AsaneRedakteur
#1»Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel«,
lautet ein alte Redewendung, an die ich mich während der Serie erinnert gefühlt habe. Obwohl der Anime recht viel dafür tut, an allen möglichen Stellen seinen Charme spielen zu lassen, gab es dann doch recht viel – und am Ende zu viel –, das mir regelmäßig die Folgen verleidet hat.
Aber ich bin ja auch kein Repräsentant des Zielpublikums. Das dürfte eher in der gleichen Altersklasse zu finden sein, in der auch unsere Heldin agiert: Mädchen so um die 14.
Disclaimer:
Betrachtet man also die Serie aus dieser Perspektive, braucht man sich nicht gar zu sehr an den Unzulänglichkeiten festbeißen, von denen es für meinen Geschmack einfach zu viele gibt. Selbst für einen Anime der 90er Jahre. Je nachdem, wie gut es gelingt, mit solchen Dingen klarzukommen bzw. solche Ungereimtheiten und künstlerische Missgriffe auszublenden, steht und fällt die eigene Wertung für den Anime. Bei Hime-chan oder Fancy Lala bin ich recht gut damit klargekommen (auch, weil andere Qualitäten überwiegen), hier bei Saint Tail ist das leider nicht der Fall. Daher kann es sein, daß eine 4-Sterne-Wertung im Grunde nicht soweit entfernt ist von meiner eigenen, – nur daß eben die Gewichtung (bei gleicher Wahrnehmung der anzusprechenden Punkte) etwas anders ausfällt.
Ort der Handlung ist eine konfessionelle Schule, in der die Ordensschwestern den lieben langen Tag und in wirklich jeder Situation mit gefalteten Händen rumlaufen. Was immer das auch bezwecken soll, vermutlich ist das die japanische Vorstellung von Frömmigkeit.
1. Exkurs:
Das Setting ist sowieso ein ziemlicher Wechselbalg, wenngleich typisch für Shoujo-Serien dieser Art: nach außen hin europäisch (Frankreich?), nach innen japanisch. Frankreich steht deswegen im Verdacht, weil einigemale dieses typische Barock zu sehen ist (könnten Japaner natürlich auch für genuin europäisch halten, wie auch die Gründerzeitarchitektur), und in den letzten 4 Folgen recht prominent Mont-Saint-Michel in Szene gesetzt ist. (Im zweiten Opening kann man gegen Ende jedoch kurz mal die Türme der Sagrada Família erkennen.) Sämtliche Architektur wie auch die Mode sind westlich (Zweireiher ohne Ende), auch die Innenarchitektur (kein Genkan), die Umgangsformen aber sind japanisch. Sowie Kleinigkeiten wie Ortsbezeichnungen, Nummernschilder an Autos oder auch der Linksverkehr. Achja, und der Text bei Zeitungen oder eingeblendeten Nachrichten).
Zur Handlung kann man recht einfach konstatieren: Sailor Moon meets Robin Hood. Gemäß dem christlich geprägten Umfeld stiehlt Saint Tail gestohlene Dinge wieder zurück, um sie dem rechtmäßigen Besitzer wieder zukommen zu lassen.
Die Kriminalfälle sind dabei zum Glück ziemlich altersgerecht, also nicht wirklich simpel oder eintönig, (mehr so im Format, wie man sie auch bei Donald Duck erwarten dürfte) aber auch nicht übermäßig fordernd oder überfordernd. Dennoch nicht langweilig oder blödsinnig (naja, manchmal schon auch), sondern durchaus fantasievoll, mit interessanten Twists, wobei der Realitätsgrad, gerade hinsichtlich der Reaktionen seitens der Antagonisten, doch deutlich am Alter der Zielgruppe ausgerichtet ist.
Demzufolge fährt auch der Humor die gleiche Schiene, vor allem, wenn mithilfe lustig arrangierter, komischer Situationen die Risse in der Logik abgedeckt werden sollen. Und die gibt es leider massenhaft. Da muss dann die bekannte Sorte Slapstick (inkl. Chibis) aushelfen, damit das nicht gar so auffällt.
