Ich hatte schon im Vorfeld gehört, dass dieser Anime nicht unbedingt die
Crème de la Crème japanischer Animationskunst sein soll. Die Durchschnittsbewertung der User bestärkte diesen Eindruck. Letztendlich wurde dieser bestätigt, nachdem ich mir dieses Konglomerat aus allerlei Quatsch mit Soße selbst reingezogen hatte. Die 300 Minuten Lebenszeit bekomme ich zwar nicht zurück, aber ich kann mich wenigstens literarisch an diesem »Werk« rächen, indem ich eine Rezension schreibe, die sich ordentlich gesalzen hat.
Quatsch #1:Die Handlung, welche dem Zuseher bereits ein erstes Indiz dafür gibt, dass dieser kein oscarreifes Meisterwerk zu erwarten hat: Ein Samurai, ein Ninja und ein Mönch werden aus einem
random Grund in die Gegenwart geschickt, um gegen Monster, deren Existenz nicht weniger
random ist, zu kämpfen. Und das ist erst der Anfang. Der Anime hat zwölf Folgen und versetzt daher den Zuseher regelmäßig in Erstaunen, Entsetzen und Fassungslosigkeit. Der französische Meisterkomödiant
Louis de Funès hätte
diese Bewusstseinszustände mit seinen Grimassenkünsten perfekt darstellen können.
Quatsch #2:Die Charaktere
»I’m eighteen, and I didn’t graduate from high school. I’m going to create a vaccine and turn this world back to normal!«Diese Sätze stammen vom Hauptcharakter dieses Firlefanz-Rodeos. Kann es sein, dass sie ein BISSCHEN zu optimistisch ist? Wie dem auch sei – ihr Name ist
Kathleen Funada und sie (ja, sie! Und NICHT die Armee oder sonst irgendeine bewaffnete Streitmacht) kämpft an vorderster Front gegen die
Gibia genannten Monster. Ausgerüstet mit zu viel Schminke möchte sie dem Treiben der Monster, die es sich zum Ziel genommen haben, verwirrt durch die Gegend zu trampeln, Einhalt gebieten. Sie ist ein richtiger Hingucker. Und das ist auch gut so, denn alles andere an diesem Anime ist ein Weggucker.
Dann gibt es noch den
Klischee-Professor. ER ist wohl derjenige, der die Fähigkeit besitzt, das Heilmittel herzustellen, und NICHT das Mädchen. Diese möchte wahrscheinlich nur die Lorbeeren einheimsen. Darum wohl auch die dicke Schminkschicht. Damit sie gut aussieht, wenn sie sich der Welt als Heldin präsentiert.
Aktiv kämpfen jedoch die bereits erwähnten Krieger aus der Vergangenheit gegen die Gibia. Der Samurai
Sensui Kanzaki ist ein richtiger
Badass und stammt aus derselben Epoche wie sein Ninja-Kumpel
Kenroku Sanada, der leider nicht so
badassig ist. Um seine
Badassigkeit aufzupimpen, hat Kathleen ihm die Haare blau gefärbt. – Style muss sein im Kampf auf Leben oder Tod. Zwei Hauptcharaktere mit derselben Haarfarbe hätten auch nur für zusätzlich Verwirrung gesorgt. Später schließt sich der Mönch
Yukinojyo Onikura den beiden an und komplettiert das
Trio infernal. Er sieht zwar noch ein Stückchen
badassiger aus als Sensui, aber in Wirklichkeit ist er ein ganz Lieber. Er hatte noch nie was mit einer Frau, was das zentrale Thema seiner Existenz in diesem Anime ist. Vielleicht klappt’s ja mit einem weiblichen Gibia.
