AsaneRedakteur
#1Wie immer bei solchen Adaptionen, die zu einem guten Teil vom parodistischen Spieltrieb und dem respektlosen Umgang mit maßgeblichen Ikonen der Weltgeschichte geprägt sind, langeh die Publisher gern mal zu reißerischen Titeln, in der vagen Hoffnung, so mehr abgreifen zu können. Weder mit "den tollen Römern" noch mit "Queen of Sex" hat dieser Film viel zu tun.
Optisch nähert dieser Anime sich dem, was man von Asterix kennt, erweitert das um etliche Comic- und Manga-Zitate und baut darüber hinaus erstaunlich viele kulturelle Referenzen und Ostereier ein, die mit der Geschichte selber in genau gar keinem Zusammenhang stehen. Die Geschichte, also die historischen Hintergründe um Kleopatra, wird wider Erwarten erstaunlich genau umgesetzt; zumindest so genau, wie sich das zum einen in den einschlägigen Publikationen zur Allgemeinbildung ("Asterix"), andererseits auch in den bekannten Momumentalfilmen mit Charlton Heston, Richard Burton und Elizabeth Taylor spiegelt.
Mit haufenweise Lizenzen in der künstlerischen Auseinandersetzung natürlich – wie der Verwandlung der Cheops-Pyramide in ein Hotel, der Konfrontation mit den Errungenschaften der Moderne (Kühlschrank) und sonstigen Einflechtungen von Merkmalen anderer Kulturen. Bestandteil dieser "kulturellen Aneignung" ist auch die Rahmengeschichte, in die die historische Kleopatra-Erzählung eingebettet ist. Denn damit fängt es an:
Alexandria, 48 v.Chr.: Ganz Ägypten ist von den Römern besetzt. Ganz Ägypten? Nein! Ein von unbeugsamen
Ah, sorry, falsch abgebogen. Jetzt aber!
Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs
Moushi wake arimasen! Aber schon näher dran.
Also nochmal von vorne: Wir befinden uns auf einer Raumstation. Ein Treffen wird anberaumt, denn ein Spion vom Planeten Pasatorine hat die Mannschaft infiltriert. Das ist genau der Planet, der von den Menschen aktuell erobert werden soll. Daher sind die Erdlinge dort als Besucher nicht willkommen, und das ist immerhin Grund genug für Anfeindungen, kennt man ja aus jedem Indianerfilm. Diese widerspenstigen Pasatorianer planen einen Gegenschlag, der übersetzt "Cleopatra-Plan" lautet. Wieso "Cleopatra"? Um das herauszufinden, werden 3 Mannschaftmitglieder von ihrem Kommandanten zur Erde gesandt, und zwar genau in die Zeit Kleopatras. Und das per "Psycho-Teleporter" – was bedeutet, daß die Zeitmaschine nicht den Körper in die Vergangenheit sendet, sondern die Seele. Erste Logiklöcher tun sich auf. Darum schert sich der Zuschauer allerdings schon lange nicht mehr, denn geistig gestählt durch mutige wie fragwürdige künstlerische Entscheidungen ist ihm zu diesem frühen Zeitpunkt bereits schon alles egal. Das meint im einzelnen:
Ähnlich wie im Jahr zuvor bei »Geschichten aus tausendundeiner Nacht« experimentiert Osamu Tezuka mit der Einbindung von modellartigen Strukturen, von Real-Life-Gegenständen und Live-Action-Sequenzen. Das ermöglicht ein Erlebnis von Authentizität, wie es seit »Raumschiff Orion« mit seiner galaktischen Sterilität nicht mehr gesehen ward. Um derartige Irritationen noch weiter voranzutreiben, nimmt man echte Schauspieler, schneidet ihnen die Köpfe ab, montiert etwas Gezeichnetes drauf und fügt das dann in die Live-Action-Umgebung ein. Eine gruslige Entscheidung, die meines Wissens später auch nicht mehr aufgegriffen worden ist.
"Aber wir kommen schon noch wieder zurück, oder?" – "Kann sein." – das mag ich an Tezukas Humor.