2. Exkurs:
Gelungene Komik, die nicht aufgesetzt wirkt, sondern unerwartet einer bestimmten Situation entspringt, gibt es auch. Nur für meinen Geschmack deutlich zu selten. Ziemlich am Anfang erblickt Meimis Mutter das Zeitungsfoto einer verwackelten Rückansicht von "Saint Tail", nicht wissend, daß es sich dabei um ihre Magical-Girl-Tochter handelt, wobei sie in schiere Verzückung ausbricht: "wie ich, als ich klein war!" –
Der Variantenreichtum der Fälle ist immens. Überraschend vielfältig – und bewegen sich im Bereich dessen, was überhaupt so alles an wertvollen Preziosen geklaut werden kann; greift aber auch ins private Umfeld aus, wenn es darum geht, kleinere Schicksalsschläge, auch unter den Schülern, wieder geraderücken zu müssen. Beispielhaft dafür Ep. 12 als darum geht, Tama zurückzubringen.
3. Exkurs:
So abwechslungsreich die Fälle an sich sind, so nervtötend ist ihr Ablauf: denn das ist eine Orgie an Ideenlosigkeit. In sicherlich mehr als der Hälfte dieser Fälle wird es zuallerst mal dunkel, weil "der Strom ausfällt". Schließlich weiß Saint Tail innerhalb kürzester Zeit, wo sich beim jeweiligen Gebäude der Sicherungskasten befindet. Chapeau! In mindestens der gleichen Zahl der Fälle wird durch irgendwelche hirnverbrannten Nebenbedingungen unbedingter Zeitdruck für das Handeln (heute abend noch!) konstruiert, der ein umgehendes Eingreifen von Saint Tail erforderlich macht. Und leider lassen solche Umstände auch einen Rückschluss auf die Gegenseite zu, was die Lernfähigkeit bei Detektiv Asuka jr. anbelangt. Denn die liegt offenkundig bei: 0.
Was die angewandte Magie in dieser Serie anbelangt, ist nicht ganz klar, welcher Natur sie wirklich ist, und es drängt sich der Eindruck auf, das soll bewusst in der Schwebe gehalten werden. Einerseits darf man göttliches Wirken vermuten (siehe das Zusammenspiel von Meimi und ihrer Freundin Seira, die zugleich Novizin eines nicht näher genannten Ordens ist), andererseits verdient der Vater seine Brötchen wohl mit Magie, Tricks, Zauberkunststücken, die grundsätzlich frei vom Verdacht übernatürlichen Wirkens sind.
4. Exkurs:
Aber so, wie sie dargestellt sind, ohne übernatürliche Magie eben auch nicht zu begreifen sind. Genauso verhält es sich auch mit der Magie von Saint Tail, angefangen von der Ankündigung an ihren als Hobby-Detektiv agierenden Klassenkameraden Asuka jr. bis hin zu den Aktionen, die sie so aufführt, speziell mit den Chiffren und Attributen von Zirkusmagie (Zylinder, Spielkarten) und der Überwindung physikalischer Limitierungen, wenn sie, in bester Ninja-Manier, kurz mal aus dem Stand 10 Meter hochspringt und in Riesensätzen von mindestens 20 Metern über die Dächer hüpft.
Im übrigen ist es schon sehr erstaunlich, dass die Tricks und Gadgets, die Meimis Vater entwickelt, punktgenau die sind, die sie für ihren nächsten Fall braucht. Und daß man solche dramaturgische Taschenspielertricks überhaupt bemühen muss, wirft wiederum kein so gutes Licht auf den Anime.
It's showtime!
Anfangs hab ich da noch eine parodistische Intention vermutet. Immerhin leistet man sich hier den Spaß einer Kreuzung von Magical Girl (offenkundig an Sailor Moon ausgerichtet) mit dem Detektiv-Genre (hier in Gestalt eines widerwärtig selbstsicheren Conan-Imitators, der den ganzen Tag, auch außerhalb der Schule, angeberisch im Anzug rumrennt. Und wenn nicht, dann wenigstens in Hosenträgern, ganz das Klischee bedienend.)
