AcurosV.I.P.
#1Gegen Ende der letzten Staffel äußerte Senkuu den Wunsch, die Ursache für die Versteinerung ausfindig zu machen; genau darauf – und damit auf die nächste Staffel – bereitet »Dr. Stone: Ryuusui« die Zuschauer nun vor, mit einem Spezial, dessen 55 Minuten wie im Fluge vergehen (teilweise im wahrsten Sinne des Wortes). Die typische Dr.-Stone-Genre-Mischung wird auch hier wieder geboten, allerdings in beschleunigter Form; zum Schluss gehen die Dinge schon so zügig vonstatten, dass man den Verdacht bekommt, am Ende wär die Laufzeit knapp geworden.
Zu Beginn erwartet das echte Publikum eine Bühnenshow für das Im-Anime-Publikum. Neben einem marginalen Rückblick soll die Meute vor allem auf das anstehende Vorhaben eingestimmt werden. Mit Erfolg: Alle sind begeistert, ein Schiff soll gebaut werden, doch der Weg wird kein leichter sein. »Dr. Stone« hat schon immer auf völlige Realitätsnähe gepfiffen und hat so manches Vorhaben viel zu leicht gelingen lassen. Dennoch, eine gewisse innere Logik war immer vorhanden, und das ist auch hier nicht anders: Der Plan fürs Schiff ist eine Sache, aber der eigentliche Bau eine ganz andere, zumal diverse Materialien erst hergestellt werden müssen.
Und dann braucht es natürlich einen waschechten Kapitän, der den Kahn auch bis zum Ziel bringt.
Also wird kurzerhand der namensgebende Ryuusui wiedererweckt. Ein Kerl, der in eine unfassbare reiche Familie geboren wurde und das als Taschengeld bekam, was andere ihr Lebtag lang nicht verdienen [1]. Aus Überfluss wurde schnell Langeweile, weshalb er sich mit der Schifffahrt beschäftigte – natürlich auch auf dem eigenen Schiff. Er mag wie ein selbstverliebter Snob wirken (weil er es ist), ist aber nicht komplett realitätsfern. Praktisch sofort begreift er, dass sein Superreichenleben dahin ist, und ergreift die Gelegenheit zum Neuanfang beim Schopfe. Ein echter Geschäftsmann eben – mit reichlich Ahnung: Mindere Qualität bei Holz und potenziellem Segelmaterial fallen direkt auf; auch im weiteren Verlauf hält Ryuusui mit Fachwissen nicht hinterm Berg – und führt beiläufig den Yen wieder ein …
Das soll eins verdeutlichen: Dr. Stone überzeichnet seine Figuren teilweise mit Inbrunst, schießt den Vogel aber kurioserweise nie ab und macht damit aus einer möglichen Schwäche so etwas wie eine Stärke. Die bisherige Umsetzung bemühte sich auch nicht, seine Figuren groß zu vertiefen oder zu entwickeln, und dieses TV-Spezial schon gleich gar nicht. Es gibt für praktisch jeden so viel zu tun, da ist für Charakterisierungsfirlefanz schlichtweg keine Zeit. Auch Ryuusui wird ohne viel Federlesen eingeführt, seine grundlegenden Attribute bekanntgegeben und dann ist gut – mehr braucht’s an der Stelle erst mal nicht.
Dieses Spezial legt beim Thema Humor nochmal einen Zahn zu, wirft mit Absurditäten und gelungenen Pointen förmlich um sich und schafft so den für mich unterhaltsamsten Abschnitt der bisherigen Umsetzung. Die Unterhaltung beschränkt sich jedoch nicht nur darauf: Senkuu hat zwar meist geniale Pläne, aber Kenner der Serie wissen, dass Pläne sich schnell ändern können und dass solche Änderungen mitunter weitere Herausforderungen mit sich bringen können – und damit reichlich Abwechslung in der Erzählung. So einen Fall gibt es hier auch, der aber das kleine Problem dieses Spezials ist: Zu viel Inhalt für zu wenig Zeit. Am Ende wird eine dramatische Begebenheit zwar gerade noch so abgehandelt (immerhin nicht zu überhetzt), aber das eigentliche Problem ist noch nicht gelöst – und dessen Lösung ist lediglich die Grundlage für die Lösung des nächsten. Das Ende wirkt also unvollständig, vorzeitig, doch glücklicherweise zieht’s das Ergebnis nicht allzu weit runter.
