AsaneRedakteur
#1Dieser Film stellt ein weiteres trübes Kapitel der endlos scheinenden Serie "Japaner plündern europäische Geschichte" dar. Die Vignette, wie sie im Cover dargestellt wird, suggeriert "Märchen" und "Prinzessin", genauso wie das der Name des fiktiven (muss man es wirklich dazuschreiben?) Reiches Apfelland tut.
Auf anidb sieht das alles schon anders aus, denn dort schreit das Cover "Aufstand", "Revolution", "Schicksalsschläge". Die Wahrheit liegt allerdings irgendwo dazwischen.
Irgendwo dazwischen, nämlich zwischen Russland, Österreich und Deutschland in einer alternativen Zeitlinie des Jahres 1905, liegt auch das kleine Königreich Apfelland* - laut eingeblendeter Karte etwa da, wo man die Slowakei vermuten würde. In der pittoresken Hauptstadt dieses Reiches spielt auch die Handlung, in deren Mittelpunkt der ebenfalls pittoreske Taschendieb Vergille (kurz: Ver) steht. Als er in einem Eisenbahnwaggon die angekettete kleine Frieda erspäht, ist das Liebe auf den ersten Blick, und er fasst den Entschluss, das Mädchen zu befreien.
*Warum um alles in der Welt sind die Japaner so versessen auf Namen, die sie nicht mal näherungsweise aussprechen können!?
Soweit könnte man von den Grundzügen eines typischen Märchenstoffes sprechen. Doch weil erst 10 Minuten vergangen sind, kommen noch weitere Umstände hinzu, denn wie sich nach und nach herausstellt, geht es um nichts weniger als Ausbeutung, technischen Fortschritt und politische Intrigen.
Eine Gemengelage, die besonders das bekannt geschichtsbewusste amerikanische Publikum zu begeistern scheint - wenn man so die Kommentare und Reviews der englischsprachigen Seiten liest. Als einfacher Mitteleuropäer jedoch, der Gegend und Geschichte gewissermaßen vor seiner Haustür hat, sieht man das aber ganz anders.
Denn eigentlich schlägt man die halbe Zeit die Hände überm Kopf zusammen ob des haarsträubenden Schwachsinns, der einem hier untergejubelt wird. Man weiß gar nicht, wo anfangen. An der Historie, den geographischen Details? Den technischen Möglichkeiten, z.B. wie man sich japanischerseits eine Radium-Mine vorstellt (15 Meter hohe Gänge) - plus der groß angebrachten geheimen Warntafel? Den abstrusen politischen Winkelzügen? Oder dass eine hochsympathische, strickende Märchenoma als Landesmutter vom Wohnzimmer aus regiert?
Nun, ich will mich nicht allzu sehr beschweren, denn immerhin hat man es sich verkniffen, bei den Verfolgungsjagden auf staubigen Bergstraßen Autoreifen quietschen zu lassen. Und an dieser Stelle kann man auch einfügen, dass die künstlerische Umsetzung diese durchgängige Ambivalenz gut einfängt: die Gestaltung der Hintergründe beispielsweise ist gut gelungen, mit den üblichen warmen Farben, grad wenn's um mitteleuropäische Gefilde geht, aber zum Glück verwaschen und indifferent genug, dass sich die Charaktere optisch gut einfügen, ohne dass es auffällige Diskrepanzen gibt; die musikalische Untermalung jedoch changiert irgendwo zwischen einfallslos und schauderhaft. Wohl dem, der drüberweghören kann …
Der Teil rund um Ver und Frieda hätte gut funktionieren können, wenn man nicht Ambitionen gehabt hätte, aufs große Ganze zu gehen und beispielsweise Politiker und Militärs einzuführen, die allesamt bestenfalls als Lachnummer taugen.
Und damit ein weiterer Punkt, warum mich die ganze Show am Ende doch ziemlich kalt gelassen hat: auch im Bereich Genre wollte man einfach zu viel. Romance, Adventure, Action, Drama - plus Comedy. "Das geht sich nicht aus", wie man ostwärts sagt, dort wo Apfelland liegen soll (die Beschriftungen sind alle auf deutsch).