Und wenn hier schon Klischee und Genre zur Sprache kommt: Natürlich wird hier viel mit den üblichen Versatzstücken hantiert, und natürlich werden lustvoll die Zitate und Tropen ausgebreitet, die das Publikum auch erwartet. Ganz Sailor-Moon-mäßig fallen denn auch die Transformationssequenzen aus, angemessen angereichert mit allerlei Budenzauber und anderem magischen Firlefanz. Dem immergleichen, über die ganze Serie hinweg? Na, zumindest über 40 (von 43) Folgen.
Denn der Aufbau der Serie ist, von der letzten paar Folgen abgesehen, streng episodisch. Der Erkenntnisgewinn über diese Strecke hält sich in erstaunlich engen Grenzen. Sowohl für den Zuschauer wie auch für den Detektiv-Darsteller. Und man stellt sich die bange Frage: wird das streng episodisch Folge für Folge so durchgezogen?
In vielen Punkten weiß die Serie Sympathie zu verbreiten und nette, entspannte Shoujo-Atmosphäre. Das fängt beim Artwork an, das recht einfach gehalten ist, meist in Aquarell-Optik, aber immer akkurat und realitätsnah und sich da auch keine größeren Schnitzer erlaubt.
In mindestens ebenso vielen Punkten setzt sie es aber auch in den Sand. Öfters animationstechnisch, aber vor allem dramaturgisch. Das ist nicht nur Klischee und generisch at its best, es ist einfach haarsträubend an der Realität vorbei.
5. Exkurs:
Es ist diese typische Kleinkinder-Dramaturgie, die mir irgendwann vehement gegen den Strich gegangen ist. Das äußert sich zum Beispiel darin, daß haufenweise per Dialog Informationen an den Zuschauer geliefert werden müssen, damit der auch immer schön im Bilde ist, dramaturgisch und vom Skript her allerdings dermaßen idiotisch, mit unglaublich peinlichen Textschnipseln, die den Figuren da untergeschoben werden, daß es der Sau graust. Das ist Skripting auf bestenfalls Schultheater-Niveau.
Dem pädagogischen Impetus nachhelfend, werden immer wieder demonstrativ kleine illustrierende Szenen eingestreut, die alles andere als realitätsnah und in sich schlüssig sind und offenkundig nur zu dem einen Zweck existieren, die momentane Tragik der Situation zu verdeutlichen. Wenn etwa einer der Charaktere im Selbstgespräch mit sich hadernd die Straße entlanggeht und empörte Stimmen von sonstwo zu hören sind, er solle gefälligst mit dem Lärm aufhören …
Natürlich erspart man sich viel an Animationsaufwand, wenn Figuren nicht einfach auftreten, sondern quasi ins Bild geschoben werden. Und wie in fast jedem Anime rennt auch hier immer irgendein Dödel rum und fotografiert Belangloses im Sekundentakt, als ob zu jener Zeit Bilder entwickeln gratis wäre. Solche Sachen sind deutliche Zeichen grassierender Ideenlosigkeit.
Zwar ist ihr Repertoire nicht sonderlich umfangreich, aber gerade die Musik hat einen bemerkenswert guten Eindruck hinterlassen. Meist klassischer Natur, bildet sie mit Opening und Ending ein schönes, harmonisches Ganzes, gerade bei den Verwandlungssequenzen und den Showtime-Abschnitten von Meimi, wo aus einem wuseligen Kerngedanken sich ein aufwucherndes Gebilde entfaltet, dem man anmerken kann, wie sorgfältig hier komponiert wurde.
Daher empfand ich es als kleine Enttäuschung, ab Episode 25 ein neues Paar Opening und Ending zu hören. Denn die bisherige Harmonie aller Einzelteile war empfindlich gestört, vor allem mit der neuen Showtime-Musik, die teils funky, teils "shu-bi-duu"-mäßig daher kommt, sich aber mit der restlichen Musik absolut nicht verträgt.
Was mir letztlich am meisten gegen den Strich ging, war das Weltbild, das hier vermittelt werden soll. Was macht man denn als erstes, wenn das Erbstück gestohlen, das Haustier davongelaufen oder man sonstwie nach Strich und Faden betrogen worden ist? Natürlich: man geht in die Kirche und betet. Und zwar so lange, bis Schwester Seira einem über den Weg läuft und man ihr von seinem Kummer berichten kann.
