AsaneRedakteur
#1Großartig! So muss ein ordentlicher Film beginnen:
Wütend peitschende Winde in finsterer Nacht und tosende Sturmesfluten schlagen gewaltige Brecher an die ragenden Klippen des aufgewühlten Meeres. Hier hat man ordentlich investiert und ein dramatisches Untergangsszenario geschaffen, das den Atem stocken lässt. Auch wenn es an einigen Stellen nicht mal half-animated ist, läuft es einem kalt den Rücken herunter angesichts der Wucht der Naturgewalten, weil das Timing der Wassermassen einfach perfekt getroffen ist.
Dann tritt unsichtbar der Märchenonkel auf den Plan und erzählt die Vorgeschichte, wie sie in der Kurzbeschreibung geschrieben steht. Man hört ihn wieder gegen Ende des Dramas, und man sieht ihn auch, denn besagter Märchenonkel stellt sich als die alte, weise Schildkröte heraus, die viel zu berichten hat, weil sie so alt ist, und gute Ratschläge geben kann, weil sie so weise ist.
So geht es aber leider nicht weiter. Alsbald erscheinen die ersten Bilder des Hauptteils – und man wähnt sich unvermittelt in einem dieser Disney-Schinken mit sprechenden Tieren, wo es immer so lustig dahergeht und wo ein eventuelles dramatisches Geschehen eingefangen wird in cartoonhafte Comedy. Damit wird auch klar, für welche Zielgruppe dieses Werk konzipiert worden ist. Kinder nämlich. Leider. Keiner muss sich hier in die Hosen machen, weil er dem übermächtigen Drama nicht gewachsen ist oder tragische Wendungen nicht verkraftet; keiner muss sich unter die Bettdecke flüchten, weil die Welt so grausam ist, die Bösen so schlecht und die Guten so hilflos sind; alles ist nur ein Spiel, und so spricht auch das Charakterdesign Bände, das zwar wie von Yuasa geschaffen scheint – es erinnert von Ferne an Kaiba –, aber nicht jene Hintergründigkeit besitzt, sondern alles in harmloses, »Meerjungfrau«-kompatibles Wohlgefallen auflöst.
Wie es ab diesem Punkt zugeht, erzählen die Screenshots ja zur Genüge; und dem passt sich auch Charakterdesign und Animation an, denn das Niveau der anfangs atemberaubenden brandenden Wogen kann nicht gehalten werden und man weicht aus auf das Standardniveau jener Zeit und begnügt sich mit einer vereinfachten Wiedergabe von Wässrigem.
Den solcherart reduzierten Ansprüchen passt sich auch das Skript an (und auch das Screenplay), nämlich in Richtung harmlos-heiterer und kindgerechter Welt, und es wird dermaßen oft und penetrant erzählt, ja nicht die verbotene Zone zu betreten, daß auch der Dümmste weiß, worauf das alles hinauslaufen wird. Selbstverständlich wird diese Warnung in den Wind geschlagen – auf beiden Seiten der verfeindeten Parteien –, und so kommt es, wie es kommen muss: es bahnt sich eine veritable Romeo-und-Julia-Romanze an. Immerhin ist man nicht so heillos prüde wie in heutiger Zeit und zeigt den Kindern auch schon mal, wie das abläuft, wenn man bis über beide Ohren verliebt ist.
Noch aber verbleibt alles im grünen Bereich und man begegnet der heiklen Situation mit lustigen Einlagen (hier gibt's einen Klaps auf den Po, weil die Kleine sich nicht traut, die böse Qualle zu bekämpfen); man streift auch die dunkleren Seiten dieser Welt, und – Immerhin! – es gibt keine Musical-Nummern! Stattdessen Balletteinlagen.
Interessant ist auch, welche Viecher hier im Wasser versammelt sind. Daß die nicht alle im gleichen Habitat heimisch sind, ist da eher weniger von Belang.
Den Hinweis auf »Romeo und Julia« muss man ernster nehmen, als einem vielleicht lieb ist. Die Konstellationen sind so ziemlich die gleichen wie beim berühmten Original. Es gibt zwei verfeindete Familien, ein Liebespaar, dem das alles herzlich egal ist, weiter sind auch hier fiese Gegenspieler mit von der Partie, und sogar Pater Lorenzo findet sein Pendant in der schon erwähnten Schildkröte.
