AsaneRedakteur
#1Regen, Regen, immer Regen! will nicht das Geplätscher enden,
Daß ich aus dem Sarge brechen kann, aus diesen Bretterwänden?
[Annette von Droste-Hülshoff]
Zugegeben, eine leichte und seltsam verhangene Melancholie liegt über dem aus drei Staffeln bekannten Dorf und der Asahigaoka-Schule von Ogawa, in der Präfektur Saitama gelegen [Google Maps].
Es regnet. Es schüttet nicht, es nieselt nicht, keine peitschenden Winde, keine prasselnden Fluten, es pladdert einfach nur gemächlich vor sich hin. Regen hat ja durchaus etwas Entspannendes. Als Kind konnte ich mich damals stundenlang selbst damit beschäftigen, am Fenster stehend nach draußen zu schauen, wie es stoisch und unbeirrt vor sich hin plätscherte, gleichförmig und eintönig, und ich fand das interessant und mir war keineswegs langweilig.
Diese Sorte Landregen hat hier die gesamte Region im Griff, und die Kamera vergewissert sich: es regnet tatsächlich überall, und überall gleich. Diese etwas gedrückte Stimmung greift auch auf die Mädchen über, die am Ende ihres Schultages noch mit einer anderen Unannehmlichkeit konfrontiert werden: Shukudai. Es gibt Hausaufgaben! Für die kleine Shiori, die neue Freundin von Renge, die reinste Sensation: Das also ist der ultimative Schrecken der Schule, den sie nur vom Hörensagen kennt, dieses kleine Stück Papier? Geteiltes Leid ist halbes Leid. Außerdem traut sie der ganzen Sache nicht so recht übern Weg, also machen sie sich auf zu Natsumi, um dort die unangenehme Tortur gemeinschaftlich anzugehen. (Meine Güte, wie groß Renge schon geworden ist!)
Natsumi mosert und kneift wie immer, und in solch einer Situation ist die nicht mehr ganz so kleine Renge natürlich in ihrem Element. Renge geht die Angelegenheit logisch an und macht Natsumi fertig mit validen mütterlichen Weisheiten, die man keinesfalls von einer Erstklässlerin hören möchte. Und sie kennt Natsumi gut genug, um zu wissen, daß die Drückebergerin zur Hochform aufläuft, sobald es nichts mehr mit Schule zu tun hat. So auch hier. Das, was Natsumi an physikalischen Berechnungen aufs Blatt zaubert, ist mit normalem menschlichen Verstand nicht mehr zu fassen: Mit der Kraft von 5 Katzen einen Ball im Winkel von 45° werfen. (Das ergibt nach Adam Riese und Isaac Newton 5 Katzen × Pferdekraft [PS] geteilt durch 45° – und das ganze × ein Viertel Pi. Das alles in der Einheit Mach.) Nach SI [WP] schaut das jedenfalls nicht aus. Alles in allem ein schöner, leicht fasslicher Rechengang (und ganz ohne Sinus-Funktion!), hat aber leider nix mit der gestellten Aufgabe zu tun.
Der zweite Teil dieser OVA widmet sich der dreisten Forderung nach einem Schulclub. Natsumi will Badminton spielen, und da ist sie auf die Idee verfallen, das im schulischen Rahmen zu organisieren. Daß die Mittel der Schule und die äußeren Umstände das nicht hergeben, liegt völlig klar auf der Hand; aber der wilde Wuschelkopf zeigt Engagement, also was will man machen …
Nun, man will Kaede damit überfallen, weil sie schon mal, vor langer Zeit, einen Schläger in der Hand gehabt hat. Und angesichts der ungestümen Rasselbande und deren wildem, unkoordiniertem Treiben wird ihr schmerzlich klar, daß sie mit Kindern einfach nicht umgehen kann und ihnen daher früher schon vorsichtshalber aus dem Weg gegangen ist. Mit einer Ausnahme allerdings.
Rückblicke und deren Anlass dazu gehören mit zum besten, was »Non Non Biyori« zu bieten hat. Das bestätigt sich auch hier. Und wie immer sind es die kleinen, wortlosen Szenen und Blicke, die nicht nur dem Zuschauer ans Herz gehen: Renges flehender Blick ist schiere Erpressung. – "Ich kann wohl wirklich nicht gut mit Kindern", lautet ihr desillusioniertes Mantra. Aber alles, jedes Wort und jede Geste, zeugt vom glatten Gegenteil. Beobachtungen wie diese hier sind ebenfalls Teil dessen, was die Welt von »Non Non Biyori« ausmacht. Genauso wie die scheinbar zufällig eingeflochtenen häuslichen Szenen, die vordergründig nichts erzählen, nichts zur Geschichte beisteuern.
Bereichert wird diese OVA nicht nur von der herzigen Shiori, sondern auch von Renges Schwester Hikage, die sich auch mal wieder blicken lässt. Musik gibt es auch, und die ist im Gegensatz zur Serie recht erträglich geraten und begleitet die Szenen stimmungsvoll wie unauffällig.
Noch ist nicht klar, ob der Regen auch Abschied meint, oder ob der Wunsch Natsumis an ihre Freundin in Okinawa "Ich hoffe, wir sehn uns bald wieder" auch auf den Zuschauer gemünzt ist. Wer von diesem Anime nicht genug bekommen kann und sich auf eine sentimental journey begeben will, kann sich ja noch diese kleine Pilgerreise auf Youtube antun.