"Inorimashou" – lass uns zu Gott beten, heißt es dann; nur mit dem feinen Unterschied, daß gleich daraufhin Meimi in die Sache eingeweiht wird und entschlossen zur Tat schreitet. Beten allein reicht also nicht; man muss schon auch dem Schicksal etwas nachhelfen.
Was sich hier vor allem ab der zweiten Hälfte der Serie verbreitet, kann man umstandslos auch als Werbung auffassen. Als Werbung für Gott. Nur: wer hat das nötig? Das, über mehr als zwei Dutzend Folgen hinweg und in jeder einzelnen wiederholt, empfand ich dann doch als etwas zu penetrant. Oder um es mit Helge Schneider zu sagen: Das prangere ich an!
Hätte man sich in solchen weltanschaulichen Dingen etwas zurückgehalten und dafür etwas mehr in Originalität investiert, womöglich die Show auch noch auf die halbe Laufzeit kondensiert, wäre ein kleiner, feiner Anime dabei herausgekommen, irgendwo zwischen Sailor Moon, Kamikaze Kaitou Jeanne und Shoujo-SoL vom Schlage eines Mizuiro Jidai. So aber scheitert er in meinen Augen, trotz all der guten Ansätze, an allerlei ins Uferlose ausgewalzten Banalitäten.
Edit: Das Ding firmiert unter dem Hauptgenre Romanze. Wer die Serie deswegen sich anschauen und überhaupt nur das wesentliche mitkriegen will, fährt gut damit, die ersten beiden Folgen zu sehen und anschließend die letzten sechs. Sollte irgendein Handlungsdetail oder eine Anspielung unklar bleiben, kann man sich das leicht selbst zusammenreimen.
lautet ein alte Redewendung, an die ich mich während der Serie erinnert gefühlt habe. Obwohl der Anime recht viel dafür tut, an allen möglichen Stellen seinen Charme spielen zu lassen, gab es dann doch recht viel – und am Ende zu viel –, das mir regelmäßig die Folgen verleidet hat.
Aber ich bin ja auch kein Repräsentant des Zielpublikums. Das dürfte eher in der gleichen Altersklasse zu finden sein, in der auch unsere Heldin agiert: Mädchen so um die 14.
Disclaimer:
Betrachtet man also die Serie aus dieser Perspektive, braucht man sich nicht gar zu sehr an den Unzulänglichkeiten festbeißen, von denen es für meinen Geschmack einfach zu viele gibt. Selbst für einen Anime der 90er Jahre. Je nachdem, wie gut es gelingt, mit solchen Dingen klarzukommen bzw. solche Ungereimtheiten und künstlerische Missgriffe auszublenden, steht und fällt die eigene Wertung für den Anime. Bei Hime-chan oder Fancy Lala bin ich recht gut damit klargekommen (auch, weil andere Qualitäten überwiegen), hier bei Saint Tail ist das leider nicht der Fall. Daher kann es sein, daß eine 4-Sterne-Wertung im Grunde nicht soweit entfernt ist von meiner eigenen, – nur daß eben die Gewichtung (bei gleicher Wahrnehmung der anzusprechenden Punkte) etwas anders ausfällt.
Ort der Handlung ist eine konfessionelle Schule, in der die Ordensschwestern den lieben langen Tag und in wirklich jeder Situation mit gefalteten Händen rumlaufen. Was immer das auch bezwecken soll, vermutlich ist das die japanische Vorstellung von Frömmigkeit.
1. Exkurs:
Das Setting ist sowieso ein ziemlicher Wechselbalg, wenngleich typisch für Shoujo-Serien dieser Art: nach außen hin europäisch (Frankreich?), nach innen japanisch. Frankreich steht deswegen im Verdacht, weil einigemale dieses typische Barock zu sehen ist (könnten Japaner natürlich auch für genuin europäisch halten, wie auch die Gründerzeitarchitektur), und in den letzten 4 Folgen recht prominent Mont-Saint-Michel in Szene gesetzt ist. (Im zweiten Opening kann man gegen Ende jedoch kurz mal die Türme der Sagrada Família erkennen.) Sämtliche Architektur wie auch die Mode sind westlich (Zweireiher ohne Ende), auch die Innenarchitektur (kein Genkan), die Umgangsformen aber sind japanisch. Sowie Kleinigkeiten wie Ortsbezeichnungen, Nummernschilder an Autos oder auch der Linksverkehr. Achja, und der Text bei Zeitungen oder eingeblendeten Nachrichten).