Auch optisch überzeugt »Dr. Stone: Ryuusui«, denn zumindest für mein schwaches Auge sind Zeichenstil und Animationsqualität mindestens so gut wie in der Staffel zuvor, die Hintergründe wirken in manchen Szenen sogar einen Hauch detaillierter. Größte Stärke ist die gelungene Inszenierung der reichlich vorhandenen Humoreinlagen, einziges Manko hingegen eine spezielle Gewitterwolke, die offensichtlich per CGI animiert wurde. Zwar sieht sie nun nicht schlecht aus, wirkt aber fast schon wie ein Stilbruch. Musikalisch gibt es wieder flottere, meist optimistische Themen, wenn es ans eifrige und motivierte Umsetzen von Senkuus Plänen geht. Generell kann man dem Spezial (und Dr. Stone im Allgemeinen) attestieren: Die Musik passt praktisch immer, auch in nachdenklicheren Momenten oder solchen, in denen wirklich was auf dem Spiel steht.
Fazit:
Kurzweil vom Feinsten, der – so paradox es klingen mag – etwas mehr Länge gut getan hätte. Jammern auf hohem Niveau bei einem Anime-Spezial, das vor Einfällen fast schon sprüht und somit gegenüber den Vorgängerstaffeln nochmal zulegt.
[1] Im Anime ist die Rede von »hundreds of millions of yen«, allerdings wird nicht erwähnt, ob monatlich. Stand heute wäre 200 Millionen Yen immer noch klar über eine Million Euro.
Updates:
24.07.2023 21:08 – die üblichen Pflichtkorrekturen
Zu Beginn erwartet das echte Publikum eine Bühnenshow für das Im-Anime-Publikum. Neben einem marginalen Rückblick soll die Meute vor allem auf das anstehende Vorhaben eingestimmt werden. Mit Erfolg: Alle sind begeistert, ein Schiff soll gebaut werden, doch der Weg wird kein leichter sein. »Dr. Stone« hat schon immer auf völlige Realitätsnähe gepfiffen und hat so manches Vorhaben viel zu leicht gelingen lassen. Dennoch, eine gewisse innere Logik war immer vorhanden, und das ist auch hier nicht anders: Der Plan fürs Schiff ist eine Sache, aber der eigentliche Bau eine ganz andere, zumal diverse Materialien erst hergestellt werden müssen.
Und dann braucht es natürlich einen waschechten Kapitän, der den Kahn auch bis zum Ziel bringt.
Also wird kurzerhand der namensgebende Ryuusui wiedererweckt. Ein Kerl, der in eine unfassbare reiche Familie geboren wurde und das als Taschengeld bekam, was andere ihr Lebtag lang nicht verdienen [1]. Aus Überfluss wurde schnell Langeweile, weshalb er sich mit der Schifffahrt beschäftigte – natürlich auch auf dem eigenen Schiff. Er mag wie ein selbstverliebter Snob wirken (weil er es ist), ist aber nicht komplett realitätsfern. Praktisch sofort begreift er, dass sein Superreichenleben dahin ist, und ergreift die Gelegenheit zum Neuanfang beim Schopfe. Ein echter Geschäftsmann eben – mit reichlich Ahnung: Mindere Qualität bei Holz und potenziellem Segelmaterial fallen direkt auf; auch im weiteren Verlauf hält Ryuusui mit Fachwissen nicht hinterm Berg – und führt beiläufig den Yen wieder ein …
Das soll eins verdeutlichen: Dr. Stone überzeichnet seine Figuren teilweise mit Inbrunst, schießt den Vogel aber kurioserweise nie ab und macht damit aus einer möglichen Schwäche so etwas wie eine Stärke. Die bisherige Umsetzung bemühte sich auch nicht, seine Figuren groß zu vertiefen oder zu entwickeln, und dieses TV-Spezial schon gleich gar nicht. Es gibt für praktisch jeden so viel zu tun, da ist für Charakterisierungsfirlefanz schlichtweg keine Zeit. Auch Ryuusui wird ohne viel Federlesen eingeführt, seine grundlegenden Attribute bekanntgegeben und dann ist gut – mehr braucht’s an der Stelle erst mal nicht.
