SlaughtertripV.I.P.
#1Je seltsamer ein Anime im ersten Moment zu sein scheint, desto mehr Beachtung schenke ich ihm. Im Vergleich zum üblichen Anime-Programm ist »Odd Taxi« sehr wohl seltsam … oder odd, wie der geneigte Englisch liebende Zuseher sagen würde (oder strange oder weird, weil das für manche vielleicht cooler klingt). Der Anime ist sozusagen der Anti-Isekai … eine Großdemonstration gegen süße Mädchen, die Dinge machen … eine Verweigerung von Ecchi … ein Tropen-Boykott. Unabhängig vom Anime-Standard-Repertoire ist »Odd Taxi« einfach nur ein Mystery-Anime … ein großartiger Mystery-Anime.
Erwartet habe ich seltsame Gespräche in einem Taxi; bekommen habe ich vereinzelte seltsame Gespräche in einem Taxi und noch viel, viel mehr. Im Mittelpunkt steht das Walross Hiroshi Odokawa, dessen Haupthandlungsstrang sich mit den Nebenhandlungssträngen aller Nebencharaktere verknüpft, und diese wiederum verknüpfen sich in großen Teilen ebenfalls miteinander, wodurch der Anime ein einziges Spinnennetz an verschiedenen Handlungssträngen ist – mit Odokawa als dicke, fette Spinne in der Mitte … und das, obwohl er ein Walross ist. Ist das nicht odd?
Krimi-like beginnt alles sehr wenig odd, und zwar mit dem Verschwinden einer Oberschülerin. Odokawa ist irgendwie darin verwickelt. Und die anderen Charaktere auch … irgendwie … über zehn Ecken … oder auch gar nicht … wer weiß? Nachdem man alle wichtigen Nebencharaktere kennengelernt hat und die ersten paar Indizien gesammelt wurden, erkennt man die Verzwicktheit des Falls. Alles ist sehr odd. Wie es bei einem richtig guten Krimi so ist, muss man seine Augen offen halten und seine Ohren spitzen, um auch den kleinsten Anhaltspunkt zu erkennen, der sich später vielleicht als ganz großer Anhaltspunkt herausstellen könnte … oder als Irreführung … wer weiß? Und wie es bei einem richtig, richtig guten Krimi der Fall ist, entgehen einem doch immer wieder ein paar Hinweise, und wenn gegen Ende, sobald sich alle Mysterien auflösen, ohne auch nur ein einziges Plot Hole zu hinterlassen, sämtliche Indizien auf den Tisch gelegt werden und der große Ahhh!-Moment einsetzt, greift man sich gerne an die Stirn, denn das sind die Augenblicke, die dem Zuseher ein weiteres Mal die Faszination von Krimis erfahren lassen. Und solange es Animes wie »Odd Taxi« gibt, wird diese Faszination nie abklingen.
Zu viele Informationen können dem Sehgenuss abträglich sein, weshalb ich die verschiedenen Handlungsstränge und die Beschreibung der Charaktere sehr vage halten möchte. Odokawa ist die Verkörperung von trockenem Humor. Diesen zeigt er besonders dann, wenn er mit seinen Kunden im Taxi sitzt. Es ist lange unklar, auf welche Weise er mit der verschwundenen Oberschülerin verknüpft ist, und wenn langsam Licht ins Dunkel kommt, sind es neue Mysterien, welche die Spannung nie abflauen lassen.
Die Nebencharaktere kommen des Öfteren in kleinen Gruppierungen vor. Besonders präsent ist hier die Pop-Idol-Gruppe Mystery Kiss mit der Sängerin Rui Nikaidou, den Backgroundtänzerinnen Yuki Mitsuya und Shiho Ichimura, dem Manager Fuyuki Yamamoto und ihrem allergrößten Fan Shun Imai. Ich glaube, es ist unnötig zu erwähnen, dass alle fünf auf die eine oder andere Weise etwas suspekt erscheinen oder zumindest die Vermutung aufkommen lassen, für die Auflösung des Falls noch wichtig sein zu können. Hier passieren Dinge, die einfach nur … odd sind.
Weitere Gruppierungen sind die Manzai-Duos Homo Sapiens und Bonnou Illumination. Zuerst meint man, dass die eher spezielleren Jokes der Duos (siehe »Boke« und »Tsukkomi« in oben verlinktem Artikel), deren Auftritte man aus dem Radio von Odokawas Taxi hört, nur eine Erweiterung des trockenen Humors sind. Sobald den Stimmen, die übrigens von echten Comedy-Duos stammen, ein Gesicht gegeben wird, deutet sich langsam an, dass auch sie – hauptsächlich Kensuke Shibagaki und Atsuya Baba von Homo Sapiens – ein fester Bestandteil des Animes mit ihrem ganz eigenen Handlungsstrang sind.