Daß ich aus dem Sarge brechen kann, aus diesen Bretterwänden?
[Annette von Droste-Hülshoff]
Zugegeben, eine leichte und seltsam verhangene Melancholie liegt über dem aus drei Staffeln bekannten Dorf und der Asahigaoka-Schule von Ogawa, in der Präfektur Saitama gelegen [Google Maps].
Es regnet. Es schüttet nicht, es nieselt nicht, keine peitschenden Winde, keine prasselnden Fluten, es pladdert einfach nur gemächlich vor sich hin. Regen hat ja durchaus etwas Entspannendes. Als Kind konnte ich mich damals stundenlang selbst damit beschäftigen, am Fenster stehend nach draußen zu schauen, wie es stoisch und unbeirrt vor sich hin plätscherte, gleichförmig und eintönig, und ich fand das interessant und mir war keineswegs langweilig.
Diese Sorte Landregen hat hier die gesamte Region im Griff, und die Kamera vergewissert sich: es regnet tatsächlich überall, und überall gleich. Diese etwas gedrückte Stimmung greift auch auf die Mädchen über, die am Ende ihres Schultages noch mit einer anderen Unannehmlichkeit konfrontiert werden: Shukudai. Es gibt Hausaufgaben! Für die kleine Shiori, die neue Freundin von Renge, die reinste Sensation: Das also ist der ultimative Schrecken der Schule, den sie nur vom Hörensagen kennt, dieses kleine Stück Papier? Geteiltes Leid ist halbes Leid. Außerdem traut sie der ganzen Sache nicht so recht übern Weg, also machen sie sich auf zu Natsumi, um dort die unangenehme Tortur gemeinschaftlich anzugehen. (Meine Güte, wie groß Renge schon geworden ist!)
Natsumi mosert und kneift wie immer, und in solch einer Situation ist die nicht mehr ganz so kleine Renge natürlich in ihrem Element. Renge geht die Angelegenheit logisch an und macht Natsumi fertig mit validen mütterlichen Weisheiten, die man keinesfalls von einer Erstklässlerin hören möchte. Und sie kennt Natsumi gut genug, um zu wissen, daß die Drückebergerin zur Hochform aufläuft, sobald es nichts mehr mit Schule zu tun hat. So auch hier. Das, was Natsumi an physikalischen Berechnungen aufs Blatt zaubert, ist mit normalem menschlichen Verstand nicht mehr zu fassen: Mit der Kraft von 5 Katzen einen Ball im Winkel von 45° werfen. (Das ergibt nach Adam Riese und Isaac Newton 5 Katzen × Pferdekraft [PS] geteilt durch 45° – und das ganze × ein Viertel Pi. Das alles in der Einheit Mach.) Nach SI [WP] schaut das jedenfalls nicht aus. Alles in allem ein schöner, leicht fasslicher Rechengang (und ganz ohne Sinus-Funktion!), hat aber leider nix mit der gestellten Aufgabe zu tun.
Der zweite Teil dieser OVA widmet sich der dreisten Forderung nach einem Schulclub. Natsumi will Badminton spielen, und da ist sie auf die Idee verfallen, das im schulischen Rahmen zu organisieren. Daß die Mittel der Schule und die äußeren Umstände das nicht hergeben, liegt völlig klar auf der Hand; aber der wilde Wuschelkopf zeigt Engagement, also was will man machen …
Nun, man will Kaede damit überfallen, weil sie schon mal, vor langer Zeit, einen Schläger in der Hand gehabt hat. Und angesichts der ungestümen Rasselbande und deren wildem, unkoordiniertem Treiben wird ihr schmerzlich klar, daß sie mit Kindern einfach nicht umgehen kann und ihnen daher früher schon vorsichtshalber aus dem Weg gegangen ist. Mit einer Ausnahme allerdings.
Rückblicke und deren Anlass dazu gehören mit zum besten, was »Non Non Biyori« zu bieten hat. Das bestätigt sich auch hier. Und wie immer sind es die kleinen, wortlosen Szenen und Blicke, die nicht nur dem Zuschauer ans Herz gehen: Renges flehender Blick ist schiere Erpressung. – "Ich kann wohl wirklich nicht gut mit Kindern", lautet ihr desillusioniertes Mantra. Aber alles, jedes Wort und jede Geste, zeugt vom glatten Gegenteil. Beobachtungen wie diese hier sind ebenfalls Teil dessen, was die Welt von »Non Non Biyori« ausmacht. Genauso wie die scheinbar zufällig eingeflochtenen häuslichen Szenen, die vordergründig nichts erzählen, nichts zur Geschichte beisteuern.
Bereichert wird diese OVA nicht nur von der herzigen Shiori, sondern auch von Renges Schwester Hikage, die sich auch mal wieder blicken lässt. Musik gibt es auch, und die ist im Gegensatz zur Serie recht erträglich geraten und begleitet die Szenen stimmungsvoll wie unauffällig.
Noch ist nicht klar, ob der Regen auch Abschied meint, oder ob der Wunsch Natsumis an ihre Freundin in Okinawa "Ich hoffe, wir sehn uns bald wieder" auch auf den Zuschauer gemünzt ist. Wer von diesem Anime nicht genug bekommen kann und sich auf eine sentimental journey begeben will, kann sich ja noch diese kleine Pilgerreise auf Youtube antun.
Beitrag wurde zuletzt am 23.04.2024 00:18 geändert.
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