SlaughtertripV.I.P.
#1Die japanische Volkskunde ist voll mit Göttern, Dämonen und geheimnisvollen Gestalten aller Art. Auch bei »Kemono Jihen« trifft man auf solche Wesen: Yuki-onna, Oni, Kitsune, Bake-danuki, Nekomata … oder auch Arachne und Vampire, die dieser Serie in den Augen der Japaner einen exotischen Touch verleihen – eine wilde Mischung also. Doch damit nicht genug: Wenn diese Gestalten sich unter die Menschen mischen und aus Liebe (und Sex) ein Mischling hervorgeht, wird dieser als »Han'you« bezeichnet. Einer dieser Han'you ist der Protagonist Kabane – halb Ghul, halb Mensch. Er ist ein etwas außergewöhnliches Geschöpf der Gattung Dorotabou, was ihn auf erfrischende Weise vom Gros der meisten anderen übernatürlichen Wesen abhebt. Kabane und alle anderen dieser Kreaturen werden unter dem Sammelbegriff »Kemono« vereint. Daher auch der Name dieses Animes. Kemono/Kaibutsu (怪物) = Monster.
Der zweite Teil des Namens – Jihen (事変) – bedeutet so viel wie »Vorfall«, »Ereignis« oder »Zwischenfall«. Somit zeigt sich nun allmählich, womit wir es hier zu tun haben: um »Monstervorfälle«. Die detektivische Natur dieses Animes wird immer mehr ersichtlich. Ähnlich wie bei »Muhyo to Roji no Mahouritsu Soudan Jimusho« gibt es auch hier eine Detektei, die sich um übernatürliche Zwischenfälle kümmert. Doch anders als bei besagtem Anime geht es bei »Kemono Jihen« nicht um Geister, sondern eben um Kemono – zudem sind es hier die übernatürlichen Wesen selbst, welche die Fälle lösen. Klingt unheimlich? Vielleicht etwas kitschig? Wie »Supernatural« ohne die beiden sexy Boys? Auf jeden Fall hat man es geschafft, diesen bunten Monstermix nicht trashig wirken zu lassen und eine für einen Anime dieser Art halbwegs unheimliche Atmosphäre zu kreieren, ohne dass diese mit dem gewohnten actionreichen und heiteren Charme eines Shounen konfligiert.
Es gibt nur selten Monstervorfälle, die auf einen episodischen Aufbau schließen lassen. Vor allem zu Beginn gibt es ein paar kürzere Geschichten (z. B. über die Sanshichuu, die Frosch-Kemono, über Katanashi oder über die Kanonba-Geschwistern Reika, Erika und Momoka), die entweder die gesamte Laufzeit einer Episode einnehmen oder die geschickt in die Hauptstory eingeflochten sind – eine typische Vorgehensweise, um den Zuseher mit der im Anime gezeigten Welt vertraut zu machen. Ebenso typisch sind kleine Charakter-Arcs, um sich auch mit den Haupt- und wichtigsten Nebencharakteren vertraut machen zu können. Hierbei stehen vor allem die Mitglieder der Detektivkanzlei »Inugami Strangeness Counseling Office« im Vordergrund. Zuerst kommt es zum Aufeinandertreffen von Kabane und Inugami, und dann handelt man mit ein paar etwas längeren Geschichten, die zu den Höhepunkten des Animes gehören, die Vergangenheit von Shiki und Akira ab. Der Anime endet hiermit leider schon an einer Stelle, bevor die Hauptgeschichte so richtig an Fahrt aufnehmen konnte. Doch weil alle kleinen Handlungsstränge abgeschlossen werden, kommt es zu einem zufriedenstellenden Ende. Als Anime-only-Zuseher bekommt man nur den Hinweis darauf, dass beim weiteren Verlauf die sogenannten Lifestones eine zentrale Rolle spielen könnten.
