"Hört her! Nachdem der Fürst dieses Geschenk genossen hat, sollt ihr ebenfalls davon kosten."
Mit diesen Worten wird die Vergewaltigung des frommen Bauernmädchens Jeanne eingeläutet und dies bleibt mit Sicherheit nicht die einzige Szene von "Die Tragödie der Belladonna", die sich in die Erinnerung des empörten Zuschauers brennen wird.
Ähnlich empört waren sicher auch die Kritiker gewesen, als der Film 1973 auf der Berlinale präsentiert wurde. Doch ist es angemessen diesen Film, produziert von Animationskoryphäe Eiichi Yamamoto, der unter anderem für die Anime-Versionen von Osamu Tezukas "Astro Boy" und "Kimba, der weiße Löwe" verantwortlich war, allein auf die schockierende Wirkung seiner Bilder reduzieren?
Die Geschichte beginnt im mittelalterlichen Frankreich mit dem Glück der Bauern Jeanne und Jean, die sich ewige Treue geschworen haben und nun den Bund fürs Leben schließen wollen. Die Willkür des Fürsten jedoch weiß dies zu verhindern und lässt das keuche Mädchen von seinen Untertanen vergewaltigen. Machtlos muss ihr Mann Jean dabei zusehen, bevor er in den Kerker geworfen wird. Trotz alledem kehrt nach kurzer Zeit wieder "Normalität" in das Leben der beiden ein, zumindest solange bis Hunger und die hohen Steuern die Dorfbewohner in die Knie zwingen. In ihrer Not wird Jeanne von einem Phallus mit rattenähnlichem Körper aufgesucht, der sich im späteren Verlauf der Geschichte als der Teufel entpuppt und versucht Jeanne zu seiner Gemahlin zu machen, sie nun aber erst wieder neuen Lebensmut finden lässt. Ein sozialer Aufstieg endet erneut in einer schrecklichem Katastrophe und letztlich fällt Jeanne endgültig in die Hände des Teufels und startet von dort an als Hexe ihren Rachefeldzug gegen Fürst und Kirche, der auf dem Scheiterhaufen endet.
Vielen dürfte bereits die Ähnlichkeit mit der Geschichte von Jeanne d'Arc aufgefallen sein, jedoch beruht die Geschichte vielmehr auf dem Buch "Die Hexe" des französichen Historikers Jules Michelet, der die Hexe als Heilerin des Volkes und revolutionäre Figur darstellt. So wird Jeanne von den armen Bauern verehrt, die ihre letzten Vorräte für sie aufopfern und im Gegenzug Trost bekommen, der in Form der titelgebenden Blume "Belladonna" gespendet wird. Umso größer ist demnach die Wut und der Zorn der Bürger, als Jeanne am Ende wegen Ketzerei verbrannt wird. Doch auch dieser Widerstand muss sich den tyrannischen Machthabern beugen, zumindest zu diesem Zeitpunkt. Zuvor wandelt die Besessene die Verzweiflung der Unterdrückten in gigantische nicht enden wollende Orgien. Dies scheint der einzige Weg zu sein, um dem Elend zu entkommen. "Belladonna" erzählt nicht die Geschichte eines Einzelschicksals, sondern die der Leidenden.
Die Leiden der Protagonisten und deren Widerstand gegen die Verlockungen des Teufels stehen nichtsdestotrotz im Mittelpunkt der Handlung. Die Tatsache, dass Jeanne nach ihrer Vergewaltigung neuen Lebensmut findet und sich durch ihre Bemühungen gesellschaftlich Ruhm erarbeitet und Anerkennung bei den Dorfbewohnern findet, weckt das Interesse an ihrerm Charakter, trotz der dauerhaften Berieselung mit lasziven Darstellungen ihres Körpers.
Und auch wenn sie als Hexe Gott entsagt und den schwarzen Tod über Land und Leute ziehen lässt, verliert sie bis zum Schluss nicht ihr Mitgefühl und ihre Liebe zu Jean.
