AsaneRedakteur
#1Wollte man die Essenz dieser kleinen Geschichte in Sinnsprüchen, Gleichnissen und anderweitig lehrreichen Lebensweisheiten wiedergeben, hätte man das Dutzend sicher ziemlich schnell voll. Johann Wolfgang von Goethes
Die ich rief, die Geister
Werd’ ich nun nicht los.
aus seinem "Zauberlehrling" wäre da in vorderster Front mit dabei, neben allerlei Biblischem und einschlägigen Fabeln aus aller Welt.
Jedenfalls sollte man sich von den Screenshots nicht täuschen lassen. Bilder und Animationen sind weit besser, als man annehmen könnte, und auch die Geschichte selber ist angenehm strukturiert und ohne Hast erzählt. Zumindest in der zweiten Hälfte. Denn am Anfang überwiegen eher kurze, schnelle Schnitte, die es erschweren, den Ereignissen zu folgen, zudem gestaltet sich die Handlung ungeheuer textlastig.
Es geht um zwei Brüder, der eine reich, der andere arm, und natürlich zeigt sich der reiche dem armen gegenüber wenig zuvorkommend und schickt diesen, als der ihn mit einer Bitte um Essen belästigt, dahin, wo der Pfeffer wächst. Der kommt gerade rechtzeitig, um einem Fremden, der von der behelfsmäßigen Brücke* zu stürzen droht, zu Hilfe zu eilen, woraufhin der Fremde ihn mit einer speziellen Art von Mochi belohnt, die soll er den zauberkundigen Zwergen im nahen Wald überreichen und sich zum Tausch deren Steinmühle geben lassen.
*Das ist ja auch keine Brücke, sondern eine Einladung zum Selbstmord. Unser Sicherheitsbeauftragter in der Firma stünde angesichts dieser Katastrophe unmittelbar vor dem Herzinfarkt.
Das muntere Zwergenvolk widmet sich gerade emsig dem Hausbau, als der arme Bruder ankommt und, wie es das Klischee verlangt, erst mal einen der Knirpse aus größter Gefahr befreit. Da seine selbstlose Hilfe dankbar und mit Begeisterung angenommen wird, sitzen sie bald beim gemeinschaftlichen Mahl beisammen, und der Bruder packt seine Mochi aus, deren Anblick den Zwergen das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt. Er bietet sie zum Tausch, jedoch nicht gegen Geld oder andere Reichtümer, sondern er habe da von einer gewissen Mühle gehört …
Und so kommt es, wie es kommen muss. Nun wisst ihr also, liebe Kinder, wohin Geiz und Unachtsamkeit führt und warum das Meer so salzig ist. Die Meeresbewohner lehren es noch heute, und wenn er nicht gestorben ist, dann mahlt der Stein noch heute.
Da der Zuschauer bei dieser erbaulichen Geschichte mit Text förmlich zugeschüttet wird, hat man in späteren Jahren eine Erzählerin gewählt, die den Inhalt der Texttafeln deklamiert und das dramatische Geschehen kommentiert. Die orchestrale Begleitmusik wurde ebenfalls später hinzugefügt und verströmt milde Sentimentalität, daß man sich fühlt, wie bei Scheherazade zu Gast. Angenehm und kurz vor Kitsch, also ähnlich wie bei "Der gelbe Fluss".
Die Handlung begnügt sich nicht mit altbekannten und moralgeschwängerten Botschaften, sondern nimmt überraschende Wendungen und weicht mehrmals von dem Weg ab, den man zu vermuten meint. Man bekommt hier mit "Warum das Wasser des Meeres salzig ist" gewissermaßen vier Geschichten zum Preis von einer. Trotz der unzureichenden Bildqualität und der Vorkriegsästhetik wage ich die Wertung: sehenswert!
Die ich rief, die Geister
Werd’ ich nun nicht los.
aus seinem "Zauberlehrling" wäre da in vorderster Front mit dabei, neben allerlei Biblischem und einschlägigen Fabeln aus aller Welt.
Jedenfalls sollte man sich von den Screenshots nicht täuschen lassen. Bilder und Animationen sind weit besser, als man annehmen könnte, und auch die Geschichte selber ist angenehm strukturiert und ohne Hast erzählt. Zumindest in der zweiten Hälfte. Denn am Anfang überwiegen eher kurze, schnelle Schnitte, die es erschweren, den Ereignissen zu folgen, zudem gestaltet sich die Handlung ungeheuer textlastig.