Abseits der Monstervorfälle darf man Zeuge einer monströs romantischen, aber ungemein unbeholfenen Liebesgeschichte zwischen Kabane und Kon werden. Während Kabane keine Libido zu besitzen scheint, ist Kon zwar die Naivität in Person, jedoch ist sie auch herzallerliebst und selbst etwas verwirrt über ihre Gefühle, die sie gar nicht so richtig zuordnen kann. Wenn man glaubt, dass Son Goku etwas plump ist, was die Liebe betrifft, dann hebt »Kemono Jihen« diese romantische Tölpelhaftigkeit auf eine neue Ebene, denn hier gehen quasi zwei Gokus zu Werke. Süß ist’s trotzdem.
Die handelnden Figuren nehmen zumeist stereotype Rollen ein, sind an und für sich jedoch alle sehr sympathisch. Kanabe würde in der realen Welt womöglich als »socially awkward« bezeichnet werden. Ähnlich wie Kon ist er nicht nur etwas naiv, sondern auch emotional so leer wie Trapattonis Flasche. Angst, Abscheu, Liebe und alles, was dazwischenliegt, sind für ihn bestenfalls Begriffe, deren Existenz er wahrnimmt, die er aber selbst nicht fühlt. Seine enormen Selbstheilungskräfte, die dafür sorgen, dass er sogar unbesorgt seinen Kopf verlieren kann, könnten zumindest zum Teil zu seiner Abgestumpftheit beigetragen haben.
Jeder Batman braucht seinen Joker; jeder Superman seinen Lex Luther. Der Antagonist dieser Serie ist Youko Inari, die anfangs sogar noch mit Inugami zusammenarbeitet, obwohl er zugibt, sie nicht zu mögen und ihre Handlungen nicht gutzuheißen. Kon ist der Love Interest, wenn man das so nennen kann. Zuerst gehört ihr Körper und ihre Seele einzig und alleine Youko – bis Kabane in ihr Leben tritt und sie »verwirrt«. Etwas mürrisch und überheblich gibt sich Shiki lediglich zu Beginn als Kabanes Rivale innerhalb der Detektei. Man muss kein Orakel oder ein mit hellseherischen Kräften ausgestatteter Kemono sein, um erahnen zu können, dass die beiden schnell zu den besten Freunden werden. Akira ist … der etwas andere Comic Relief. Eigentlich ganz Anime-typisch ein Kerl, der im ersten Moment für ein Mädchen gehalten wird – aus welchen Gründen auch immer. Crossdresser? Nein, eher jemand, der sich gerne weiblich gibt, ohne zu merken, dass er das tut. Und sich dann beschweren, wenn jemand glaubt, er sei ein Mädchen …
Der Anime fängt die Atmosphäre des Mangas gut ein. Die bösartigen Kemono sehen im Manga vielleicht noch etwas grausiger aus. Warum das so ist, habe ich bereits bei meiner Rezension zu »Mieruko-chan« erwähnt: Manga for the win, wenn es um unheimliche Darstellung von Monstern aller Art geht! Auch wenn im Anime die Kemono keine Kuscheltiere sind, hat man bei einer Szene auf eine explizite Darstellung verzichtet. Während man diesen Kemono im Anime nur teilweise zu Gesicht bekommt, erkennt man im Manga schon viel deutlicher, welche Gräueltat sich hier abspielt, und das ist wohl die abstoßendste Szene sowohl im Anime als auch im noch fortlaufenden Manga. Der Anime lässt zwar nicht unbedingt darauf schließen, doch im Manga bekommt man noch sehr viel geboten. Die Story Arcs werden umfangreicher; die Antagonisten (z. B. Kaede Hanagata, Kazuaki Akagi, Barahiko Hito und Haruka Hinata) gefährlicher – eigentlich eine zu erwartende Entwicklung. Was man nicht unbedingt erwarten, sondern sich nur erhoffen kann, ist eine gute Umsetzung davon, und hier hat der Mangaka seine Hausaufgaben, die ich gut benoten würde, gemacht. Die Jagd nach den Lifestones geht zwar wie gehabt weiter, ist jedoch nie zu linear, da neue Handlungselemente eingeführt und die Schauplätze mehrmals gewechselt werden. Jeder neu in Erscheinung tretende Charakter ist ein Unikat. Viele der Antagonisten, die auf ihre ganz eigene Weise Merkmale einer gestörten Psyche aufweisen, fügen sich in diese düstere Welt der Kemono sehr gut ein und verwässern den Ersteindruck einer einfachen, actionreichen und teilweise humorvollen Monstergeschichte etwas.