Viel wichtiger als die Handlung an sich ist jedoch die Erzählweise. Hier wurde der Kreativität freien Lauf gelassen, sodass die Einleitung dem Zuschauer als Lied dargeboten wird, während später Dialoge folgen (welche von Standbildern begleitet werden) und manchmal auch ein Erzähler überleitet. Was "Belladonna" aber zu einem Meisterwerk macht ist die Tatsache, dass der gesamte Film einer Aneinderreihung von einzigartigen Gemälden darstellt, die stark an die Werke von Gustav Klimt und Egon Schiele erinnern, also Vertretern des Jugendstils. Neben dem Jugendstil befinden sich auch zahlreiche surrealistische Darstellungen und auf manche skizzenhaft wirkende Zeichnung folgt ein fast photorealistisches Porträt von Jeanne. Im Gegensatz zu vielen Mainstream-Filmen wird dem Zuschauer abverlangt auf jedes Bild zu achten und zu bestaunen, um den Film als Gesamtkunstwerk zu verstehen und bewundern zu können.
Animationstechnisch ist das Niveau natürlich dem Produktionsjahr entsprechend gering und manche Bewegungen wirken so statisch, als wären sie aus einer Animation von Terry Gilliam entnommen, was aber wiederum für den künstlicherischen Wert der Sequenz spricht. Einige Sequenzen sind so bunt und vollgepackt mit allen möglichen Darstellungen, dass sie einem Drogentrip gleichen, der FLCL wie eine nüchterne und bodenständige Geschichte wirken lässt.
Die Musik ist äußerst hochwertig und bietet neben dem halbgestöhnten Opening-Song und vielen psychedelische Melodien auch einige Jazz-Stücke.
Fazit:
"Belladonna" ist eine Perle der Animationskunst. Ob man nun empört über die expliziete Darstellung ist oder keinen gefallen am Jugendstil findet ändert nichts daran. Eiichi Yamamoto ist es wirklich gelungen einen einzigartigen Film zu kreieren, der nicht nur in der Welt des Animes, sondern auch in der Filmwelt selbst, nach mehr als 30 Jahren immer noch seinesgleichen sucht. Wer also keinerlei Scheu vor gewagten, experimentierfreudigen Filmen hat wird von "Belladonna" bezaubert und schockiert zugleich sein.
Mit diesen Worten wird die Vergewaltigung des frommen Bauernmädchens Jeanne eingeläutet und dies bleibt mit Sicherheit nicht die einzige Szene von "Die Tragödie der Belladonna", die sich in die Erinnerung des empörten Zuschauers brennen wird.
Ähnlich empört waren sicher auch die Kritiker gewesen, als der Film 1973 auf der Berlinale präsentiert wurde. Doch ist es angemessen diesen Film, produziert von Animationskoryphäe Eiichi Yamamoto, der unter anderem für die Anime-Versionen von Osamu Tezukas "Astro Boy" und "Kimba, der weiße Löwe" verantwortlich war, allein auf die schockierende Wirkung seiner Bilder reduzieren?
Die Geschichte beginnt im mittelalterlichen Frankreich mit dem Glück der Bauern Jeanne und Jean, die sich ewige Treue geschworen haben und nun den Bund fürs Leben schließen wollen. Die Willkür des Fürsten jedoch weiß dies zu verhindern und lässt das keuche Mädchen von seinen Untertanen vergewaltigen. Machtlos muss ihr Mann Jean dabei zusehen, bevor er in den Kerker geworfen wird. Trotz alledem kehrt nach kurzer Zeit wieder "Normalität" in das Leben der beiden ein, zumindest solange bis Hunger und die hohen Steuern die Dorfbewohner in die Knie zwingen. In ihrer Not wird Jeanne von einem Phallus mit rattenähnlichem Körper aufgesucht, der sich im späteren Verlauf der Geschichte als der Teufel entpuppt und versucht Jeanne zu seiner Gemahlin zu machen, sie nun aber erst wieder neuen Lebensmut finden lässt. Ein sozialer Aufstieg endet erneut in einer schrecklichem Katastrophe und letztlich fällt Jeanne endgültig in die Hände des Teufels und startet von dort an als Hexe ihren Rachefeldzug gegen Fürst und Kirche, der auf dem Scheiterhaufen endet.
