Noir ist eine düstere Action-Serie, die sich am (Sub?)Genre "Film Noir" orientiert und auf einige Stilmittel aus diesem Bereich zurückgreift: Zum Beispiel werdem bereits in der ersten Episode (und auch im gesamten Verlauf der Serie) jede Menge Rückblenden verwendet. Das zugrundelegende Konzept der Serie wirkt sehr stimmig und auch realistisch, was aber nicht so ganz zu den (teilweise überzogenen) Fähigkeiten der Hauptcharaktere passt. Gerade deshalb wird der Serie oft mangelnder Realismus vorgeworfen. Andere Anime-Serien sind aber nicht wirklich realistischer, sondern verzichten auf das realistische Konzept. Anstatt sich über mangelnden Realismus aufzuregen, sollte man sich hier über das tolle Konzept freuen.
StoryDie Geschichte ist mysteriös und interessant, aber sie reicht nicht aus um eine 26-teilige Serie zu füllen, so dass es gerade zu Beginn einige Füllepisoden gibt. Zum Glück ist die Qualität dieser Füllepisoden relativ hoch, weshalb man an der einen oder anderen Episode doch noch etwas Freude haben wird. Besonders gut gelungen ist das Ende der Geschichte und auch die Einleitung.
EinleitungDie Einleitung (also die erste Episode) ist ungewöhnlich, da es in der kompletten Episode nur zwei sprechende Charaktere gibt. Als Zuschauer kann man sich also völlig auf die beiden Hauptcharaktere konzentrieren und wird nicht durch unzählige Nebencharaktere verwirrt/abgelenkt. Weiterhin werden bereits hier Rückblenden eingesetzt, was zwar etwas merkwürdig ist, aber hervorragend zum Stil der Serie passt.
MittelteilIn den ersten Füllepisoden wird zunächst der Alltag von Mireille und Kirika gezeigt. Viele Episoden sind nicht wirklich umwerfend, aber trotzdem ganz nett anzuschauen. Die Doppelepisode mit der Intocabile (
Episode 8 / 9) gehört zu den wirklich guten Füllepisoden, währen die beiden Episoden rund um die "kaltblütige Killerin" meiner Meinung nach zu den schlechtesten Episoden in der kompletten Serie gehören: An manchen Stellen wird zu stark übertrieben und auch die "kaltblütige Killerin" geht schon fast ins lächerliche.
In der fünften Episode gibt es erste Informationen zu "Les Soldats", aber bereits in der dritten Episode wird ein unbekannter Feind angedeutet. In
Episode 10 erscheint zum ersten mal der dritte Hauptcharakter, Chloe. Zu ihr gibt es in
Episode 12 ("Die Killerin") ein paar Infos. Ab ungefähr
Episode 17 wird das Finale der Serie vorbereitet und es folgen ein paar sehr, sehr gute Episoden. Insbesondere haben die Episoden 20, 21, 22 und 24 einige wirklich tolle Szenen zu bieten.
EndeDas Ende rundet die Serie gelungen ab, weshalb die Serie abschließend wirklich als geschlossene Einheit erscheint. Insbesondere der Drehbuchautor hat hier hervorragende Arbeit geleistet. Bestimmte Motive aus der ersten Episode (und auch aus anderen Episoden vom Anfang) werden hier wieder aufgegriffen.
Zum Beispiel erkennt Mireille selbst, dass Kirika bereits damals (also in der ersten Episode) ihre Wunden verbunden hatte, was dann Kirika auch wieder in Episode 26 macht.
Oder auch bestimmte Sätze werden (etwas abgewandelt) wiederverwendet:
Episode 1:
Kirika: "Ich kann Menschen töten, aber warum bin ich nicht traurig?"
Episode 25:
Kirika: "Ich kann Menschen töten und das macht mich traurig" (nachdem sie Chloe getötet hatte)
Episode 25 ist eine unglaublich tragische und emotionale Episode, wodurch sie im völligen Kontrast zu der sonst eher kalten Serie steht. Insbesondere die Szenen in denen Chloe ihre Fassung verliert und Kirika anschreit ("Lügnerin!") sind besonders gelungen. Auch der Moment in dem Chloe stirbt und ein letztes mal leise "Noir" haucht, ist unglaublich gut dargestellt.