»Kemono Jihen« ist eine einfache, actionreiche und teilweise humorvolle Monstergeschichte – zumindest die Animeadaption. Im Manga überraschen die weiterführenden Arcs mit einer etwas weniger linearen Erzählweise und interessanten, gut ausgearbeiteten Charakteren. Der Shounen-Stempel ist immer deutlich zu erkennen – für die einen mag das eine Empfehlung, für die anderen eine Warnung sein.
Der zweite Teil des Namens – Jihen (事変) – bedeutet so viel wie »Vorfall«, »Ereignis« oder »Zwischenfall«. Somit zeigt sich nun allmählich, womit wir es hier zu tun haben: um »Monstervorfälle«. Die detektivische Natur dieses Animes wird immer mehr ersichtlich. Ähnlich wie bei »Muhyo to Roji no Mahouritsu Soudan Jimusho« gibt es auch hier eine Detektei, die sich um übernatürliche Zwischenfälle kümmert. Doch anders als bei besagtem Anime geht es bei »Kemono Jihen« nicht um Geister, sondern eben um Kemono – zudem sind es hier die übernatürlichen Wesen selbst, welche die Fälle lösen. Klingt unheimlich? Vielleicht etwas kitschig? Wie »Supernatural« ohne die beiden sexy Boys? Auf jeden Fall hat man es geschafft, diesen bunten Monstermix nicht trashig wirken zu lassen und eine für einen Anime dieser Art halbwegs unheimliche Atmosphäre zu kreieren, ohne dass diese mit dem gewohnten actionreichen und heiteren Charme eines Shounen konfligiert.
Es gibt nur selten Monstervorfälle, die auf einen episodischen Aufbau schließen lassen. Vor allem zu Beginn gibt es ein paar kürzere Geschichten (z. B. über die Sanshichuu, die Frosch-Kemono, über Katanashi oder über die Kanonba-Geschwistern Reika, Erika und Momoka), die entweder die gesamte Laufzeit einer Episode einnehmen oder die geschickt in die Hauptstory eingeflochten sind – eine typische Vorgehensweise, um den Zuseher mit der im Anime gezeigten Welt vertraut zu machen. Ebenso typisch sind kleine Charakter-Arcs, um sich auch mit den Haupt- und wichtigsten Nebencharakteren vertraut machen zu können. Hierbei stehen vor allem die Mitglieder der Detektivkanzlei »Inugami Strangeness Counseling Office« im Vordergrund. Zuerst kommt es zum Aufeinandertreffen von Kabane und Inugami, und dann handelt man mit ein paar etwas längeren Geschichten, die zu den Höhepunkten des Animes gehören, die Vergangenheit von Shiki und Akira ab. Der Anime endet hiermit leider schon an einer Stelle, bevor die Hauptgeschichte so richtig an Fahrt aufnehmen konnte. Doch weil alle kleinen Handlungsstränge abgeschlossen werden, kommt es zu einem zufriedenstellenden Ende. Als Anime-only-Zuseher bekommt man nur den Hinweis darauf, dass beim weiteren Verlauf die sogenannten Lifestones eine zentrale Rolle spielen könnten.
Abseits der Monstervorfälle darf man Zeuge einer monströs romantischen, aber ungemein unbeholfenen Liebesgeschichte zwischen Kabane und Kon werden. Während Kabane keine Libido zu besitzen scheint, ist Kon zwar die Naivität in Person, jedoch ist sie auch herzallerliebst und selbst etwas verwirrt über ihre Gefühle, die sie gar nicht so richtig zuordnen kann. Wenn man glaubt, dass Son Goku etwas plump ist, was die Liebe betrifft, dann hebt »Kemono Jihen« diese romantische Tölpelhaftigkeit auf eine neue Ebene, denn hier gehen quasi zwei Gokus zu Werke. Süß ist’s trotzdem.