Zur Handlung kann man recht einfach konstatieren: Sailor Moon meets Robin Hood. Gemäß dem christlich geprägten Umfeld stiehlt Saint Tail gestohlene Dinge wieder zurück, um sie dem rechtmäßigen Besitzer wieder zukommen zu lassen.
Die Kriminalfälle sind dabei zum Glück ziemlich altersgerecht, also nicht wirklich simpel oder eintönig, (mehr so im Format, wie man sie auch bei Donald Duck erwarten dürfte) aber auch nicht übermäßig fordernd oder überfordernd. Dennoch nicht langweilig oder blödsinnig (naja, manchmal schon auch), sondern durchaus fantasievoll, mit interessanten Twists, wobei der Realitätsgrad, gerade hinsichtlich der Reaktionen seitens der Antagonisten, doch deutlich am Alter der Zielgruppe ausgerichtet ist.
Demzufolge fährt auch der Humor die gleiche Schiene, vor allem, wenn mithilfe lustig arrangierter, komischer Situationen die Risse in der Logik abgedeckt werden sollen. Und die gibt es leider massenhaft. Da muss dann die bekannte Sorte Slapstick (inkl. Chibis) aushelfen, damit das nicht gar so auffällt.
2. Exkurs:
Gelungene Komik, die nicht aufgesetzt wirkt, sondern unerwartet einer bestimmten Situation entspringt, gibt es auch. Nur für meinen Geschmack deutlich zu selten. Ziemlich am Anfang erblickt Meimis Mutter das Zeitungsfoto einer verwackelten Rückansicht von "Saint Tail", nicht wissend, daß es sich dabei um ihre Magical-Girl-Tochter handelt, wobei sie in schiere Verzückung ausbricht: "wie ich, als ich klein war!" –
Wie recht sie damit haben sollte, erfährt der Zuschauer in den letzten drei Folgen.
Der Variantenreichtum der Fälle ist immens. Überraschend vielfältig – und bewegen sich im Bereich dessen, was überhaupt so alles an wertvollen Preziosen geklaut werden kann; greift aber auch ins private Umfeld aus, wenn es darum geht, kleinere Schicksalsschläge, auch unter den Schülern, wieder geraderücken zu müssen. Beispielhaft dafür Ep. 12 als darum geht, Tama zurückzubringen.
(Tama ist mitnichten ein kleines, niedliches Kätzchen, wie Meimi aka Saint Tail vermutet, sondern ein stattliches Waran-Mädchen.)
3. Exkurs:
So abwechslungsreich die Fälle an sich sind, so nervtötend ist ihr Ablauf: denn das ist eine Orgie an Ideenlosigkeit. In sicherlich mehr als der Hälfte dieser Fälle wird es zuallerst mal dunkel, weil "der Strom ausfällt". Schließlich weiß Saint Tail innerhalb kürzester Zeit, wo sich beim jeweiligen Gebäude der Sicherungskasten befindet. Chapeau! In mindestens der gleichen Zahl der Fälle wird durch irgendwelche hirnverbrannten Nebenbedingungen unbedingter Zeitdruck für das Handeln (heute abend noch!) konstruiert, der ein umgehendes Eingreifen von Saint Tail erforderlich macht. Und leider lassen solche Umstände auch einen Rückschluss auf die Gegenseite zu, was die Lernfähigkeit bei Detektiv Asuka jr. anbelangt. Denn die liegt offenkundig bei: 0.
Was die angewandte Magie in dieser Serie anbelangt, ist nicht ganz klar, welcher Natur sie wirklich ist, und es drängt sich der Eindruck auf, das soll bewusst in der Schwebe gehalten werden. Einerseits darf man göttliches Wirken vermuten (siehe das Zusammenspiel von Meimi und ihrer Freundin Seira, die zugleich Novizin eines nicht näher genannten Ordens ist), andererseits verdient der Vater seine Brötchen wohl mit Magie, Tricks, Zauberkunststücken, die grundsätzlich frei vom Verdacht übernatürlichen Wirkens sind.
