Ach das gute alte Yu-Gi-Oh!...da kommen nostalgische Gefühle hoch. Ich erinnere mich noch an die Zeiten als ich die Erstausstrahlung der neusten Staffeln immer sehen wollte und immer wieder gepackt war von den Charakteren, der Handlung, den Monstern und dem Konzept eine Serie basiert um ein Kartenspiel herum zu machen. Und was sehe ich da wenn ich die Bewertungen und Kommentare lese...Trash, Müll, Werbung für ein Kartenspiel - all diese Sachen werden YGO vorgeworfen. So habe ich mich entschieden einen Rewatch zu machen und zu sehen ob diese Behauptungen alle gerechtfertigt sind. Diese Review bezieht sich auf die deutsche Version, die auf RTL2 gezeigt wurde.
Die Story ist eigentlich ganz interessant wie ich finde, ein Jugendlicher namens Yugi Muto kriegt das Milleniumspuzzle geschenkt, dass nur er allein lösen konnte. Seit dem er es getan hat, kann er seinen Geist mit einem ägyptischer Pharao wechseln, der sein Gedächtnis verloren hat. Das Kartenspiel bekannt als Duel Monsters erfreut sich großer Beliebtheit, Konflikte werden hier meistens nicht mit bloßer Gewalt sondern mit diesem Kartenspiel gelöst, da aber das Konzept von Leuten an Spieltischen wohl zu langweilig gewesen wäre hat man die Duell-Arenen und später die sogenannten Duel Disks erfunden um das Kartenspiel besser darzustellen, jede Karte wird mithilfe dieser Maschinen als Hologramm dargestellt. Je weiter die Serie geht desto mehr Informationen erhält man woher die Idee der Monster kam, was der Hintergrund des Pharaos ist und es wird immer mehr Fokus auf die "Spiele der Schatten" gelegt, dort bestreitet man das Kartenspiel aber statt dass man nur um den Sieg spielt, spielt man um sein Leben. Die Geschichte mit den verschiedenen Milleniumsgegenständen mit dem ägyptischen Hintergrund fand ich sehr ansprechend. Die Handlung kann man in verschiedene Storyarcs unterteilen. Näheres dazu unten.
Der Pharao ist eine gerechte und willensstarke Person, das totale Gegenteil vom eher zurückhaltenden Yugi. Neben unserem Hauptcharakter haben wir auch seinen besten Freund Joey Wheeler, der immer großmäulig ist aber doch ein netter Mensch mit guten Absichten. Seto Kaiba ist von der ersten Folge an Yugis Rivale. Er stellt einen guten Kontrast zu dem eher gutmütigen Yugi und Joey dar. Während sich Yami/Yugi auf das Schicksal und Joey auf sein Glück verlässt, verlässt sich Seto Kaiba nur auf sein Können. Er ist arrogant und egoistisch und blickt nur in die Zukunft, verleugnet seine Vergangenheit bzw. will sie hinter sich lassen. Die einzige Person, die ihm nahe steht und ihm was bedeutet ist sein kleiner Bruder Mokuba. Diese 3 sind unsere Hauptprotagonisten, die anderen Charaktere wie Tea, Tristan, Mai, Duke Devlin etc. sind eher belanglos und uninteressant. Die Feinde sind da schon interesssanter: Jeder Hauptantagonist der verschiedenen Staffeln und sogar viele der normalen Antagonisten haben gute Hintergrundgeschichten und Charakterentwicklung.
Die Animationen sehen aus, wie eine Endlosserie nun mal aussieht. Mit 224 Folgen schwankt die Animationsqualität natürlich hin und wieder. Nie habe ich aber den Look als besonders störend empfunden. Die Charakterdesigns von Kazuki Takahashi wissen mir heute noch zu gefallen, mag sein dass die Frisuren von so einigen Charakteren zu übertrieben sind aber trotzdem finde ich dass der Zeichenstil recht abwechslungsreich ist. Über die Monsterdesigns muss ich natürlich auch noch reden: ebenfalls sehr abwechslungsreich. Da das Kartenspiel 20 verschiedene Monstertypen hat und es für jedes davon starke, schwache und durchschnittliche gab, sind es einfach sehr viele Kreationen hier entstanden. Besonders gut gefielen mir die ägyptischen Götterkarten und die verschiedenen Trumpfkarten der 3 Hauptcharakte. Die Musik ist in Ordnung, mir gefällt der deutsche/englische OST um ehrlich zu sein besser als der japanische, da mir dort einfach zu lange Pausen ohne Musik ist und ich finde der englische Soundtrack passt einfach besser zur Atmosphäre.
