AsaneRedakteur
#1Zunächst einmal muss man sich an die eigenwillige Optik gewöhnen, speziell was das Charakterdesign angeht. Nicht dass es schlecht wäre, aber es lenkt die Aufmerksamkeit weg von der Handlung hin zu der irritierenden Gestaltung der Augen und der Lippen.
Ist man darüber erstmal hinweg, erinnert man sich vielleicht, gerade Nozomi Onda gesehen zu haben, wie sie sich in einem Umkleideraum die Haare abschneidet. Dieses Detail sollte man im Hinterkopf behalten, sonst versteht man eine gewisse Szene nicht, die sich während der Halbzeitpause des entscheidenden Spiels am Ende des Films ereignet.
Nozomi ist Fußballerin mit Leib und Seele. Eine begnadete Technikerin, die jedoch mangels alternativer Möglichkeiten bei den Jungs mitspielt. Bisher ging das ja auch immer gut, aber seit mit Beginn der Pubertät sich die Jungs körperlich enorm entwickelt haben, wird das zusehends zum Problem. Zu allererst für ihren Trainer, denn da sie körperlich nicht so gut gegenhalten kann, häufen sich die Verletzungen, und der Trainer weigert sich, sie weiterhin bei Turnieren spielen zu lassen. Nicht weil er ihr Talent nicht erkennt, sondern eben weil er es erkennt und sie vor Schlimmerem bewahren will.
Das ist grob der Rahmen der Handlung, das Gerüst des Filmes, der die Vorgeschichte der Serie erzählt, als Nozomi noch auf die Mittelschule ging. Hier wird also ihre bisherige Fußballkarriere nachgezeichnet, und das auf angenehm andere Weise, als das sonst im Ganbatte-Milieu der Fall ist. Auffällig ist der hohe Anteil an Charakterentwicklung mit einem hohen Anteil an Rückblenden bis zurück ins Kindergartenalter, was oft im Verlauf eines Matches stattfindet. Was aber gar nicht mal so stört, denn diese Matches sind nicht immer die Ereignisse, die eine Handlung oder Entwicklung vorantreiben, sondern dienen gern als Folie zur Vertiefung ihrer Persönlichkeit sowie ihrem Verhältnis zu anderen. Insbesondere zu Yasuaki Tani, zu Grundschulzeiten eine Heulsuse und eher ein Muttersöhnchen, der sich aber stark entwickelt hat; nicht nur daß er ihr nicht mehr nur bis zur Schulter reicht, er ist mittlerweile gut einen Kopf größer als sie, geht auf eine andere Schule und hat zudem auch fußballtechnisch enorme Fortschritte gemacht. Ein paar arrogante Bemerkungen reichen da allemal aus, um in Nozomi den unbedingten Willen aufkeimen zu lassen, gegen den da unter keinen Umständen verlieren zu wollen.
Dennoch geht der Filme (wie auch die Serie) etwas andere Wege. Nicht das Ganbatte steht im Mittelpunkt, sondern die Charakterentwicklung. Nicht das "Wir müssen unbedingt gewinnen, sonst ist alles aus", sondern Spielaufteilung, Taktik, sich auf den Gegner einstellen. Deswegen fehlt diesbezüglich die Verbissenheit wie bei anderen Sport-Animes, und man staunt als Zuschauer, wenn der Trainer beim entscheidenden Spiel die Anweisung gibt: "Geht einfach raus aufs Feld und habt euren Spaß!"
Den hat dann auch der Zuschauer, zumindest über längere Strecken, denn hier kommt immerhin ansatzweise die besondere Dynamik des Fußballspiels rüber – wenn auch nicht immer sonderlich glaubwürdig, was die Fertigkeiten der Schüler und den Spielaufbau betrifft –, und man kann den Spielverlauf quasi live miterleben, auch wenn es dann und wann ausschaut wie auf der PlayStation.