Eine etwas kleinere Gruppierung (wenn man das so nennen möchte) gibt es mit den Daimon-Brüdern Kenshirou und Koushirou, die zwar beide Polizisten sind, jedoch nicht verschiedener sein könnten und von denen besonders einer von ihnen nicht die Aura eines »Hüter des Gesetzes« ausstrahlt. Gibt es vielleicht eine Verbindung zu den Verbrechern Dobu, Haruhito Yano und Tougo Sekiguchi bzw. zum Yakuza-Boss Shigeru Kuroda? Wer weiß? Die Oddness ist fortwährend gegeben.
In der Klinik von Dr. Ayumu Gouriki und der Krankenschwester Miho Shirakawa muss ein (scheinbar?) weniger wichtiger Fall als jener der verschwundenen Oberschülerin aufgeklärt werden. Gibt es hier Verbindungen?
Natürlich gibt es hier auch Geschichten von Einzelpersonen, die etwas odd sind und im ersten Moment keinerlei Verbindung zum großen Ganzen erkennen lassen. Episode 4, die sich ausschließlich um Hajime Tanaka dreht, gehört mit zum Besten, was die letzten Monate auf meiner Mattscheibe gelaufen ist.
Um die Mystery bestmöglich auf sich wirken zu lassen, gibt es hier eine BGM, welche den Effekt der größten Überraschungs- und Schockmomente noch zusätzlich verstärkt. Den Blick vom Monitor zu nehmen, ist kaum noch möglich. Dennoch gibt es auch musikalisch Szenen, die einen so überraschend treffen wie Armors Pfeil, z. B. wenn Miho ihrem Hobby Capoeira nachgeht und dabei Rap-Musik gespielt wird, oder – das könnte ein kleiner Spoiler sein – wenn am Anfang der letzten Folge der epischste Moment des Animes einsetzt und eine BGM gespielt wird, die unser Epic-Spezialist Nova Lunaris noch besser beschreiben könnte als ich.
Als die Frühlings-Saison 2021 gestartet war, dachte ich mir schon beim Anblick des Artstyles, dass der Anime nicht zu den am meisten erwarteten Animes der Saison gehören wird. Tiermenschen sind nichts Besonderes, doch hier gibt es keine Klischee-Kawaii-Kemonomimis, und die Zeichnungen der Tiermenschen sowie der Hintergründe heben sich deutlich vom Einheitsbrei ab. Manche würden vielleicht sagen, der Artstyle sei odd. Doch glücklicherweise (ich habe dem Anime die Daumen gedrückt) sind die wenigen Bewertungen im Schnitt sehr hoch. Größtenteils wurden die Leute, die sich »getraut« haben, etwas Seltsames (dieses Mal in Deutsch, denn »Oddes« klingt doof) auszuprobieren, also damit belohnt, etwas wirklich Tolles, Durchdachtes, Spannendes und Mysteriöses gesehen zu haben. Und das ist der Anime auch … und zudem irgendwie odd.
Erwartet habe ich seltsame Gespräche in einem Taxi; bekommen habe ich vereinzelte seltsame Gespräche in einem Taxi und noch viel, viel mehr. Im Mittelpunkt steht das Walross Hiroshi Odokawa, dessen Haupthandlungsstrang sich mit den Nebenhandlungssträngen aller Nebencharaktere verknüpft, und diese wiederum verknüpfen sich in großen Teilen ebenfalls miteinander, wodurch der Anime ein einziges Spinnennetz an verschiedenen Handlungssträngen ist – mit Odokawa als dicke, fette Spinne in der Mitte … und das, obwohl er ein Walross ist. Ist das nicht odd?
Krimi-like beginnt alles sehr wenig odd, und zwar mit dem Verschwinden einer Oberschülerin. Odokawa ist irgendwie darin verwickelt. Und die anderen Charaktere auch … irgendwie … über zehn Ecken … oder auch gar nicht … wer weiß? Nachdem man alle wichtigen Nebencharaktere kennengelernt hat und die ersten paar Indizien gesammelt wurden, erkennt man die Verzwicktheit des Falls. Alles ist sehr odd. Wie es bei einem richtig guten Krimi so ist, muss man seine Augen offen halten und seine Ohren spitzen, um auch den kleinsten Anhaltspunkt zu erkennen, der sich später vielleicht als ganz großer Anhaltspunkt herausstellen könnte … oder als Irreführung … wer weiß? Und wie es bei einem richtig, richtig guten Krimi der Fall ist, entgehen einem doch immer wieder ein paar Hinweise, und wenn gegen Ende, sobald sich alle Mysterien auflösen, ohne auch nur ein einziges Plot Hole zu hinterlassen, sämtliche Indizien auf den Tisch gelegt werden und der große Ahhh!-Moment einsetzt, greift man sich gerne an die Stirn, denn das sind die Augenblicke, die dem Zuseher ein weiteres Mal die Faszination von Krimis erfahren lassen. Und solange es Animes wie »Odd Taxi« gibt, wird diese Faszination nie abklingen.
