SlaughtertripV.I.P.
#1Was ich erwartet habe:
Einen Anime ähnlich Usagi Drop mit einem Fantasy/Mittelalter-Setting. Eine ruhige, nachdenkliche, an Erwachsene gerichtete Serie mit Elementen aus Drama, Slice of Life und Coming of Age.
Was ich bekommen habe:
Ein Abenteurer stereotypischen Aussehens – jung, schlank, durchschnittliche Körpergröße und mittellange, dunkle Haare – trifft auf ein verwahrlostes Mädchen im Wald… und nimmt sich ihrer an. Bis hierhin – und das ist erst die erste Minute des Anime – ist noch alles gut. Vielleicht merkt man es schon, dass ich kein Freund von Dale, dem männlichen Hauptcharakter und selbsternannten Adoptivvater von Latina, bin. Es dauert nicht lange, bis er sich als übertrieben fürsorglich dargestellter, rumbrüllender Sis-con (das ist ein einfacherer Begriff als „Adoptivdämonentochter-con“) entpuppt. Es ist vollkommen in Ordnung, wenn man die Geschichte eher in Richtung Comedy driften lassen will. Diese ist aber nicht die Stärke des Anime.
Die Charaktere sind ein Potpourri aus allem, was man gut bzw. schlecht machen kann.
Blass bis kaum wahrnehmbar sind unter anderem die jungen Nebencharaktere wie Anthony Hoffmann, Marcel Baker, Rudolf Schmidt, Chloe Schneider und Sylvia. Sie dienen nur dazu, Latinas Freunde zu sein. Storytechnisch ist deren Beitrag – zumindest hier im Anime – gleich null. Gregor steht bereits in einer der ersten Folgen im Rampenlicht, verlässt die Bühne aber genauso schnell, wie er sie betreten hat. Von Latinas Mutter bekommt man lediglich ein Foto zu sehen. Ihr Vater hingegen scheint nicht einmal Latina selbst wirklich zu interessieren. Zu allem Überfluss taucht am Ende die sogenannte „Rosenprinzessin“ auf, die weder ein Wort sagt noch eine wichtige Handlung tätigt.
Wie man den Job als Nebencharakter richtig macht, zeigen die Besitzer, Angestellten und Besucher der lokalen Taverne, bei der auch die kleine Latina angestellt ist. Kenneth Krüger, Rita Krüger, Sylvester, Amos, Douglas, Bosco oder auch Cedric gehören hier zu den größten Sympathieträgern. Es ist einfach zu niedlich, Latina beim Servieren des Essens oder beim Kochunterricht mit Kenneth zuzusehen. Sie ist fast schon das Maskottchen des Lokals, was sich durch die Interaktion mit den Stammgästen bemerkbar macht. So großmäulig und grob sie auch erscheinen mögen, beim Anblick von Latina, die beim Tragen eines Tellers fast umkippt, zeigen auch die ruppigsten Kerle ihren weichen Kern.
Nicht viel weniger sympathisch sind die Flügeldrachen und Dales Familienmitglieder, denen Dale und Latina auf ihrer Reise einen Besuch abstatten. Sorgen die zuerst erwähnten – vor allem der Chibi-Flügeldrache – für eine Extraportion kawaii, bekommt man von den zuletzt erwähnten, namentlich Wendelgard, Randolph, Magda und Yorck, die Möglichkeiten, Dales Umfeld besser kennenzulernen.
Sind die Charaktere mit ihren Pros und Cons schon nicht das Gelbe vom Ei, ist das Setting wohl das faule Ei dieses Anime. Die Fantasy-Elemente und die Mittelalter-Welt sind so generisch und uninteressant, dass es fast schon besser gewesen wäre, die Geschichte in einer realistischen Umgebung spielen zu lassen; aber dann wäre die Ähnlichkeit zu „Usagi Drop“ wohl doch zu groß gewesen.
