Belle (2021)

Ryuu to Sobakasu no Hime / 竜とそばかすの姫

Informationen

Beschreibung

Die 17-jährige Suzu lebt mit ihrem Vater allein auf dem Land, nachdem ihre Mutter vor Jahren gestorben ist. Sie zieht sich immer mehr zurück und meidet sowohl den Kontakt zu ihrem eigenen Vater als auch zu ihren Klassenkameraden. Erst als eine Freundin sie dazu überredet, in die virtuelle Welt »U« einzutauchen, in der jeder neu beginnen kann, ändert sich ihr Leben. Sie wird lebensfroher, öffnet sich und kann endlich wieder ihre Liebe zur Musik ausleben. Unter dem Namen Belle wird sie mit ihrem U-Avatar weltberühmt.

Doch genau wie die reale Welt hat auch die virtuelle Welt ihre Schattenseiten. Als ein User, der bei allen nur als »das Biest« oder »der Drache« bekannt ist, mitten in eines ihrer Konzerte platzt, muss sie mit ansehen, wie er von der angeblichen Sicherheitsabteilung von »U« gejagt wird. Er kann fliehen, doch Suzu ist fasziniert von ihm und möchte ihm unbedingt helfen. So macht sie sich auf die Suche nach ihm …

Anmerkung:
In »Belle« werden Themen wie der kritische Umgang mit den sozialen Medien, Mobbing, Ausgrenzung und persönliches Wachstum angesprochen.
17-year-old Suzu lives alone with her father in the countryside after her mother died years ago. She increasingly isolates herself and avoids contact with both her own father and her classmates. Only when a friend persuades her to immerse herself in the virtual world “U”, where anyone can start anew, does her life change. She becomes more full of life, opens up and can finally live out her love of music again. Under the name Belle, she becomes world famous with her U avatar.

But just like the real world, the virtual world also has its downsides. When a user, known to everyone only as “the beast” or “the dragon”, bursts into the middle of one of her concerts, she has to watch as he is chased by the alleged security department of “U”. He manages to escape, but Suzu is fascinated by him and desperately wants to help him. So she sets out to find him …

Annotation:
In “Belle”, topics such as the critical use of social media, bullying, exclusion and personal growth are being addressed.
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Avatar: Lebbo
V.I.P.
#1
Es ist der 6. Dezember 1992 und es ist der Zeitpunkt gekommen: Ich sitze zum allerersten Mal in einem Kino und vor mir befindet sich eine riesige Leinwand, die ich in all den Jahren danach noch so oft bestaunen werde. Den Moment werde ich niemals vergessen und auch nicht den Film, den ich damals gesehen habe: „Die Schöne und das Biest“. Einer dieser „guten alten“ Disneyfilme, die mich als Kind in ihren Bann gezogen haben und fast 30 Jahre später soll nun also eine „moderne“ Version mit dem Titel Ryuu to Sobakasu no Hime aka Belle aus Japan von Mamoru Hosoda kommen – dachte ich zumindest. Denn mehr war mir damals nicht bekannt, aber der Name des Regisseurs reichte mir schon, um doch sehr gespannt auf den Film zu sein. Denn allen voran Hosoda hat mich in den letzten 10 Jahren immer wieder besonders positiv aber auch durchaus negativ überraschen können und dabei ist eines seiner Werke ist für mich auch ein absolutes Meisterwerk, aber handelt es sich hierbei auch tatsächlich um Ryuu to Sobakasu no Hime?

Wer auf meine Bewertung geachtet hat, wird schnell feststellen, dass dieser Film wohl nicht das besagte Meisterwerk ist. Denn es sind dann doch auch hier die altbekannten Probleme aufgetaucht, die ich in dem einen oder anderen Film von Hosoda schon kritisiere. Aber alles der Reihe nach, denn der Beginn des Film war zunächst sehr verheißungsvoll. In den ersten 15 Minuten bot sich mir nämlich ein durchaus interessanter und cleverer Einstieg ins Thema. Sie bieten einen guten Überblick, um den Großteil der Figuren und deren Lebensumstände näher kennen zu lernen – allen voran der Alltag von Suzu, die in der virtuellen Welt „U“ landet und dort zu einer Sängerin und einem Star namens „Belle“ in den Sozialen Medien wird. Der Weg und der Anstoß dahin wird aber auch durch ein dramatisches Erlebnis begleitet, dass für mich aber eindeutig zu früh im Film schon auftaucht und letztlich auch zu wenig behandelt wird. Daher verliert dieses einschneidende Erlebnis etwas an seiner Wirkung bzw. hätte es als späteres Element eine noch viel stärkere Macht ausüben können.