4. Exkurs:
Aber so, wie sie dargestellt sind, ohne übernatürliche Magie eben auch nicht zu begreifen sind. Genauso verhält es sich auch mit der Magie von Saint Tail, angefangen von der Ankündigung an ihren als Hobby-Detektiv agierenden Klassenkameraden Asuka jr. bis hin zu den Aktionen, die sie so aufführt, speziell mit den Chiffren und Attributen von Zirkusmagie (Zylinder, Spielkarten) und der Überwindung physikalischer Limitierungen, wenn sie, in bester Ninja-Manier, kurz mal aus dem Stand 10 Meter hochspringt und in Riesensätzen von mindestens 20 Metern über die Dächer hüpft.
Im übrigen ist es schon sehr erstaunlich, dass die Tricks und Gadgets, die Meimis Vater entwickelt, punktgenau die sind, die sie für ihren nächsten Fall braucht. Und daß man solche dramaturgische Taschenspielertricks überhaupt bemühen muss, wirft wiederum kein so gutes Licht auf den Anime.
It's showtime!
Anfangs hab ich da noch eine parodistische Intention vermutet. Immerhin leistet man sich hier den Spaß einer Kreuzung von Magical Girl (offenkundig an Sailor Moon ausgerichtet) mit dem Detektiv-Genre (hier in Gestalt eines widerwärtig selbstsicheren Conan-Imitators, der den ganzen Tag, auch außerhalb der Schule, angeberisch im Anzug rumrennt. Und wenn nicht, dann wenigstens in Hosenträgern, ganz das Klischee bedienend.)
Und wenn hier schon Klischee und Genre zur Sprache kommt: Natürlich wird hier viel mit den üblichen Versatzstücken hantiert, und natürlich werden lustvoll die Zitate und Tropen ausgebreitet, die das Publikum auch erwartet. Ganz Sailor-Moon-mäßig fallen denn auch die Transformationssequenzen aus, angemessen angereichert mit allerlei Budenzauber und anderem magischen Firlefanz. Dem immergleichen, über die ganze Serie hinweg? Na, zumindest über 40 (von 43) Folgen.
Denn der Aufbau der Serie ist, von der letzten paar Folgen abgesehen, streng episodisch. Der Erkenntnisgewinn über diese Strecke hält sich in erstaunlich engen Grenzen. Sowohl für den Zuschauer wie auch für den Detektiv-Darsteller. Und man stellt sich die bange Frage: wird das streng episodisch Folge für Folge so durchgezogen?
Ja, es wird.
In vielen Punkten weiß die Serie Sympathie zu verbreiten und nette, entspannte Shoujo-Atmosphäre. Das fängt beim Artwork an, das recht einfach gehalten ist, meist in Aquarell-Optik, aber immer akkurat und realitätsnah und sich da auch keine größeren Schnitzer erlaubt.
In mindestens ebenso vielen Punkten setzt sie es aber auch in den Sand. Öfters animationstechnisch, aber vor allem dramaturgisch. Das ist nicht nur Klischee und generisch at its best, es ist einfach haarsträubend an der Realität vorbei.
5. Exkurs:
Es ist diese typische Kleinkinder-Dramaturgie, die mir irgendwann vehement gegen den Strich gegangen ist. Das äußert sich zum Beispiel darin, daß haufenweise per Dialog Informationen an den Zuschauer geliefert werden müssen, damit der auch immer schön im Bilde ist, dramaturgisch und vom Skript her allerdings dermaßen idiotisch, mit unglaublich peinlichen Textschnipseln, die den Figuren da untergeschoben werden, daß es der Sau graust. Das ist Skripting auf bestenfalls Schultheater-Niveau.
Dem pädagogischen Impetus nachhelfend, werden immer wieder demonstrativ kleine illustrierende Szenen eingestreut, die alles andere als realitätsnah und in sich schlüssig sind und offenkundig nur zu dem einen Zweck existieren, die momentane Tragik der Situation zu verdeutlichen. Wenn etwa einer der Charaktere im Selbstgespräch mit sich hadernd die Straße entlanggeht und empörte Stimmen von sonstwo zu hören sind, er solle gefälligst mit dem Lärm aufhören …
Natürlich erspart man sich viel an Animationsaufwand, wenn Figuren nicht einfach auftreten, sondern quasi ins Bild geschoben werden. Und wie in fast jedem Anime rennt auch hier immer irgendein Dödel rum und fotografiert Belangloses im Sekundentakt, als ob zu jener Zeit Bilder entwickeln gratis wäre. Solche Sachen sind deutliche Zeichen grassierender Ideenlosigkeit.