Negatives: Überdramatisierung und Geschmackssache, es wird einfach nicht jeden ansprechen sich auf eine Welt einzulassen, wo man mithilfe von Karten die Welt retten/zerstören/beherrschen kann. Da die Serie recht lange ist, kann man davon reden, dass viele vorzeitig abbrechen, da das Schema auf Dauer monoton wirken kann. Auch solcher Kitsch wie "Herz der Karten" und "Reich der Schatten" können einfach auf Dauer nerven. Dass die Helden das Kartenspiel so ziemlich immer gewinnen wenns nötig ist, sorgt dafür dass der Ausgang der Duelle meist recht vorhersehbar ist. Mich persönlich störte dass nie so sehr, mehr interessiert hat es mich wie sie gewonnen haben und ganz ehrlich, bei den meisten Fighting-Shounen ist dass doch auch so und da ich Geschichten von Gut und Böse mag, ist das auch nicht schlimm. Aber was schlimm sind, sind die Fehler; Unglaublich viele Fehler, seien es Fehler von Effekten, in der Übersetzung, in den Animationen – der durchschnittliche YGO-Spieler kann einfach erkennen, was in einem Duell falsch gemacht wird, und das kann einfach nerven und den Spaß am Schauen mindern.
Falls ihr meine Meinung zu den verschiedenen Staffeln wissen wollt, öffnet diese Spoiler:
Staffel 1 – Königreich der Duellanten (1-49):
Zweifelsohne die schlechteste Arc, aber wichtig für den späteren Inhalt, zwar gibt es einige Duelle die gut sind, aber das meiste ist eher undurchdacht und viele Regeln machen einfach keinen Sinn. Die Duelle sind hier wirklich nur eine Monstershow und sie fühlen sich hier im Vergleich zu den späteren Staffeln zu langsam an. Die Story ist aber ok, es geht um ein Turnier an dem Yugi teilnehmen muss um seinen Großvater zu retten, Kaiba macht mit um die Macht über seine Firma wiederzuerlangen und später um seinen Bruder zu retten, Joey macht mit um die Augenoperation seiner Schwester zu bezahlen – alles bessere und nachvollziehbarere Gründe als einen Helden zu erschaffen, der nur mitmacht um der beste zu sein (ja ich schaue auf dich Ash Ketchum). auch Pegasus hat mich als Feind vollkommen überzeugt. Viel zu oft wird in dieser Staffel Herz der Karten gesagt, was aber glücklicherweise abnimmt je länger die Serie geht. Die klassischsten Monster wie Exodia, Weißer Drache, Schwarzer Magier und Schwarzer Rotaugen-Drache haben hier alle ihre ersten Auftritte gehabt. Wenn mans heute betrachtet wirkt es einfach veraltet wenn mans aber nicht besser kennt, ist es ok.
Staffel 2 – Battle-City Turnier (50-97):
Deutliche Verbesserung gegenüber der vorherigen Staffel, zum einen weil das Kartenspiel ab hier logischer aufgebaut ist und die ägyptischen Götterkarten eingeführt wurden. Sowohl die Duelle als auch die Handlung sind spannender umgesetzt und der Feind Marik wurde eingeführt. Yami Marik ist einer der bösesten und coolst wirkenden Feinde die es je gegeben hat, seine Stimme, seine Art, sein Deck, seine Fähigkeiten Leute während dem Duell zu quälen. Wenn Yami Marik sich duelliert dann ist man auf eine dramatische Show gefasst. Aber diese Arc endet so dass man die nächste Arc unbedingt sehen muss um eine vollständige Geschichte zu haben.