In seinen Einzelheiten zwischen Ver und Frieda (wie auch zwischen den beiden, den Wissenschaftlern und der Technik), erinnert das immer wieder an alte Sachen von Miyazaki, "Schloss im Himmel" zum Beispiel, aber auch "Cagliostro" und vor allem "Conan". Bei den beiden Letztgenannten was die Comedy betrifft, und bei "Schloss im Himmel" zusätzlich, dass nicht alle Bösewichte so böse sind, wie sie sich anfangs gerieren. Gut, hat man bei "Conan" auch.
Denn gerade die Comedy ist das große Problem. So deplaziert und ungeschickt eingesetzt erlebt man das wohl selten. Am ehesten noch in manchen Anime-Filmen der 50er und 60er Jahre. Und so, wie es hier umgesetzt ist, fährt die Comedy jede dramatische Entwicklung über den Haufen, vor allem in Kombination mit einem schwach ausgeprägten Gefühl für das richtige Pacing und Timing. Gerade das Timing schreddert so manche Situation, die, um die rechte Wirkung zu entfalten, man sich etwas näher an der eigenen Welterfahrung gewünscht hätte. Bleibt dies aus, steht es auch mit der Empathie dem hier Gezeigten gegenüber nicht zum Besten. Bleibt die Empathie aus, verkommt der Film zur sinnfreien Aneinanderreihung von Actionsequenzen und Slapstickeinlagen.
Daher bleibt am Ende ein unangenehmes Gefühl der Leere zurück. Vor allem, wenn man bemerkt, welches Potential der Film bei einer geschickteren Regie hätte entfalten können.
Die Zahl derer, die sich für dieses Werk interessiert haben, ist ziemlich überschaubar. Da hofft man natürlich im Stillen, es gäbe hier ein Dornröschen zu erwecken. Aber leider kommt das eher selten vor. Dieser Film jedenfalls ist kein unerkanntes Kleinod, bei weitem nicht die erhoffte kostbare Preziose - diesmal hat es durchaus seinen Grund, dass dieser Film so unbekannt geblieben ist.
Auf anidb sieht das alles schon anders aus, denn dort schreit das Cover "Aufstand", "Revolution", "Schicksalsschläge". Die Wahrheit liegt allerdings irgendwo dazwischen.
Irgendwo dazwischen, nämlich zwischen Russland, Österreich und Deutschland in einer alternativen Zeitlinie des Jahres 1905, liegt auch das kleine Königreich Apfelland* - laut eingeblendeter Karte etwa da, wo man die Slowakei vermuten würde. In der pittoresken Hauptstadt dieses Reiches spielt auch die Handlung, in deren Mittelpunkt der ebenfalls pittoreske Taschendieb Vergille (kurz: Ver) steht. Als er in einem Eisenbahnwaggon die angekettete kleine Frieda erspäht, ist das Liebe auf den ersten Blick, und er fasst den Entschluss, das Mädchen zu befreien.
*Warum um alles in der Welt sind die Japaner so versessen auf Namen, die sie nicht mal näherungsweise aussprechen können!?
Soweit könnte man von den Grundzügen eines typischen Märchenstoffes sprechen. Doch weil erst 10 Minuten vergangen sind, kommen noch weitere Umstände hinzu, denn wie sich nach und nach herausstellt, geht es um nichts weniger als Ausbeutung, technischen Fortschritt und politische Intrigen.
Eine Gemengelage, die besonders das bekannt geschichtsbewusste amerikanische Publikum zu begeistern scheint - wenn man so die Kommentare und Reviews der englischsprachigen Seiten liest. Als einfacher Mitteleuropäer jedoch, der Gegend und Geschichte gewissermaßen vor seiner Haustür hat, sieht man das aber ganz anders.