Da die Palette unterschiedlichster Charaktere aus Sicht des Produktionsteams wohl noch ausbaufähig war, hat man hier zusätzlich ein paar Yakuza ins Geschehen geschmissen. Und diese sind die wahren Helden des Animes. Nicht weil sie stark, intelligent oder gut geschrieben sind, sondern weil sie mich zum Lachen gebracht haben – ob von den Machern geplant oder nicht. Besonders hervorzuheben wäre hier ein
Typ mit einem Bombenfetisch, der nicht imstande ist, etwas anderes zu kochen als Katsu-Curry. Dieser liefert sich ein hartes Duell um den Titel meines persönlichen »Mr. aniSearch 2020« mit dem
Typ, der die Gibia mit seiner Angelrute fertigmacht; dicht gefolgt von dem
Kerl, der dafür seinen selbstgebastelten Stecken benutzt. Wobei ich nicht weiß, ob man hier vollen Ernstes bei der Sache war – strahlen diese doch die Dümmlichkeit von
Team Rocket aus »
Pokémon« aus.
Quatsch #3:Der Anime schafft es nicht, Spannung aufzubauen. Schon alleine deshalb, weil es keine Spannung, die man aufbauen könnte, gibt. Gute Serien streuen hie und da ein paar Mysterien, lösen diese nach und nach auf und streuen währenddessen neue Mysterien. Nicht so »
Gibiate«, oh nein. Alles wird sofort verraten, wodurch der Anime sein ganzes Pulver verschießt – und davon hat er nicht viel. Gleich zu Beginn erfährt man alles über die Gibia: ihre Besonderheiten, welche Konsequenzen man zu befürchten hat, wenn man von diesen gestochen wird, und wodurch man weiß, dass man infiziert ist. Einzig und allein der Grund für ihr Auftauchen wird bis zur letzten Folge verheimlicht. Gute Entscheidung, dass dies zum Ende doch noch geklärt wird. Immerhin möchte man
Plot holes vermeiden. Aber wo sollen denn auch Löcher entstehen? – Ist doch »
Gibiate« selbst ein einziges Loch.
Quatsch #4:Kennt ihr »
Interview mit einem Vampir«? Wahrscheinlich. Habt ihr aber schon mal »Interview mit einem Samurai/Ninja/Mönch/Yakuza« gesehen? Nein? Dann seid ihr hier richtig. Zu Beginn fast jeder Folge werden die
Haupt- und Nebencharaktere interviewt. Ähnlich wie bei der Handlung werden auch hier alle Informationen auf dem Silbertablett präsentiert, anstatt den Fans (lol … »Fans« …) die Möglichkeit zu geben, sich Schritt für Schritt mit den Charakteren anzufreunden. Ich habe noch nie eine derart plumpe Methode, dem Zuseher die Charaktere näherbringen zu wollen, gesehen.
Quatsch #5:Monster-Slasher oder Historienserie? Weil die kurzen Interviews vielleicht doch zu wenige Informationen liefern, bekommt man in fast jeder Folge die wichtigsten Ereignisse aus dem Leben der Heroen zu sehen. Szenen aus der Vergangenheit werden abwechselnd mit den Geschehnissen aus der Gegenwart gezeigt. Eine Verbindung zwischen beiden gibt es nicht, weshalb man das Gefühl bekommt, zwei verschiedene Animes zu sehen, die sich in ihrer Qualität gegenseitig unterbieten wollen. Dabei setzen die historischen Szenen auf gepflegte Langeweile, während die gegenwärtigen Szenen mit einem Limbotanz, bei dem die Niveaustange erschreckend knapp über dem Boden gelegt wurde, punkten wollen.