Damit mal zu dem schönen Punkt CGI. Na klar, man hat es bei praktisch allem, was sich bewegen kann; aber man hat es auch schon viel schlechter gesehen. Hier sind die Ballbewegungen endlich mal halbwegs nah an der Realität, wobei das Unnatürliche, das Künstliche der Bewegung einen gerade da anspringt, wo unregelmäßge Beschleunigungen im Spiel sind. Aber angesichts der positiven Seiten kann man das wohl verknusen. Und auch, was die Mittelschüler(!) so an Balltechnik und taktischer Übersicht aufs Feld zaubern, dürfte eher auf Hochschulniveau liegen. Das trifft besonders auf unsere Heldin zu, die da kurz mal ein Solo hinlegt, das an jenes legendäre Tor von Maradona bei der WM 1986 erinnert, wo er die halbe englische Abwehr nass gemacht hat. Was aber Nozomi betrifft, so braucht es schon einen heftigen Tritt auf ihren Fuß, bis sie begreift, was mannschaftsdienliches Verhalten ist und daß es für ein erfolgreiches Spiel mehr braucht als nur einen Star, der vorne die Dinger reinmacht.
Flashbacks während eines intensiven Spiels gehören natürlich auch zum guten Ton bei Ganbatte. Plus tonnenweise innere Monologe. Hier aber nervt es nicht so sehr, erstens weil s.o. und zweitens weil so eine subjektive Zeitempfindung vermittelt wird. Wie bei einem plötzlich auftretenden, gefährlichen Ereignis, das man selbst wie in Zeitlupe ablaufend wahrnimmt. Bei so einigen entscheidenden Spielsituationen hat man davon Gebrauch gemacht – und für mein Empfinden waren das ein paar zu viel.
Als sehr angenehm empfand ich auch den eher trockenen, ein wenig kindlichen Humor, der nie übertrieben wirkt und sich in zurückhaltend inszenierten Situationen ausdrückt wie beispielsweise den verschiedenen (und vergeblichen) Versuchen, ihren Trainer und Sportlehrer zu bestechen, sie doch noch ins Team aufzunehmen. Und was ich selbst dem Film nicht hoch genug anrechenen kann: der Verzicht auf Chibis.
Demgegenüber gibt es auch etliche Schwächen, in der Dramaturgie, im Visuellen und allgemein bei der Glaubwürdigkeit der Charaktere. Aber angesichts dessen, was der Film anders (und besser!) macht als so manch anderer Vertreter seines Genres, fällt das nicht so sehr ins Gewicht. Schon daß bei der Fülle der Charaktere die Story so aufgezogen worden ist, daß man sich alle auf Anhieb merken kann, ist eine reife Leistung.
Von der Musik ist nicht viel hängen geblieben, bis auf den Umstand, daß hier ein Insertsong plaziert wird, der tatsächlich passend sich aus der Situation ergibt und nicht aufgesetzt wirkt. Da hatte ich in der letzten Zeit schon ganz andere Katastrophen erlebt.
Mit zum Schönsten gehört allerdings, wie bestimmte Einzelheiten und Szenen nicht nur mit der Vergangenheit verknüpft werden, sondern auch mit der Zukunft, also mit der Serie, die die Oberschulzeit von Nozomi zum Thema hat. Als eine der letzten Szenen nämlich sieht man den Bruder von Nozomi, Junpei, gefesselt am Boden liegen als das Werk seines Schwesterchens, das sich in der Halbzeitpause skrupellos seines Trikots bemächtigt hat (als die anderen schon wieder auf den Platz waren) und über den nun Sumire und Midori stolpern, die später in der Serie im Mittelpunkt stehen werden. In nur ein, zwei Sätzen offenbart sich hier schon eine Kaltschnäuzigkeit der beiden, die sie auch auf dem Platz auszeichnen wird: "Ich mach erstmal ein Foto."
So schlägt der Film den Bogen zurück zum Anfang und sorgt für ein rundes Ende, obwohl kaum ein Handlungsstrang zu Ende geführt ist. Oder zumindest nicht so, wie man es erwartet hätte.
[Edit]
The title refers to German footballer and manager Dettmar Cramer
[Wikipedia]
Als Berater der japanischen Trainer hatte Cramer eine Schlüsselposition beim bis dahin größten Erfolg der japanischen Fußballnationalmannschaft, der Bronzemedaille bei den 19. Olympischen Spielen in Mexiko, bei denen Japan den Gastgeber Mexiko im Spiel um den dritten Platz mit 2:0 besiegte, inne. In Japan gilt Cramer bis heute als Begründer des modernen Fußballs. 2005 wurde er in einer ersten Gruppe in die japanische Fußball-Ruhmeshalle aufgenommen. Bis in die 2000er-Jahre ging er auch regelmäßig auf Vortragsreisen in das Land.