Es wird dann im weiteren Verlauf auch öfter mal gesungen und jeder der Songs wird dann auch dementsprechend hübsch und farbenfroh dargeboten. Aber dann häufen sich die üblichen Probleme, die so eine Berühmtheit in einer virtuellen Welt mit sich bringt – und nicht nur diese. Denn irgendwann taucht dann Ryuu, das Biest, auf. Unweigerlich gibt es ein fortan einige Szenen, die schon auch an das Original von Disney erinnern, aber mich dennoch nicht überzeugen können. Grundsätzlich wurde ich mit der Figur des Biests nicht warm und fand sie letztlich auch komplett unnötig, weil sie eben auch zu sehr an das Original erinnerte und auf mich dann auch mit ihrer Hintergrundgeschichte zu wenig originell wirkte. Die Geschichte von Ryuu brauchte man in dem Fall auch gar nicht, weil die Situation rund um Suzu aka Bell genug Stoff geboten hätte, um auf all die Probleme – sei es nun Mobbing in der realen aber auch der virtuellen Welt oder auch dieses Versteckspiel rund um eine erschaffene Persönlichkeit oder Probleme mit dem Vater – seinen Fokus z legen. Hier wurde nur nochmal ein weiterer Aspekt hinzugefügt, der unter dem Schlussstrich aber nicht den Zeitaufwand gerechtfertigt hat. Letztlich war dieser Erzählstrang mehr eine Hülle, um dem Film ein weiteres größeres Etikett zu verpassen, das es für mich dann eher sogar negativ behaftet zurückließ.

Grundsätzlich ist die große Frage des Films, ob es diese virtuelle Welt „U“ überhaupt in diesem Film brauchte. Von mir wird die Frage eher verneint. Das ist sicherlich einer der größten Kritikpunkte, die ich an dem Film habe. Denn auch wenn die beiden Welten im starken Kontrast zueinander wirken sollen und es auch tun, ist die virtuelle Welt für mich eben doch zu künstlich, zu bunt und auch zu steril gestaltet worden. Absicht oder nicht - es ist definitiv zu viel CGI, die Figuren sind mir dann doch etwas zu weit weg vom Zuschauer, obwohl alles versucht wird, um dieses Gefühl nicht aufkommen zu lassen. Da hilft auch keine märchenhafte Geschichte, die nebenbei eingestreut wird. Es wirkt nicht rund und auch die Verknüpfung der beiden Welten hat nicht optimal geklappt. Erst am Ende, als man immer weniger unterscheiden kann, welche Welt denn nun eigentlich „besser“ ist, wird es klarer. Das System ist simpel und mittlerweile auch schon in jedem zweiten sogenannten Isekai, in der man in einer „anderen“ Welt mit einer Avatar gewisse Grenzen des realen Lebens überschreiten kann, so praktiziert. Mir ist das zu viel des Guten, zu viel von der virtuellen und zu wenig Platz für die „echte“ Welt, zu viele Stereotypen kommen vor, die man so auch schon oft genug gesehen hat.

