Anspruch: | 6 |
Action: | 5 |
Humor: | 7 |
Spannung: | 5 |
Erotik: | 9 |
Nisemonogatari knüpft nahtlos an seinen Vorgänger Bakemonogatari an. Das Grundgerüst der Geschichte hat sich demnach auch in keinster Weise verändert: Araragi, vor Monaten von einem Vampir befallen und danach von Oshino Meme vom Vampirdasein befreit, besitzt noch immer Vampir-Fähigkeiten wie eine außergewöhnliche Selbstheilung und massiv schärfer sehende Augen. In Nisemonogatari findet er heraus, dass seine jüngeren Schwestern nun auch in diverse, übernatürliche Konflikte geraten sind.
Ein Betrüger namens Deishuu Kaiki kommt in die Stadt. Dieser hat sowohl Nadeko Sengoku an die Schlange gebunden als auch Senjougahara betrogen. Da Karen und Tsukihi auf eigene Faust versuchen, Kaiki Dingfest zu machen, wird die Angelegenheit komplizierter.
Es ist kaum verwunderlich, dass Nisemonogatari in Bezug auf die Story keine Bäume ausreißt. Dies tat auch der Vorgänger in keinster Weise. Sie stellt ohnehin lediglich ein Gerüst für einen Aufbau in Arcs dar, den man mit Nisemonogatari allerdings deutlich weiter öffnet, als dies bei den Übergängen der einzelnen Geschichten in Bakemonogatari noch der Fall war. Meiner Meinung nach ist es definitiv gelungen, einen interessanten roten Faden zum Vorschein kommen zu lassen, ohne dabei zu tief in die Trickkiste greifen zu müssen.
Der Verlauf ist schlüssig und Kaiki als neuer Charakter mehr als nur interessant. Überhaupt ist es eine ganz andere Situation – jetzt wo Araragi erstmals einen semi-Antagonisten bekommt, den man wirklich fassen kann. Trotzdem unterliegt Nisemonogatari seinem Vorgänger in diesem Punkt eindeutig: Die Geschichten in Bakemonogatari waren wie gesagt ebenfalls keine großen Nummern. Der Vorteil lag allerdings in der Geschwindigkeit, in welcher die verschiedenen Geschichten erzählt worden sind. Die Vorlage der beiden Serien sind beide gleich lang. Bakemonogatari enthält im Gegensatz zu Nisemonogatari viel mehr Arcs, die also besser abgehandelt werden können. Nisemonogatari besteht aber nur aus zwei Arcs: Der Karen Bee-Arc und der Tsukihi Phoenix-Arc, welche sich – wie die Namen ja bereits andeuten – jeweils mit den Problemen der beiden kleineren Schwestern von Araragi beschäftigen. Man könnte also annehmen, dass diese beiden Arcs nun deutlich umfangreicher, ja vielleicht sogar tiefgründiger seien als die zahlreichen Bakemonogatari-Geschichten. Das ist leider ein Trugschluss: Anstatt umfangreicher, detailierter oder sonst wie besser zu schreiben, entschied sich NisiOisin – der Autor der Vorlage – dazu, “den gewonnenen Platz” mit katastrophalen Fillern, Fanservice und Belanglosigkeit zu füllen. In Nisemonogatari gibt es ganze Folgen, welche die Geschichte nicht im Geringsten vorantreiben. Auch größere Abschnitte von Episoden, in denen zumindest zum Teil etwas für einen Arc getan wurde, können sich als völlig belanglos entpuppen oder beschäftigen sich einzig und allein mit einem Fetisch, welches gerade unbedingt in Form von Fanservice durchgezogen werden muss.