Vielen dürfte bereits die Ähnlichkeit mit der Geschichte von Jeanne d'Arc aufgefallen sein, jedoch beruht die Geschichte vielmehr auf dem Buch "Die Hexe" des französichen Historikers Jules Michelet, der die Hexe als Heilerin des Volkes und revolutionäre Figur darstellt. So wird Jeanne von den armen Bauern verehrt, die ihre letzten Vorräte für sie aufopfern und im Gegenzug Trost bekommen, der in Form der titelgebenden Blume "Belladonna" gespendet wird. Umso größer ist demnach die Wut und der Zorn der Bürger, als Jeanne am Ende wegen Ketzerei verbrannt wird. Doch auch dieser Widerstand muss sich den tyrannischen Machthabern beugen, zumindest zu diesem Zeitpunkt. Zuvor wandelt die Besessene die Verzweiflung der Unterdrückten in gigantische nicht enden wollende Orgien. Dies scheint der einzige Weg zu sein, um dem Elend zu entkommen. "Belladonna" erzählt nicht die Geschichte eines Einzelschicksals, sondern die der Leidenden.
Die Leiden der Protagonisten und deren Widerstand gegen die Verlockungen des Teufels stehen nichtsdestotrotz im Mittelpunkt der Handlung. Die Tatsache, dass Jeanne nach ihrer Vergewaltigung neuen Lebensmut findet und sich durch ihre Bemühungen gesellschaftlich Ruhm erarbeitet und Anerkennung bei den Dorfbewohnern findet, weckt das Interesse an ihrerm Charakter, trotz der dauerhaften Berieselung mit lasziven Darstellungen ihres Körpers.
Und auch wenn sie als Hexe Gott entsagt und den schwarzen Tod über Land und Leute ziehen lässt, verliert sie bis zum Schluss nicht ihr Mitgefühl und ihre Liebe zu Jean.
Viel wichtiger als die Handlung an sich ist jedoch die Erzählweise. Hier wurde der Kreativität freien Lauf gelassen, sodass die Einleitung dem Zuschauer als Lied dargeboten wird, während später Dialoge folgen (welche von Standbildern begleitet werden) und manchmal auch ein Erzähler überleitet. Was "Belladonna" aber zu einem Meisterwerk macht ist die Tatsache, dass der gesamte Film einer Aneinderreihung von einzigartigen Gemälden darstellt, die stark an die Werke von Gustav Klimt und Egon Schiele erinnern, also Vertretern des Jugendstils. Neben dem Jugendstil befinden sich auch zahlreiche surrealistische Darstellungen und auf manche skizzenhaft wirkende Zeichnung folgt ein fast photorealistisches Porträt von Jeanne. Im Gegensatz zu vielen Mainstream-Filmen wird dem Zuschauer abverlangt auf jedes Bild zu achten und zu bestaunen, um den Film als Gesamtkunstwerk zu verstehen und bewundern zu können.
Animationstechnisch ist das Niveau natürlich dem Produktionsjahr entsprechend gering und manche Bewegungen wirken so statisch, als wären sie aus einer Animation von Terry Gilliam entnommen, was aber wiederum für den künstlicherischen Wert der Sequenz spricht. Einige Sequenzen sind so bunt und vollgepackt mit allen möglichen Darstellungen, dass sie einem Drogentrip gleichen, der FLCL wie eine nüchterne und bodenständige Geschichte wirken lässt.
Die Musik ist äußerst hochwertig und bietet neben dem halbgestöhnten Opening-Song und vielen psychedelische Melodien auch einige Jazz-Stücke.
Fazit:
"Belladonna" ist eine Perle der Animationskunst. Ob man nun empört über die expliziete Darstellung ist oder keinen gefallen am Jugendstil findet ändert nichts daran. Eiichi Yamamoto ist es wirklich gelungen einen einzigartigen Film zu kreieren, der nicht nur in der Welt des Animes, sondern auch in der Filmwelt selbst, nach mehr als 30 Jahren immer noch seinesgleichen sucht. Wer also keinerlei Scheu vor gewagten, experimentierfreudigen Filmen hat wird von "Belladonna" bezaubert und schockiert zugleich sein.