Kisshou Tennyo (1983)

Kisshou Tennyo bewegt sich abseits der üblichen leichtgängigen RomCom-Shoujos und bietet neben einer äußerst facettenreichen und komplexen Handlung mit vielen Twists auch eine sehr ungewöhnliche und bisher wohl einzigartige Protagonistin, deren gespaltene Persönlichkeit Dreh- und Angelpunkt des Plots ist. Ein herausstechendes Merkmal ist vor allem, dass sich die Hauptperson weniger mit Sympathie als mit Faszination beschreiben lässt, da sie stets überlegen und gewieft, jedoch ohne jegliche Skrupel vorgeht, um einen Konflikt zu lösen. Die Hauptperson selbst ist also das Mysterium, das es zu lüften gilt, weil ihre Beweggründe zunächst verborgen bleiben und erst nach und nach mit Fortschreiten der Handlung deutlich werden. Perspektivwechsel sind keine Seltenheit und lösen zwar an mancher Stelle Verwirrung aus, ergänzen aber das perfide Gesamtbild der Protagonistin auf raffinierte Weise. Von ihren Gedanken und Gefühlen ist der Leser nämlich selbst gezwungen sich ein Bild zu machen, da man diese nicht direkt erfährt. Moralisch gesehen wird ebenfalls keine Entscheidung per se getroffen, es wird dem Leser überlassen, wie er das Verhalten der Protagonistin und ihrer Gegenspieler beurteilt, das glücklicherweise weit von einem typischen Schwarz-Weiß-Gerüst entfernt ist. Zeichnerisch gesehen ist Kisshou Tennyo trotz seines recht hohen Alters gelungen. Das Charakterdesign der Protagonistin mit ihren langen schwarzen Haaren, blutroten Lippen und markantem Blick unterstützt den Eindruck einer schönen, jedoch auch furchteinflößenden Persönlichkeit.

Fazit:
Kisshou Tenyo ist vielleicht der ungewöhnlichste Shoujo, den ich je gelesen habe, da sein unkonventioneller Stil vielmehr an einen Seinen als an einen Shoujo erinnert. Jedoch ist es eben genau das, was diesen Manga aus der Masse der Shoujos hervorstechen lässt: eine interessante Protagonistin verknüpft mit einer anspruchsvollen Handlung.