Ich mochte viele Dinge an dem Film und das ist auch wichtig zu sagen. Allen voran die Szenen aus dem „realen“, dem echten, Leben haben mich fast immer überzeugt und begeistert. Sei es nun die ländliche Gegend als Ort des Geschehens oder der Alltag in der Schule. Auch das Zusammenspiel mit Suzus bester Freundin hatte witzige Szenen und auch die Verbindung zu Subaru hatte seinen Charme, auch wenn hier viel Potenzial verschenkt wurde. Ebenso ein wenig stiefmütterlich behandelt wurde die Beziehung von Suzu zu ihrem Vater, die dann aber auch in den wenigen Szenen spannend war und für mich auch die beste Szene hatte. Dennoch wäre bei allen männlichen Charakteren noch ein wenig mehr möglich gewesen, aber das musste eben auch den Bildern und den Songs weichen. Suzu ist das Herzstück des Films und das liegt auch an ihrer japanischen Synchronsprecherin, die zum allerersten Mal einen Anime synchronisiert und zudem toll gesungen hat – wow! Das ist übrigens auch bei anderen Charakteren wie Suzus bester Freundin Hiroka der Fall, die lustigerweise von einem Mitglied der Band Yoasobi gesprochen wird. Die machen alle einen frischen und wunderbaren Job. Akustisch ist der Film sowieso eine Wucht, mit all den Songs, dem Soundtrack und auch der Soundkulisse ist Ryuu to Sobaksu no Hime ein tolles Werk gelungen und im Kino sicher nochmal ein ordentliches Stück eindrucksvoller – wie alle Filme von Hosoda. Iwasaki Taisei hat auch bei Kekkai Sensen bewiesen, dass er vielschichtig und auch einen sehr umfangreichen Sound produzieren kann. Auch optisch hat der Film jede Menge zu bieten, auch wenn ich die virtuelle Welt nun viel kritisiert habe, gibt es doch auch hier schöne Momente und die Szenen in der realen Welt sind sehr beeindruckend – gar schon idyillisch. Man merkt, dass hier ein erfahrenes Team dahintersteckt, das auch schon für viele andere Projekte des Regisseurs verantwortlich war und umso mehr Wert auf Details legt.

Fazit
Wohin führt mich das Ganze bei der Bewertung nun? Viele Motive tauchen auch in anderen Filmen Hosodas auf und das hatte ich so erwartet. Wenn ich den Konflikt und die Probleme zwischen realer und virtueller Welt stärker bewerten müsste, lande ich mit meinen Gedanken zwangsläufig bei Summer Wars, das für mich vor vielen Jahren schon eine herbe Enttäuschung war. Auch da war mir der Kontrast zu stark und das klappte zwar etwas besser beim Film Bakemono no Ko, aber auch der hat mich nicht umgehauen. Was mich aber damals umgehauen hat und woran mich Suzu in der realen Welt als Charakter erinnert hat, war z. B. Toki o Kakeru Shoujo, mit dem vieles in Hosodas Karriere auch begann. Und dann gibt es noch den Titel, den ich zunächst nicht genannt habe und zwar Ookami Kodomo no Ame to Yuki. Denn dieser Film schafft es, eben jene unterschiedlichen Welten perfekt miteinander in Einklang zu bringen, auch weil die Charaktere bzw. das Drama ganz nah an den Zuschauer gebracht wird und somit verdient sich der Film meine Höchstwertung. Und Ryuu to Sobakasu liegt bei der Bewertung irgendwo dazwischen – mit den genannten Problemen, die ich immer wieder mit Filmen von Hosoda habe. Ich weiß aber die Machart und die damit verbundenen Stärken seiner Filme auch sehr zu schätzen und die möchte ich hier dieses Mal auch etwas stärker gewichten. Es gibt nämlich tatsächlich auch ein paar Szenen, die ich zu den besten seines Schaffens zählen würde und somit ist Ryuu to Sobakasu no Hime ein durchaus sehenswerter Film und einer der besten Filme von Mamoru Hosoda.
Beitrag wurde zuletzt am 25.01.2022 15:29 geändert.
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Avatar: Asane
Redakteur
#2
Im Grunde ist zu dem Film alles gesagt, was zu sagen ist, speziell von Lebbo in seiner sehr treffenden Besprechung. Aber es bleiben noch ein paar andere Aspekte, auf die ein Blick zu werfen sich lohnt. Außerdem wich die anfängliche Begeisterung während des Film allmählich nüchterner Skepsis, hinterließ nach Ende einen durchaus positiven Gesamteindruck und führte am nächsten Morgen zu der Frage: was zum Teufel hast du da eigentlich gesehen? – Mal schauen, ob die nächsten Absätze etwas Licht in die Sache bringen.