Die Frage nach Kirikas wahrer Identität wird am Ende überflüssig: Kirika schließt mit ihrerer Vergangenheit ab ("Ich akzeptiere meine Sünden als Kirika Yumura!") und wollte sich dann eigentlich umbringen, entscheidet sich dann aber doch zusammen mit Mireille weiterzuleben. Ab diesen Moment richtet sie ihre Aufmerksamkeit nicht mehr auf ihre Vergangenheit, die sie in der kompletten Serie verfolgt hatte, sondern auf die Zukunft (wird auch durch das Gespräch zwischen Kirika und Mireille am Ende von Episode 26 angedeutet).
Sehr schön ist auch die Szene in der Mireille und Kirika am Ende von Episode 26 das Gebäude verlassen: Auf die Frage was sie nun machen werden und dem Kommentar "Letztendlich leben wir doch alle in der Dunkelheit" antwortet Mireille: "Und deshalb suchen wir nach dem Licht!" wodurch dem Ende eine wirklich hoffnungsvolle und positive Note verpasst wird.
Die beiden Schüsse am Ende der Serie und die zerbrochene Uhr symbolisieren das Ende des Killerduos Noir und damit auch das Ende der Serie.
AnimationenGenerell wird in der Serie ein ziemlich ruhiger Animationsstil angewendet. Zum Beispiel gibt es sehr viele Kamerafahrten über das Gesicht eines Charakters oder über Landschaftsbilder. Die Charaktere stehen in den Schießereien fast bewegungslos herum und schießen auf ihre Gegner, was aber insgesamt hervorragend zu den stilvollen, ruhigen Animationen passt. Durch Dynamik können die Kämpfe nicht unbedingt überzeugen, aber dafür werden einige geniale Schnitte und auch Kameraeinstellungen eingesetzt. In den späteren Action-Serien von Mashimo und BeeTrain (
Madlax und
El Cazador) wird leider auf diesen Stil fast vollständig verzichtet, so dass nur eine "normale" Action-Serie übrigbleibt.
Ansonsten überzeugen bei den Animationen vor allem die wunderschönen Hintergrundzeichnungen. Die Charakteranimationen variieren von mittelmäßig bis gut, an manchen Stellen fallen aber unschöne Tricks der Animatoren auf um sich Arbeit zu sparen (beim Sprechen die Waffe vor den Mund halten usw.). Auffallend ist das Fehlen von Blut, was nicht nur mit den Regelungen des TV-Senders zusammenhängt, sondern auch stilistische Gründe hat. An wenigen, bestimmten Stellen wird dann doch wieder Blut angedeutet. Fahrende Autos werden nie wirklich gut animiert, denn sie werden oft nur durch vorbeigleitende Scheiben dargestellt. Hier erkennt man sehr schön, dass die Serie noch vollständig ohne Computerunterstützung erstellt wurde. Als letztes ist noch anzumerken, dass Noir die erste Anime-Serie war, die in 16:9 produziert wurde.
MusikDie von
Yuki Kajura komponierte Musik gefiel mir außergewöhnlich gut. Bei ihr ist auffällig, dass sie sehr laut gespielt wird und dadurch stark in den Vordergrund rückt. Wer keinen Gefallen an der Musik findet, wird es deshalb schwer haben großen Gefallen an der Serie zu finden. Kirikas Motiv (das ruhige Lied "Canta per me") und auch das Noir Motiv ("Salva Nos") ziehen sich durch die gesamte Serie. Während "Canta per me" an den verschiedensten Stellen eingesetzt wird, wird "Salva nos" ausschließlich in Kämpfen gespielt. Auch sehr markant ist die Spieluhrmelodie, die später auch noch in zwei abgewandelten Formen benutzt wird: In
Episode 17 ist die Melodie in einer Klavier-Version zu hören und in
Episode 21(?) geht die Klavier-Version in eine Version mit Gesang über. Ab
Episode 20 wird das sehr schöne Lied
Grand Retour immer wieder eingesetzt. Ungewöhnlich ist der Einsatz von
Colloseum: Während die Einleitung des Liedes in
Episode 24 zu hören ist, wird der Rest erst in
Episode 25 gespielt.
