AsaneRedakteur
#1Namensgebender Pikotarou ist ein Geschöpf, das den wirren Hirnen von Daimaou Kosaka und Takashi Taniguchi entsprungen ist. Während ersterer im Animebereich noch nicht in Erscheinung getreten und hier im wesentlichen für die Idee und den "Gesang" zuständig ist, dürfte letzterer dem Kunstfreund ein Begriff sein – insofern, als er schon bei solch renommierten und zukunftsweisenden Werken wie »Mukidashi no Mitsuko«, der Jodelfrau »Yodel no Onna« und natürlich dem sprechenden Furz »Onara Gorou« in Erscheinung getreten ist.
Hier nun legt das Duo Taniguchi/Kosaka Hand an die berühmtesten Werke der internationalen Märchenliteratur und widmet sich dem Versuch, gänzlich unerwarteten Irrsinn aus ihnen zu quetschen. Man muss ihnen dabei unbedingt zugute halten, daß ihnen dies weitaus besser und überzeugender gelingt als derzeit Netflix und Disney zusammen.
Taniguchis Bestreben ist es bekanntlich, solche ambitionierten Zielsetzungen wie Animation, Story und vor allen Dingen Niveau großräumig und souverän zu umschiffen. Das gelingt auch hier im Zusammenspiel mit Kosaka beeindruckend gut. Als "Animation" versteht Taniguchi ungefähr das, was dabei herauskommt, wenn kleine Kinder mit Puppen spielen. Also zeichnet er völlig unbewegliche Puppen, am denen etwas gewackelt wird, um etwas ähnliches wie Animation zu simulieren. Und Animation ist nur dazu da, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf die entsprechende Person zu lenken, die gerade redet. Fast wie im Kamishibai.
Alle Rollen werden von Meister Kosaka selbst gesprochen. Natürlich gibt er sich keinerlei Mühe, seine Stimme an die jeweilige Rolle anzupassen, sonst würde das alles in die bedenkliche Nähe von – siehe oben – Niveau geraten. Die Texte sind zudem improvisiert, (wie man auf der Website erfahren kann: “台本なし”の物語 – die Geschichten sind ohne Skript), was die ganze Serie in die schwer erreichbaren Sphären der Hochkomik katapultiert, wie beispielsweise auch in »Gudaguda Fairies« aufs Traumhafteste realisiert.
Komikdarsteller Pikarou, der in allen drei Märchenerzählungen die Schlüsselrolle einnimmt und als Ausweis impertinenter Arglosigkeit immer die beiden obersten Hemdknöpfe offen hat, widmet sich hier in dieser kleinen Kompilation dreier Werke der Weltliteratur dem kleinen Mädchen mit den Schwefelhölzern, Aschenputtel sowie dem hässlichen Entlein.
Gleich mit der ersten Geschichte wird die Latte ziemlich hoch gelegt, schließlich verkörpert das Mädchen mit den Schwefelhölzern ein an Tragik kaum zu überbietendes Werk in der literarischen Welt der Kunstmärchen. Taniguchi/Kosaka begegnen dieser Tragik, indem sie die Halluzinationen, die das Mädchen beim Entzünden der Streichhölzer erlebt, umbiegen in zugleich abseitige wie banale Ausschweifungen, da nun dem Mädchen nicht die tote Großmutter erscheint, sondern eben Pikarou, der als Abhilfe in der klirrenden Kälte irgendwas von Bomberjacke und Cup Ramen fantasiert.
Cinderella in der unvermeidlichen Kürbiskutsche bietet natürlich per se eine wunderbare Folie für bescheuerte Späße aller Art. Pikarou stellt sich auf Rückfrage von Aschenputtel erst doof, dann als Sänger vor, was prompt in einer Gesangseinlage mündet, die ihresgleichen sucht. Mein absoluter Favorit in diesem irren Trio.
Die Entenfütterung am Teich, zu der "das hässliche Entlein" hier umgebogen wird, bietet zum einen eine Lehrstunde in Sachen vorbildliches Mobbing, zum anderen die pädagogisch insinuierte Einsicht, daß es manchmal besser ist, nicht verbal zu kontern, obwohl es naheliegt und argumentativ vertretbar wäre, sondern mehr auf "Rache ist süß" zu setzen und ausgleichende Gerechtigkeit in der Zukunft zu suchen. So stoisch und naiv Pikotarou sich auch gibt, scheint hier durchaus einiges an Lebenserfahrung aus ihm zu sprechen.
Diese ganze Märchenerzählerei findet statt in einem märchenhaften Haus, in welchem Pikotarou mit seinem Freund (oder alter ego?) wohnt und nächtigt, und dem er seine frei improvisierten Gutenachtgeschichten vorträgt, im immergleichen Ritual, wie das Kinder so brauchen: ii Yume Miro yo – Träum süß!
Musik gibt es übrigens keine. Sedierendes Spieluhr-Geklimper zu Beginn und ein kurzes, angemessen seltsames Ending, das man tatsächlich als "gesungen" bezeichnen kann. Das muss reichen.
Fazit:
Diese drei Episoden von »Pikotarou no Lullaby«, die man vielleicht als "Staffel 0" bezeichnen könnte, vermochte die Erwartungen, die angesichts anderer Unverschämtheiten von Taniguchi geweckt wurden, nicht gänzlich zu erfüllen, da sich die "ad lib"-Einlagen gegenüber der bekannt statischen Präsentation als nicht tragfähig genug erwiesen. Dennoch "weiß der Anime zu gefallen", der mit diesen drei Folgen den Boden bereitet für die einen Monat später ausgestrahlte Staffel, in der neun weitere Märchen verunstaltet werden.