Dieser Film ist ein typischer Hosoda. Wie viele japanische Filme, zerfällt auch dieser (fast) in zwei Teile: den inneren, privaten (uchi) und den äußeren, gesellschaftlichen (soto). Dieser erste Teil, der sich mit Suzu, ihrer familiären Situation, ihrem Freundeskreis und vor allem ihrem Innenleben beschäftigt, ist das Herzstück des Animes, das leider gegenüber der optisch spektakulären Gegenwelt des Virtuellen zurücksteht und definitiv deutlich mehr Screentime vertragen hätte. Denn wenn es um das Thema Familie und deren inneres Geflecht geht, spürt man, wie Hosoda in seinem Element ist und wie geschickt er die Charaktere auszugestalten und zu zeichnen vermag, daß man als Zuschauer mit dem Herzen an ihnen hängt, ohne daß es irgendwo kitschig oder – um den abgedroschenen Begriff auch hier zu strapazieren – generisch wirken würde.

Schade nur, daß die Szenen mit dem Vater so dürftig und dünn gesät sind – selbst den Hund, Suzus treuen, dreibeinigen Begleiter, bekommt man öfter als ihn zu sehen. Wobei der Sinn dahinter sich durchaus erschließt.
Da Suzu jenen dramatischen Vorfall mit der Mutter am reißenden Fluss hautnah miterleben musste und sich in dessen Folge phasenweise stark von ihrem Umfeld abgekapselt hat, bekommt man so einen Begriff davon, wie schwer es ihr fällt, selbst nach vielen Jahren, diese traumatische Begebenheit zu verdauen, allmählich selbst wieder ins Lot zu kommen und überhaupt wieder 'normal' zu werden. Das merkt der Zuschauer nicht erst dann, wenn sie wie aus dem Nichts die Brücke vollkotzt. Was übrigens beeindruckend realitätsnah animiert ist; wie auch gegen Ende des Films man Blut zu sehen bekommt, das tatsächlich auch wie Blut aussieht. Daß dies extra einer Erwähnung bedarf, zeigt ja auch, wie es um das Thema "klischeehafte Abbildung" in Animes bestellt ist.

Suzus beste Freundin und ihr Anker in der Realität ist Hiroka, eine intelligente, IT-affine und leicht sarkastische Person, die allerdings im menschlichen Bereich ein paar Defizite aufweist, wie ihr loses Mundwerk bezeugt, aber dafür "das Herz am rechten Fleck hat", wie man so schön sagt. Sie ist diejenige, die Suzu dazu bringt, sich in die virtuelle Welt von "U" einzubringen, um sich etwas von ihren inneren Zwängen zu befreien, vielleicht etwas mehr zu sich selbst zu finden.

Damit sind wir also bei der Gegenseite angelangt, dem 'soto'. Und natürlich erinnert das stark an die entsprechende Konstellation in "Summer Wars", nur in besser. Also: optisch besser. Der Film versucht mit allen Mitteln, die offene, verführerische Glitzerwelt aufs beeindruckendste zu inszenieren, mit so viel CGI wie nur reinpasst.

Nicht daß das jetzt an sich schlecht wäre; aber es gleitet zu schnell und zu heftig ab ins pädagogische Narrativ der Eskapismuskritik. Das kann man so machen – aber man sollte es nicht gleich drei- oder viermal machen wie hier im gesamten Film, und immer auf die gleiche Art der Vermittlung: allseitige Zustimmung der Community visualisieren in hektisch geschnittenen, schier sich überschlagenden Bildern und Kommentaren, Skepsis und Ablehnung inszenieren in eben dem gleichen Stil, Zuwachs der Follower-Zahlen und virale Verbreitungsgeschwindigkeit ihres Songs in derart rasanten Countern, wie es derzeit nur an den Displays der Zapfsäulen zu beobachten ist.