Die handelnden Figuren nehmen zumeist stereotype Rollen ein, sind an und für sich jedoch alle sehr sympathisch. Kanabe würde in der realen Welt womöglich als »socially awkward« bezeichnet werden. Ähnlich wie Kon ist er nicht nur etwas naiv, sondern auch emotional so leer wie Trapattonis Flasche. Angst, Abscheu, Liebe und alles, was dazwischenliegt, sind für ihn bestenfalls Begriffe, deren Existenz er wahrnimmt, die er aber selbst nicht fühlt. Seine enormen Selbstheilungskräfte, die dafür sorgen, dass er sogar unbesorgt seinen Kopf verlieren kann, könnten zumindest zum Teil zu seiner Abgestumpftheit beigetragen haben.
Jeder Batman braucht seinen Joker; jeder Superman seinen Lex Luther. Der Antagonist dieser Serie ist Youko Inari, die anfangs sogar noch mit Inugami zusammenarbeitet, obwohl er zugibt, sie nicht zu mögen und ihre Handlungen nicht gutzuheißen. Kon ist der Love Interest, wenn man das so nennen kann. Zuerst gehört ihr Körper und ihre Seele einzig und alleine Youko – bis Kabane in ihr Leben tritt und sie »verwirrt«. Etwas mürrisch und überheblich gibt sich Shiki lediglich zu Beginn als Kabanes Rivale innerhalb der Detektei. Man muss kein Orakel oder ein mit hellseherischen Kräften ausgestatteter Kemono sein, um erahnen zu können, dass die beiden schnell zu den besten Freunden werden. Akira ist … der etwas andere Comic Relief. Eigentlich ganz Anime-typisch ein Kerl, der im ersten Moment für ein Mädchen gehalten wird – aus welchen Gründen auch immer. Crossdresser? Nein, eher jemand, der sich gerne weiblich gibt, ohne zu merken, dass er das tut. Und sich dann beschweren, wenn jemand glaubt, er sei ein Mädchen …
Der Anime fängt die Atmosphäre des Mangas gut ein. Die bösartigen Kemono sehen im Manga vielleicht noch etwas grausiger aus. Warum das so ist, habe ich bereits bei meiner Rezension zu »Mieruko-chan« erwähnt: Manga for the win, wenn es um unheimliche Darstellung von Monstern aller Art geht! Auch wenn im Anime die Kemono keine Kuscheltiere sind, hat man bei einer Szene auf eine explizite Darstellung verzichtet. Während man diesen Kemono im Anime nur teilweise zu Gesicht bekommt, erkennt man im Manga schon viel deutlicher, welche Gräueltat sich hier abspielt, und das ist wohl die abstoßendste Szene sowohl im Anime als auch im noch fortlaufenden Manga. Der Anime lässt zwar nicht unbedingt darauf schließen, doch im Manga bekommt man noch sehr viel geboten. Die Story Arcs werden umfangreicher; die Antagonisten (z. B. Kaede Hanagata, Kazuaki Akagi, Barahiko Hito und Haruka Hinata) gefährlicher – eigentlich eine zu erwartende Entwicklung. Was man nicht unbedingt erwarten, sondern sich nur erhoffen kann, ist eine gute Umsetzung davon, und hier hat der Mangaka seine Hausaufgaben, die ich gut benoten würde, gemacht. Die Jagd nach den Lifestones geht zwar wie gehabt weiter, ist jedoch nie zu linear, da neue Handlungselemente eingeführt und die Schauplätze mehrmals gewechselt werden. Jeder neu in Erscheinung tretende Charakter ist ein Unikat. Viele der Antagonisten, die auf ihre ganz eigene Weise Merkmale einer gestörten Psyche aufweisen, fügen sich in diese düstere Welt der Kemono sehr gut ein und verwässern den Ersteindruck einer einfachen, actionreichen und teilweise humorvollen Monstergeschichte etwas.
»Kemono Jihen« ist eine einfache, actionreiche und teilweise humorvolle Monstergeschichte – zumindest die Animeadaption. Im Manga überraschen die weiterführenden Arcs mit einer etwas weniger linearen Erzählweise und interessanten, gut ausgearbeiteten Charakteren. Der Shounen-Stempel ist immer deutlich zu erkennen – für die einen mag das eine Empfehlung, für die anderen eine Warnung sein.
Beitrag wurde zuletzt am 12.02.2022 06:12 geändert.
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