Die Filmmusik bietet den zu erwartenden spätromantisch ausladenden Soundtrack auf, der sehr gut ausgearbeitet ist, aber von dem leider kaum etwas im Ohr hängenbleibt. Mit ein paar Ausflügen ins Gershwin-Mäßige. An einigen Stellen hat man in der Abmischung ein wenig daneben gelangt, was auch auf die Übersetzung zutrifft, bei der man, aus nicht nachvollziehbaren Gründen, an vielen Stellen sehr frei formuliert, manchmal auch gerne mal sehr frei rumfantasiert hat.
Fazit:
»Sirius no Densetsu« gehört zu der Sorte Film, die an sich selbst scheitern. Thematisch kreiert man eine griechische Tragödie, basierend auf der Sorte Legenden, wie sie so manchen Sternbildern und -konstellationen zugrunde liegen, und kreuzt das mit einem Shakespeare'schen Liebesdrama im Stil von Romeo und Julia. Das gelingt auch ganz passabel; wenn - ja, wenn man nicht auch noch explizit die Zielgruppe »Kinder« bedienen wollte. Denn dadurch entwertet man beide Teile und versucht durch oberflächliche Comedy, durch Kappen der dramatischen Spitzen und anderweitige Verharmlosungen auf billigem Disney-Niveau (vor allem in puncto Charakterdesign und der bekannt herzigen, ausladenden Gestik im Peter-Pan-Stil) die ganze Chose auf kindgerecht hinzubiegen, was auf die Länge gesehen zum Scheitern verurteilt ist.
Die Kleinen werden verstört und tränenreich die Aufführung verlassen (falls sie überhaupt mitgekriegt haben, was am Ende abgeht) und die Großen werden enerviert und enttäuscht der Chance auf ein solides und großartiges Drama nachtrauern. Ein wenig entschädigt dafür die absolut unschuldige und durchaus warmherzige Darstellung nackter Ästhetik [Ü18], die meilenweit entfernt ist von Ecchi und in dieser Form etwas sehr Anrührendes hat.
Wütend peitschende Winde in finsterer Nacht und tosende Sturmesfluten schlagen gewaltige Brecher an die ragenden Klippen des aufgewühlten Meeres. Hier hat man ordentlich investiert und ein dramatisches Untergangsszenario geschaffen, das den Atem stocken lässt. Auch wenn es an einigen Stellen nicht mal half-animated ist, läuft es einem kalt den Rücken herunter angesichts der Wucht der Naturgewalten, weil das Timing der Wassermassen einfach perfekt getroffen ist.
Dann tritt unsichtbar der Märchenonkel auf den Plan und erzählt die Vorgeschichte, wie sie in der Kurzbeschreibung geschrieben steht. Man hört ihn wieder gegen Ende des Dramas, und man sieht ihn auch, denn besagter Märchenonkel stellt sich als die alte, weise Schildkröte heraus, die viel zu berichten hat, weil sie so alt ist, und gute Ratschläge geben kann, weil sie so weise ist.
So geht es aber leider nicht weiter. Alsbald erscheinen die ersten Bilder des Hauptteils – und man wähnt sich unvermittelt in einem dieser Disney-Schinken mit sprechenden Tieren, wo es immer so lustig dahergeht und wo ein eventuelles dramatisches Geschehen eingefangen wird in cartoonhafte Comedy. Damit wird auch klar, für welche Zielgruppe dieses Werk konzipiert worden ist. Kinder nämlich. Leider. Keiner muss sich hier in die Hosen machen, weil er dem übermächtigen Drama nicht gewachsen ist oder tragische Wendungen nicht verkraftet; keiner muss sich unter die Bettdecke flüchten, weil die Welt so grausam ist, die Bösen so schlecht und die Guten so hilflos sind; alles ist nur ein Spiel, und so spricht auch das Charakterdesign Bände, das zwar wie von Yuasa geschaffen scheint – es erinnert von Ferne an Kaiba –, aber nicht jene Hintergründigkeit besitzt, sondern alles in harmloses, »Meerjungfrau«-kompatibles Wohlgefallen auflöst.