Hier bekommt man Genre-typisch einen Sword-&-Sorcery-Anime vorgesetzt. Was den Sorcery-Anteil betrifft, werden Fans hiervon schwer enttäuscht werden, da in den ganzen zwölf Folgen leider kaum Zaubersprüche gezeigt werden. Und die, die man zu sehen bekommt, sind eher unterwältigend. Der Sword-Anteil ist wahrscheinlich noch schlimmer. Ein Hieb reicht aus, um die Monster, die so schwach sind, wie es ihr Aussehen vermuten lässt, zur Strecke zu bringen. Die enttäuschendste Szene in dieser Hinsicht gibt es bereits in der dritten Folge. Dale und weitere Abenteurer wurden auf die Mission, mehrere Diener eines Dämonenlords zu besiegen, entsandt. Es wurde dabei explizit erwähnt, dass die Kräfte von Dämonen, die einem Dämonenlord unterstellt sind, um ein Vielfaches gesteigert werden. Eine mit einem besonderen Charakterdesign ausgestattete Dämonin, die mich zu der Vermutung hinreißen ließ, es würde sich hierbei um einen für den weiteren Verlauf wichtigen Charakter handeln, befand sich unter den Zielobjekten. Auch sie wurde mit einem Schlag besiegt. Es kann natürlich sein, dass man auf eine falsche Fährte geführt wurde und sie nur eine Mücke im Gefolge des Dämonenlords war. Wenn aber Kämpfe ein Teil dieses Werkes sein sollen, sollten diese auch spannend dargestellt werden.
Apropos Dämonenlord. Es gibt nicht nur einen, sondern gleich mehrere, die auf actionreiche Duelle hoffen lassen. Zumindest aber nicht im Anime. Hier werden von diesen nämlich nur Umrisse gezeigt. Ein paar oberflächliche Infos zu deren Charakteristika werden erwähnt, damit sie bei ihrem Erstauftritt nicht allzu unscheinbar wirken.
Und hier wird allmählich auch schon der größte Schwachpunkt des Anime ersichtlich: Es passiert zu wenig. Es werden Andeutungen gemacht, die jedoch wie Neujahrsvorsätze Anfang Februar verpuffen. Warum werden z.B. die Dämonenlords oder Latinas Mutter gezeigt, ohne dass auch nur irgendetwas Relevantes passiert? Warum wird Gregor in die Geschichte eingeführt, der – mit Ausnahme eines kurzen Gesprächs – keine Rolle spielt? Warum wird die Rosenprinzessin gezeigt, ohne dass man von ihr auch nur irgendeine Information, egal wie trivial sie zu scheinen vermag, erhält? Es ist schön zu wissen, dass es diese Charaktere gibt. Aber wenn man kaum bis keine Infos zu ihnen bekommt und sie auch in der Geschichte selbst keinerlei wichtige Taten vollbringen, bekommen diese den Stempel eines uninteressanten Komparsen aufgedrückt.
Einer der Gründe, weshalb der Inhalt so dürftig wirkt, ist der, dass es einfach zu viele Charaktere gibt. Warum sind denn die erwähnten Mitschüler von Latina hier nicht mehr als nur die obligatorischen Freunde des Hauptcharakters? Weil gleich fünf von ihnen einen Auftritt haben und man sich in den wenigen Folgen nicht bzw. noch nicht auf sie hat fokussieren können. Dazu kommen noch mehrere Dämonenlords (für die keine Zeit war), die Flügeldrachen und Dales Familie. Zählt man noch alle anderen Charaktere hinzu, hat man hier einen zu großen Cast, der in einem recht kurzen Anime seinen Platz sucht. Dadurch hat man auch gar nicht genügend Zeit, sich auf die Hauptsache konzentrieren zu können: die Beziehung der beiden Hauptcharaktere zueinander.
Ich sehe über weite Strecken viel verschenktes Potential, dass man die Stärken nicht besser herausgearbeitet und auf die Schwächen nicht sogar ganz verzichtet hat. Neben den gemütlichen Szenen in der Taverne funktioniert der Anime am besten in seinen dramatischen Momenten. Im Laufe der Geschichte gibt es genug Anlässe, dass man hieraus ein ergreifendes Drama mit entspannenden Folgen im Lokal hätte machen können. Ein Beispiel für eine der besten Drama-Szenen:
Der Anime bietet aber leider so wenig Inhalt, dass er mich nicht dazu bringen konnte, mich mit der Novel oder dem Manga zu befassen. Vielleicht hätte eine 2-Cour-Umsetzung besser funktioniert, wodurch die Story an Substanz und manche Nebencharaktere an Relevanz dazugewonnen hätten. Wenn man dem Zuseher die Novel/den Manga schmackhaft machen will, muss man ihm ein paar Appetithäppchen geben, damit dieser Hunger auf mehr bekommt. Es gibt weder spannende Cliffhanger noch Andeutungen auf interessante Haupt- oder Nebenhandlungen. Es kann schon sein, dass die Geschichte unterhaltsame Plot Points entwickelt; nur lässt der Anime es leider nicht zu, diese zu erkennen.