[Wikipedia]
Ist man darüber erstmal hinweg, erinnert man sich vielleicht, gerade Nozomi Onda gesehen zu haben, wie sie sich in einem Umkleideraum die Haare abschneidet. Dieses Detail sollte man im Hinterkopf behalten, sonst versteht man eine gewisse Szene nicht, die sich während der Halbzeitpause des entscheidenden Spiels am Ende des Films ereignet.
Nozomi ist Fußballerin mit Leib und Seele. Eine begnadete Technikerin, die jedoch mangels alternativer Möglichkeiten bei den Jungs mitspielt. Bisher ging das ja auch immer gut, aber seit mit Beginn der Pubertät sich die Jungs körperlich enorm entwickelt haben, wird das zusehends zum Problem. Zu allererst für ihren Trainer, denn da sie körperlich nicht so gut gegenhalten kann, häufen sich die Verletzungen, und der Trainer weigert sich, sie weiterhin bei Turnieren spielen zu lassen. Nicht weil er ihr Talent nicht erkennt, sondern eben weil er es erkennt und sie vor Schlimmerem bewahren will.
Das ist grob der Rahmen der Handlung, das Gerüst des Filmes, der die Vorgeschichte der Serie erzählt, als Nozomi noch auf die Mittelschule ging. Hier wird also ihre bisherige Fußballkarriere nachgezeichnet, und das auf angenehm andere Weise, als das sonst im Ganbatte-Milieu der Fall ist. Auffällig ist der hohe Anteil an Charakterentwicklung mit einem hohen Anteil an Rückblenden bis zurück ins Kindergartenalter, was oft im Verlauf eines Matches stattfindet. Was aber gar nicht mal so stört, denn diese Matches sind nicht immer die Ereignisse, die eine Handlung oder Entwicklung vorantreiben, sondern dienen gern als Folie zur Vertiefung ihrer Persönlichkeit sowie ihrem Verhältnis zu anderen. Insbesondere zu Yasuaki Tani, zu Grundschulzeiten eine Heulsuse und eher ein Muttersöhnchen, der sich aber stark entwickelt hat; nicht nur daß er ihr nicht mehr nur bis zur Schulter reicht, er ist mittlerweile gut einen Kopf größer als sie, geht auf eine andere Schule und hat zudem auch fußballtechnisch enorme Fortschritte gemacht. Ein paar arrogante Bemerkungen reichen da allemal aus, um in Nozomi den unbedingten Willen aufkeimen zu lassen, gegen den da unter keinen Umständen verlieren zu wollen.
Dennoch geht der Filme (wie auch die Serie) etwas andere Wege. Nicht das Ganbatte steht im Mittelpunkt, sondern die Charakterentwicklung. Nicht das "Wir müssen unbedingt gewinnen, sonst ist alles aus", sondern Spielaufteilung, Taktik, sich auf den Gegner einstellen. Deswegen fehlt diesbezüglich die Verbissenheit wie bei anderen Sport-Animes, und man staunt als Zuschauer, wenn der Trainer beim entscheidenden Spiel die Anweisung gibt: "Geht einfach raus aufs Feld und habt euren Spaß!"
Den hat dann auch der Zuschauer, zumindest über längere Strecken, denn hier kommt immerhin ansatzweise die besondere Dynamik des Fußballspiels rüber – wenn auch nicht immer sonderlich glaubwürdig, was die Fertigkeiten der Schüler und den Spielaufbau betrifft –, und man kann den Spielverlauf quasi live miterleben, auch wenn es dann und wann ausschaut wie auf der PlayStation.
Damit mal zu dem schönen Punkt CGI. Na klar, man hat es bei praktisch allem, was sich bewegen kann; aber man hat es auch schon viel schlechter gesehen. Hier sind die Ballbewegungen endlich mal halbwegs nah an der Realität, wobei das Unnatürliche, das Künstliche der Bewegung einen gerade da anspringt, wo unregelmäßge Beschleunigungen im Spiel sind. Aber angesichts der positiven Seiten kann man das wohl verknusen. Und auch, was die Mittelschüler(!) so an Balltechnik und taktischer Übersicht aufs Feld zaubern, dürfte eher auf Hochschulniveau liegen. Das trifft besonders auf unsere Heldin zu, die da kurz mal ein Solo hinlegt, das an jenes legendäre Tor von Maradona bei der WM 1986 erinnert, wo er die halbe englische Abwehr nass gemacht hat. Was aber Nozomi betrifft, so braucht es schon einen heftigen Tritt auf ihren Fuß, bis sie begreift, was mannschaftsdienliches Verhalten ist und daß es für ein erfolgreiches Spiel mehr braucht als nur einen Star, der vorne die Dinger reinmacht.