Wie es ab diesem Punkt zugeht, erzählen die Screenshots ja zur Genüge; und dem passt sich auch Charakterdesign und Animation an, denn das Niveau der anfangs atemberaubenden brandenden Wogen kann nicht gehalten werden und man weicht aus auf das Standardniveau jener Zeit und begnügt sich mit einer vereinfachten Wiedergabe von Wässrigem.
Den solcherart reduzierten Ansprüchen passt sich auch das Skript an (und auch das Screenplay), nämlich in Richtung harmlos-heiterer und kindgerechter Welt, und es wird dermaßen oft und penetrant erzählt, ja nicht die verbotene Zone zu betreten, daß auch der Dümmste weiß, worauf das alles hinauslaufen wird. Selbstverständlich wird diese Warnung in den Wind geschlagen – auf beiden Seiten der verfeindeten Parteien –, und so kommt es, wie es kommen muss: es bahnt sich eine veritable Romeo-und-Julia-Romanze an. Immerhin ist man nicht so heillos prüde wie in heutiger Zeit und zeigt den Kindern auch schon mal, wie das abläuft, wenn man bis über beide Ohren verliebt ist.
Noch aber verbleibt alles im grünen Bereich und man begegnet der heiklen Situation mit lustigen Einlagen (hier gibt's einen Klaps auf den Po, weil die Kleine sich nicht traut, die böse Qualle zu bekämpfen); man streift auch die dunkleren Seiten dieser Welt, und – Immerhin! – es gibt keine Musical-Nummern! Stattdessen Balletteinlagen.
Interessant ist auch, welche Viecher hier im Wasser versammelt sind. Daß die nicht alle im gleichen Habitat heimisch sind, ist da eher weniger von Belang.
Den Hinweis auf »Romeo und Julia« muss man ernster nehmen, als einem vielleicht lieb ist. Die Konstellationen sind so ziemlich die gleichen wie beim berühmten Original. Es gibt zwei verfeindete Familien, ein Liebespaar, dem das alles herzlich egal ist, weiter sind auch hier fiese Gegenspieler mit von der Partie, und sogar Pater Lorenzo findet sein Pendant in der schon erwähnten Schildkröte.
Und es gibt Tote.
Die Filmmusik bietet den zu erwartenden spätromantisch ausladenden Soundtrack auf, der sehr gut ausgearbeitet ist, aber von dem leider kaum etwas im Ohr hängenbleibt. Mit ein paar Ausflügen ins Gershwin-Mäßige. An einigen Stellen hat man in der Abmischung ein wenig daneben gelangt, was auch auf die Übersetzung zutrifft, bei der man, aus nicht nachvollziehbaren Gründen, an vielen Stellen sehr frei formuliert, manchmal auch gerne mal sehr frei rumfantasiert hat.
Fazit:
»Sirius no Densetsu« gehört zu der Sorte Film, die an sich selbst scheitern. Thematisch kreiert man eine griechische Tragödie, basierend auf der Sorte Legenden, wie sie so manchen Sternbildern und -konstellationen zugrunde liegen, und kreuzt das mit einem Shakespeare'schen Liebesdrama im Stil von Romeo und Julia. Das gelingt auch ganz passabel; wenn - ja, wenn man nicht auch noch explizit die Zielgruppe »Kinder« bedienen wollte. Denn dadurch entwertet man beide Teile und versucht durch oberflächliche Comedy, durch Kappen der dramatischen Spitzen und anderweitige Verharmlosungen auf billigem Disney-Niveau (vor allem in puncto Charakterdesign und der bekannt herzigen, ausladenden Gestik im Peter-Pan-Stil) die ganze Chose auf kindgerecht hinzubiegen, was auf die Länge gesehen zum Scheitern verurteilt ist.
Die Kleinen werden verstört und tränenreich die Aufführung verlassen (falls sie überhaupt mitgekriegt haben, was am Ende abgeht) und die Großen werden enerviert und enttäuscht der Chance auf ein solides und großartiges Drama nachtrauern. Ein wenig entschädigt dafür die absolut unschuldige und durchaus warmherzige Darstellung nackter Ästhetik [Ü18], die meilenweit entfernt ist von Ecchi und in dieser Form etwas sehr Anrührendes hat.
Beitrag wurde zuletzt am 17.03.2022 04:17 geändert.
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