AsaneRedakteur
#1Esst mehr Himbeeren!
Das scheint eine der zentralen Aussagen der Saurier-Bilderbücher von Tatsuya Miyanishi zu sein, denen nicht nur dieser Film sowie dessen Vorläufer »Omae Umasou da na« entsprungen ist, sondern auch das deutlich später entstandene »Mein Freund Tyrano«. Die Gemeinsamkeiten erkennt man am durchgängigen pädagogischen Konzept und an der dramaturgischen Ausgestaltung, die einerseits auf ein Kinderpublikum abzielt, andererseits aber auch gewisse Kind gebliebene Erwachsene nicht außen vor lassen will. Bei beiden Gruppierungen ist man ganz offensichtlich bemüht, sowohl die Comedy-affine Adventure-Klientel zu bedienen als auch die Freunde gepflegter Shounen-Prügeleien.
Wie im Vorläuferfilm (alle drei Filme teilen zwar eine gemeinsame Welt, haben aber komplett unterschiedliches Personal) geht es um das Aufwachsen in einer gefährlichen und prekären Welt, um Zusammenhalt, Moral und überhaupt um die Frage der richtigen Werte, vorbildlich und stellvertretend dargelegt an einem Saurierkind, das bald beide Eltern verliert und hinaus in einen harten und einsamen Überlebenskampf geworfen wird, dort Freunde trifft, die ebenfalls ein schweres Schicksal getroffen hat, Feinden entkommt und diese am Ende besiegt – sei's durch Worte, sei's durch Taten. Dabei agieren sämtlich Darsteller natürlich ausgesprochen menschlich, so daß hinter den vordergründigen Dino-Abenteuern immer auch die Projektion auf unsere heutige Gesellschaft durchschimmert.
Diesmal also geht es um Zesta und Sera, die hoffnungsfroh der Geburt ihres Nachwuchses entgegensehen, der da momentan noch in Form eines Sauriereies vor ihnen in einer Art Nest liegt. Immer wieder erschüttern Erdbeben und pittoreske Vulkanausbrüche die Gegend, und die Eltern haben alle Hände voll zu tun, sich samt Ei in Sicherheit zu bringen. Der Film spielt noch eine ganze Weile die heitere und glücksverheißende Slice-of-Life-Karte, und der etwas erfahrenere Animekucker ahnt schon, wo das enden wird. Nämlich an einem todbringenden Abgrund, der dem kleinen Toron die Mutter raubt. Derweil hat Vater Zesta als Chef einer wilden Bande von Tyrannosauriern damit zu tun, den Laden zusammenzuhalten, da der gewissen- wie skrupellose Bardo nicht viel von dessen moralischen Leitsätzen hält und eigene Wege verfolgt, indem er rücksichtlos auf das Recht des Stärkeren pocht. Daß das überhaupt funktionieren kann angesichts der Idioten, mit denen er sich umgibt, ist dabei ein ganz eigenes Thema. Spielt auch keine Rolle, denn dem Film sowas wie Realismus oder Logik zu unterstellen, wäre völlig verfehlt.
Bald sieht sich der kleine Toron ganz allein in dieser gefährlichen Welt des Mesozoikums, gewinnt aber schnell Freunde wie Mesomeso ("Heulsuse"), an dem (oder der?) er spielerisch sein Carnivoren-Dasein ausleben kann. Liebe geht dann und wann eben doch durch den Magen, und das nicht nur redensartlich. Weil die komplette Kreidezeit voll ist von Saurier-Waisen, trifft er auch bald auf die kleine Kirari, die nicht nur ihre Eltern, sondern auch ihr Augenlicht verloren hat, und die Toron, mittlerweile in der Adoleszenz angekommen (sowas geht bei Sauriern innerhalb weniger Tage!), mit den bewährten Paläo-Himbeeren ("Akai Mi") versorgt, die in allen Situationen gute Dienste leisten und auch hier auf Bäumen und Büschen wachsen – wie in »Tyrano«, wo das ein ganz großes Thema ist.
Sehr bald nehmen die Vulkanausbrüche deutlich zu, den Rachefeldzug kreuzt eine Naturkatastrophe, was reichlich Anlass gibt, japanische Tugenden zu beschwören, dem Pazifismusgedanken zu huldigen und Toron zu seiner überfälligen Bewährungsprobe zu verhelfen. Am Ende latschen alle in den verdienten Sonnenuntergang, die CGI-getriebenen Lavaströme und Wasserfälle hinter sich lassend und ihres Belehrungsauftrags nunmehr enthoben. Eine herzergreifende Überraschung gibt es dann natürlich auch noch.
