Pet (2020)

Irgendwie hat das schon jeder einmal mitgemacht. Man schaut einer Serie, hat keinen Plan, was die von einem wollen und in der letzten Folge klatscht man die Hand vor die Stirn und sagt sich: "Ah, jetzt ergibt alles Sinn!". Gerade diesen Moment vermisse ich hier. Komplett. Aber fangen wir mal vorne an.


Hiroki und Tsukasa sind Inhaber einer kleinen Bar, zumindest nach außen hin. Mit ihren Fähigkeiten in die Psyche von Menschen einzutauchen und diese manipulieren zu können, nehmen sie Aufträge der "Firma" an und kämpfen auch um ihr eigenes Leben.

Geno ist den meisten vor allem durch Golden Kamuy bekannt und bleibt seinem Stil der klaren, glatten Linien treu und kämpft sich dabei etwas durch die Szenen. Einige Passagen haben einen eher ungünstigen Schnitt bekommen und auch die Dynamik wirkt oftmals abgehakt. Stört nicht immer, aber gerade in den fantasievoll gestalteten Welten der Psyche hätte man sich etwas weniger Detail und mehr Bewegung gewünscht.
Etwas schade, dass sich mitten in der Serie manchmal das Aussehen der Charaktere ändert und die Gesichtsformen oder andere Körperteile anders aussehen. In den Psychen könnte es allerdings gewollte sein, weil hier nicht nur die Physik gerne aus den Angeln gerissen wird.

Nicht nur inhaltlich ist die ganze Kiste undurchsichtig, auch die Charaktere wissen manchmal selbst nicht genau, was sie wollen oder tun. Okay, Hiroki ist mit seiner naiven Art und festen Willen noch relativ einfach, während Tsukasa einerseits Hiroki als sein Eigentum (Pet) beanspruchen möchte, selber der beste in der Firma sein möchte, aber gleichzeitig alle aus diesem System vernichten möchte. Genauso konfus sind seine Handlungen mit oder Gegenüber seinen "Kollegen" oder "Arbeitgeber". An der Steller erzählt man dazu wohl zu häufig die Geschichte aus Sicht von Hiroki. Immerhin merkt man mit der Zeit, dass sich beide Charaktere im Laufe der Handlung weiter entwickeln oder vielleicht sogar zurück entwickeln.
Mitunter werden auch viele Konstellationen zu mehr oder weniger wichtigen Nebencast aufgebaut. Ich bezweifle aber, dass alle die Story wirklich unterstützen und diese sogar in ihrem Fluss stören. Gerade die, die so schnell von der Bildfläche verschwinden, wie sie aufgetaucht sind. So fehlen der Geschichte richtige Gegenspieler.

Zuständig für den OST ist der wenig (Anime-)bekannte Komponist Hideyuki Shima, der nun wahrlich keine Innovation aufs Papier gebracht hat, aber überraschend gut die Stimmung der Szenen und Charaktere einfangen konnte. An einigen Stellen hätte der Soundtrack etwas mehr Substanz vertragen können, hätte sich dann aber auch wohl zu sehr in den Vordergrund gedrängt.
Interessanter für viele ist da wohl eher TK (from Ling Tosite Sigure), der mit seiner extremen Kopfstimme so einigen aus Tokyo Ghoul oder 91 Days bekannt ist. Auch hier mischt er wieder seine ungewöhnliche Stimme mit harten Rocktönen und weiß damit die Zuschauer zu spalten. Stilistisch schließt Memai Siren als Endingperformer dem des Openings an und bietet eine wirre Mischung aus Rock und Pop, die sogar noch etwas besser im Ohr bleibt.



Ich mag ja eigentlich ganz gerne Geschichten, die etwas komplexer sind oder nicht zu gradlinig, aber diese Geschichte überspitzt das einfach. Es wird häufig zwischen der Welt der Psychen und der realen Welt gewechselt und selbst da ist es nicht klar, ob an der etwas gedreht wurde oder nicht. Teilweise werden die Situation gar nicht oder nur schwer aufgelöst und immer wieder habe ich mich gefragt, was überhaupt das Ziel dieser Serie sein soll, was die Firma und die chinesische Mafia damit zu tun haben oder so komisch handeln. Falls jemand das hier liest und die Serie besser verstanden hat oder mehr Hintergrundwissen besitzt, darf sich gerne bei mir melden und mir die Serie erklären.
Ansonsten habe ich diesen Thriller nur als eine Serie im Kopf, in dem sich immer irgendjemand in irgendwelchen Situationen übergibt, in Blut mit Eingeweiden schwimmt oder aus irgendwelchen Gründen irgendwelche Personen auftauchen, die irgendwo Verbindungen mit irgendwelchen Personen aus der Serie haben, aber nicht weiß, wie die Wirklich zueinander stehen oder was überhaupt der Ziel ist, genauso wie die Hauptpersonen aus der Geschichte einfach Handlungen nachgehen, die wenig Sinn ergeben, eigentlich genauso wie dieser in die länge gezogene Satz ohne klaren Faden ist.

Aus diesen Gründen tue ich mich auch schwer, die Geschichte von Pet wirklich zu bewerten und werde diesen Punkt offen lassen. Überzeugen konnten wenigstens halbwegs die Cast und die Animationen, auch wenn diese nicht in der ersten Liga spielen, aber sich durchaus zeigen lassen können. Ich werde es mir auch sparen, irgendwelche genaueren Empfehlungen auszusprechen und schreiben, dass Leute, die auf Psychothriller stehen und unnötig komplizierter Handlung klar kommen, sich mit dieser Serie auseinandersetzen könnten. Ebenfalls sollte man in der Lage sein, einige eigene geistige Hürden überspringen zu wollen.

Leider scheint der Titel in dieser Season wohl nicht mehr anzulaufen. Die letzte Anime-bezogene News des Projekts war das Key Visual Anfang August; seitdem herrscht Funkstille. Auch gibt es noch keinen Trailer mit Animationssequenzen und die Sendeplätze dürften bereits rar sein. Falls überhaupt noch in dieser Season, müsste es ein ungewöhnliches Sendeformat wie Psycho Pass 3 werden. Vermutlich wird das Ganze aber aufgeschoben.

Nachdem ich den Manga gelesen habe, bin ich ziemlich gespannt darauf, wie die Anime-Adaption gelingen wird. Grundsätzlich glaube ich, dass der Stoff für eine Adaption sehr gut geeignet ist und auch ein breiteres Publikum ansprechen könnte, mache mir aber bei der Länge etwas Sorgen. Der Manga ist zwar in fünf Bänden abgeschlossen, die einzelnen Kapitel sind aber mit Blick auf die Handlung ziemlich dicht geschrieben, soll heißen: Es passiert sehr viel in jedem einzelnen Kapitel. Eine Adaption über zwei Cours wäre wünschenswert. ^^'