Große Teile dieser virtuellen Welt wären überhaupt verzichtbar gewesen, ohne daß die Handlung darunter gelitten hätte, denn Hosoda erschafft mit dieser farbenfrohen Ersatzwelt zwar viel Gelegenheit zu unterschwelliger, Plattform-spezifischer Kritik in Sachen Selbstoptimierung und legt den Finger auch in gesellschaftliche Wunden, vermeidet aber jede Aussage zur eigenen, inneren Logik dieses weltumspannenden Netzwerks. Externe Sicherheitskräfte? User ("Drache"), der unerkannt und unkontrolliert von den internen Mechanismen agieren kann? Dazu ein vorbildlich mysteriöses und traumbizarres Schloss als unentdecktes Refugium? Das funktioniert vorn und hinten nicht. Hat es schon damals nicht in »Summer Wars«. Dazu kommt, daß diese ganze Inszenierung des "die Schöne und das Biest"-Motivs sich nicht nur im Nachhinein als völlig überflüssig herausstellt, sondern in der viel zu offensichtlichen Art, wie man sich Disney künstlerisch annähert, auch zu platt und reichlich kitschig gerät. Gesungen wird dabei natürlich auch, aber wenigstens nicht so Musical-mäßig.

Glücklicherweise pflegt Hosoda nicht nur seine Schwächen, sondern auch seine Stärken. Die liegen in den kleinen Dingen, zum Beispiel den Iyashikei-artigen Landschaftsbildern, großartig und betörend, in Verbindung mit gezielt einfachem Charakterdesign, das sich mit diesen Hintergründen auf schwer erklärliche Weise bestens verbindet. Und das nun auch schon seit »Toki o kakeru Shoujo«. Das beste aber – und es ist immer wieder ein Genuss! – liegt in der Darstellung der Charaktere selber, ihrem Innenleben, ihrem lebhaften, sprechenden und doch nie übertriebenen Mienenspiel und ihrer Gestik. Beim weiblichen Personal mehr als beim männlichen. Meist gibt es bei den Werken des Regisseurs auch mindestens eine Szene, die ein wenig Richtung Slapstick driftet, aber ohne daß es peinlich würde. Hier in der Bahnhofsvorhalle als Ort einer arrangierten spontanen Liebeserklärung, deren Besonderheit darin liegt, daß die Kamera fest an einem Fleck montiert scheint und die Charaktere daher gelegentlich aus dem Bild treten.

Aber was wäre ein Animefilm ohne anständiges Drama? Wahrscheinlich wie Bratwurst ohne Senf. Genau dieses Drama, das das Thema familiäre Einsamkeit und Überforderung von der anderen Seite beleuchtet, ist der Grund dafür, daß es diesen ausschweifenden Mittelteil mit dem Drachen braucht. Ein wenig nach dem Brechtschen Prinzip "und man sieht nur die im Lichte, die im Dunkel sieht man nicht".

Den Protagonisten in den Filmen von Hosoda widerfährt im allgemeinen das große Glück, eine starke Gruppe hinter sich zu haben, die alles geben, um den Helden zu unterstützen. So auch Suzu, deren Gesangskolleginnen sich zuerst mit Rat, späterhin mit Tat einbringen, um eine sich anbahnende Tragödie erfolgreich abzuwenden. Ende gut, alles gut. Vor allem deswegen gut, weil an manchen Stellen, alle im echten, wirklichen Leben, nicht alles en détail erklärt wird, sondern einiges auch im Unklaren, Verschwommenen bleiben darf.


Was diesen Film ausmacht, ist nicht so einfach zu fassen. Die Rahmenhandlung ist recht überschaubar, der Erzählstrang (und seine Implikationen) verästelt sich aber in viele einzelne und eigentlich nur lose zusammenhängende Splitter, die mehr als nur eine eindeutige und wahre Aussage zulassen. Und das ist hinsichtlich einer message sehr angenehm zu sehen.
Erstaunlich ist, wie (bzw. daß überhaupt) Suzu aka "Belle" es schafft, mit nur einem einzigen Song eine millionenstarke Anhängerschaft zu gewinnen. Zugegeben, ihre Songs sind eingängig; vielleicht nicht spektakulär, aber originell und emotional. Gut, und mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet. Das gilt auch für die Filmmusik, die mit satter Orchestralik und mitreißender Instrumentation glänzt, aber auch hier nie in Hollywood-Kitsch absauft oder sonstwie peinlich wird. Die übliche fett auftrumpfende Geste während des Abspanns hat man sich verkniffen, und auch das Lied von Suzu passt sehr gut zu der etwas nachdenklicheren Stimmung des Endes.