Zieht man die penetrante und allgegenwärtige Message mal ab, der die Dialoge und die Dramaturgie hier folgen müssen, hat man eigentlich einen ganz netten Film, der mit Originalität und einem nicht zu einfach konstruierten Plot überzeugen kann. Klar, es nervt manchmal schon ziemlich, wenn in jedem zweiten Satz ein moralischer Wink gegeben wird und alles dem untergeordnet wird, inklusive der üblichen Phrasen und den kindgerecht vereinfachten Charakterisierungen. Wie in den beiden anderen Filmen, wechseln auch hier hochdramatische Szenen unvermittelt mit Comedy à la Samstagvormittagsprogramm.
Das Saurierdesign ist gewohnt furchtbar, aber die Naturaufnahmen sind großartig. Zumindest solange sich nichts bewegt. Überrascht gut animiert und choreographiert sind die Battles, die ziemlich flüssig ablaufen, auch wenn sie ab und zu den Gesetzen der Newtonschen Physik entgegenstehen. Diese Szenen sind vorbildlich episch, mit einer epischen BGM (die leider oft untergeht, wenn sie von Action und anderem Trubel überlagert wird) und auch mit einer guten Portion Deus ex machina.
Sahnehäubchen:
Fazit:
Man könnte sagen, dass der Anime komplett auf Klischees und Standardelementen aufgebaut ist und auf Originalität weitgehend verzichtet. Was ihn für Erwachsenene eigentlich ziemlich unerträglich macht. Aber heruntergebrochen auf die angepeilte Zielgruppe ist das doch ganz nett gemacht. Man muss sich allerdings überwinden und ganz heftig das ein oder andere Auge zudrücken, um sich an den reichlich vorhandenen Stereotypen und den damit verbundenen Allgemeinplätzen nicht zu stören.
Das scheint eine der zentralen Aussagen der Saurier-Bilderbücher von Tatsuya Miyanishi zu sein, denen nicht nur dieser Film sowie dessen Vorläufer »Omae Umasou da na« entsprungen ist, sondern auch das deutlich später entstandene »Mein Freund Tyrano«. Die Gemeinsamkeiten erkennt man am durchgängigen pädagogischen Konzept und an der dramaturgischen Ausgestaltung, die einerseits auf ein Kinderpublikum abzielt, andererseits aber auch gewisse Kind gebliebene Erwachsene nicht außen vor lassen will. Bei beiden Gruppierungen ist man ganz offensichtlich bemüht, sowohl die Comedy-affine Adventure-Klientel zu bedienen als auch die Freunde gepflegter Shounen-Prügeleien.
Wie im Vorläuferfilm (alle drei Filme teilen zwar eine gemeinsame Welt, haben aber komplett unterschiedliches Personal) geht es um das Aufwachsen in einer gefährlichen und prekären Welt, um Zusammenhalt, Moral und überhaupt um die Frage der richtigen Werte, vorbildlich und stellvertretend dargelegt an einem Saurierkind, das bald beide Eltern verliert und hinaus in einen harten und einsamen Überlebenskampf geworfen wird, dort Freunde trifft, die ebenfalls ein schweres Schicksal getroffen hat, Feinden entkommt und diese am Ende besiegt – sei's durch Worte, sei's durch Taten. Dabei agieren sämtlich Darsteller natürlich ausgesprochen menschlich, so daß hinter den vordergründigen Dino-Abenteuern immer auch die Projektion auf unsere heutige Gesellschaft durchschimmert.
