"Elfen Lied" reiht sich gnadenlos die Serie polarisierender Animes wie
Gantz oder
Naruto ein. Dabei gibt es nur Zwei Extreme: Entweder man hasst sie oder man liebt sie. Unbestreitbar ist allerdings der gigantische Erfolge der Serie. Auf den ersten Blick, ist es bereits die Handlung, die den Zuschauer an den Bildschirm fesselt. Doch auf den Zweiten Blick bemerkt man, dass hier Nichts dem Zufall überlassen wurde.
"Elfen Lied" lebt von der Gegensätzlichkeit des Lebens. Fast alles Existierende hat 2 Seiten. Es ist die Gegensätzlichkeit der Elemente, die die Welt im Gleichgewicht hält. Elfen Lied greift dieses Prinzip auf sehr geschickte Weise auf. Doch dieses weltbestimmende Prinzip allein ist noch lange nicht Alles, was der geniale Anime zu bieten hat.
Die Animationen sind entsprechend dem Budget wie zu erwarten großartig ausgefallen. Die Hintergründe sind hervorragend gefertigt, das Charakterdesign ist stimmig und brilliant ausgeführt und die Bewegungsabläufe sind immer klar, detailliert und flüssig. Dabei beschreitet Elfen Lied in Sachen Stilmittel neue Wege. Was als erstes ins Auge sticht, sind die kindlich wirkenden Figuren, die dann auch mit allem Charme der Niedlichkeit zuschlagen, bevor sie unversehens zerfetzt werden. "Elfen Lied" ist bereits vom Manga aus gegensätzlich gestaltet. Umso erfreulicher ist es, da man dieses Schema in den Animationen noch verstärkte. Insgesamt spielt die OVA sehr gekonnt mit dem bewußt eingesetzten Detailreichtum, denn während bei den ruhigeren Passagen sehr auf Einzelheiten geachtet wurde, setzt man in den Action- und vor allem in den zahlreichen Metzel-Szenen auf tonnenweise einfachere Farbausschüttung, die allerdings sehr von der Farbe Rot dominiert werden. Somit unterstreicht der Anime zu "Elfen Lied" nicht nur die Gegensätzlichkeit der Handlung und der Atmosphäre, sondern bietet durch die schematische Umsetzung der Animationen auch einen auffälligen und gewollten Gegensatz zu anderen bluttriefenden Animes wie
Gantz oder
Sin, wo es sich genau andersrum verhält.
Die audiotechnische Qualität ist leider nur gemäß den heutigen Maßstäben angepasst. Glücklicherweise sind diese inzwischen relativ hoch, so dass wir auch jede Menge gute Umgebungsgeräusche und erstklassige Vertonungen zu hören bekommen. Ein durchaus positiver Aspekt, jedoch auch mit einem weinenden Auge.
Die Musik in "Elfen Lied" zählt sicherlich zu besten Arbeiten, die bislang bei einem Anime geleistet wurden, wenn nicht sogar der beste Soundtrack überhaupt. Schon das wunderschön schwermütige Opening
"Lilium" verzaubert mit klassischen Klängen die Ohren, garniert mit Abstraktionen von Gemälden von Gustav Klimt. Nach dem Opening durchzieht eine ebenfalls klassisch arrangierte und schwermütige Untermalung die komplette Serie. Auf diese Weise erreichen die düsteren und melancholischen Anteile der Atmosphäre eine unglaubliche Intensität. Da wirkt das eher poppige Ending irgendwie fehl am Platz, obwohl es im großen und Ganzen auch nicht weiter stört. Bei witzigen Sequenzen ist gänzlich kaum Musik zu hören, so dass der dargestellte Humor direkt ohne Umschweife auf den Zuschauer wirkt.
Bei der ganzen Vorarbeit ging man bei
der Synchronisation verständlicherweise auch keine Kompromisse ein. Bekannte und erfahrene Sprecher lassen keine Wünsche offen. Dabei hält sich die Synchro immer an die Vorlage und geben keinen Grund zum Meckern.
Notiz am Rande: Elfen Lied hat seinen Titel von dem leicht anzüglichen deutschen Gedicht
"Elfenlied", welches von Eduard Mörike 1828 geschrieben wurde. Die Bezeichnung "Silpelit" stammt auch aus diesem Gedicht. Im Manga wird das Gedicht im 5. Band erwähnt und auch vorgetragen. Allerdings taucht es im Anime nicht auf. Es sei denn . . . vielleicht . . .? (später mehr dazu)
Nun ein paar Worte
zur Atmosphäre. Auch hier fällt "Elfen Lied" ein bißchen aus dem Rahmen. Denn während bei den meisten anderen Animes so eine Art Grundstimmung erkennbar ist, entzieht sich der "Elfen Lied" einer genau Kategorisierung. Grundsätzlich beginnt der Anime scheinbar düster und unheimlich, doch schon setzt wieder dieser komische Pop-Art Eindruck ein, weswegen die dargestellte Gewalt nicht gar so entsetzlich rüber kommt. Beim genauen Betrachten all der Splatter-Szenen werden auch direkte Parallelen zu Realfilmen wie
"Braindead" und
"Return Of The Living Dead" ersichtlich. Wobei wir auch schon beim nächsten Aspekt wären: dem Humor. Ja, es darf durchaus gelacht werden, denn durch die Charaktere und den Handlungsverlauf ergibt sich so manch amüsante Situation. Doch kaum hat man gelacht, wird’s anschließend romantisch, dann wieder tragisch und zum Schluß wieder düster. Um die Riege komplett zu machen gibt`s auch noch einen saftigen Ecchi-Anteil. Oder kurz gesagt: die riesige Vielfalt allein schon in der Atmosphäre machen den Anime um so unterhaltender, da man nie weiß in welche Stimmung "Elfen Lied" nun umschlägt. Die Wechsel gehen dabei auch nicht fließend oder schwimmend von statten, sondern wechseln schlagartig.