Dann wechselt die Szene ins alte Ägypten. Ptolemaios (XII) tattert und bibbert auf seinem Thron in Erwartung der Römer, während die Regie die Gelegenheit nutzt, in ausgewählten Bildern einen kurzen, pittoresken Eindruck der damaligen Architektur im antiken Theben und einen szenischen Abriss der zeitgenössischen politischen Wirren zu skizzieren. Das sieht alles sehr spaßig und kindlich aus, ist es aber nicht. Es gibt kaum geschönte Kriegshandlungen und einige lustige Hinrichtungen. Mit dem Eintreffen Cäsars (gesprochen: "shiisaa") ändert sich der Tonfall, und die üblichen wie bekannten politischen Ränkespiele und Komplotte kommen zur Sprache – letztere ganz im Stile der "judäischen Volksfront" [WP]. Aber zum Glück hat Cäsar ja seine Ninja dabei. Eine der vielen Referenzen (Kamui Gaiden) und Ostereier; wie auch dieser Held, der im späteren Verlauf mal wieder die Welt rettet.
Mittlerweile sind auch die drei Astronauten in den ihnen zugewiesenen Körpern angekommen, doch leider erwies sich der in den historischen Quellen verbürgte "Rupa" als Kleopatras Schoßleopard – mit deutlichem Einschlag von Marsupilami [WP]. Der triumphale Einzug in Rom bietet natürlich die willkommene Bühne für weiteren Unfug, und diese Gelegenheit lässt sich Tezuka auch nicht entgehen. Es kommt zu einem bizarren Culture Clash, der immer mal wieder von Monty Python inspiriert scheint.
Die weiteren Ereignisse werden zwar nur in groben Zügen, dafür historisch einigermaßen korrekt wiedergegeben. Besonders die politischen Auseinandersetzungen im römischen Senat, in dem Vetternwirtschaft und Korruption regieren, wogegen die wenigen Aufrechten (Cicero) nicht ankommen, sind sehr lustig und comicmäßig überzeichnet, behalten aber ihren wahren Kern. Auch die dramatischen Vorkommnisse an den Iden des März [WP] sind wahrhaft episch. Nicht nur als Veranstaltung im Stil des japanischen Theaters, sondern auch in dem Sinne, als veranschaulicht wird, wie man sich die musikalische Deklamation alter Heldenepen bis in die Zeit des Mittelalters zu denken hat.
Nachdem die Unabhängigkeit des ägyptischen Reiches mit dem Erscheinen von Octavian und dem daraus folgenden Tod von Kleopatra endet, kehren die drei Abgesandten auf ihre Raumstation zurück, und man darf sich fragen, welche Erkenntnis über die Strategie der Gegner gewonnen werden konnte. Eigentlich ist das recht naheliegend, aber für die ganze fast zweistündige Veranstaltung auch eher ohne Belang. Erstaunt registriert der Zuschauer, daß die gegnerischen Pasatoriner mehr Ahnung von antiker Geschichtsschreibung zu haben scheinen als die Menschen selber. Zumindest jene Menschen, die den römischen Imperator als "shiisaa" ausgesprochen wissen wollen.
Fazit:
Netter, am Asterixcomicstil orientierter Film mit viel Blöd- aber auch einigem Tiefsinn, der vieles durcheinanderbringt und eine Vielzahl an Zitaten einbaut, aber deswegen längst nicht ins Kinderprogramm gehört, da bei Splatterszenen keineswegs dezent weggeblendet wird. Auch wenn alles sehr grob und krude hergeht, ist doch manches auch sehr sauber animiert, z.B. einige der Kämpfe Mann gegen Mann. Die Frauen sind auch recht ansprechend animiert, denn die rennen die ganze Zeit oben ohne durch die Gegend. Sex kommt, entgegen dem englischen Titel, nur sehr rudimentär und punktuell vor, beispielsweise als sanftes Verschlingen weicher Linien, in denen man die Körper der Liebenden mehr ahnt als sieht.
Das Cover, das irgendwie an eine Art Alice Schwarzer mit mächtigen Schenkeln erinnert, taugt als Entscheidungshilfe jedenfalls nix. Etwas in dieser Art kommt im Film überhaupt nicht vor.