Staffel 3 (Teil ½) – (Filler) - Die virtuelle Welt (98-121):
Eine willkommene Abwechslung von der ganzen Mystik, eine Arc die komplett in der virtuellen Welt spielt. Mir gefällt es dass in dieser Arc viele der unwichtigeren Charaktere eine wichtigere Rolle bekommen haben, seien es die Feinde (die Big 5) oder Supporter der Helden (Tea, Tristan, Duke, Serenity, Mokuba). Die Geschichte um Kaibas Familie hat mir natürlich auch gefallen, besonders weil er mein Lieblingscharakter ist. Auch gefällt es mir dass der Filler (und zwar jeder Filler der Serie) zeitlich in Reihenfolge mit der Hauptgeschichte funktioniert und sogar gut eingearbeitet wurde. Nicht so wie in Bleach wo sie mitten in einem großen Kampf sind und dann plötzlich 30 Folgen Filler kommen die nichts wirklich mit dem Rest zu tun haben.
Staffel 3 (Teil 2/2) – Battle-City Finalrunden (122-144):
Die längsten und epischsten Duelle der Serie. Die Finalrunden sind einfach nur klasse mitanzusehen, dramatisch und auf einen spannenden Höhepunkt hinausarbeitend, das war die Arc die mich zum Hardcore-Fan des Kartenspiels und der Serie damals gemacht hat. Kartenspiele waren nie vorher und nachher so episch und cool! Meiner Meinung nach der Höhepunkt von YGO insgesamt.
Staffel 4 – (Filler) - Das Siegel von Orichalcos (145-184):
Gute Fortführung, die Geschichte um Atlantis herum hat mir gefallen. Die 3 Drachen die Yugi, Joey und Kaiba bekommen haben fand ich klasse und die Feinde haben wieder mal gute Hintergrundgeschichten bekommen. Was mich allerdings nervte war die Karte vom Siegel des Orichalcos, die war so überpowered und sie wurde in fast jedem Duell ziemlich zu Anfang gerufen.
Staffel 5 (Teil ½) – (Filler) - Grand Championchip-Turnier (185-198):
Hat die Geschichte gut aufgelockert, hier wird mehr auf Humor gesetzt als in den restlichen Staffeln. Keine Mystik, keine Weltherrschaftspläne, nur ein paar harmlose Duelle. Aber nur die Ruhe vor dem Sturm, vor der letzten Staffel die alles abschließt.
Staffel 5 (Teil 2/2) – Die Millenium-Welt (199-224):
Ein absolut hervorragender Abschluss. Die gesamte Vergangenheit des Pharaos, wie die Monster in Steintafeln eingeschlossen wurden, Yami Bakuras Rolle in der Serie, warum Yugi so eine enge Bindung zum Schwarzen Magier und dem Schwarzen Magier-Mädchen hat, warum Kaiba so eine Bindung zum Weißen Drachen hat, all das wird in dieser Staffel erklärt und zwar vollkommen glaubwürdig, ohne große Logiklücken zu hinterlassen. So viele Sachen ergeben plötzlich einen Sinn. Es gibt hier gerade mal 3 richtige Duelle, denn ansonsten wird hier nicht mit Hologrammen gespielt, wir befinden uns im alten Ägypten wo richtige Monster benutzt werden. Es baut auf ein zufriedenstellendes und episches Finale hinaus. Mir gefallen aber die Battle-City-Finalrunden ein bisschen besser wegen der Schlacht der Göttermonster. Trotzdem ein gutes Ende.
Fazit: Yu-Gi-Oh! Duel Monsters finde ich nicht annähernd so schlecht wie es ihm vorgeworfen wird, wenn ich darüber nachdenke wie viele überhypte Animes es gibt, finde ich den hier schon sehr erträglich. Ein Kartenspiel um Konflikte zu lösen ist mal was anderes gewesen als es mit Fäusten, Knarren, Schwertern oder irgendwelchen Ki-Blasts zu machen. Ist die Serie wirklich Werbung für das Kartenspiel? Falsch, es ist umgekehrt, das Kartenspiel kam raus, weil der Anime so erfolgreich war, deswegen stimmen auch viele Regeln der Karten nicht überein mit denen aus der Serie. Ich werde mir diesen Anime mit Sicherheit noch ein paar male in meinem Leben ansehen. Als Gesamtwerk betrachtet bietet es eine in sich geschlossene Geschichte, mit coolen Monstern, coolen Helden und Feinden, einer guten Fantasy-Geschichte und sogar etwas Sci-Fi. Ich habs überhaupt nicht bereut Yu-Gi-Oh! gesehen zu haben und sehe es überhaupt nicht als Zeitverschwendung an (und ihr solltet das auch nicht wenn ihr sie als Kind gesehen habt).