Flashbacks während eines intensiven Spiels gehören natürlich auch zum guten Ton bei Ganbatte. Plus tonnenweise innere Monologe. Hier aber nervt es nicht so sehr, erstens weil s.o. und zweitens weil so eine subjektive Zeitempfindung vermittelt wird. Wie bei einem plötzlich auftretenden, gefährlichen Ereignis, das man selbst wie in Zeitlupe ablaufend wahrnimmt. Bei so einigen entscheidenden Spielsituationen hat man davon Gebrauch gemacht – und für mein Empfinden waren das ein paar zu viel.
Als sehr angenehm empfand ich auch den eher trockenen, ein wenig kindlichen Humor, der nie übertrieben wirkt und sich in zurückhaltend inszenierten Situationen ausdrückt wie beispielsweise den verschiedenen (und vergeblichen) Versuchen, ihren Trainer und Sportlehrer zu bestechen, sie doch noch ins Team aufzunehmen. Und was ich selbst dem Film nicht hoch genug anrechenen kann: der Verzicht auf Chibis.
Demgegenüber gibt es auch etliche Schwächen, in der Dramaturgie, im Visuellen und allgemein bei der Glaubwürdigkeit der Charaktere. Aber angesichts dessen, was der Film anders (und besser!) macht als so manch anderer Vertreter seines Genres, fällt das nicht so sehr ins Gewicht. Schon daß bei der Fülle der Charaktere die Story so aufgezogen worden ist, daß man sich alle auf Anhieb merken kann, ist eine reife Leistung.
Von der Musik ist nicht viel hängen geblieben, bis auf den Umstand, daß hier ein Insertsong plaziert wird, der tatsächlich passend sich aus der Situation ergibt und nicht aufgesetzt wirkt. Da hatte ich in der letzten Zeit schon ganz andere Katastrophen erlebt.
Mit zum Schönsten gehört allerdings, wie bestimmte Einzelheiten und Szenen nicht nur mit der Vergangenheit verknüpft werden, sondern auch mit der Zukunft, also mit der Serie, die die Oberschulzeit von Nozomi zum Thema hat. Als eine der letzten Szenen nämlich sieht man den Bruder von Nozomi, Junpei, gefesselt am Boden liegen als das Werk seines Schwesterchens, das sich in der Halbzeitpause skrupellos seines Trikots bemächtigt hat (als die anderen schon wieder auf den Platz waren) und über den nun Sumire und Midori stolpern, die später in der Serie im Mittelpunkt stehen werden. In nur ein, zwei Sätzen offenbart sich hier schon eine Kaltschnäuzigkeit der beiden, die sie auch auf dem Platz auszeichnen wird: "Ich mach erstmal ein Foto."
So schlägt der Film den Bogen zurück zum Anfang und sorgt für ein rundes Ende, obwohl kaum ein Handlungsstrang zu Ende geführt ist. Oder zumindest nicht so, wie man es erwartet hätte.
[Edit]
The title refers to German footballer and manager Dettmar Cramer
[Wikipedia]
Als Berater der japanischen Trainer hatte Cramer eine Schlüsselposition beim bis dahin größten Erfolg der japanischen Fußballnationalmannschaft, der Bronzemedaille bei den 19. Olympischen Spielen in Mexiko, bei denen Japan den Gastgeber Mexiko im Spiel um den dritten Platz mit 2:0 besiegte, inne. In Japan gilt Cramer bis heute als Begründer des modernen Fußballs. 2005 wurde er in einer ersten Gruppe in die japanische Fußball-Ruhmeshalle aufgenommen. Bis in die 2000er-Jahre ging er auch regelmäßig auf Vortragsreisen in das Land.
[Wikipedia]
Beitrag wurde zuletzt am 20.08.2021 15:25 geändert.
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