LebboV.I.P.
#1Farmland = WINland!
"Vinland Saga« geht in die zweite Runde und setzt Thorfinns Geschichte fort. Nachdem er es endlich geschafft hatte, Askeladd zu besiegen, wurde Thorfinn als Sklave verkauft und arbeitet nun im Dienste Ketils auf dessen Farm." So lautet die Beschreibung der 2. Staffel von Vinland Saga und so kann man die Staffel durchaus auch zusammenfassen. Nun hört sich die Handlung zunächst nicht besonders vielversprechend und eher nach einer netten Fillerstaffel an, aber wer denkt, dass man hier langweiliges Farmleben serviert bekommt, der wird sich wundern!
Denn: Wer Farmland Saga nicht gesehen hat, hat eine der besten Serien 2023 verpasst!
Oft ist es gar nicht die Handlung, die weit voranschreiten muss, um begeistern zu können. Es ist oft auch die Entwicklung von Figuren hin zu einem Heranreifen von Persönlichkeit und die Suche nach dem inneren Seelenfrieden. Und genau das treibt auch den Hauptcharakter Thorfinn an. Eine Figur, die mich mit seiner kindlichen Naivität und seiner doch eher eindimensionalen Sturheit in der ersten Staffel noch nicht überzeugt und eher genervt hat. Aber in der Fortsetzung kristallisiert sich immer mehr heraus, wie er immer selbstreflektierter, vielschichtiger und tiefgründiger wird. Er muss seine Dämonen der Vergangenheit besiegen und geht damit auch seinen ganz eigenen Weg. Seine Entscheidungen werden nicht jedem Zuschauer gefallen, aber mich hat die Wahl des Autors und die Reise von Thorfinn daher umso mehr beeindruckt. Er ist ein Charakter, für den man sich viel Zeit nimmt und auch nehmen muss. Vielleicht ist er ein Gutmensch und vielleicht ist er ein sehr stiller, mittlerweile deutlich zurückhaltender, Charakter, aber dadurch nicht minder anspruchsvoll. Mich erinnert Thorfinn auch ein wenig an Kenshin Himura aus Rurouni Kenshin, der nach Jahren des Krieges auch den Weg des Friedens wählt und vielleicht gefällt mir der Wandel deswegen auch so gut. Am Ende muss man auf die 24 Episoden zurückblicken und sich vorstellen, wie Thorfinn noch zu Beginn der Staffel war, um zu erkennen, wie gut diese Entwicklung gelungen ist. Dazu gibt es noch weitere bekannte und unbekannte Figuren wie Einar, dessen Zusammentreffen mit Thorfinn mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird, aber auch Arnheid, Ketil, Canute oder Snake sind vielschichtige und teils tragische Figuren. Sie sind oft leidenschaftliche Figuren die von ihren eigenen Taten der Vergangenheit geplagt werden. Allesamt haben ihre eigene Leidensgeschichte und bei manchen wäre sogar noch mehr Potenzial vorhanden bzw. vorhanden gewesen, gerade weil es so erwachsene und gut durchdachte Figuren sind.