Das Opening ist meiner Meinung nach das schlechteste Lied des kompletten Soundtracks (mit den Liedern von "ALI Project" kann ich nicht besonders viel anfangen...). An das Ending habe ich mit der Zeit gewöhnt und mittlerweile gefällt es mir sehr gut.
FazitInsgesamt ist
Noir eine ungewöhnliche und einzigartige Action-Serie, die sehr viel Wert auf Stil(mittel) legt und neben einem wundervollen Soundtrack auch eine sehr schöne Geschichte erzählt. Wer aber eine "normale" Action-Serie erwartet, wird sehr wahrscheinlich von der Serie enttäuscht. Für mich persönlich ist
Noir immer noch eine meiner Lieblingsserien und wahrscheinlich die schönste Action-Serie, die ich bis jetzt gesehen habe. Für Fans von düsteren Action-Serien ist die Serie ein absolutes Muss.
P.S.: Hier ein aktualisiertes, ziemlich ausführliches Review zu Noir. Aber es wird wohl ein Einzelfall bleiben...
Kommentare
Aber das beste ist: diese Serie hat eine handwerklich herausragende Regie (die diese Bezeichnung tatsächlich verdient): ganz im Sinne des titelgebenden Genres des „Film Noir“ werden hier gekonnt alle Stilmittel eingesetzt, die man sonst nur aus aufwendigen Realfilm-Produktionen kennt. Rückblenden; Wechsel der Tiefenschärfe in einer Szene; bewusste Wiederholung von Szenen; lange Einstellungen auf die Augen; Wechsel von Totale und Detail usw. - das ist unglaublich toll gemacht. Und natürlich die Einbindung der Musik, die - wie schon in früheren Kommentaren erwähnt - ein Meisterstück ist.
Ich kann die „Beschwerden“ über einen etwas langsamen Plot zwar nachvollziehen, aber das ist (aus meiner Sicht) genau so gewollt. Hier geht es nicht um die Action an sich, sondern um die Stimmung und Weltsicht der beiden Heldinnen, die beide eine geheimnisvolle Vergangenheit aufarbeiten wollen. Gerade Kirika’s Passivität finde ich sehr gelungen: einerseits weiß sie nicht, wer sie ist, und woher sie kommt, weshalb sie das Leben fast passiv an sich vorüberziehen läßt. Andererseits erledigt sie ihre Jobs mit einer eiskalten Präzision, die genau aus dieser Gefühlstaubheit kommt. Besonders eindrucksvoll und überraschend (wenn man die üblichen Muster von angelsächsischen Filmen gewohnt ist) sieht man das in Folge 6 „Die Katze“.
Das tröstet wohl auch den ein oder anderen Zuschauer über die Tatsache hinweg, dass sich die Handlung so übertrieben in die Länge zieht.
die serie hat einen großen unterschied zu allen anderen animes gefüllt mit cooler Brutalität und toller action fließt in Noir sogut wie gar kein blut.Mireille und Kirika passen ind szene richtig gut rein ,Chloe und Altena verkörpern das anime als auch die Atmosphäre sehr entspannt und doch voller gewalt.Noir ist Noir und kein anderes anime kan es ersetzen.
Der Anime besticht schon durch seinen excellenten OST, der die vorherrschende Melancholie treffend untermalt. Diese Melancholie wird selbst durch die "Action"-Szenen nicht unterbrochen. Damit kann sich dann die Story langsam entwickeln und den Zuschauer in den Bann ziehen.
Fazit: unbedingt ansehen, Suchtpotenzial, hätte noch genug Stoff für eine 2te Staffel, nichts für jemanden der viel Action erwartet.