Es geht um zwei Brüder, der eine reich, der andere arm, und natürlich zeigt sich der reiche dem armen gegenüber wenig zuvorkommend und schickt diesen, als der ihn mit einer Bitte um Essen belästigt, dahin, wo der Pfeffer wächst. Der kommt gerade rechtzeitig, um einem Fremden, der von der behelfsmäßigen Brücke* zu stürzen droht, zu Hilfe zu eilen, woraufhin der Fremde ihn mit einer speziellen Art von Mochi belohnt, die soll er den zauberkundigen Zwergen im nahen Wald überreichen und sich zum Tausch deren Steinmühle geben lassen.
*Das ist ja auch keine Brücke, sondern eine Einladung zum Selbstmord. Unser Sicherheitsbeauftragter in der Firma stünde angesichts dieser Katastrophe unmittelbar vor dem Herzinfarkt.
Das muntere Zwergenvolk widmet sich gerade emsig dem Hausbau, als der arme Bruder ankommt und, wie es das Klischee verlangt, erst mal einen der Knirpse aus größter Gefahr befreit. Da seine selbstlose Hilfe dankbar und mit Begeisterung angenommen wird, sitzen sie bald beim gemeinschaftlichen Mahl beisammen, und der Bruder packt seine Mochi aus, deren Anblick den Zwergen das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt. Er bietet sie zum Tausch, jedoch nicht gegen Geld oder andere Reichtümer, sondern er habe da von einer gewissen Mühle gehört …
Ein wenig widerwillig gehen sie auf diesen Tausch ein. Denn bei besagter Mühle handelt es sich um einen Zaubermahlstein, wie man ihn zum Getreide mahlen verwendet, doch dieser hier hat die wunderbare Eigenschaft, auf Zuruf Dinge, die man von ihm wünscht, hervorzubringen. Also zieht er mit diesem Mahlstein von dannen, wünscht sich dies und das und ist alsbald ein reicher Mann. Das zieht selbstverständlich den Neid des reichen Bruders auf sich, und wer schonmal "Frau Holle" oder andere ähnlich belehrende Märchen gelesen hat, weiß ungefähr, was nun kommt. Er stiehlt also kurzerhand das Wunderwerk und gedenkt weit weg von allen anderen, auf irgendeiner einsamen Trauminsel, fürderhin ein geruhsames und angenehmes Leben zu verbringen.
Mit allem, was für eine solche Unternehmung vonnöten ist, hat er sein Boot vollgepackt, als er bemerkt, daß er etwas in damaligen Zeiten sehr Wichtiges vergessen hat: Salz. Dieses wünscht er sich nun von dem Mahlstein, der auch prompt und zuverlässig liefert. In rauen Mengen und ohn' Unterlass, denn es geht dem Mann wie Goethes Zauberlehrling:
Ach, ich merk’ es! Wehe! wehe!
Hab’ ich doch das Wort vergessen!
Mit allem, was für eine solche Unternehmung vonnöten ist, hat er sein Boot vollgepackt, als er bemerkt, daß er etwas in damaligen Zeiten sehr Wichtiges vergessen hat: Salz. Dieses wünscht er sich nun von dem Mahlstein, der auch prompt und zuverlässig liefert. In rauen Mengen und ohn' Unterlass, denn es geht dem Mann wie Goethes Zauberlehrling:
Ach, ich merk’ es! Wehe! wehe!
Hab’ ich doch das Wort vergessen!
Und so kommt es, wie es kommen muss. Nun wisst ihr also, liebe Kinder, wohin Geiz und Unachtsamkeit führt und warum das Meer so salzig ist. Die Meeresbewohner lehren es noch heute, und wenn er nicht gestorben ist, dann mahlt der Stein noch heute.
Da der Zuschauer bei dieser erbaulichen Geschichte mit Text förmlich zugeschüttet wird, hat man in späteren Jahren eine Erzählerin gewählt, die den Inhalt der Texttafeln deklamiert und das dramatische Geschehen kommentiert. Die orchestrale Begleitmusik wurde ebenfalls später hinzugefügt und verströmt milde Sentimentalität, daß man sich fühlt, wie bei Scheherazade zu Gast. Angenehm und kurz vor Kitsch, also ähnlich wie bei "Der gelbe Fluss".
Die Handlung begnügt sich nicht mit altbekannten und moralgeschwängerten Botschaften, sondern nimmt überraschende Wendungen und weicht mehrmals von dem Weg ab, den man zu vermuten meint. Man bekommt hier mit "Warum das Wasser des Meeres salzig ist" gewissermaßen vier Geschichten zum Preis von einer. Trotz der unzureichenden Bildqualität und der Vorkriegsästhetik wage ich die Wertung: sehenswert!
Beitrag wurde zuletzt am 25.10.2023 22:37 geändert.
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