Bei näherem Hinsehen erkennt man, dass auch hier das Prinzip der Gegensätzlichkeit eingehalten wurde. Auf Humor folgt Trauer, auf Romantik Tragik und so weiter.
Die Charaktere geizen stellenweise nicht mit Klischees, doch ist diese heftige Ausarbeitung der Charaktere durchaus gewollt. Doch bei allen lassen sich durchaus lebende Menschen als Vorbilder heraus kristallisieren: der Gutmensch, die eifersüchtige Freundin, der zum Verlieren geborene Loser, der cholerische Krieger und und und. Genauso klischeebeladen wie die Figuren an für sich, sind auch ihre vorhersehbaren Handlungen. Doch genau darin liegt die Raffinesse des Animes/Mangas. Man weiß wie sie reagieren und es liegt am Voyeurismus des Zuschauers, dass Denselbigen an den Bildschirm fesselt. Hinzu kommt, dass es für jeden Charakter auch einen Gegencharakter zu geben scheint. So dass auch hier das Prinzip der Gegensätzlichkeit eingehalten wird. Die eigentliche Stärke liegt allerdings in der Darstellung, wie sie sich zu diesen Klischee-Typen entwickelt haben.
Im Mittelpunkt der Atmosphäre sowie der Handlung steht Lucy/Nyu, die praktisch Ying und Yang in einer Person ist und an der dieses Prinzip gnadenlos am stärksten geprägt ist. Dass die Wahl beim Hauptakteur auf eine junge Frau gefallen ist, ist ebenfalls wohl kalkuliert, denn eine Frau beinhaltet nicht nur die Fähigkeit, Leben zu schenken, in ihr kann sich auch eine unglaublich zerstörerische Kraft manifestieren. Durch die Persönlichkeitsspaltung Lucy`s wird dem Ganzen lediglich noch viel mehr Deutlichkeit verliehen. Im einen Moment eine eiskalte, psychopathische und gewaltgeile Zynikerin und im anderen Moment das liebste und aufopfernste Wesen was man sich nur vorstellen kann. Doch ihr Charakter verändert sich mit der Zeit, so dass sie quasi als Dreh- und Angelpunkt die einzige unberechenbare Komponente bleibt.
Die Handlung an für sich geht Hand in Hand mit der Atmosphäre und den Charakteren. Dabei läuft die Story angenehm linear und verzichtet auf zahlreiche Flashbacks, so dass es dem Zuschauer auch stets möglich ist, dem Ganzen zu Folgen. Dabei bleibt die Spannung immer aufrecht, so dass der Unterhaltungswert nie auch nur im Geringsten herabsinkt.
Die berühmt berüchtigte Folge 14 ist mit zwiespältigen Gefühlen zu betrachten. Zum einen ist es sehr erfreulich, dass aufgrund des großen Erfolges eine weitere Episode produziert wurde. Doch damit fängt der Ärger auch schon an. Denn diese Folge enthält offensichtlich Elemente, die eher zur 10. Folge gehören und andererseits welche, die sich der 11. Folge zuordnen lassen. Darum wird besagte Episode auch gerne mal mit der Nummer 10,5 angegeben. Das Problem an der Sache ist nur, dass sich einige Ereignisse nicht mehr linear zum Zeitablauf befinden. Es hat den Anschein, als sei dies nur eine zusammengeschnippselte Episode aus nicht verwendeten Szenen der 10. und 11. Folge.
Beispielsweise Nana`s Aufgaben im Haushalt, die sie in Folge 10 bereits ausübt, obwohl dass erst in der angehängten Episode 14 zur Sprache kam.
Fazit: "Elfen Lied" ist ein ganz großes Muss für jeden Anime-Fan und in meinen Augen ein Meisterwerk ohnegleichen. Die geschickte Inszenierung sowie das Ying und Yang Prinzip sprechen die Zuschauer direkt an. Durch den höllischen Mix aus verschiedenen Bereich, die alle wohl dosiert sind, ergibt sich ein gigantischer Unterhaltungswert. Zudem können wir westlichen Zuschauer uns auch noch geschmeichelt fühlen, denn auffällig ist der offensichtliche leichte Hang zur deutschen Kultur: titelgebend ist das Gedicht
"Elfenlied" von Eduard Mörike, zeichnerischen Anreiz gaben die Gemälde von Gustav Klimt und überdies bekamen alle Episoden auch im japanischen Original deutsche Namen.
Allen denen, die bereits dem Charme und der Einzigartigkeit des Anime verfallen sind, sei noch angeraten den Manga zu lesen, welcher aus 13 Bänden besteht. Dieser ist in Sachen Sex und Gewalt dem Anime sogar noch um einiges Vorraus. Hinzu kommen noch einige zusätzliche Personen, mehr Story-Elemente und zu der physischen Gewalt gesellt sich auch noch eine ordentliche Portion psychische Gewalt hinzu.
An für sich könnte der Anime abgeschlossen sein, doch reicht dieser nur vom 1. bis zum Ende des 6. Bandes. Es fehlen also noch die restlichen 7 Bände. ABER - was mein kleines Gothic-Herz unglaublich mit Freude erfüllt hat - Regisseur Mamoru Kanbe hat bereits verlauten lassen, dass ihn der Erfolg von Elfen Lied unglaublich bewegt hat und sich nach ein paar anderen Werken wieder voll und "gantz" Lucy widmen wird. Denn die Arbeiten an der Fortsetzung haben bereits begonnen . . .