[Edit]
Es gibt von diesem Film auch eine deutsche Vertonung unter dem Titel "Cleopatra und die tollen Römer", diese umfasst jedoch nur die zentrale Handlung in Ägypten, also ohne die Rahmenhandlung, und ist um ziemlich genau 20 Minuten kürzer als das Original.
Optisch nähert dieser Anime sich dem, was man von Asterix kennt, erweitert das um etliche Comic- und Manga-Zitate und baut darüber hinaus erstaunlich viele kulturelle Referenzen und Ostereier ein, die mit der Geschichte selber in genau gar keinem Zusammenhang stehen. Die Geschichte, also die historischen Hintergründe um Kleopatra, wird wider Erwarten erstaunlich genau umgesetzt; zumindest so genau, wie sich das zum einen in den einschlägigen Publikationen zur Allgemeinbildung ("Asterix"), andererseits auch in den bekannten Momumentalfilmen mit Charlton Heston, Richard Burton und Elizabeth Taylor spiegelt.
Mit haufenweise Lizenzen in der künstlerischen Auseinandersetzung natürlich – wie der Verwandlung der Cheops-Pyramide in ein Hotel, der Konfrontation mit den Errungenschaften der Moderne (Kühlschrank) und sonstigen Einflechtungen von Merkmalen anderer Kulturen. Bestandteil dieser "kulturellen Aneignung" ist auch die Rahmengeschichte, in die die historische Kleopatra-Erzählung eingebettet ist. Denn damit fängt es an:
Alexandria, 48 v.Chr.: Ganz Ägypten ist von den Römern besetzt. Ganz Ägypten? Nein! Ein von unbeugsamen
Ah, sorry, falsch abgebogen. Jetzt aber!
Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs
Moushi wake arimasen! Aber schon näher dran.
Also nochmal von vorne: Wir befinden uns auf einer Raumstation. Ein Treffen wird anberaumt, denn ein Spion vom Planeten Pasatorine hat die Mannschaft infiltriert. Das ist genau der Planet, der von den Menschen aktuell erobert werden soll. Daher sind die Erdlinge dort als Besucher nicht willkommen, und das ist immerhin Grund genug für Anfeindungen, kennt man ja aus jedem Indianerfilm. Diese widerspenstigen Pasatorianer planen einen Gegenschlag, der übersetzt "Cleopatra-Plan" lautet. Wieso "Cleopatra"? Um das herauszufinden, werden 3 Mannschaftmitglieder von ihrem Kommandanten zur Erde gesandt, und zwar genau in die Zeit Kleopatras. Und das per "Psycho-Teleporter" – was bedeutet, daß die Zeitmaschine nicht den Körper in die Vergangenheit sendet, sondern die Seele. Erste Logiklöcher tun sich auf. Darum schert sich der Zuschauer allerdings schon lange nicht mehr, denn geistig gestählt durch mutige wie fragwürdige künstlerische Entscheidungen ist ihm zu diesem frühen Zeitpunkt bereits schon alles egal. Das meint im einzelnen:
Ähnlich wie im Jahr zuvor bei »Geschichten aus tausendundeiner Nacht« experimentiert Osamu Tezuka mit der Einbindung von modellartigen Strukturen, von Real-Life-Gegenständen und Live-Action-Sequenzen. Das ermöglicht ein Erlebnis von Authentizität, wie es seit »Raumschiff Orion« mit seiner galaktischen Sterilität nicht mehr gesehen ward. Um derartige Irritationen noch weiter voranzutreiben, nimmt man echte Schauspieler, schneidet ihnen die Köpfe ab, montiert etwas Gezeichnetes drauf und fügt das dann in die Live-Action-Umgebung ein. Eine gruslige Entscheidung, die meines Wissens später auch nicht mehr aufgegriffen worden ist.
"Aber wir kommen schon noch wieder zurück, oder?" – "Kann sein." – das mag ich an Tezukas Humor.