Aber neben den abwechslungsreichen Charakteren gibt es einen Aspekt, der für mich die Serie besonders hervorstechen lässt wie die Wikingerschiffe, die aus dem Meer stechen: Man spürt in jeder Folge, wie viel Potenzial und wie viel epische Breite der Manga und somit auch der Anime (noch) zu bieten hat. Man kann es fast greifen, dass hier eine noch viele größere Geschichte steckt. Es ist eine reife Serie und ein Werk, bei dem man zunehmend begreift, dass hier ein stetiger Wandel gezeigt wird, ohne dass sich die Figuren physisch fortbewegen müssen. Daher bietet sie so viel mehr als viele andere Serien, die man sonst so alle paar Monate sieht. So viel mehr Tiefe und so viel mehr Substanz. Und alleine das macht die Serie schon so viel eindringlicher, um sich auch nachhaltig mit ihr zu beschäftigen. Sicherlich gibt es ein paar Schwächen und auch diese Staffel hat ein paar Aussetzer bei den Animationen - leider. Ich hätte mir gewünscht, dass die Staffel auch das Produktionsniveau bekommt, was sie verdient hätte, aber immerhin bleibt es nur bei ein paar vereinzelt negativen Eindrücke. Denn die Qualität der restlichen Inszenierung ist zweifelsohne gut. Der OST ist episch und passt hervorragend zu den ruhigen aber auch lauten Momenten. Die Synchronisation und die Umsetzung des Mangas sind gelungen. Der Anime bietet ruhige Moment und zeigt anschaulich das Alltagsleben auf einer Farm, bei man sogar noch ein wenig dazulernen kann. Und dann spitzt sich die Serie jedoch auch immer mehr zu und es kommt zum unausweichlichen Aufeinandertreffen mit alten Bekannten. Jeder weiß, dass die Handlung genau auf diesen einen Punkt zusteuern wird, aber der Ausgang ist völlig unklar und allein diese Konstellation bietet so viel Brisanz. Aber mich haben die nachdenklichen Szenen genauso begeistern können wie die dramatischen Wendungen zum Ende der Serie. Es wird keineswegs langweilig, weil die Serie immer zwischen der drohenden Gefahr und den kurzen Momenten des Aufatmens und der heilen Farmwelt wandelt - obwohl man zunächst annehmen könnte, dass es hier ein zähes Unterfangen werden könnte mit dem grauen Alltag als Sklaven. Es ist auch dieser Zwiespalt zwischen dieser kleinen Welt auf der Farm und den großen Abenteuern, die hinter oder vor einem liegen. Aber genau diese Einöde und Langeweile stellt sich eben nicht und genau das gefiel mir so gut, dass hier mit den Erwartungen etwas gebrochen wird. Genau so wie einzelne Charaktere auch gebrochene Figuren sind, die sich immer mehr untereinander aber auch dem Zuschauer annähern.
Fazit
Ich rewatche ganz selten Serien komplett. Wenn ich Teile einer Serie erneut gucke, dann sind es oft ganz besonders erinnerungswürdige Folgen. Und bei Vinland Saga verlief es bei mir so, dass ich mir zunächst eine, dann zwei, dann drei Episoden "aufgehoben" habe und irgendwann dann bei fünf oder sechs Folgen angelangt bin, die ich mir nochmals ansehen werde. Alleine das bestätigte mir, wie gut ich diese zweite Staffel fand. Vinland Saga ist wahrlich sagenhaft!
Beitrag wurde zuletzt am 19.06.2023 20:01 geändert.
Kommentare
Leider zu meiner Unfreude hat sich die zweite Staffel um 180° gedreht bzw abgesetzt von dem Abenteuer und der Action.
Es geht kaum noch um Thorfinn und wenn dann wird überwiegend dagestellt wie gebrochen, leer und voller reuer er doch sei.
Diese Staffel baut fast nur noch aufs Drama, Sentimentales-Drama und Action-Drama als Hauptgenre!
In jeder Folge eine neue Geschichte voller Trauer, sodass ich nach 6 Folgen das Gefühl hatte die Geschichte kommt nicht mehr vorran und nach 16 Folgen das Gefühl hatte ich schau mir eine Antisklaven/Antikriegs-serie an.
Als würde man einem mit Gefühlen erschlagen wollen und man ist gezwungen 8 Stunden jmd zuzusehen der sein Gedächnis verloren hätte.
Und vorallem wurmt es mich sowieso schon seit der ersten Folge von Staffel 2 wieso Thorfinn alles für seinen Vater aufgegeben hat aber anscheinend null an den rest seiner Familie denkt -.-
Da ziehen über 4 weitere Jahre zu seinen 11 Jahren ins land und es ist ihm scheiß egal, damn das regt mich auf, genauso wie die in meinen Augen zu krasse Genreverschiebung.
Versteht mich nicht falsch die 2 Staffel ist teilweise gut bzw ok gemacht und ich mag auch Drama ... Jedoch kaum noch mit der ersten Staffel zu vergleichen in meinen Augen.
Mir ist auch bewusst, dass hier versucht wird auf die Menschlichkeit und Weltansichten einzugehen dennoch
kommt es mir vor als wenn es nahezu 2 verschiedene Serien sind was mir persönlich etwas missfällt.
Weshalb ich auch leicht enttäuscht bin.