Dieses Spezial legt beim Thema Humor nochmal einen Zahn zu, wirft mit Absurditäten und gelungenen Pointen förmlich um sich und schafft so den für mich unterhaltsamsten Abschnitt der bisherigen Umsetzung. Die Unterhaltung beschränkt sich jedoch nicht nur darauf: Senkuu hat zwar meist geniale Pläne, aber Kenner der Serie wissen, dass Pläne sich schnell ändern können und dass solche Änderungen mitunter weitere Herausforderungen mit sich bringen können – und damit reichlich Abwechslung in der Erzählung. So einen Fall gibt es hier auch, der aber das kleine Problem dieses Spezials ist: Zu viel Inhalt für zu wenig Zeit. Am Ende wird eine dramatische Begebenheit zwar gerade noch so abgehandelt (immerhin nicht zu überhetzt), aber das eigentliche Problem ist noch nicht gelöst – und dessen Lösung ist lediglich die Grundlage für die Lösung des nächsten. Das Ende wirkt also unvollständig, vorzeitig, doch glücklicherweise zieht’s das Ergebnis nicht allzu weit runter.
Auch optisch überzeugt »Dr. Stone: Ryuusui«, denn zumindest für mein schwaches Auge sind Zeichenstil und Animationsqualität mindestens so gut wie in der Staffel zuvor, die Hintergründe wirken in manchen Szenen sogar einen Hauch detaillierter. Größte Stärke ist die gelungene Inszenierung der reichlich vorhandenen Humoreinlagen, einziges Manko hingegen eine spezielle Gewitterwolke, die offensichtlich per CGI animiert wurde. Zwar sieht sie nun nicht schlecht aus, wirkt aber fast schon wie ein Stilbruch. Musikalisch gibt es wieder flottere, meist optimistische Themen, wenn es ans eifrige und motivierte Umsetzen von Senkuus Plänen geht. Generell kann man dem Spezial (und Dr. Stone im Allgemeinen) attestieren: Die Musik passt praktisch immer, auch in nachdenklicheren Momenten oder solchen, in denen wirklich was auf dem Spiel steht.
Fazit:
Kurzweil vom Feinsten, der – so paradox es klingen mag – etwas mehr Länge gut getan hätte. Jammern auf hohem Niveau bei einem Anime-Spezial, das vor Einfällen fast schon sprüht und somit gegenüber den Vorgängerstaffeln nochmal zulegt.
[1] Im Anime ist die Rede von »hundreds of millions of yen«, allerdings wird nicht erwähnt, ob monatlich. Stand heute wäre 200 Millionen Yen immer noch klar über eine Million Euro.
Updates:
24.07.2023 21:08 – die üblichen Pflichtkorrekturen
Beitrag wurde zuletzt am 24.07.2023 21:08 geändert.
Kommentare
Die Geschichte ist für mich jetzt nichts neues, da ich sie ja schon aus dem Manga kenne und ich hätte mir auch vorstellen können, dass man diesen Teil auch gut in die neue Staffel hätte einbauen können. Das Schiff ist zum Ende zwar nicht fertig geworden, aber immerhin haben sie den Luftballon fertig bekommen und sind damit auch schon zum Ishigami Dorf geflogen. Jetzt fehlt nur noch das Öl.