In Zeiten von Achtsamkeit und allgemeiner Reizempfindlichkeit schiebt auch Anisearch allen denkbaren seelischen Verwundungen einen Riegel vor und warnt im Nachklapp zur Kurzbeschreibung die überbehütet aufgewachsene Generation vorbildlich vor den möglichen Gefahren sozialer Medien.
Möchte man zum vollen Genuss des Films diesen sich im Kino anschauen, empfiehlt es sich, nicht zu weit vorne zu sitzen. Das extrem breite Bildformat könnte nicht nur zu Genickstarre führen, man dürfte sich auch ernstliche Probleme dabei einhandeln, alles wesentliche auf einen Blick zu erfassen.


Falls sich abschließend irgendjemand fragen sollte, wie es kommt, daß trotz aller Einwände die Bewertung dennoch so unverschämt hoch ausgefallen ist, hier die wenig befriedigende Antwort: Der Autor dieser Zeilen hegt eine unsterbliche Schwäche für schüchterne, introvertierte Mädchen mit Sommersprossen.
Beitrag wurde zuletzt am 23.04.2022 14:55 geändert.
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Avatar: Noel#3
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Anime-Kritik „Belle“ (Mamoru Hosoda/Studio Chizu)

Handlung und Setting:

Die junge Chizu hat sich seit dem Verlust ihrer Mutter völlig in sich zurückgezogen und vermeidet den Kontakt zu anderen. Vor allem durch den Einfluss der sozialen Medien gerät sie immer wieder unter Druck, bis sie eines Tages von einer Freundin eingeladen wird, der virtuellen Welt „U“ beizutreten. Anfangs noch skeptisch, wagt sie es und stellt fest, dass sie dort freier sein kann als in der Realität. Zum ersten Mal seit Jahren kann sie wieder ihrer Leidenschaft, dem Singen, nachgehen und wird auf U weltbekannt.
Doch bald merkt sie, dass auch dort Neid und Hass an der Tagesordnung sind und es sich dort nicht unbedingt leichter als in der Realität leben lässt. Vor allem der „Drache“, ein Nutzer, dessen Identität niemand kennt und der von den Leuten hinter U aus dieser Welt verbannt werden soll, zieht negative Reaktionen auf sich.
Suzu jedoch will mehr über ihn wissen und ihm helfen, weshalb sie sich auf die Suche nach ihm macht…

Mit „Belle“ entführt uns Regisseur Mamoru Hosoda in eine nicht allzu ferne Realität, in der die Menschen komplett in eine virtuelle Welt, „U“ genannt, abtauchen können.
Gleich in der Einführung wird diese so beschrieben, dass die Menschen zwar nicht in der Realität von vorne anfangen können, in „U“ aber schon. Damit soll „U“ eine eigene Realität sein, in der den Nutzern keine Grenzen gesetzt sind.
Leider zeigt sich beim Setting allerdings bereits, dass dieses vielmehr als bloße Kulisse dient. Denn die Welt von „U“ wird nur mit dem Nötigsten erklärt. Wir erfahren nichts über die Hintergründe der virtuellen Welt und darüber, wie genau die Technologie funktioniert, die aus dem realen Abbild den Avatar „AS“ für „U“ kreiert. Auch wie diese Welt aufgebaut ist, welche Fähigkeiten die Nutzer dort erlernen/einsetzen können, wie die Gesellschaft aufgebaut ist bleibt unbeleuchtet. Und das, obwohl es eine zweite Realität sein soll, die nicht weniger vielschichtig als die „echte“ Welt ist.