Es ist schon bezeichnend, wenn man sich nach mehreren Folgen fragen muss, woher der Karen Bee-Arc oder aber auch der Tsukihi Phoenix-Arc eigentlich seinen Namen herhaben könnte. In der ersten Folge des Tsukihi Phoenix-Arcs bekommt die dem Arc den Namen verleihende Person etwas mehr als eine Minute Screentime beschert. Doch das bedeutet noch lange nicht, dass diese eine Minute auch nur den kleinsten Hinweis auf den weiteren Verlauf des Arcs geben kann, da das Ganze an Belanglosigkeit nicht zu übertreffen ist. Es handelt sich hierbei wie auch bei Folge zwei und zahlreichen “Abschnitten innerhalb der Folgen” um reinste Filler, die nur selten unterhaltsam sind. Noch schlimmer als die belanglosen, langweiligen, nicht witzigen Dialoge ist dabei der unfassbare Anteil an Fanservice. Nicht an gutem Fanservice. Sondern an billigstem. Versteht mich nicht falsch: Bakemonogatari enthielt auch eine Menge Fanservice, aber wer das Niveau des Fanservices im Sengoku-Arc als niedrig einstufen würde, wird seine Meinung nach Nisemonogatari wohl zwangsläufig ändern oder zumindest die Messlatte gewaltig verschieben müssen. Ja, für das Auge ist das alles natürlich nicht unschön. Gegen guten Fanservice hätte ich eigentlich nichts.
Aber Nisemonogatari enthält oftmals sehr schlechten Fanservice, der einige Male über das Ziel hinausschießt: Von Loli- bis Inzest-Fanservice ist alles dabei! Was das mit der Story zu tun hat? Nun ja, dieser Fanservice ist oft nicht in die Problemlösung integriert und scheinbar ohne Sinn und Verstand irgendwo innerhalb des Arcs eingefügt worden. Fanservice, der nicht mit Inhalt ausgeglichen werden kann oder sich aus den Geschehnissen ableitet ist für mich schlecht. Es widerspricht sich oft mit den Charaktereigenschaften der einzelnen Figuren und ist somit schlichtweg nicht nachvollziehbar. Lediglich beim angesprochenen Loli-Fanservice kann der inhaltlich starke Dialog im Badezimmer einigermaßen darüber hinwegtrösten. Aber das ist ja auch nicht das Gelbe vom Ei, denn dies zieht die Folge, die dank der ersten Hälfte eine der besten Nisemonogatari-Folgen hätte werden können, soweit herunter, dass ich genervt bin. Und das obwohl der Dialog mit dem Loli-Fanservice ja vollends überzeugend war.
Diese überzeugenden, an die Qualität des Vorgängers anknüpfenden Dialoge stellen in Nisemonogatari leider die Ausnahme dar. Der Dialogwitz war das Aushängeschild des Vorgängers und nun schafft man es nur vereinzelnd daran anzuknüpfen? Ziemlich enttäuschend wie ich finde. Nahezu garantiert ist dieses Gelingen beispielsweise, wenn Hanekawa oder Senjougahara mit von der Partie sind. Der Großteil anderer Dialoge ist belanglos, aufgrund von Abnutzungserscheinungen immer langweiliger und platt. Ja, im Vorgänger hat Kanbaru auch über nicht ganz sinnige, sexuell angehauchte Themen gesprochen, aber verglichen mit den zahlreichem Geplänkel hier ist das noch harmlos. Abgesehen von der Tatsache, dass es bei Kanbaru noch witzig war, versteht sich. Keinesfalls will ich sagen, dass alle Gespräche sinnloses Geplänkel seien, doch nehmen diese den größeren Anteil ein. Die für die Geschichte nicht relevanten Gespräche mit Hachikuji nehme ich da sogar bis auf eine Ausnahme in Schutz: Es sind spaßige Dialoge. Der “Einleitungs-Gag” wird zwar seit Bakemonogatari ständig wiederholt, aber auch kreativ neu interpretiert, sodass es lustig bleibt. Lediglich in der angesprochenen Ausnahme, dem letzten Treffen von Araragi mit Hachikuji in dieser Serie, hatte ich am Dialog dann keinen so großen Spaß mehr (im Gegensatz zur großartigen Aktion von Shinobu^^). Zum Thema Belanglosigkeit: Es gibt viel zu viele Gespräche und sogar eine Action-Szene, die von keiner Relevanz sind. Die angesprochene Action-Szene bekommt ihre Relevanz erst nach dem Kampf, der alleine schon unsinnig ist, weil sich die beiden Personen einfach niemals ernsthaft schädigen würden. Toll anzusehen ist es aber. Aufgefallen ist mir teilweise auch, dass die meisten Folgen nicht direkt aufeinander aufbauen. Also schon… aber irgendwie entsteht immer eine kleine Lücke, die dann kurz durch Araragis Erläuterungen gefüllt wird. Das ist jetzt aber nur eine Feststellung. Es wirkt teilweise etwas abgehakt. Zumindest hatte ich diesen Eindruck öfter.