Einen Anime ähnlich Usagi Drop mit einem Fantasy/Mittelalter-Setting. Eine ruhige, nachdenkliche, an Erwachsene gerichtete Serie mit Elementen aus Drama, Slice of Life und Coming of Age.
Was ich bekommen habe:
Ein Abenteurer stereotypischen Aussehens – jung, schlank, durchschnittliche Körpergröße und mittellange, dunkle Haare – trifft auf ein verwahrlostes Mädchen im Wald… und nimmt sich ihrer an. Bis hierhin – und das ist erst die erste Minute des Anime – ist noch alles gut. Vielleicht merkt man es schon, dass ich kein Freund von Dale, dem männlichen Hauptcharakter und selbsternannten Adoptivvater von Latina, bin. Es dauert nicht lange, bis er sich als übertrieben fürsorglich dargestellter, rumbrüllender Sis-con (das ist ein einfacherer Begriff als „Adoptivdämonentochter-con“) entpuppt. Es ist vollkommen in Ordnung, wenn man die Geschichte eher in Richtung Comedy driften lassen will. Diese ist aber nicht die Stärke des Anime.
Die Charaktere sind ein Potpourri aus allem, was man gut bzw. schlecht machen kann.
Blass bis kaum wahrnehmbar sind unter anderem die jungen Nebencharaktere wie Anthony Hoffmann, Marcel Baker, Rudolf Schmidt, Chloe Schneider und Sylvia. Sie dienen nur dazu, Latinas Freunde zu sein. Storytechnisch ist deren Beitrag – zumindest hier im Anime – gleich null. Gregor steht bereits in einer der ersten Folgen im Rampenlicht, verlässt die Bühne aber genauso schnell, wie er sie betreten hat. Von Latinas Mutter bekommt man lediglich ein Foto zu sehen. Ihr Vater hingegen scheint nicht einmal Latina selbst wirklich zu interessieren. Zu allem Überfluss taucht am Ende die sogenannte „Rosenprinzessin“ auf, die weder ein Wort sagt noch eine wichtige Handlung tätigt.
Wie man den Job als Nebencharakter richtig macht, zeigen die Besitzer, Angestellten und Besucher der lokalen Taverne, bei der auch die kleine Latina angestellt ist. Kenneth Krüger, Rita Krüger, Sylvester, Amos, Douglas, Bosco oder auch Cedric gehören hier zu den größten Sympathieträgern. Es ist einfach zu niedlich, Latina beim Servieren des Essens oder beim Kochunterricht mit Kenneth zuzusehen. Sie ist fast schon das Maskottchen des Lokals, was sich durch die Interaktion mit den Stammgästen bemerkbar macht. So großmäulig und grob sie auch erscheinen mögen, beim Anblick von Latina, die beim Tragen eines Tellers fast umkippt, zeigen auch die ruppigsten Kerle ihren weichen Kern.
Nicht viel weniger sympathisch sind die Flügeldrachen und Dales Familienmitglieder, denen Dale und Latina auf ihrer Reise einen Besuch abstatten. Sorgen die zuerst erwähnten – vor allem der Chibi-Flügeldrache – für eine Extraportion kawaii, bekommt man von den zuletzt erwähnten, namentlich Wendelgard, Randolph, Magda und Yorck, die Möglichkeiten, Dales Umfeld besser kennenzulernen.
Sind die Charaktere mit ihren Pros und Cons schon nicht das Gelbe vom Ei, ist das Setting wohl das faule Ei dieses Anime. Die Fantasy-Elemente und die Mittelalter-Welt sind so generisch und uninteressant, dass es fast schon besser gewesen wäre, die Geschichte in einer realistischen Umgebung spielen zu lassen; aber dann wäre die Ähnlichkeit zu „Usagi Drop“ wohl doch zu groß gewesen.
Hier bekommt man Genre-typisch einen Sword-&-Sorcery-Anime vorgesetzt. Was den Sorcery-Anteil betrifft, werden Fans hiervon schwer enttäuscht werden, da in den ganzen zwölf Folgen leider kaum Zaubersprüche gezeigt werden. Und die, die man zu sehen bekommt, sind eher unterwältigend. Der Sword-Anteil ist wahrscheinlich noch schlimmer. Ein Hieb reicht aus, um die Monster, die so schwach sind, wie es ihr Aussehen vermuten lässt, zur Strecke zu bringen. Die enttäuschendste Szene in dieser Hinsicht gibt es bereits in der dritten Folge. Dale und weitere Abenteurer wurden auf die Mission, mehrere Diener eines Dämonenlords zu besiegen, entsandt. Es wurde dabei explizit erwähnt, dass die Kräfte von Dämonen, die einem Dämonenlord unterstellt sind, um ein Vielfaches gesteigert werden. Eine mit einem besonderen Charakterdesign ausgestattete Dämonin, die mich zu der Vermutung hinreißen ließ, es würde sich hierbei um einen für den weiteren Verlauf wichtigen Charakter handeln, befand sich unter den Zielobjekten. Auch sie wurde mit einem Schlag besiegt. Es kann natürlich sein, dass man auf eine falsche Fährte geführt wurde und sie nur eine Mücke im Gefolge des Dämonenlords war. Wenn aber Kämpfe ein Teil dieses Werkes sein sollen, sollten diese auch spannend dargestellt werden.
