Wie schön, daß ich das noch erleben darf. »Himegoto« ist eine kleine Perle. Eigentlich gar kein Hentai, sondern ein Anime, der von ersten sexuellen Erfahrungen handelt und dabei gar nicht mal so sehr den Schwerpunkt auf Ficken und dicke Titten setzt. Sondern das Thema so dermaßen normal angeht, daß es schon wieder auffällig ist.
Kein fetter Porno mit übertriebenen Schmatzgeräuschen, peinlich-nervigen Kommentaren, schwülstiger Musik, schwülem laszivem Ambiente, animalischen Trieben und sexueller Übergriffigkeit. Halt! – das letzte ist ist durchaus dominant (siehe "Chikan"-Tag), aber daran ist nicht der Anime schuld, sondern die Lehrerin, die in öffentlichen Verkehrsmitteln, bevorzugt in der notorisch überfüllten S-Bahn, sich gerne und ausgiebig von Wildfremden begrapschen lässt. Prägend für die Atmosphäre dieser kleinen OVA ist das dennoch nicht.
Misaki-sensei, ihr Schüler
Takashi, sowie dessen Freundin
Tomomi. Mehr braucht es nicht an Personal. Auch keine weiteren Nebencharaktere oder Komparsen. Und damit zu einem weiteren
Geheimnis ("Himegoto") dieses Hentai: Beide Schüler, sowohl Takashi als auch Tomomi, verkörpern nicht gerade das, was man Sex-Appeal nennen könnte. Viel eher wirken sie wie einem der Aufklärungsfilme von
Oswalt Kolle entsprungen. Die gern zitierten
inneren Werte müssen also enorm sein.
Dennoch haben diese beiden schon mal versucht, das auszuprobieren, was man nach Erlangung der Geschlechtsreife oft und gerne tut. Das ging einigermaßen daneben, und seither scheint Takashi einige Komplexe mit sich zu tragen.
Kleine Seitenbemerkung: so als Unbeteiligter fragt man sich ja manchmal kopfkratzend, ob ihnen wirklich nichts besseres eingefallen ist, als es im Musikraum der Schule miteinander treiben zu wollen. Als ob man's darauf anlegt, ertappt zu werden. Später bei Sensei ist das nicht viel anders, wo es ausgerechnet die Schulbibliothek [Ü18-Screenshot – warum eigentlich Ü18?] sein muss, wenn auch zu einer Zeit, wo kein (weiterer!) Publikumsverkehr ist. Von provozierten sexuellen Zudringlichkeiten in der Bahn mal gar nicht zu reden. – Ein weiteres Detail, nunmehr ins Psychologische driftend: beide Schüler sind im Musikclub. Takashi greift mit beiden Händen(!) beim Klavier in die Vollen(!), wogegen Tomomi eine Klarinette auf dem Schoß hat (Phallussymbol!), in die sie dann & wann bläst(!).Ein guter Lehrer sollte natürlich immer ein Gespür für die Schwächen und Probleme seiner Schüler haben, und so bleibt es nicht aus, daß Sensei zielsicher Takashis Schwachstelle identifiziert und ihm daraufhin Nachhilfe anbietet. Eine sehr spezielle Nachhilfe natürlich. So hentaitypisch und lebensfern die Situation auch sein mag, der OVA gelingt es prächtig, all das, was sich zwischen der Lehrerin und ihrem Schüler abspielt, völlig unaufgeregt und normal erscheinen zu lassen. Ganz ohne die übertriebenen Kaspereien, die einem sonst auf Schritt und Tritt begegnen. Überhaupt:
Der gesamte Anime gibt sich sehr behutsam. Die einzelnen Gesten, Blicke, Bewegungen sind sehr sorgfältig inszeniert. So, wie die einleitenden Szenen in ihrer äußerlichen Zurückhaltung und der Fokussierung auf kleine, bedeutsame Momente die allgemeine Linie vorgeben, überträgt sich das nahtlos auf den erotischen Bereich, in dem es erfreulich normal zugeht. Nicht nur was die sexuellen Betätigungen betrifft, sondern auch die unspektakulär normalen Gesprächsfetzen, und da ganz besonders die erotisch-knisternden Instruktionen von Misaki-sensei.
Ihre fachlichen Unterweisungen haben zur Folge, daß Tomomi sich mehr und mehr vereinsamt vorkommt. Oft sieht man sie – während Takashi anderweitig zugange ist – in sich versunken und auf ihren Freund wartend im Musikraum sitzen (beschämende Erinnerungen mögen sich bei ihr breitmachen), und wäre dies ein normales Drama, so hätten wir hier den Punkt, wo die Sache allmählich entgleist und entgleitet und eine Wendung ins Tragische nimmt.
"Sempai - osoi naa", hört man sie gedankenverloren murmeln ("du bist spät dran") – dabei ist ihr Senpai doch gerade erst gekommen, wenn auch woanders und ein wenig zu früh …
Aber auch das bekommt er mit ausdauernder Unterstützung seiner Lehrerin in den Griff, und am Ende will diese frisch gewonnene Expertise natürlich an der Freundin ausprobiert werden. Ein wenig zu routiniert und ein wenig zu abgebrüht gibt er sich da. Aber so kann's halt gehen, wenn man meint, den Dreh raus zu haben.
Optisch ist dieses Kunstwerk auf der Höhe der Zeit, da hab ich aus dem Jahr der Veröffentlichung schon ganz andere Schoten gesehen. Wirklich schöne Hintergründe, wenn auch manchmal ein wenig verwaschen und etwas zu sachlich geraten. Dafür dürfte sich die Firma
Peugeot freuen über die prominente Platzierung ihre Fahrgeräte.
Das recht
originelle Charakterdesign trifft hier auf gleichermaßen
originelles Interieur; die Musik gibt sich ebenfalls gleichzeitig minimalistisch und romantisch, wie leicht hingetupfte Schneeflocken, passend zur Jahreszeit und zum erotisch ins Ohr gehauchten Titel:
Hi - Me - Go - To.
Beitrag wurde zuletzt am 23.12.2021 12:55 geändert.
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