Positiv an der Story ist allerdings, dass viele Hintergründe interessant verpackt beleuchtet werden und ein roter Faden verlegt wird. Die Charaktere und die Beziehungen zwischen ihnen – besonders unter der Berücksichtigung der neuen Charaktere – sind interessant. Vieles davon wird allerdings von belanglosem Geplänkel und peinlichstem Fanservice verdrängt, was sehr schade ist.
“Toll anzusehen?” Ja. Hinsichtlich der Optik überzeugt mich Nisemonogatari auf jeden Fall. Wie auch im Vorgänger werden die Dialoge auf surreale Art und Weise illustriert. SHAFT liefert hier gewohnte Qualität ab. Lediglich in der fünften Folge gerieten sie scheinbar unter Zeitdruck, sodass diese etwas schlechter ausfällt als andere. Typisch SHAFT eben. Immer bis zur letzten Minute vor der Ausstrahlung dran arbeiten. Wie bereits angedeutet: Es wird alles geboten, um die Dialoge bildlich zu unterstützen: Abstrakte Inszenierung, abenteuerliche Kameraeinstellungen, architektonische Meisterwerke (Araragis Haus ist von vorne bis hinten einfach nur durchgestyled^^), surreale Hintergründe, grandiose Farb- und Lichtspiele, Bakemonogatari-typische Schnitte. Die Dialoge werden stets toll in Szene gesetzt und auch die Animationen sind meistens flüssig und die Hintergründe detailreich. Ich liebe diesen Stil von SHAFT einfach. Die Action-Szenen sind allesamt grandios animiert und die an diesen teilnehmenden Charaktere alle wunderbar designed. So wird also zumindest das Auge voll und ganz verwöhnt. In der letzten Folge hat man in Bezug auf die Animation und auch die Musik, auf die ich als Nächstes eingehen werde, nochmal eine Schippe drauf gelegt. Besonders die Inszenierung der angewandten Metapher zu Beginn der Folge hat mich absolut begeistert. Ich bewerte die Animation und die Inszenierung als eine Kategorie, weil ich die Beurteilung der Animation immer etwas schwierig finde. Hier ist mein Eindruck nicht nur subjektiv, sondern auch laienhafter als in anderen Kategorien, da ich von mir selbst nicht wirklich sagen kann, ab wann eine Animation qualitativ hochwertig ist oder nicht.
Was die musikalische Untermalung der Serie angeht, so bleibt mir zum Glück nichts anderes übrig, als Lob auszusprechen. Jede Szene wird von ordentlicher Musik begleitet. Dabei ist der Track nie unpassend gewählt, sondern unterstützt zu jedem Zeitpunkt die oftmals surreale Inszenierung. Dabei ist es egal, ob es sich um ein Gespräch mit eher unwichtigen Themen, einen relevanten Dialog, eine Comedy-Einlage, eine Action-Szene oder um einen Twist handelt. Auch die Breite an verschiedenen Tracks überzeugt und überrascht mich: Von alten aus dem Vorgänger bekannte Melodien bis zu völlig Neuen ist alles dabei. Selbst ein Techno-Remix ist enthalten, welcher im ersten Moment zwar verwundert, die Szene dann aber nur perfekt abzurunden weiß. Wie auch im Falle der Animationen & der Inszenierung muss ich hier spezifisch auf die letzte Folge eingehen, die musikalisch nämlich nicht nur neue Tracks bietet, sondern mich auch von der “Magie” richtig umgehauen hat. Es mag für viele jetzt vielleicht maßlos übertrieben klingen, aber während der Szene mit der Metapher, die den Phoenix näher beschreibt, und dem letzten Gespräch zwischen Tsukihi und Araragi kurz vor dem Ende fühlte ich mich an die Ghibli-Filme erinnert und auch an das musikalisch von vorne bis hinten perfekte PS2 / Wii-Spiel “Okami” musste ich denken. Das war für mich ganz großes Kino! Ich bin immer noch baff…