Quatsch #6:Randomness und
Deus ex machina. Die Truppe von der überschminkten, sich selbst überschätzenden Möchtegern-Wissenschaftlerin trifft anfangs wie gesagt auf den Samurai Sensui. Und was braucht ein Samurai? Ein Schwert! Und woher bekommt er es? Von einem Mitglied der Truppe, der »zufällig« eines in seiner Wohnung hat, und ganz »zufällig« befindet sich seine Wohnung direkt vor ihren Füßen, nachdem sie ziellos kreuz und quer durch die ganze Stadt gerast sind. Die legendären Waffen, mit denen Sensui und Kenroku ihre Gegner in der Vergangenheit niedergemetzelt hatten, befinden sich »zufällig« in einem Museum, welches sich ebenfalls »zufällig« in ihrer Nähe befindet. Weil Menschen von Natur aus neugierig sind, wollten Samurai-Sepp und Ninja-Niki erfahren, wie sich die Ereignisse aus ihrer Zeit entwickelt haben. Ein Glück für sie, dass
Kathleens Mutter »zufällig« im Besitz eines Geschichtsbuches ist, in welchem die Antworten auf all ihre Fragen niedergeschrieben sind. Apropos Kathleens Mutter. Wie löst man das Problem, jemanden davon zu überzeugen, dass Sensui und Kenroku tatsächlich aus der Vergangenheit stammen, ohne so etwas wie handfeste Beweise dafür auf den Tisch legen zu müssen? Gar nicht. Kathleens Mutter hat »zufällig« einen psychischen Schaden, der sie daran hindert, Mensch von Gibia unterscheiden zu können, und deshalb ist sie auch zu doof, um Zeitreisen infrage zu stellen.
Quatsch #7:Die Animationen. Das
Lowlight aus produktionstechnischer Sicht ist das Highlight für die Lachmuskeln. Die Gibia sind größtenteils CGI-animiert, und zwar so schlecht, dass diese nicht zum Fürchten, sondern zum Auslachen aussehen. Um die Aufmerksamkeit der Zuseher zu gewinnen – falls diese den Anime nicht ohnehin schon nach fünf Minuten abgebrochen haben – und sie davon abzuhalten, vorm Bildschirm einzuschlafen, werden zwischendurch Szenen eingeschoben, die sowohl CGI-Monster als auch gezeichnete Monster beinhalten, oder Szenenwechsel, in denen die Gibia alternierend entweder computeranimiert oder gezeichnet sind.
In der dritten Folge wurde am oberen und unteren Rand des Bildschirms jeweils ein dicker, schwarzer Balken eingefügt, so als hätte man versucht, dem Anime ein cineastisches Gefühl zu verleihen. Das Cinemascope-Format weicht aber schon nach einer Minute dem gewöhnlichen 16:9-Format, so als hätten die Produzenten bereits nach diesen wenigen Sekunden selbst den Glauben an dem Anime verloren.
Bilder sagen mehr als tausend Worte, und GIFs sagen mehr als tausend Bilder. Ich möchte euch zwei Szenen präsentieren, die mich – jetzt mal ohne Flachs – zum Lachen gebracht haben:
Aus Episode 7. Der Fall eines Gibia. Oder wie ich es nenne: Der Lachanfall eines Slaughtertrip.
Aus Episode 10. Gibia werden überfahren. Bitte hier an das Geräusch umfallender Blechdosen denken.
Zur Abwechslung mal kein Quatsch:Die Musik. Ich würde diese zwar nicht als Stärke, jedoch auch nicht als Schwäche bezeichnen. Zumindest etwas, das der Anime nicht gänzlich in den Sand gesetzt hat. Die BGM ist durchschnittlich, und das Opening ist ... speziell. Dieses passt hervorragend zum Anime. Einerseits schön rockig und
upbeat, was zur Action passt, andererseits ist hier eine
Shamisen das dominante Instrument, welches die historischen Ausrichtung des Animes gut einfängt. Ob das Lied gefällt, ist natürlich Geschmackssache, und es gibt definitiv Interpreten, welche die Verbindung von rockiger und traditioneller fernöstlicher Musik besser hinbekommen, aber der Anime kann sich glücklich schätzen, nicht komplett von mir massakriert zu werden, so wie der Anime einen genauso vernichtenden Anschlag auf die Gehirnzellen der Zuseher verübt.
Fazit:Insgesamt ist der Anime hart an der Grenze. – An der Grenze zu was auch immer. Serviervorschlag: »
Gibiate« sollte man am besten mit viiiiiiiiiiel Alkohol genießen. Und mit ein paar Freunden, damit man sich gemeinsam über dieses Mumpitz-Spektakel lustig machen kann.
Nüchterne Wertung: 1 ½ Sterne
Stockbetrunkene Wertung: 5 Sterne
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