Dann wechselt die Szene ins alte Ägypten. Ptolemaios (XII) tattert und bibbert auf seinem Thron in Erwartung der Römer, während die Regie die Gelegenheit nutzt, in ausgewählten Bildern einen kurzen, pittoresken Eindruck der damaligen Architektur im antiken Theben und einen szenischen Abriss der zeitgenössischen politischen Wirren zu skizzieren. Das sieht alles sehr spaßig und kindlich aus, ist es aber nicht. Es gibt kaum geschönte Kriegshandlungen und einige lustige Hinrichtungen. Mit dem Eintreffen Cäsars (gesprochen: "shiisaa") ändert sich der Tonfall, und die üblichen wie bekannten politischen Ränkespiele und Komplotte kommen zur Sprache – letztere ganz im Stile der "judäischen Volksfront" [WP]. Aber zum Glück hat Cäsar ja seine Ninja dabei. Eine der vielen Referenzen (Kamui Gaiden) und Ostereier; wie auch dieser Held, der im späteren Verlauf mal wieder die Welt rettet.
Mittlerweile sind auch die drei Astronauten in den ihnen zugewiesenen Körpern angekommen, doch leider erwies sich der in den historischen Quellen verbürgte "Rupa" als Kleopatras Schoßleopard – mit deutlichem Einschlag von Marsupilami [WP]. Der triumphale Einzug in Rom bietet natürlich die willkommene Bühne für weiteren Unfug, und diese Gelegenheit lässt sich Tezuka auch nicht entgehen. Es kommt zu einem bizarren Culture Clash, der immer mal wieder von Monty Python inspiriert scheint.
Die weiteren Ereignisse werden zwar nur in groben Zügen, dafür historisch einigermaßen korrekt wiedergegeben. Besonders die politischen Auseinandersetzungen im römischen Senat, in dem Vetternwirtschaft und Korruption regieren, wogegen die wenigen Aufrechten (Cicero) nicht ankommen, sind sehr lustig und comicmäßig überzeichnet, behalten aber ihren wahren Kern. Auch die dramatischen Vorkommnisse an den Iden des März [WP] sind wahrhaft episch. Nicht nur als Veranstaltung im Stil des japanischen Theaters, sondern auch in dem Sinne, als veranschaulicht wird, wie man sich die musikalische Deklamation alter Heldenepen bis in die Zeit des Mittelalters zu denken hat.
Nachdem die Unabhängigkeit des ägyptischen Reiches mit dem Erscheinen von Octavian und dem daraus folgenden Tod von Kleopatra endet, kehren die drei Abgesandten auf ihre Raumstation zurück, und man darf sich fragen, welche Erkenntnis über die Strategie der Gegner gewonnen werden konnte. Eigentlich ist das recht naheliegend, aber für die ganze fast zweistündige Veranstaltung auch eher ohne Belang. Erstaunt registriert der Zuschauer, daß die gegnerischen Pasatoriner mehr Ahnung von antiker Geschichtsschreibung zu haben scheinen als die Menschen selber. Zumindest jene Menschen, die den römischen Imperator als "shiisaa" ausgesprochen wissen wollen.
Fazit:
Netter, am Asterixcomicstil orientierter Film mit viel Blöd- aber auch einigem Tiefsinn, der vieles durcheinanderbringt und eine Vielzahl an Zitaten einbaut, aber deswegen längst nicht ins Kinderprogramm gehört, da bei Splatterszenen keineswegs dezent weggeblendet wird. Auch wenn alles sehr grob und krude hergeht, ist doch manches auch sehr sauber animiert, z.B. einige der Kämpfe Mann gegen Mann. Die Frauen sind auch recht ansprechend animiert, denn die rennen die ganze Zeit oben ohne durch die Gegend. Sex kommt, entgegen dem englischen Titel, nur sehr rudimentär und punktuell vor, beispielsweise als sanftes Verschlingen weicher Linien, in denen man die Körper der Liebenden mehr ahnt als sieht.
Das Cover, das irgendwie an eine Art Alice Schwarzer mit mächtigen Schenkeln erinnert, taugt als Entscheidungshilfe jedenfalls nix. Etwas in dieser Art kommt im Film überhaupt nicht vor.
[Edit]
Es gibt von diesem Film auch eine deutsche Vertonung unter dem Titel "Cleopatra und die tollen Römer", diese umfasst jedoch nur die zentrale Handlung in Ägypten, also ohne die Rahmenhandlung, und ist um ziemlich genau 20 Minuten kürzer als das Original.
Beitrag wurde zuletzt am 08.03.2024 23:08 geändert.
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