Handlungsaufbau:

Die Geschichte beginnt relativ langsam und wir erhalten einen Einblick in Suzus Alltag und in ihre Probleme. Es wird gezeigt, dass sie einen Verlust erlitten hat und noch immer unter diesem leidet. Aus diesem Grund fallen ihr auch Dinge schwer, die sie mit diesem Verlust assoziiert – wie das Singen.
Als sie in die Welt von U eintaucht, lösen sich ihre Ängste zu einem Teil, kurz darauf wird sie aber mit den Schattenseiten dieser Welt konfrontiert. Doch diese negativen Aspekte bleiben immer sehr oberflächlich und es wirkt eher so, als würde sie vor allem nicht mit den „echten“ Menschen in der Realität umgehen können.
Als ein Nutzer, der von vielen der „Drache“ oder das „Biest“ genannt wird, in eines ihrer Konzerte platzt, fühlt sie sich von ihm angezogen und möchte ihm helfen. So macht sie sich auf die Suche nach ihm, was sie zur Zielscheibe seiner Feinde macht. Auch in der Realität versucht sie mit ihren Freunden herauszufinden, wer das Biest ist und wieso er sich so verhält.

Kontra: Im Verlauf des Filmes springt die Handlung immer öfter zwischen Realität und virtueller Welt hin und her, was mich aufgrund des fehlenden Wissens rund um die Technologie für „U“ etwas verwirrt hat. Das liegt aber nur daran, dass Suzu u.a. teils sowohl in U ist, während sie gleichzeitig in der Realität mit ihren Freunden spricht. Es gab auch Szenen, in denen sie scheinbar im Rennen in „U“ eintaucht, was dann weniger nachvollziehbar ist.

Animationen und Charakterdesign:


Die 2D Animationen sind wie von Studio Chizu gewohnt, tadellos. Sowohl die Hintergründe als auch die Effekte sind nahezu perfekt. Gleiches gilt für das schlichte, aber realistische Charakterdesign.
Anders sieht es leider bei den 3D Animationen und Bildern aus. Hier empfand ich das CGI leider als zu „plastisch“. Viele der Figuren wirken zu abstrakt, was die Gesamtharmonie stört, auch die Bewegungsabläufe wirken teils zu steif und wie auf dem Niveau von vor zehn Jahren. Das soll sicher den Kontrast zur Realität verstärken, stört für mich aber den optischen Gesamteindruck.
Denn vor allem das Charakterdesign von Belle und dem Biest sind sehr gut ausgearbeitet und schön anzusehen, ebenso wie einige der Hintergründe und Gebäude in U. Dahingegen wirken die abstrakten Formen dann wie ein Ausreißer, die sich insbesondere bei den Erscheinungsbildern der U-Nutzer zeigen, die oft einfach nur skurril sind und dem Prinzip der Body-Sharing Technologie des „AS“ widersprechen.

Musik & Synchronsprecher:

Die Musik ist wohl die größte Stärkste des Films. Der ausgezeichnete Soundtrack passt in jeder Szene perfekt zur Stimmung, während die Lieder von Kaho Nakamura Erinnerungen an Disney-Lieder wie „Into the Unknown“ wachrufen, nur dass ihre Songs für mich noch auf einem höheren Niveau sind. Ihre Stimme vermischt mit guten Texten und Rhythmen bringt sowohl Trauer, Schmerz, als auch Freude und Begeisterung für den Zuschauer herüber und bildet gleich ein breites Spektrum an Emotionen ab.
Für mich hätte es daher noch mehr von Belles Gesangseinlagen geben können und weniger bloße Zusammenschnitte ebendieser.

Da ich den Film im japanischen Original gesehen habe, kann ich keinen Bezug zu den englischen oder deutschen Synchronsprechern nehmen.
Im Original jedenfalls waren alle Rollen von professionellen Sprechern besetzt, die nicht passender hätten sein können.