Apropos Dämonenlord. Es gibt nicht nur einen, sondern gleich mehrere, die auf actionreiche Duelle hoffen lassen. Zumindest aber nicht im Anime. Hier werden von diesen nämlich nur Umrisse gezeigt. Ein paar oberflächliche Infos zu deren Charakteristika werden erwähnt, damit sie bei ihrem Erstauftritt nicht allzu unscheinbar wirken.
Und hier wird allmählich auch schon der größte Schwachpunkt des Anime ersichtlich: Es passiert zu wenig. Es werden Andeutungen gemacht, die jedoch wie Neujahrsvorsätze Anfang Februar verpuffen. Warum werden z.B. die Dämonenlords oder Latinas Mutter gezeigt, ohne dass auch nur irgendetwas Relevantes passiert? Warum wird Gregor in die Geschichte eingeführt, der – mit Ausnahme eines kurzen Gesprächs – keine Rolle spielt? Warum wird die Rosenprinzessin gezeigt, ohne dass man von ihr auch nur irgendeine Information, egal wie trivial sie zu scheinen vermag, erhält? Es ist schön zu wissen, dass es diese Charaktere gibt. Aber wenn man kaum bis keine Infos zu ihnen bekommt und sie auch in der Geschichte selbst keinerlei wichtige Taten vollbringen, bekommen diese den Stempel eines uninteressanten Komparsen aufgedrückt.
Einer der Gründe, weshalb der Inhalt so dürftig wirkt, ist der, dass es einfach zu viele Charaktere gibt. Warum sind denn die erwähnten Mitschüler von Latina hier nicht mehr als nur die obligatorischen Freunde des Hauptcharakters? Weil gleich fünf von ihnen einen Auftritt haben und man sich in den wenigen Folgen nicht bzw. noch nicht auf sie hat fokussieren können. Dazu kommen noch mehrere Dämonenlords (für die keine Zeit war), die Flügeldrachen und Dales Familie. Zählt man noch alle anderen Charaktere hinzu, hat man hier einen zu großen Cast, der in einem recht kurzen Anime seinen Platz sucht. Dadurch hat man auch gar nicht genügend Zeit, sich auf die Hauptsache konzentrieren zu können: die Beziehung der beiden Hauptcharaktere zueinander.
Ich sehe über weite Strecken viel verschenktes Potential, dass man die Stärken nicht besser herausgearbeitet und auf die Schwächen nicht sogar ganz verzichtet hat. Neben den gemütlichen Szenen in der Taverne funktioniert der Anime am besten in seinen dramatischen Momenten. Im Laufe der Geschichte gibt es genug Anlässe, dass man hieraus ein ergreifendes Drama mit entspannenden Folgen im Lokal hätte machen können. Ein Beispiel für eine der besten Drama-Szenen:
Als Latina erfahren hat, dass ihre Lebensspanne deutlich höher ist als die ihrer neu gewonnenen Menschenfreunde und sie sich deshalb selbst ihr Horn abgerissen hat.
Solche Szenen sind es, die ich gerne öfters gesehen hätte.Der Anime bietet aber leider so wenig Inhalt, dass er mich nicht dazu bringen konnte, mich mit der Novel oder dem Manga zu befassen. Vielleicht hätte eine 2-Cour-Umsetzung besser funktioniert, wodurch die Story an Substanz und manche Nebencharaktere an Relevanz dazugewonnen hätten. Wenn man dem Zuseher die Novel/den Manga schmackhaft machen will, muss man ihm ein paar Appetithäppchen geben, damit dieser Hunger auf mehr bekommt. Es gibt weder spannende Cliffhanger noch Andeutungen auf interessante Haupt- oder Nebenhandlungen. Es kann schon sein, dass die Geschichte unterhaltsame Plot Points entwickelt; nur lässt der Anime es leider nicht zu, diese zu erkennen.