Denn eigentlich schlägt man die halbe Zeit die Hände überm Kopf zusammen ob des haarsträubenden Schwachsinns, der einem hier untergejubelt wird. Man weiß gar nicht, wo anfangen. An der Historie, den geographischen Details? Den technischen Möglichkeiten, z.B. wie man sich japanischerseits eine Radium-Mine vorstellt (15 Meter hohe Gänge) - plus der groß angebrachten geheimen Warntafel? Den abstrusen politischen Winkelzügen? Oder dass eine hochsympathische, strickende Märchenoma als Landesmutter vom Wohnzimmer aus regiert?
Nun, ich will mich nicht allzu sehr beschweren, denn immerhin hat man es sich verkniffen, bei den Verfolgungsjagden auf staubigen Bergstraßen Autoreifen quietschen zu lassen. Und an dieser Stelle kann man auch einfügen, dass die künstlerische Umsetzung diese durchgängige Ambivalenz gut einfängt: die Gestaltung der Hintergründe beispielsweise ist gut gelungen, mit den üblichen warmen Farben, grad wenn's um mitteleuropäische Gefilde geht, aber zum Glück verwaschen und indifferent genug, dass sich die Charaktere optisch gut einfügen, ohne dass es auffällige Diskrepanzen gibt; die musikalische Untermalung jedoch changiert irgendwo zwischen einfallslos und schauderhaft. Wohl dem, der drüberweghören kann …
Der Teil rund um Ver und Frieda hätte gut funktionieren können, wenn man nicht Ambitionen gehabt hätte, aufs große Ganze zu gehen und beispielsweise Politiker und Militärs einzuführen, die allesamt bestenfalls als Lachnummer taugen.
Und damit ein weiterer Punkt, warum mich die ganze Show am Ende doch ziemlich kalt gelassen hat: auch im Bereich Genre wollte man einfach zu viel. Romance, Adventure, Action, Drama - plus Comedy. "Das geht sich nicht aus", wie man ostwärts sagt, dort wo Apfelland liegen soll (die Beschriftungen sind alle auf deutsch).
In seinen Einzelheiten zwischen Ver und Frieda (wie auch zwischen den beiden, den Wissenschaftlern und der Technik), erinnert das immer wieder an alte Sachen von Miyazaki, "Schloss im Himmel" zum Beispiel, aber auch "Cagliostro" und vor allem "Conan". Bei den beiden Letztgenannten was die Comedy betrifft, und bei "Schloss im Himmel" zusätzlich, dass nicht alle Bösewichte so böse sind, wie sie sich anfangs gerieren. Gut, hat man bei "Conan" auch.
Denn gerade die Comedy ist das große Problem. So deplaziert und ungeschickt eingesetzt erlebt man das wohl selten. Am ehesten noch in manchen Anime-Filmen der 50er und 60er Jahre. Und so, wie es hier umgesetzt ist, fährt die Comedy jede dramatische Entwicklung über den Haufen, vor allem in Kombination mit einem schwach ausgeprägten Gefühl für das richtige Pacing und Timing. Gerade das Timing schreddert so manche Situation, die, um die rechte Wirkung zu entfalten, man sich etwas näher an der eigenen Welterfahrung gewünscht hätte. Bleibt dies aus, steht es auch mit der Empathie dem hier Gezeigten gegenüber nicht zum Besten. Bleibt die Empathie aus, verkommt der Film zur sinnfreien Aneinanderreihung von Actionsequenzen und Slapstickeinlagen.
Daher bleibt am Ende ein unangenehmes Gefühl der Leere zurück. Vor allem, wenn man bemerkt, welches Potential der Film bei einer geschickteren Regie hätte entfalten können.
Die Zahl derer, die sich für dieses Werk interessiert haben, ist ziemlich überschaubar. Da hofft man natürlich im Stillen, es gäbe hier ein Dornröschen zu erwecken. Aber leider kommt das eher selten vor. Dieser Film jedenfalls ist kein unerkanntes Kleinod, bei weitem nicht die erhoffte kostbare Preziose - diesmal hat es durchaus seinen Grund, dass dieser Film so unbekannt geblieben ist.
Beitrag wurde zuletzt am 14.09.2020 00:56 geändert.
Kommentare