Der Cast von Nisemonogatari besteht natürlich zum Großteil aus Charakteren, die bereits aus Bakemonogatari bekannt sind. Allerdings kommen auch einige neue Charaktere hinzu, die alle eng mit dem Verlauf der beiden Arcs sowie vergangener Geschehnisse verbunden sind. Da sich bei beiden behandelten Arcs (vermeintlich) alles um die Fire Sisters dreht, verwundert es nicht, dass Karen Araragi und Tsukihi Araragi – die beiden kleineren Schwestern von Koyomi Araragi – näher beleuchtet werden. Im Vorgänger haben beide lediglich für einen Running Gag am Ende eines jeden Arcs herhalten müssen. Im Großen und Ganzen enttäuschen die Charaktere aufgrund inkonsequenter Veränderungen von Verhaltensweisen, um Fanservice bieten zu können. Diese Inkonsistenz ist für mich eine der großen Schwachpunkte in Bezug auf die Charaktere. Besonders deutlich wird dies bei Araragi, Kanbaru und Sengoku, bei welchen in der Zeit zwischen Bakemonogatari und Nisemonogatari zum Teil Gehirnwäsche stattgefunden haben muss, denn anders sind einige Dinge nicht zu erklären. Man lässt die Charaktere also aus ihren Rollen fallen und opfert sie somit für Fanservice. Das ist äußerst schlecht und beweist, dass NisiOisin wenig auf die zuvor definierten Charakterzüge setzt und nicht davor zurückschreckt, sie zu Gunsten fragwürdiger Vorlieben willkürlich zu verändern.
Dass Nisemonogatari nicht den hohen Erwartungen gerecht werden würde, war mir bereits im Vorfeld klar. Aber das meine schlimmsten Befürchtungen so konsequent umgesetzt und dann auch noch in den Vordergrund gestellt würden, damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet. Somit kann mein persönlicher Anwärter für den Anime des Jahres 2012 nur als herbe Enttäuschung bezeichnet werden. Der hohe Anteil an schlechtem Fanservice und die nur selten an Bakemonogatari anknüpfenden Dialoge hinterlassen einen enttäuschenden Eindruck. Es werden Charaktere solange zurechtgestutzt, bis sie auch in die absurdeste, am weitesten hergeholte Fanservice-Szene hineingequetscht werden können, um dann diverse Fetische abarbeiten zu können. Araragi wird zum Perversling, der keine Chance auslässt, eine seiner Schwestern zu begrapschen oder abzuknutschen. Kanbaru hat plötzlich nichts mehr mit Homosexualität am Hut und die, die diese Willkür noch aufhalten können, bekommen kaum Screentime oder hüpfen selber beim Erstauftritt 10 Minuten nackt herum. Im Grunde sind nicht die Arcs selbst interessant, sondern die ganzen Hintergründe und Beziehungen, die aufgedeckt werden. Optisch und musikalisch kann Nisemonogatari allerdings wieder punkten und sorgt so wenigstens für zufriedengestellte Augen und Ohren. Meine Vorfreude auf Kizumonogatari wurde ein wenig eingedämmt. Nur die durch und durch epische Shinobu konnte diese Vorfreude wieder einigermaßen neu entfachen!
Einer der wenigen neuen Charaktere hat mir wirklich gut gefallen und auch das Philosophieren in der letzten Folge hatte etwas. Überhaupt ist die Thematik “Echt / Fake” ganz nett umgesetzt worden. Das hilft alles aber nichts. Es hilft auch nichts, dass Nisemonogatari ein reiner Filler sein könnte. Eine Enttäuschung bleibt es unabhängig davon. Diese kann dadurch auch weder vermindert noch verschlimmert werden.
Komplettes Review:
A/ews (inklusive im Gegensatz zu dieser zurechtgestutzten Version [~2000 Wörter vs. ~5000 Wörter] strukturiertem Aufbau und massenhaft Spoilern^^)