Zwar ist ihr Repertoire nicht sonderlich umfangreich, aber gerade die Musik hat einen bemerkenswert guten Eindruck hinterlassen. Meist klassischer Natur, bildet sie mit Opening und Ending ein schönes, harmonisches Ganzes, gerade bei den Verwandlungssequenzen und den Showtime-Abschnitten von Meimi, wo aus einem wuseligen Kerngedanken sich ein aufwucherndes Gebilde entfaltet, dem man anmerken kann, wie sorgfältig hier komponiert wurde.
Daher empfand ich es als kleine Enttäuschung, ab Episode 25 ein neues Paar Opening und Ending zu hören. Denn die bisherige Harmonie aller Einzelteile war empfindlich gestört, vor allem mit der neuen Showtime-Musik, die teils funky, teils "shu-bi-duu"-mäßig daher kommt, sich aber mit der restlichen Musik absolut nicht verträgt.
Was mir letztlich am meisten gegen den Strich ging, war das Weltbild, das hier vermittelt werden soll. Was macht man denn als erstes, wenn das Erbstück gestohlen, das Haustier davongelaufen oder man sonstwie nach Strich und Faden betrogen worden ist? Natürlich: man geht in die Kirche und betet. Und zwar so lange, bis Schwester Seira einem über den Weg läuft und man ihr von seinem Kummer berichten kann.
"Inorimashou" – lass uns zu Gott beten, heißt es dann; nur mit dem feinen Unterschied, daß gleich daraufhin Meimi in die Sache eingeweiht wird und entschlossen zur Tat schreitet. Beten allein reicht also nicht; man muss schon auch dem Schicksal etwas nachhelfen.
Was sich hier vor allem ab der zweiten Hälfte der Serie verbreitet, kann man umstandslos auch als Werbung auffassen. Als Werbung für Gott. Nur: wer hat das nötig? Das, über mehr als zwei Dutzend Folgen hinweg und in jeder einzelnen wiederholt, empfand ich dann doch als etwas zu penetrant. Oder um es mit Helge Schneider zu sagen: Das prangere ich an!
Hätte man sich in solchen weltanschaulichen Dingen etwas zurückgehalten und dafür etwas mehr in Originalität investiert, womöglich die Show auch noch auf die halbe Laufzeit kondensiert, wäre ein kleiner, feiner Anime dabei herausgekommen, irgendwo zwischen Sailor Moon, Kamikaze Kaitou Jeanne und Shoujo-SoL vom Schlage eines Mizuiro Jidai. So aber scheitert er in meinen Augen, trotz all der guten Ansätze, an allerlei ins Uferlose ausgewalzten Banalitäten.
Edit: Das Ding firmiert unter dem Hauptgenre Romanze. Wer die Serie deswegen sich anschauen und überhaupt nur das wesentliche mitkriegen will, fährt gut damit, die ersten beiden Folgen zu sehen und anschließend die letzten sechs. Sollte irgendein Handlungsdetail oder eine Anspielung unklar bleiben, kann man sich das leicht selbst zusammenreimen.
Beitrag wurde zuletzt am 20.03.2021 21:56 geändert.
Kommentare
Leider hat man trotz der langen Laufzeit von 43 Episoden den Charakteren keine wirkliche Entwicklung gegönnt und so bleiben die Figuren auch flach und eindimensional. Ein Schuss Alltagsleben und Charakterepisoden, zumindest für die Hauptcharaktere, hätten dem Anime meiner Meinung nach gut getan. Dennoch hat der Anime genügend Charme um eine durchschnittliche Wertung von mir zu bekommen.
Aber Achtung: Wer sich hier ein gekloppe zwischen Dieb und Polizei erwartet wird herbe enttäuscht, weil es sich hier nicht um einen yousei sondern um einen shoujo anime handelt(wie es ja auch angegeben ist) ^^''