AsaneRedakteur
#1Die Abenteuer von Doudou, dem kleinen Schwein. Ein Kurzfilm in zwei Teilen von Kazuhiro Hotchi [Youtube-Channel].
Dieser textlose Stummfilm aus dem Jahre 2002 ist vielleicht Hotchis bestes Werk und kann für seine Verhältnisse fast schon als abendfüllend angesehen werden. Sich den charakteristischen Eigenschaften von »Doudou« zu nähern, ist vielleicht der schwierigste Part einer Besprechung, obwohl diese Eigenschaften offen auf der Hand zu liegen scheinen. Jedoch: sie wollen sich sprachlich einfach nicht vernünftig einfangen lassen.
Den Zuschauer erwartet hier eine Pastiche im Märchenstil, die bekannte und vertraute Elemente westlicher Prägung zitiert und einbaut und dabei eine Art Bilderbuch-Animation anwendet, um die Szenerie zum Leben zu erwecken.
Die technischen Aspekte sind vielleicht noch am einfachsten zu fassen: Hotchi verwendet mehrere gestaffelte Ebenen, die er gegeneinander verschiebt. Das macht er nicht nur bei Landschaften, sondern auch bei Gebäuden und Fahrzeugen. Der Effekt ist, daß die aufgemalte Perspektive z.B. einer Häuserfront unverändert bleibt und daher in der Bewegung "falsch" wirkt. Macht aber nix, denn das ist Teil des Gesamtkonzepts, das die einfachen, poetischen Bilder mit den phantastischen Welten harmonisch vereint. Ähnliches kann man auch in »Iblard Jikan« erleben, nur daß man dort verstärkt auf CGI setzt, was beim Betrachten unter Umständen zu Sodbrennen führen kann.
Hotchi geht da einen anderen Weg. Erstmal unternimmt er keinerlei Bemühungen, technische Unvollkommenheiten zu verschleiern. Die Bewegungen von Charakteren, Wesen, Personen sind teils computeranimiert, teils von Hand gezeichnet (was auf die Länge wesentlich besser wirkt). Die Gesetze der Erdbeschleunigung sind dem kleinen, niedlichen Anime allerdings fremd und werden munter ignoriert. Das hat der Anime mit der kleinen Bewegungsstudie »Wheels« gemein.
Wie in jenem Werk schlägt auch hier Hotchis Faible für allerlei sich Drehendes durch. Was einem bei "Wheels" schon gehörig auf den Zeiger gegangen ist, wird hier jedoch wesentlich besser und stimmiger integriert. Auch sonst sind Bewegungen oft eher Glückssache, tut aber der Sympathie für diesen Anime keinen Abbruch.
Zum anderen stört sowas auch deshalb nicht, weil Hotchi es auf bezaubernde, magische Weise gelingt, eine sanfte, immer leicht unwirklich scheinende Traumwelt zu installieren, die Bilder einer ursprünglichen, intakten Märchenwelt evoziert, nicht unähnlich den stillen, waldromantischen Szenerien in »Hakumei to Mikochi«.
Begleitet und auch vorangetrieben wird die poetische Phantastik dieser kleinen Welt mit luziden Klängen, getragen vom Piano auf Streicherhintergrund, nicht ganz unähnlich mancher Werke von Joe Hisaishi. Man erlebt
absolut stimmige Entwicklungen, stets der in weiten Bögen sich aufschwingenden Musik folgend, und sei sie noch so Keyboard-lastig. Gern mit quäkigen Klängen, die irgendwie an Kindergeburtstag erinnern, was aber auch wieder gut zu dem Filmchen passt.
Einen wesentlichen Beitrag zu der besonderen Atmosphäre leistet auch die sehr ruhige Kameraführung, die schnellere Bewegungen (wie fahrende Autos) besser zur Wirkung kommen lässt, ohne diese aus dem Blick (oder Bild) zu verlieren. Aber immer bleibt ein wenig der Eindruck von Machbarkeitsstudie: wie weit kann man unter Anwendung dieser enorm eingeschränkten, aber dennoch ausdrucksfähigen Mittel gehen?
Fazit:
Dieser Film lebt vom Reiz und Charme des Unperfekten. Von der poetischen Wirkung gezielt eingesetzter Patina und den nostalgischen Effekten eines animierten Aufklappbuches.
Für Freunde von ereignislosen Animes ohne* Handlung sehr zu empfehlen!
