besonderheiten muss man sich gewöhnen. Es verläuft nicht immer animetypisch, bleibt aber stets nachvollziehbar, ohne daß die Empathie den Bach runter geht – im Gegenteil. Einige wenige Szenen waren für mich eher nicht so überzeugend, und das betrifft zum einen die Logik um den Mordfall und die Gerüchte darum, vor allem, daß die Lehrer keine genauere Kenntnis über den sonderbaren Fall des Schülers Yuda haben wollen oder sollen, zum anderen um gewisse Szenen der Eso-Tussi, die hier eine Exorzismus-Show abzieht und damit erreicht haben will, sich sämtliche Klassenmitglieder gefügig zu machen. (Nein, nicht im sexuellen Sinne.)

Und das ist ein weiteres Highlight: wie Tetsuko es schafft, sich alldem und den Nachstellungen gewisser Mitschüler zu widersetzen, allein kraft ihres Verstandes und ihrer Persönlichkeit. Und ihrer körperlichen Fitness, zugegeben. So ist sie nicht nur in der Lage, sich Respekt zu verschaffen, sie ist auch in der Lage, die Mechanismen von Mobbing zu brechen und so etwas ähnliches wie Freundschaft zu erreichen.

Allein das macht den Anime sehenswert. Als es darum geht, die Sache um den Mordfall aufzuklären, kommen ihr diese Wesenszüge ebenfalls zugute. Daß sie sich bei Hana einschleicht, scheint zwar sehr animetypisch zu sein, doch dann entwickelt sich eine Art Detektiv-Geschichte, bei der so allerhand schiefgeht, und zwar gehörig. Mehr als in so manchen Animes. Das ganz große Drama gibt es hier nicht, und die stille Leichtigkeit spiegelt sich auch in der Musik, die im Tonsatz sehr kammermusikalisch, fast minimalistisch gehalten ist, und sich völlig undramatisch gibt, selbst in etwas angespannteren Szenen.


Fazit:
Ein Juwel. Nicht immer ganz logisch, und die Charaktere handeln nicht immer konsistent und nachvollziehbar, aber dennoch ist es ein großes Vergnügen, den Halbwüchsigen beim Erwachsenwerden zuzusehen.
Beitrag wurde zuletzt am 24.01.2023 01:57 geändert.
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