Calling (2009)

"Calling" ist der erste Band einer Mangaserie von Kano Miyamoto. Die beiden Fortsetzungen, "Calling: Nowhere" und "Calling: Eden" sind ebenfalls in Deutschland erschienen. Dieser Teil besteht aus drei Kurzgeschichten, wobei die Protagonisten der ersten beiden Geschichten für dieselbe Organisation arbeiten.

Calling (3,5 Sterne)

Bisher hatte Keigo noch nie viel Glück in Liebesdingen. Zwar ist ihm schon eine ganze Weile klar, dass er auf Männer steht, doch er verliebt sich ständig in die falschen Kerle und hat kaum Erfahrung mit Beziehungen. Eines Abends verguckt er sich in einer Bar in einen attraktiven Fremden. Anstatt wie sonst schüchtern dazuhocken und nichts zu tun, beschließt er, den hübschen Mann anzusprechen. Obwohl ihm die Situation schrecklich peinlich ist und er schnell feststellt, dass das Objekt seiner Begierde sich nicht allzu sehr für Männer interessiert, bleibt er am Ball. Am Ende begleitet er den Betrunkenen, der sich als Shiki vorstellt, zu sich nach Hause, damit dieser sich ein bisschen ausruhen kann. Dort kann Keigo sich nicht länger beherrschen, als er den schönen Schlafenden ungeschützt auf seinem Sofa liegen sieht und fällt über ihn her. Shiki ist davon überhaupt nicht begeistert und rauscht enttäuscht davon.
Doch damit ist die Sache für Keigo noch lange nicht erledigt. Er findet heraus, wo Shiki arbeitet und stalkt ihn so lange, bis sein Liebster ihm endlich seine Telefonnummer gibt. Dann dauert es auch nicht allzu lange, bis Keigo Shiki erneut in sein Bett zerren kann. Leider ist damit jedoch noch lange nicht alles in Ordnung. Shiki wirkt nach wie vor sehr distanziert und verrät kaum etwas über sich. Welche Geheimnisse verbirgt er vor Keigo? Und wird es ihm gelingen, den mysteriösen Shiki für sich zu gewinnen?

In dieser Story finden sich alle möglichen Klischees wieder, die man von Kano Miyamotos Geschichten so kennt: Die unerwiderte Liebe, die zurückhaltende Typen in irre Stalker verwandelt, mysteriöse Männer, die mysteriöse Dinge tun, deren Auflösung wir als Leser erst auf den letzten paar Seiten erfahren... Und natürlich eine gewaltige Portion Dramatik, die einen mit den Protagonisten mitfiebern lässt, auch wenn ihr Verhalten an manchen Stellen sehr fragwürdig erscheint.
So ging es mir beim Lesen dieser Geschichte. Keigos Besessenheit, mit der er Shiki verfolgt ist schon bedenklich. Das weiß er auch und entschuldigt sich regelmäßig für sein Verhalten. Trotzdem lässt er Shiki nicht in Frieden - bis dieser endlich aufgibt und sich auf Keigo einlässt. Von dem Punkt an wird die Geschichte jedoch richtig spannend, also lohnt es sich, dranzubleiben, auch wenn Keigo sich am Anfang so daneben benimmt.

Night Call (3 Sterne)

Die Polizei braucht dringend Nachwuchs zur Terrorbekämpfung, da sich linke Kräfte munterfröhlich durch Shinjuku bomben. Da sind sie bei der Auswahl der Anwärter offensichtlich nicht besonders wählerisch, denn wie sonst lässt es sich erklären, dass der Obdachlose Shino die Aufnahmeprüfung ohne Probleme hinbekommt? Ein letzter Test liegt jedoch noch vor ihm, wenn er sich der Anti-Terror-Spezialeinheit anschließen will: Er soll (natürlich auf freiwilliger Basis) in ein vorgegebenes Hotelzimmer gehen und mit der Person, die er dort findet, schlafen. Begeistert ist er von der Idee nicht, vor allem, als er den etwas älteren Ausbilder seiner neuen Einheit im Zimmer antrifft. Wird er es trotzdem schaffen, diesen merkwürdigen Test zu bestehen?

"Nightcall" war die kürzeste Geschichte in dem Band. Viel mehr als das oben beschriebene passiert nicht. Wir lernen Shino kennen und wie es dazu kam, dass er als ehemaliger Delinquent und Obdachloser zur Polizei kommt, was jedoch spannend erzählt wird. Über seinen mysteriösen Ausbilder erfahren wir gar nichts, nicht einmal seinen Namen. Aber da die Zeichnerin im Nachwort angekündigt hat, dass wir die Charaktere im nächsten Band besser kennen lernen, bin ich gespannt, wie es weitergeht. Das ist auch der Grund für die drei Sterne in der Bewertung.

Golden Rain (2,5 Sterne)

Kaoru beginnt einen neuen Lebensabschnitt, indem er eine eigene Videothek eröffnet. Sein Nachbar, Inoue, kommt ursprünglich aus Osaka und führt einen nicht besonders erfolgreichen Takoyaki-Imbiss. Kaoru isst häufig bei Inoue und da sie etwa im selben Alter sind, freunden sie sich bald an. Hin und wieder beobachten sie einen ihrer Nachbarn, einen jungen Mann, der fast nie das Haus verlässt. Inoue hat ihm den Namen "Danae" gegeben, da der hübsche Kerl öfters Besuch von einem älteren Herrn, "Zeus", bekommt, der offensichtlich sein Leben finanziert.
Vor allem Kaoru ist fasziniert von ihm und eines Tages gelingt es ihm auf etwas ungeschickte Weise ein Gespräch anzufangen. Danae heißt eigentlich Yuichi und beginnt ebenfalls, sich für Kaoru zu interessieren. Allerdings ziehen bald schon finstere Wolken auf, die ihnen ihr Glück vermiesen könnten. Inoue, der anscheinend ebenfalls was von Kaoru will, findet heraus, dass Yuichi eine finstere Vergangenheit verbirgt, die bald schon das Leben aller Beteiligten überschatten könnte...

Obwohl alle Geschichten dieses Bandes eine ernsthafte Grundstimmung hatten, war diese hier ohne Frage die schwermütigste. Sie fängt ziemlich belanglos an, mit scheinbar zusammenhanglosen Unterhaltungen zwischen Kaoru und Inoue, bis Yuichi auftaucht und alles durcheinander bringt. Dann nimmt die Handlung Fahrt auf und es wird sogar ein bisschen spannend. Ohne zu viel verraten zu wollen, das Ende hat mich etwas überrascht.
Die große Schwäche dieser Story waren leider die Charaktere. Weder Kaoru noch Inoue waren mir sympathisch. Das ganze erste Drittel über haben sich die beiden einfach über irgendeinen Quatsch, der nichts mit der Haupthandlung zu tun hat. Yuichi wirkte die ganze Zeit sehr mysteriös und die Auflösung seines Geheimnisses am Ende hat mich tatsächlich ein bisschen überrascht.

Die Zeichnungen waren sehr realistisch. Wenn die Charaktere nicht offensichtlich "schön" sein sollten, wie Shiki und Yuichi beispielsweise, waren sie es auch nicht. Auch die Hintergründe waren detailliert dargestellt, ohne dabei zu verspielt zu wirken.
An sich hat mir der Band schon gefallen. Ich mag Kano Miyamotos Stil, sie hat ein Gespür für Dramatik, das mir sehr gut gefällt, auch wenn der Manga schon etwas älter ist. Zum Glück steht die Fortsetzung schon in meinem Bücherregal, denn ich bin gespannt, wie es mit der Spezialeinheit weitergeht.