Dieser textlose Stummfilm aus dem Jahre 2002 ist vielleicht Hotchis bestes Werk und kann für seine Verhältnisse fast schon als abendfüllend angesehen werden. Sich den charakteristischen Eigenschaften von »Doudou« zu nähern, ist vielleicht der schwierigste Part einer Besprechung, obwohl diese Eigenschaften offen auf der Hand zu liegen scheinen. Jedoch: sie wollen sich sprachlich einfach nicht vernünftig einfangen lassen.
Den Zuschauer erwartet hier eine Pastiche im Märchenstil, die bekannte und vertraute Elemente westlicher Prägung zitiert und einbaut und dabei eine Art Bilderbuch-Animation anwendet, um die Szenerie zum Leben zu erwecken.
Die technischen Aspekte sind vielleicht noch am einfachsten zu fassen: Hotchi verwendet mehrere gestaffelte Ebenen, die er gegeneinander verschiebt. Das macht er nicht nur bei Landschaften, sondern auch bei Gebäuden und Fahrzeugen. Der Effekt ist, daß die aufgemalte Perspektive z.B. einer Häuserfront unverändert bleibt und daher in der Bewegung "falsch" wirkt. Macht aber nix, denn das ist Teil des Gesamtkonzepts, das die einfachen, poetischen Bilder mit den phantastischen Welten harmonisch vereint. Ähnliches kann man auch in »Iblard Jikan« erleben, nur daß man dort verstärkt auf CGI setzt, was beim Betrachten unter Umständen zu Sodbrennen führen kann.
Hotchi geht da einen anderen Weg. Erstmal unternimmt er keinerlei Bemühungen, technische Unvollkommenheiten zu verschleiern. Die Bewegungen von Charakteren, Wesen, Personen sind teils computeranimiert, teils von Hand gezeichnet (was auf die Länge wesentlich besser wirkt). Die Gesetze der Erdbeschleunigung sind dem kleinen, niedlichen Anime allerdings fremd und werden munter ignoriert. Das hat der Anime mit der kleinen Bewegungsstudie »Wheels« gemein.
Wie in jenem Werk schlägt auch hier Hotchis Faible für allerlei sich Drehendes durch. Was einem bei "Wheels" schon gehörig auf den Zeiger gegangen ist, wird hier jedoch wesentlich besser und stimmiger integriert. Auch sonst sind Bewegungen oft eher Glückssache, tut aber der Sympathie für diesen Anime keinen Abbruch.
Zum anderen stört sowas auch deshalb nicht, weil Hotchi es auf bezaubernde, magische Weise gelingt, eine sanfte, immer leicht unwirklich scheinende Traumwelt zu installieren, die Bilder einer ursprünglichen, intakten Märchenwelt evoziert, nicht unähnlich den stillen, waldromantischen Szenerien in »Hakumei to Mikochi«.
Begleitet und auch vorangetrieben wird die poetische Phantastik dieser kleinen Welt mit luziden Klängen, getragen vom Piano auf Streicherhintergrund, nicht ganz unähnlich mancher Werke von Joe Hisaishi. Man erlebt
absolut stimmige Entwicklungen, stets der in weiten Bögen sich aufschwingenden Musik folgend, und sei sie noch so Keyboard-lastig. Gern mit quäkigen Klängen, die irgendwie an Kindergeburtstag erinnern, was aber auch wieder gut zu dem Filmchen passt.
Einen wesentlichen Beitrag zu der besonderen Atmosphäre leistet auch die sehr ruhige Kameraführung, die schnellere Bewegungen (wie fahrende Autos) besser zur Wirkung kommen lässt, ohne diese aus dem Blick (oder Bild) zu verlieren. Aber immer bleibt ein wenig der Eindruck von Machbarkeitsstudie: wie weit kann man unter Anwendung dieser enorm eingeschränkten, aber dennoch ausdrucksfähigen Mittel gehen?
Fazit:
Dieser Film lebt vom Reiz und Charme des Unperfekten. Von der poetischen Wirkung gezielt eingesetzter Patina und den nostalgischen Effekten eines animierten Aufklappbuches.
Für Freunde von ereignislosen Animes ohne* Handlung sehr zu empfehlen!
*
Ohne Handlung? Von wegen! Daß eine Handlung erzählt werden soll, merkt man allerdings erst im zweiten Teil. Zwei oder drei Rewatches sind also durchaus angemessen. Hinweise werden ja immer wieder gestreut, subtil. Rein die Tatsache, daß keine Menschen auftauchen und stattdessen ein ganzer Zoo an Viechern aufgefahren wird, die verdächtig menschlich agieren, verleiht der ganzen Angelegenheit etwas Fabel-haftes und sollte schwer zu denken geben.
Beitrag wurde zuletzt am 14.01.2022 00:25 geändert.
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