Diesmal also geht es um Zesta und Sera, die hoffnungsfroh der Geburt ihres Nachwuchses entgegensehen, der da momentan noch in Form eines Sauriereies vor ihnen in einer Art Nest liegt. Immer wieder erschüttern Erdbeben und pittoreske Vulkanausbrüche die Gegend, und die Eltern haben alle Hände voll zu tun, sich samt Ei in Sicherheit zu bringen. Der Film spielt noch eine ganze Weile die heitere und glücksverheißende Slice-of-Life-Karte, und der etwas erfahrenere Animekucker ahnt schon, wo das enden wird. Nämlich an einem todbringenden Abgrund, der dem kleinen Toron die Mutter raubt. Derweil hat Vater Zesta als Chef einer wilden Bande von Tyrannosauriern damit zu tun, den Laden zusammenzuhalten, da der gewissen- wie skrupellose Bardo nicht viel von dessen moralischen Leitsätzen hält und eigene Wege verfolgt, indem er rücksichtlos auf das Recht des Stärkeren pocht. Daß das überhaupt funktionieren kann angesichts der Idioten, mit denen er sich umgibt, ist dabei ein ganz eigenes Thema. Spielt auch keine Rolle, denn dem Film sowas wie Realismus oder Logik zu unterstellen, wäre völlig verfehlt.
Bald sieht sich der kleine Toron ganz allein in dieser gefährlichen Welt des Mesozoikums, gewinnt aber schnell Freunde wie Mesomeso ("Heulsuse"), an dem (oder der?) er spielerisch sein Carnivoren-Dasein ausleben kann. Liebe geht dann und wann eben doch durch den Magen, und das nicht nur redensartlich. Weil die komplette Kreidezeit voll ist von Saurier-Waisen, trifft er auch bald auf die kleine Kirari, die nicht nur ihre Eltern, sondern auch ihr Augenlicht verloren hat, und die Toron, mittlerweile in der Adoleszenz angekommen (sowas geht bei Sauriern innerhalb weniger Tage!), mit den bewährten Paläo-Himbeeren ("Akai Mi") versorgt, die in allen Situationen gute Dienste leisten und auch hier auf Bäumen und Büschen wachsen – wie in »Tyrano«, wo das ein ganz großes Thema ist.
Sehr bald nehmen die Vulkanausbrüche deutlich zu, den Rachefeldzug kreuzt eine Naturkatastrophe, was reichlich Anlass gibt, japanische Tugenden zu beschwören, dem Pazifismusgedanken zu huldigen und Toron zu seiner überfälligen Bewährungsprobe zu verhelfen. Am Ende latschen alle in den verdienten Sonnenuntergang, die CGI-getriebenen Lavaströme und Wasserfälle hinter sich lassend und ihres Belehrungsauftrags nunmehr enthoben. Eine herzergreifende Überraschung gibt es dann natürlich auch noch.
Zieht man die penetrante und allgegenwärtige Message mal ab, der die Dialoge und die Dramaturgie hier folgen müssen, hat man eigentlich einen ganz netten Film, der mit Originalität und einem nicht zu einfach konstruierten Plot überzeugen kann. Klar, es nervt manchmal schon ziemlich, wenn in jedem zweiten Satz ein moralischer Wink gegeben wird und alles dem untergeordnet wird, inklusive der üblichen Phrasen und den kindgerecht vereinfachten Charakterisierungen. Wie in den beiden anderen Filmen, wechseln auch hier hochdramatische Szenen unvermittelt mit Comedy à la Samstagvormittagsprogramm.
Das Saurierdesign ist gewohnt furchtbar, aber die Naturaufnahmen sind großartig. Zumindest solange sich nichts bewegt. Überrascht gut animiert und choreographiert sind die Battles, die ziemlich flüssig ablaufen, auch wenn sie ab und zu den Gesetzen der Newtonschen Physik entgegenstehen. Diese Szenen sind vorbildlich episch, mit einer epischen BGM (die leider oft untergeht, wenn sie von Action und anderem Trubel überlagert wird) und auch mit einer guten Portion Deus ex machina.
Sahnehäubchen:
"Mit Kappei Yamaguchi hat sich […] Usopp aus »One Piece« […] eingeschlichen"
schreibt Slaughtertrip in "Umasou"; und dieser Seiyuu ist auch hier zu hören, in der Rolle von Vater Zesta.Fazit:
Man könnte sagen, dass der Anime komplett auf Klischees und Standardelementen aufgebaut ist und auf Originalität weitgehend verzichtet. Was ihn für Erwachsenene eigentlich ziemlich unerträglich macht. Aber heruntergebrochen auf die angepeilte Zielgruppe ist das doch ganz nett gemacht. Man muss sich allerdings überwinden und ganz heftig das ein oder andere Auge zudrücken, um sich an den reichlich vorhandenen Stereotypen und den damit verbundenen Allgemeinplätzen nicht zu stören.
Beitrag wurde zuletzt am 14.01.2024 18:05 geändert.
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