Zu viele Informationen können dem Sehgenuss abträglich sein, weshalb ich die verschiedenen Handlungsstränge und die Beschreibung der Charaktere sehr vage halten möchte. Odokawa ist die Verkörperung von trockenem Humor. Diesen zeigt er besonders dann, wenn er mit seinen Kunden im Taxi sitzt. Es ist lange unklar, auf welche Weise er mit der verschwundenen Oberschülerin verknüpft ist, und wenn langsam Licht ins Dunkel kommt, sind es neue Mysterien, welche die Spannung nie abflauen lassen.
Die Nebencharaktere kommen des Öfteren in kleinen Gruppierungen vor. Besonders präsent ist hier die Pop-Idol-Gruppe Mystery Kiss mit der Sängerin Rui Nikaidou, den Backgroundtänzerinnen Yuki Mitsuya und Shiho Ichimura, dem Manager Fuyuki Yamamoto und ihrem allergrößten Fan Shun Imai. Ich glaube, es ist unnötig zu erwähnen, dass alle fünf auf die eine oder andere Weise etwas suspekt erscheinen oder zumindest die Vermutung aufkommen lassen, für die Auflösung des Falls noch wichtig sein zu können. Hier passieren Dinge, die einfach nur … odd sind.
Weitere Gruppierungen sind die Manzai-Duos Homo Sapiens und Bonnou Illumination. Zuerst meint man, dass die eher spezielleren Jokes der Duos (siehe »Boke« und »Tsukkomi« in oben verlinktem Artikel), deren Auftritte man aus dem Radio von Odokawas Taxi hört, nur eine Erweiterung des trockenen Humors sind. Sobald den Stimmen, die übrigens von echten Comedy-Duos stammen, ein Gesicht gegeben wird, deutet sich langsam an, dass auch sie – hauptsächlich Kensuke Shibagaki und Atsuya Baba von Homo Sapiens – ein fester Bestandteil des Animes mit ihrem ganz eigenen Handlungsstrang sind.
Eine etwas kleinere Gruppierung (wenn man das so nennen möchte) gibt es mit den Daimon-Brüdern Kenshirou und Koushirou, die zwar beide Polizisten sind, jedoch nicht verschiedener sein könnten und von denen besonders einer von ihnen nicht die Aura eines »Hüter des Gesetzes« ausstrahlt. Gibt es vielleicht eine Verbindung zu den Verbrechern Dobu, Haruhito Yano und Tougo Sekiguchi bzw. zum Yakuza-Boss Shigeru Kuroda? Wer weiß? Die Oddness ist fortwährend gegeben.
In der Klinik von Dr. Ayumu Gouriki und der Krankenschwester Miho Shirakawa muss ein (scheinbar?) weniger wichtiger Fall als jener der verschwundenen Oberschülerin aufgeklärt werden. Gibt es hier Verbindungen?
Natürlich gibt es hier auch Geschichten von Einzelpersonen, die etwas odd sind und im ersten Moment keinerlei Verbindung zum großen Ganzen erkennen lassen. Episode 4, die sich ausschließlich um Hajime Tanaka dreht, gehört mit zum Besten, was die letzten Monate auf meiner Mattscheibe gelaufen ist.
Um die Mystery bestmöglich auf sich wirken zu lassen, gibt es hier eine BGM, welche den Effekt der größten Überraschungs- und Schockmomente noch zusätzlich verstärkt. Den Blick vom Monitor zu nehmen, ist kaum noch möglich. Dennoch gibt es auch musikalisch Szenen, die einen so überraschend treffen wie Armors Pfeil, z. B. wenn Miho ihrem Hobby Capoeira nachgeht und dabei Rap-Musik gespielt wird, oder – das könnte ein kleiner Spoiler sein – wenn am Anfang der letzten Folge der epischste Moment des Animes einsetzt und eine BGM gespielt wird, die unser Epic-Spezialist Nova Lunaris noch besser beschreiben könnte als ich.
Als die Frühlings-Saison 2021 gestartet war, dachte ich mir schon beim Anblick des Artstyles, dass der Anime nicht zu den am meisten erwarteten Animes der Saison gehören wird. Tiermenschen sind nichts Besonderes, doch hier gibt es keine Klischee-Kawaii-Kemonomimis, und die Zeichnungen der Tiermenschen sowie der Hintergründe heben sich deutlich vom Einheitsbrei ab. Manche würden vielleicht sagen, der Artstyle sei odd. Doch glücklicherweise (ich habe dem Anime die Daumen gedrückt) sind die wenigen Bewertungen im Schnitt sehr hoch. Größtenteils wurden die Leute, die sich »getraut« haben, etwas Seltsames (dieses Mal in Deutsch, denn »Oddes« klingt doof) auszuprobieren, also damit belohnt, etwas wirklich Tolles, Durchdachtes, Spannendes und Mysteriöses gesehen zu haben. Und das ist der Anime auch … und zudem irgendwie odd.
Beitrag wurde zuletzt am 20.08.2021 18:05 geändert.
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