Immer wieder gelingt es dem
Studio 4°C, eine potentiell rasante Story in eine kleine, bilderbuchmäßige Geschichte zu transferieren - zum Leidwesen vieler Actionfans, wie man so auf einigen Anime-Sites lesen kann. Auch
Junk Town, der Nachzügler unter den "Sweat Punch"-Kurzfilmen, ist ein solches Exemplar.
Und auch hier wird ein altbekannter Topos aufgegriffen, indem das Darwinsche "Fressen und gefressen werden" auf SciFi-Ebene abgehandelt wird. In einer ganz normalen Welt, die sich von unserer nur darin unterscheidet, dass (halb)-autonome Roboter potentiell lästige Arbeiten übernehmen, kommt es zu einem Ereignis, das wohl nicht eingeplant war, das man aber hat kommen sehen und daher für Fälle wie diesen vorgesorgt hat. Soll heißen: Roboter, die irgendwelche ungewünschten Auffälligkeiten zeigen oder keinen Besitzer haben, sind der Polizei zu melden. Diese werden daraufhin stillgelegt und gegebenenfalls verschrottet. Die Parallele zu Autos muss wohl nicht extra erwähnt werden …
Ein kleiner Junge, laut Abspann
Kousuke, entdeckt in in einem Seitengässchen einen krabbenähnlichen kleinen Roboter und wird dabei Zeuge eines bizarren, mecha-kannibalischen Vorfalls. Gleichermaßen entsetzt wie fasziniert, freundet er sich mit dem kleinen Gesellen irgendwie an. Als Resultat seiner Fressorgien wächst der Roboter dabei modular in die Länge und zieht einen immer länger werdenden Rattenschwanz an Teilen hinter sich her. Was anfangs noch lustig und putzig aussieht, erweist sich allmählich jedoch als allgemeine Bedrohung, da der Kleine in der Lage ist, diese Module zu größeren Einheiten zu kombinieren und so, zum ausgewachsenen Mecha mutiert, auch technisch überlegene Gerätschaften anzugreifen.
Auf dem Schrottplatz läuft die Sache dann definitiv aus dem Ruder, und die Geschichte kratzt kurz an der Grenze zum großen Drama.
Weil diese Geschichte, allgemein betrachtet, jedoch eher einer Kinderlogik folgt, hat jeder noch so plumpe Robo die integrierte Fähigkeit, menschliche Sprache und Emotionen zu verstehen und zu begreifen; daher bringt denn auch Kousukes eindringliches Flehen und Bitten, sowie auf Seiten des Robos die Angst vor Strafe durch Verschrotten, letztlich die Wende zum Guten.
Dass hier jetzt kein Actiondrama stattfinden wird, zeigen schon die warmen, lichten Farben, in die die Stadt getaucht ist, wie auch das ruhige Pacing und der immer etwas
hintergründige Humor des Animes. Stattdessen dominiert unaufgeregtes
Slice of Life von Schulkindern, die sich mit den typischen Problemen ihres Alters rumschlagen müssen (Eltern sind doof!), was alles in allem doch auch etwas an
Dennou Coil erinnert.
Pädagogische Zeigefinger sind dabei völlig abwesend, und allein die Musik mag unterstreichen, wie die Szene langsam ins Surreale driftet; eine heitere, minimalistische Unterfütterung, die im Verlauf der immer dreisteren Fressaktionen auch immer etwas an Intensität zulegt. Bis zu dem Punkt, an dem es nicht mehr ganz so geheuer zu sein scheint und sie dann gänzlich verstummt. Erst der Kampf auf dem Schrottplatz erweckt sie wieder zum Leben im parodistischen Gewand einer epischen
battle music.
Parodistische Momente bietet natürlich auch der Anime selber, denn wer würde angesichts dieser
Fressmaschine nicht an die Beißkatze aus
Azumanga Daioh denken? Und der Ausklang der Geschichte, als der freche Roboter dem Jungen folgt wie ein Hund seinem Herrchen, zeigt den typischen kreativen Umgang mit Verboten, den auch Kinder beherrschen: Tu das, was verlangt wird, aber ohne auf das zu verzichten, was dir Spaß macht.
Junk Town - eine kleine, heitere Groteske.
Beitrag wurde zuletzt am 28.11.2020 03:47 geändert.