Charaktere:

Insgesamt bleiben doch alle Charaktere ziemlich blass. Allen voran Suzu.
Einerseits soll es erscheinen, als ob sie noch unter dem Verlust ihrer Mutter leidet, andererseits zeigt sich das fast nur dadurch, dass sie nicht singen kann.
Ansonsten meidet sie andere nur und agiert anfangs sehr teilnahmslos. Hier haben mir Emotionen wie Wut gefehlt, vor allem wenn Leute zu Unrecht ihre tote Mutter schlechtreden o.ä.
Suzu verhielt sich teils auch gegensätzlich. Mal konnte sie kaum mit jemanden reden, dann war es ihr wieder möglich, ganz normale Gespräche zu führen. Während sie sich immer schneller in U einlebt, öffnet sie sich zwar auch im echten Leben anderen gegenüber, aber mir schien es, als könnte sie ihre Komplexe und Ängste einfach zu schnell ablegen (oder als wären sie nicht echt).

Auch Beziehungen der Charaktere untereinander bleiben sehr platonisch. Man erfährt so gut wie nichts über die gemeinsame Vergangenheit von ihnen, ihre Beweggründe, ihre Gefühle füreinander…
So will Suzus Kindheitsfreund Shinobu sie noch immer beschützen, warum genau, erfahren wir nicht. Allgemein wirkt er nicht einmal so, als würde er tatsächliche Sorge für sie empfinden. Wie die meisten Charaktere bleibt er kühl und scheint nur den Zweck zu erfüllen, die Handlung voranzutreiben.
Ähnlich ist es mit Suzus (scheinbar bester?) Freundin, die sie mit U in Kontakt gebracht hat und ihre Auftritte dort koordiniert. Mit ihrem Faible für Technologie erklärt sich diese Tat schon von allein, denn es fehlt bei den Interaktionen mit Suzu einfach an zwischenmenschlichen Gefühlen.
Zwar wurden noch einige interessantere Nebencharaktere eingeführt, aber am Ende überschlägt sich die Handlung fast und es wirkt unglaubwürdig, wie schnell einige Charaktere zueinander finden.

Fazit:

In „Belle“ gibt es sehr viele Thematiken und Probleme, die angeschnitten werden. Von den Risiken der sozialen Medien und der ständigen Vernetztheit über Missbrauch und Mobbing bis hin zu gesellschaftlichen Problemen. Allerding bleibt es dabei – jedes Thema wird nur kurz in den Raum geworfen, es sind schlichtweg zu viele für den Film.
Daneben wechselt die Handlung zwischen actionreichen Szenen in U und den Dramen in der Realität, ohne dass die Beweggründe der Figuren immer nachvollziehbar sind.
Insgesamt finde ich es schade, dass die Welt von „U“ schlussendlich nur eine Kulisse für ein Alltagsdrama bleibt. Für dieses hätte man auf die Einführung der VR verzichten können, denn so fühlt sich der Film bis zum Ende unvollständig an.
Beitrag wurde zuletzt am 30.01.2022 21:01 geändert.
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Kommentare

Avatar: Star Soldier#1
Wer Interesse hat ich habe das US Steelbook in unsere Kleinanzeigen gestellt.
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Avatar: Revan Ibn-La'Ahad#2
So, heute konnte ich mir die Vorstellung im Kino endlich anschauen.

Was ich etwas verwunderlich finde, ist dass einem bei OmU hier englische Untertitel vorgesetzt werden. 🤔
Mich stört das zwar nicht, davon stand meine ich aber nichts in der Beschreibung und eigentlich hätte man deutsche Untertitel erwartet.....
Ich meine, deutsche Synchro haben sie ja hingekriegt....

Eine sehr schöne Geschichte, tolle Optik und schöne Musik. Der Regisseur zeigt mal wieder was er kann.

Auch wenn es auf "die Schöne und das Biest" basiert, geht es hier hauptsächlich ja um Suzu / Belle.
Das Biest ist eher ein Support Charakter, weshalb die "Love-Story" etwas zusammengeschustert und knapp erzählt wirkt.
Ist bei Filmen aber generell ja nichts neues.

Hat mir sehr schön gefallen, davon gerne mehr in deutschen Kinos. 😊
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Avatar: SimSim#3
Ich hab Szenen aus dem Film in einem AMV gesehen und liebe es einfach wie man sofort den Regisseur erkennen kann 😆
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