Hier nun legt das Duo Taniguchi/Kosaka Hand an die berühmtesten Werke der internationalen Märchenliteratur und widmet sich dem Versuch, gänzlich unerwarteten Irrsinn aus ihnen zu quetschen. Man muss ihnen dabei unbedingt zugute halten, daß ihnen dies weitaus besser und überzeugender gelingt als derzeit Netflix und Disney zusammen.
Taniguchis Bestreben ist es bekanntlich, solche ambitionierten Zielsetzungen wie Animation, Story und vor allen Dingen Niveau großräumig und souverän zu umschiffen. Das gelingt auch hier im Zusammenspiel mit Kosaka beeindruckend gut. Als "Animation" versteht Taniguchi ungefähr das, was dabei herauskommt, wenn kleine Kinder mit Puppen spielen. Also zeichnet er völlig unbewegliche Puppen, am denen etwas gewackelt wird, um etwas ähnliches wie Animation zu simulieren. Und Animation ist nur dazu da, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf die entsprechende Person zu lenken, die gerade redet. Fast wie im Kamishibai.
Alle Rollen werden von Meister Kosaka selbst gesprochen. Natürlich gibt er sich keinerlei Mühe, seine Stimme an die jeweilige Rolle anzupassen, sonst würde das alles in die bedenkliche Nähe von – siehe oben – Niveau geraten. Die Texte sind zudem improvisiert, (wie man auf der Website erfahren kann: “台本なし”の物語 – die Geschichten sind ohne Skript), was die ganze Serie in die schwer erreichbaren Sphären der Hochkomik katapultiert, wie beispielsweise auch in »Gudaguda Fairies« aufs Traumhafteste realisiert.
Komikdarsteller Pikarou, der in allen drei Märchenerzählungen die Schlüsselrolle einnimmt und als Ausweis impertinenter Arglosigkeit immer die beiden obersten Hemdknöpfe offen hat, widmet sich hier in dieser kleinen Kompilation dreier Werke der Weltliteratur dem kleinen Mädchen mit den Schwefelhölzern, Aschenputtel sowie dem hässlichen Entlein.
Gleich mit der ersten Geschichte wird die Latte ziemlich hoch gelegt, schließlich verkörpert das Mädchen mit den Schwefelhölzern ein an Tragik kaum zu überbietendes Werk in der literarischen Welt der Kunstmärchen. Taniguchi/Kosaka begegnen dieser Tragik, indem sie die Halluzinationen, die das Mädchen beim Entzünden der Streichhölzer erlebt, umbiegen in zugleich abseitige wie banale Ausschweifungen, da nun dem Mädchen nicht die tote Großmutter erscheint, sondern eben Pikarou, der als Abhilfe in der klirrenden Kälte irgendwas von Bomberjacke und Cup Ramen fantasiert.
Cinderella in der unvermeidlichen Kürbiskutsche bietet natürlich per se eine wunderbare Folie für bescheuerte Späße aller Art. Pikarou stellt sich auf Rückfrage von Aschenputtel erst doof, dann als Sänger vor, was prompt in einer Gesangseinlage mündet, die ihresgleichen sucht. Mein absoluter Favorit in diesem irren Trio.
Die Entenfütterung am Teich, zu der "das hässliche Entlein" hier umgebogen wird, bietet zum einen eine Lehrstunde in Sachen vorbildliches Mobbing, zum anderen die pädagogisch insinuierte Einsicht, daß es manchmal besser ist, nicht verbal zu kontern, obwohl es naheliegt und argumentativ vertretbar wäre, sondern mehr auf "Rache ist süß" zu setzen und ausgleichende Gerechtigkeit in der Zukunft zu suchen. So stoisch und naiv Pikotarou sich auch gibt, scheint hier durchaus einiges an Lebenserfahrung aus ihm zu sprechen.
Diese ganze Märchenerzählerei findet statt in einem märchenhaften Haus, in welchem Pikotarou mit seinem Freund (oder alter ego?) wohnt und nächtigt, und dem er seine frei improvisierten Gutenachtgeschichten vorträgt, im immergleichen Ritual, wie das Kinder so brauchen: ii Yume Miro yo – Träum süß!
Musik gibt es übrigens keine. Sedierendes Spieluhr-Geklimper zu Beginn und ein kurzes, angemessen seltsames Ending, das man tatsächlich als "gesungen" bezeichnen kann. Das muss reichen.
Fazit:
Diese drei Episoden von »Pikotarou no Lullaby«, die man vielleicht als "Staffel 0" bezeichnen könnte, vermochte die Erwartungen, die angesichts anderer Unverschämtheiten von Taniguchi geweckt wurden, nicht gänzlich zu erfüllen, da sich die "ad lib"-Einlagen gegenüber der bekannt statischen Präsentation als nicht tragfähig genug erwiesen. Dennoch "weiß der Anime zu gefallen", der mit diesen drei Folgen den Boden bereitet für die einen Monat später ausgestrahlte Staffel, in der neun weitere Märchen verunstaltet werden.
Beitrag wurde zuletzt am 16.08.2023 19:43 geändert.
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